L 11 B 548/08 AS ER

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 13 AS 247/08 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 548/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 15. Oktober 2008 insoweit geändert, als die Antragsgegenerin verpflichtet wird, Kosten der Unterkunft ohne Heizung von mindestens 426,75 Euro monatlich für Schuldzinsen und bei Nachweis weiterer anzuerkennender Betriebskosten Kosten der Unterkunft bis zu monatlich 470 Euro unter Anrechnung der bisher gezahlten Unterkunftskosten zu zahlen. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für das Beschwerdeverfahren.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Antragstellern zu zahlenden Kosten der Unterkunft und hier insbesondere darüber, ob Zahlungen der Antragsteller auf ein Darlehen durch die Antragsgegnerin zu übernehmen sind.

Der Antragsteller zu 1) lebt zusammen mit seiner Ehefrau (Antragstellerin zu 2)) und den drei gemeinsamen Kindern (Antragsteller zu 3) bis 5)) in einem Eigenheim. Dieses ist den Antragstellern zu 1) und 2) durch notariell beglaubigten Vertrag vom 2. Dezember 1993 von den Eltern der Antragstellerin zu 2) übertragen worden. Letztere verpflichteten sich im Gegenzug zur Übernahme der zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000,00 DM und räumten den Veräußerern ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht an den Räumlichkeiten des Erdgeschosses ein.

Die Antragsteller beziehen seit Januar 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit mehreren Bescheiden/Änderungsbescheiden gewährte die Antragsgegnerin ihnen Kosten für Unterkunft und Heizung in ständig wechselnder Höhe von 57,57 EUR monatlich einschließlich Heizung bis (wohl) zuletzt 201,85 Euro. Hiergegen legten die Antragsteller jeweils Widersprüche ein, über die bisher noch nicht entschieden worden ist. Von den Antragstellern an die V.sparkasse M. im Rahmen eines Darlehens zu zahlende Beträge berücksichtigte die Antragsgegnerin dabei nicht.

Die Antragsteller haben am 11. September 2008 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Begehren der Übernahme der Schuldzinsen für das Haus seit Januar (irrtümlich als Datum aufgenommen: 1.9.2008) 2008. Zur Begründung haben sie zunächst darauf hingewiesen, dass sie für den Erwerb des Hauses 170.000,00 DM und für Renovierungsarbeiten 50.000,00 DM als Darlehen hätten aufnehmen müssen. Sie seien nunmehr nicht mehr in der Lage, die Schuldzinsen dafür weiter zu zahlen. Aufgrund dessen drohe die Einleitung der Zwangsvollstreckung des Eigenheimes. Im Laufe des Verfahrens haben sie ihren Vortrag dahingehend geändert, dass bei Übertragung des Hauses die Antragsteller zu 1) und 2) die laufenden Kredite über ca. 100.000,00 DM übernommen hätten. Das gesamte Darlehen sei in Höhe von 220.000,00 DM aufgenommen worden, weil erhebliche Renovierungen notwendig gewesen seien. So erreiche die Summe der noch aufgehobenen Quittungen – diese haben die Antrag¬steller vorgelegt – über 90.000,00 DM.

Die Antragsgegnerin hat erwidert, nicht nachvollziehbar sei der Betrag des Darlehens von 220.000,00 DM ursprünglich, da damals lediglich Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000,00 DM übernommen worden seien. Außerdem zahlten die Antragsteller nicht auf die Zinsen, sondern tilgten mit diesen Zahlungen die Darlehenssumme. Soweit die Antragsteller höhere Renovierungskosten geltend machten, sei zu klären, ob diese nicht allein zu Gunsten der Eltern der Antragstellerin zu 2) entstanden seien.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragstellern im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig für die Zeit vom 11. September bis 31. Dezember 2008 Kosten der Unterkunft ohne Heizung in Höhe von 470,00 EUR unter Anrechnung der bisher bewilligten Unterkunftskosten zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Kosten der Unterkunft nur in der Höhe verlangt werden könnten, die unter vergleichbaren Voraussetzungen für eine angemessene Mietwohnung durch die Antragsgegnerin zu zahlen seien. Ausweislich der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers zu 1) und der eingereichten Unterlagen über Renovierungskosten handele es sich bei den Darlehensschulden um Verbindlichkeiten für das Haus. Soweit die Zahlungen an die Bank Tilgungsleistungen beinhalteten, stünde dies dem Anspruch nicht entgegen, weil nach der neuesten Rechtsprechung des BSG in dem Urteil vom 18. Juni 2008 entschieden worden sei, dass auch die Übernahme von Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft zu übernehmen seien.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, die nochmals darauf hinweist, dass lediglich Verbindlichkeiten von 100.000 DM übertragen worden und die Renovierungsarbeiten zum Teil für Umbauten der Wohnberechtigten erfolgt seien. Nach den Ausführungen des BSG dürften Tilgungsraten nur dann übernommen werden, wenn die Antragsteller zuvor alles unternommen hätten, um die Tilgungsverpflichtung so gering wie möglich zu halten. Das sei bisher nicht geschehen.

Die Antragsteller verweisen auf die neue Rechtsprechung des BSG, wonach Tilgungsraten für die selbst genutzte Eigentumswohnung grundsätzlich zu übernehmen seien, wenn ohne Übernahme der Tilgungsleistung durch den Grundsicherungsträger der Verlust des selbst genutzten Wohneigentums drohe. So sei es hier. Sie hätten nur mit Mühe die angekündigte Zwangsvollstreckung der Bank bisher hinauszögern können und benötigten eine umgehende Entscheidung, um das Eigenheim weiter halten zu können.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber nur in dem tenorierten Umfang begründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts, die Antragsgegnerin vorläufig für die Zeit vom 11. September bis 31. Dezember 2008 zur Übernahme der Zahlungen der Antragsteller an die V.sparkasse M. zu verpflichten, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Auch der Senat geht davon aus, dass die dafür notwendigen Voraussetzungen, Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch, vorliegen. Allerdings vermag der Senat die Höhe des Betrages aufgrund der Angaben der Beteiligten nicht näher zu bestimmen. Aus diesem Grund hat er die Verpflichtung der Antragsstellerin auf einen Mindest- und einen Höchstbetrag bestimmt.

Die Antragsgegnerin hat zutreffend auf den zunächst unrichtigen Vortrag der Antragsteller einschließlich der falschen eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers zu 1) hingewiesen, wonach für den Erwerb des Hauses 170.000,00 DM gezahlt worden seien. Dies widerspricht eindeutig dem Überlassungsvertrag vom 2. Dezember 1993, in dem sich die Antragsteller zu 1) und 2) lediglich zur Übernahme von Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000,00 DM verpflichtet hatten. Hier liegt offensichtlich eine Verwechslung mit dem Wert des Vertrages, der auf 170.000,00 DM festgesetzt wurde, vor. Gleichwohl geht der Senat davon aus, dass die jetzt zugrunde gelegte Darlehenssumme einschließlich Zinsen von ca. 85.000,00 EUR durch den Erwerb des Hauses bedingt ist, da offensichtlich umfangreiche Renovierungsarbeiten auf das Haus entfallen sind. Dass die Antragsteller zum damaligen Zeitpunkt das Hausgrundstück mit 220.000,00 DM belastet haben, verdeutlicht zudem die Kostenrechnung des Notars vom 1. Juni 1994, in der u. a. auch eine Gebühr nach § 62 Abs. 1 KostO mit einem Gegenstandswert in Höhe von 220.000,00 DM verlangt wurde. Eine Gebühr nach § 62 Abs. 1 KostO wird für die Eintragung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, einer Dienstbarkeit, eines Dauerwohnrechts, eines Dauernutzungsrechts, eines Vorkaufsrechts, einer Reallast, eines Erbbaurechts oder eines ähnlichen Rechts an einem Grundstück erhoben. Außerdem ist eine Gebühr nach § 61 KostO (die Erteilung eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs), wiederum mit einem Wert des Gegenstandes von 220.000,00 DM, erhoben worden.

Dass diese Renovierungsarbeiten zum Teil auf den von den Eltern der Antragstellerin zu 2) genutzten Wohnraum entfallen, ist, jedenfalls im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, für den Senat ohne Bedeutung. Zum Einen ist eine Trennung zwischen den unterschiedlichen Wohnräumen bei einem Großteil von Renovierungsarbeiten, etwa dem Austausch der Heizungsanlage mit einem Kostenvolumen von knapp 18.000,00 DM, ohnehin nicht möglich. Zum Anderen erfolgten die 1994 durchgeführten Renovierungsarbeiten für das im Eigentum der Antragsteller zu 1) und 2) stehende Haus. Zudem wird kaum näher festgelegt werden können, inwieweit sich diese Renovierungsarbeiten noch in dem Restbetrag des Darlehens wiederfinden und zu welchem Anteil sie auf den Wohnraumteil der Antragsteller entfallen.

Soweit die Antragsgegnerin darauf hinweist, dass die von den Antragstellern begehrten Zahlungen für die Tilgung des Darlehens benutzt werden, steht das ihrem Anspruch ebenfalls nicht entgegen. Zwar trifft es offensichtlich zu, dass die Antragsteller zu 1) und 2) mit der Bank, der V.sparkasse M., eine Vereinbarung – die Antragsgegnerin nennt sie eine ungewöhnliche Konstruktion – getroffen haben, wonach Zahlungen auf das Kapital erbracht werden, nicht jedoch auf die Zinsen (siehe auch Bl. 19 der Verwaltungsakte). Es handelt sich jedoch nur vordergründig um Tilgungszahlungen der Antragsteller, da die ebenfalls von der V.sparkasse M. geltend gemachten Zinsen addiert und in der Gesamtforderung weiterhin geltend gemacht werden. Damit führt die Zahlung von 426,75 EUR, die die Antragsteller zuletzt an V.sparkesse M. gezahlt haben (s. Anlage zum Schriftsatz vom 30.9. 2008), nicht zu einer Vermehrung des Vermögens der Antragsteller bzw. nicht zu einer Reduzierung der Schulden. Wirtschaftlich macht es nämlich keinen Unterschied, ob diese Zahlung auf das Kapital oder auf die Zinsen erfolgt.

Der von der V.sparkasse M. geltend gemachte Zinssatz von zuletzt 8,190 % auf 62.527,99 EUR liegt jedoch bei 426,75 EUR und ist damit geringer als der Betrag von 470,00 EUR, zu dessen Zahlung das Sozialgericht die Antragsgegnerin verpflichtet hat. Dem Senat erschließt sich nicht, woraus das Sozialgericht den Differenzbetrag von 43,25 Euro herleitet. Der Senat geht allerdings davon aus, dass die Antragsteller neben den Zahlungen an die Sparkasse weitere nach § 22 Abs. 1 SGB II erstattungsfähige Aufwendungen für die Unterkunft aufbringen müssen (z. B. für Müll-, Schornsteinfeger, Straßenreinigungsgebühren). Aus diesem Grund hat er im Tenor eine Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von bis zu 470 Euro bei entsprechendem Nachweis ausgesprochen. Einer weitergehenden Verpflichtung steht bereits der Umstand entgegen, dass die Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts kein Rechtsmittel eingelegt haben.

Diese Vorgehensweise des Senats ist auch Folge der ungenauen Angaben der Antragsteller. So trafen die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung offensichtlich nicht zu. Der Antrag enthält keine präzisen Angaben hinsichtlich des ab Juli 2008 eingeforderten Betrages und die mehrfach vorgelegten Forderungsberechnungen der V.ssparkasse M. sind hinsichtlich der genauen Gestaltung des Darlehensvertrages und der monatlich aufzubringenden Zahlungen wenig aussagekräftig. Auf den unzutreffend bestimmten streitigen Zeitraum wurde bereits hingewiesen.

Hinsichtlich des Anordnungsgrundes schließt sich der Senat der Auffassung des Sozialgerichts an. Die Gefahr von Zwangsmaßnahmen der Sparkasse bei Nichtzahlung liegt auf der Hand und wird durch deren Schreiben belegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1, Abs. 4 SGG.

Wegen der Kostenerstattung durch die Antragsgegnerin ist eine Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren entbehrlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Rechtskraft
Aus
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