Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 18 P 45/07
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 10 P 11/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Maßnahme (hier: Badumbau) betrifft auch dann das individuelle Wohnumfeld im Sinne von § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, wenn die Wohnung in einer Altenwohnanlage ("Betreutes Wohnen") belegen ist.
2. Die in § 78 Abs. 2 SGB XI geregelte Befugnis der Spitzenverbände der Pflegekassen, das Nähere zur Bemessung der Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen nach § 40 Abs. 4 SGB XI zu regeln, berechtigt die Spitzenverbände nicht, Ansprüche der Pflegebedürftigen einzuschränken.
2. Die in § 78 Abs. 2 SGB XI geregelte Befugnis der Spitzenverbände der Pflegekassen, das Nähere zur Bemessung der Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen nach § 40 Abs. 4 SGB XI zu regeln, berechtigt die Spitzenverbände nicht, Ansprüche der Pflegebedürftigen einzuschränken.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 15. Juli 2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines finanziellen Zuschusses für eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des 1910 geborenen und 2007 verstorbenen Vaters des Klägers (§ 40 Abs. 4 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]). Der Kläger ist neben seiner Mutter Erbe seines Vaters; die Erbengemeinschaft hat den geltend gemachten Anspruch an ihn abgetreten.
Der Vater des Klägers war bei der Beklagten versichert. Nach einem übergangsweisen Aufenthalt in Kurzzeitpflege bewohnte er seit dem 30. Mai 2007 eine ab 16. Mai 2007 angemietete Wohnung in dem Haus A in K. Vermieterin war die Ka GmbH & Co. KG, vertreten durch die Kb m.b.H ... In § 16 des abgeschlossenen Mietvertrages heißt es, dem Mieter sei bekannt, dass er eine Wohnung in einer Altenwohnanlage miete, in der die Arbeiterwohlfahrt (AWO) K eine Service-Einrichtung betreibe; es handele sich um ein sogenanntes Servicehaus. Diejenigen Mieter, die eine Wohnung in diesem Haus bezögen, seien verpflichtet, die Serviceleistungen der AWO in Anspruch zu nehmen und mit ihr einen Betreuungsvertrag abzuschließen.
Der Vater des Klägers bezog von der Beklagten auf der Grundlage eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Schleswig-Holstein (MDK) vom 11. Mai 2007 (Gutachterin: Pflegefachkraft Frau Kc ) Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I. Bereits am 20. März 2007 hatte er die Gewährung eines Zuschusses zum barrierefreien Badumbau seiner Wohnung in dem Haus A als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI beantragt. Beigefügt war eine für "diverse Belegenheiten" erstellte Baubeschreibung der Kb m.b.H. vom Oktober 2006. Die Baumaßnahme wurde im Mai 2007 durchgeführt. Mit Bescheid vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Zuschusses ab. Sie nahm auf die Anmerkung in dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10. Oktober 2002, zuletzt geändert am 16. November 2004, zu § 40 SGB XI Bezug und führte aus, dass danach Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder in dem Haushalt, in dem er aufgenommen worden sei, in Betracht kämen. Entscheidend sei, dass es sich um den auf Dauer angelegten, unmittelbaren Lebensmittelpunkt des Pflegebedürftigen handele. In Alten- und Pflegeheimen sowie in Wohnungseinrichtungen, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet würden, liege eine Wohnung bzw. ein Haushalt in diesem Sinne nicht vor. Aus § 16 des von dem Vater des Klägers abgeschlossenen Mietvertrages gehe hervor, dass es sich vorliegend um eine Wohneinrichtung handele, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet werde. Eine Bezuschussung könne deshalb nicht erfolgen.
Nachdem der Vater des Klägers 2007 verstorben war, hat sein Sohn am 31. Oktober 2007 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht: Die Beklagte habe ihre Eintrittspflicht fehlerhaft verneint und damit ihr Ermessen falsch ausgeübt. Zum einen sei das zitierte Rundschreiben der Spitzenverbände nicht maßgeblich; als gesetzesvertretende allgemeine Richtlinie sei es wegen Verstoßes der von den Spitzenverbänden als Rechtsgrundlage herangezogenen Vorschrift des § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI gegen Art. 84 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nichtig. Zum anderen habe die Beklagte verkannt, dass es sich bei der Wohnung seines Vaters um dessen auf Dauer angelegten unmittelbaren Lebensmittelpunkt gehandelt habe. Unzutreffend sei auch die Annahme, dass die Vermieterin die Wohnungen nur an Pflegebedürftige vermiete. Zumeist entschieden sich "junge Alte" (ab 60 Jahre) für ein Wohnen in dem Gebäudekomplex A , um in späteren Jahren einen weiteren Umzug in ein Pflegeheim zu vermeiden. Wohnraumanpassungsmaßnahmen würden dann von dem jeweiligen Mieter in Eigenregie nach Bedarf durchgeführt. Nur bei erheblichen baulichen Veränderungen - wie im vorliegenden Fall - schalte sich die Vermieterin ein und übernehme die Umsetzung der Maßnahme. Die Voraussetzungen von § 40 Abs. 4 SGB XI seien hier erfüllt; bei dem Badumbau handele es sich um eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Durch die Umbaumaßnahme werde die häusliche Pflege erleichtert und eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI wiederhergestellt. Der Wortlaut der Vorschrift stelle nicht darauf ab, ob sich die vom Versicherten angemietete Wohnung in einem Servicehaus oder anderenorts befinde. Auch bei teleologischer Auslegung der Vorschrift stehe der Umstand, dass die Wohnung sich in einem sogenannten Servicehaus befinde, der Bezuschussung nicht entgegen. Sinn und Zweck der Norm sei es, die selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen soweit wie möglich wiederherzustellen bzw. zu erhalten, um es dem Pflegebedürftigen zu ermöglichen, möglichst lange in einem individuellen Wohnumfeld zu verbleiben. Dieses Ziel werde hier unabhängig davon erreicht, dass in dem Servicehaus auch Pflegepersonal eingesetzt sei. Zu letzterem sei klarstellend darauf hinzuweisen, dass die Dienstleistungen der AWO sich nicht auf Pflegemaßnahmen bezögen. Vielmehr gehe es vorrangig um eine besetzte Notrufanlage und Hilfen bei Besorgungen und Behördengängen. Teilstationäre Dienstleistungen oder Tagespflege würden von der AWO lediglich vermittelt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie den Inhalt der angefochtenen Bescheide weiter vertieft und ausgeführt, dass die von den Spitzenverbänden auf der Grundlage von § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI getroffenen Regelungen weit auszulegen seien. Denn die Spitzenverbände hätten sicherstellen wollen, dass gewerbliche Vermieter nicht auf Kosten der Pflegeversicherung den benötigten Wohnraum für ihre Klientel schaffen oder herrichten. Eine Ausschließlichkeit der Vermietung an Pflegebedürftige sei deshalb nicht zu fordern. Vorliegend ziele die vertragliche Verpflichtung, neben dem Mietvertrag einen Betreuungsvertrag abzuschließen, eindeutig darauf ab, den Wohnraum solchen Mietern zu überlassen, bei denen sofort oder in absehbarer Zeit ein Fremdhilfebedarf gegeben oder zu erwarten sei. Die Auffassung des Klägers, wonach das Rundschreiben der Spitzenverbände nichtig sei, teile sie - die Beklagte - nicht. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) akzeptiere dieses Rundschreiben als eine der einheitlichen Rechtsauslegung der Pflegekassen dienende, nach innen gerichtete Rechtsnorm. Zwar seien die Gerichte nicht an die Rechtsauslegung des Rundschreibens gebunden; ihr - der Beklagten - sei jedoch vorliegend keine andere als die getroffene Entscheidung möglich.
Nach mündlicher Verhandlung am 15. Juli 2008 hat das Sozialgericht der Klage mit Urteil vom selben Tage stattgeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und begründet. Der Bescheid vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 sei ermessensfehlerhaft. Es liege ein Fall des Ermessensfehlgebrauchs vor. Wenn die Beklagte sich auf das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Pflegekassen beziehe, sei das im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die Kammer habe aber schon Zweifel, ob hier überhaupt eine Wohneinrichtung vorliege, die gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet werde. Pflegebedürftigkeit sei nach dem Mietvertrag keine Voraussetzung für die Anmietung. Auch ließen die vom Mieter in Anspruch zu nehmenden "Regeldienstleistungen" der AWO nicht erkennen, dass es sich dabei um Dienstleistungen ausschließlich für Pflegebedürftige handele. Doch selbst wenn der Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermieten würde, liege bei den Servicehäusern der AWO gleichwohl eine eigene Wohnung bzw. ein eigener Haushalt des Pflegebedürftigen vor. Die Servicehäuser unterlägen nicht dem Heimgesetz. Ein vom Vermieter vorzuhaltender baulicher Mindeststandard sei nicht vorgeschrieben. Zwar möge es zutreffen, dass nach dem Auszug eines Mieters eine Wohnung mit einem barrierefreien Bad besser zu vermieten sei und damit der Vermieter einen gewissen finanziellen Vorteil erlange. Andererseits würden aber auch den Pflegekassen langfristig Aufwendungen erspart, wenn in Wohnungen, die bereits mit einem barrierefreien Bad ausgestattet seien, wiederum Pflegebedürftige einzögen. Denn pflegebedürftige Nachmieter würden insoweit einen Antrag auf einen Zuschuss nach § 40 Abs. 4 SGB XI gar nicht mehr stellen.
Gegen das ihr am 29. Juli 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. August 2008 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung der Beklagten. Zur Begründung wiederholt sie sinngemäß ihr bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend: Das Sozialgericht habe sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass - wie der Kläger vorgetragen habe - eine Vermietung der Wohnräume innerhalb des Betreuten Wohnens nicht ausschließlich gewerbsmäßig an Pflegebedürftige erfolge und damit die Voraussetzungen zur Bezuschussung im Rahmen der wohnumfeldverbessernden Maßnahmen gegeben seien. Eine Ausschließlichkeit werde aber auch nicht gefordert; anderenfalls wäre es zur Umgehung möglich, nur eine von mehreren Wohneinheiten an eine nicht pflegebedürftige Person zu vermieten. Die vertragliche Regelung des Servicehauses ziele vielmehr eindeutig darauf ab, den Wohnraum solchen Mietern zu überlassen, bei denen sofort oder in absehbarer Zeit ein Fremdhilfebedarf gegeben oder zu erwarten sei. Soweit das Sozialgericht ausgeführt habe, dass zwar beim Auszug eines Mieters insoweit ein gewisser finanzieller Vorteil beim Vermieter eintreten könne, als eine renovierte barrierefreie Wohnung leichter zu vermieten sei, die Pflegekassen jedoch andererseits Aufwendungen sparen würden, wenn in solche Wohnung wieder Pflegebedürftige einzögen, sei das als Begründung des erstinstanzlichen Urteils nicht nachvollziehbar. Denn § 40 Abs. 4 SGB XI knüpfe ausdrücklich an das individuelle Wohnumfeld des Versicherten an; eine generelle Bezuschussung von Umbaumaßnahmen zur Verbesserung des allgemeinen Wohnumfeldes widerspreche der Intention des Gesetzes. Dass der Vater des Kläger, der erst später in die Wohnung eingezogen sei, einen an die Kb adressierten Kostenvoranschlag vom 12. Oktober 2006 vorgelegt habe, bestätige den Eindruck, dass die Kosten für eine schon im Vorwege geplante Renovierung unrechtmäßig zu Lasten der Pflegekasse erfolgen solle. Unabhängig von Vorstehendem habe das Sozialgericht verkannt, dass eine Überprüfung des von ihr ausgeübten Ermessens nur dahingehend erfolgen dürfe, ob alle wesentlichen Umstände beachtet worden seien. Keinesfalls habe das Sozialgericht an ihrer Stelle eine eigene Ermessensentscheidung treffen dürfen. Insgesamt sei sie weiterhin von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide überzeugt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 15. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er stützt das angefochtene Urteil und nimmt Bezug auf sein bisheriges Vorbringen, dessen Inhalt er weiter vertieft.
Dem Senat haben die Gerichtsakten einschließlich der den Vater des Klägers betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Denn der Bescheid vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 ist rechtswidrig. Die Beklagte durfte eine Zuschussgewährung nicht allein wegen der Belegenheit der Wohnung des Vaters des Klägers in einem sog. Servicehaus der AWO versagen.
Rechtsgrundlage des von dem Kläger geltend gemachten Anspruchs ist § 40 Abs. 4 SGB XI in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 23. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2702). Danach können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des (versicherten) Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird (Satz 1). Die Zuschüsse dürfen einen Betrag von 2.557 EUR je Maßnahme nicht übersteigen (Satz 3). Die Gewährung steht im Ermessen der Pflegekassen; auf pflichtgemäße Ermessensausübung besteht ein Anspruch (§ 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I]).
Zu der Frage, ob der barrierefreie Badumbau die Leistungsvoraussetzungen im Sinne einer Beeinflussung der Pflegesituation des Vaters des Klägers erfüllt hat, hat die Beklagte sich in den angefochtenen Bescheiden nicht im Einzelnen geäußert. Nach den Ergebnissen der vorliegenden MDK-Gutachten hat der Senat allerdings keine Zweifel daran, dass die Maßnahme die häusliche Pflege erheblich erleichtert bzw. eine möglichst selbständige Lebensführung des Vaters des Klägers wiederhergestellt hat. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht; in der Berufungsverhandlung hat die Vertreterin der Beklagten auch ausdrücklich erklärt, dass die Beklagte die Erforderlichkeit der Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nicht bestreite. Zu weiteren Ausführungen besteht insoweit kein Anlass.
Die Beklagte hat eine Bezuschussung allein mit der Begründung abgelehnt, dass die Maßnahme sich nicht auf die Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Vaters des Klägers beziehe. Dies ist rechtsfehlerhaft. Die Frage, ob das individuelle Wohnumfeld des Vaters des Klägers betroffen gewesen ist, unterliegt auch nicht dem Ermessen der Beklagten; vielmehr handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Überprüfung durch das Gericht unterliegt (vgl. so zum Begriff "Maßnahme zur Verbesserung des Wohnumfeldes" BSG, Urteil vom 3. Januar 1999, B 3 P 3/99 R, SozR 3-3300 § 40 Nr. 1). Hiervon zu trennen ist allerdings die Frage, ob die Beklagte selbst bei einer Betroffenheit des individuellen Wohnumfeldes im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens eine Zuschussgewährung ablehnen kann. Hierüber wird die Beklagte noch zu entscheiden haben.
Das individuelle Wohnumfeld ist betroffen, wenn es sich um eine Maßnahme in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder zumindest in dem Haushalt, in den er aufgenommen ist und in dem er gepflegt werden soll, handelt (Leitherer in Kasseler Kommentar, § 40 Rz 35). Die Regelung des § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI beschränkt sich allerdings nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, nicht darauf, dass nur der behindertengerechte Umbau der von dem Pflegebedürftigen bereits bewohnten, normal ausgestatteten Wohnung bezuschusst werden kann; denn der Sinn und Zweck der Vorschrift liegt nicht allein in der finanziellen Hilfe zum Verbleib in der vorhandenen Wohnung bzw. in der gewohnten Umgebung. Die Vorschrift ist vielmehr dahin auszulegen, dass es sich um eine Hilfe der sozialen Pflegeversicherung zur Vermeidung von Pflege in einem Pflegeheim handelt. Die Regelung ist Ausdruck des allgemeinen Vorrangs der häuslichen Pflege vor der stationären Pflege (§ 3 SGB XI) und des Grundsatzes, dass die Leistungen der Pflegeversicherung dem Pflegebedürftigen helfen sollen, trotz des Pflegebedarfs ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB XI), und dass die Pflegekassen bei der Leistungsgewährung den Wünschen des Berechtigten im Rahmen der Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit nach Möglichkeit entsprechen sollen (§ 2 Abs. 2 und 3 SGB XI sowie § 33 SGB I). Der Begriff des "individuellen Wohnumfeldes" des Pflegebedürftigen ist daher nicht auf die vorhandene Wohnung (Mietwohnung, Eigentumswohnung oder Eigenheim) begrenzt, sondern umfasst - in Abgrenzung zum dauerhaften Aufenthalt in einer stationären Einrichtung - jedes Wohnen in einem privaten häuslichen Bereich (BSG, Urteil vom 26. April 2001, B 3 P 24/00 R, SozR 3-3300 § 40 Nr. 5).
Nach diesen Maßstäben hindert der Umstand, dass der Vater des Kläger eine Wohnung im sog. Servicehaus der AWO bewohnt hat, eine Zuschussgewährung nicht bereits auf tatbestandlicher Ebene; vielmehr hat die in Rede stehende Maßnahme das individuelle Wohnumfeld des Vaters des Klägers betroffen. Denn der Vater des Klägers hat - wie auch der Vertrag mit der Ka GmbH & Co KG belegt - eine private Mietwohnung bewohnt. Dass es sich - wie auch in § 16 des Mietvertrages ausdrücklich erwähnt - um eine Wohnung in einer Altenwohnanlage handelt, in der die AWO eine Service-Einrichtung betreibt, ändert hieran zur Überzeugung des Senats nichts. Zwar bietet die AWO dort einen Grund- und einen Wahlservice an, der die Wohnanlage allerdings nicht zu einem Pflegeheim macht. Die AWO beschreibt ihr Angebot in einer Internet-Veröffentlichung (www.awo-pflege-sh.de) dahingehend, dass sie das Betreute Wohnen für Senioren weiterentwickelt und eine neue Form des Wohnens geschaffen habe, nämlich das Wohnen mit Service/Servicehaus. Die Bewohner könnten dort vielfältige Angebote und Fachkompetenz genießen und gleichzeitig selbstbestimmt und unabhängig in einer eigenen Wohnung leben. Der Service, der den Häusern den Namen gebe, richte sich nach der Persönlichkeit und den Bedürfnissen jedes einzelnen Mieters. Die AWO helfe und unterstütze, wenn die Kräfte durch Krankheit oder Alter eingeschränkt seien. Der Grundservice, dessen Leistungen in einer monatlichen Servicepauschale inklusive seien, umfasse u.a. eine Notrufanlage sowie Hilfen bei kleineren Einkäufen, Besorgungen und Behördenangelegenheiten. Daneben gebe es einen Wahlservice, der über den Grundservice hinausgehe und individuell wählbare Dienstleistungen wie Reinigung der Mietwohnung und der Wäsche, Teilnahme an Mahlzeiten und Pflegesachleistungen in der eigenen Häuslichkeit bis zum Lebensende - rund um die Uhr - umfasse.
Bei der von dem Vater des Klägers in Anspruch genommenen Wohnform des Betreuten Wohnens handelt es sich nicht um den dauerhaften Aufenthalt in einer stationären Einrichtung; vielmehr steht die selbstbestimmte und aktive Lebensgestaltung in der selbst genutzten Mietwohnung im Vordergrund. Nach den Maßstäben der zitierten Rechtsprechung des BSG muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Maßnahme das individuelle Wohnumfeld des Vaters des Klägers betroffen hat.
Eine andere Auslegung des Begriffs "individuelles Wohnumfeld" ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten herangezogenen Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10. November 2002 in der Fassung der Änderung vom 16. November 2004, in dem es heißt, Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes kämen in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder in dem Haushalt, in den er aufgenommen worden sei, in Betracht. Entscheidend sei, dass es sich um den auf Dauer angelegten, unmittelbaren Lebensmittelpunkt des Pflegebedürftigen handele. In Alten- und Pflegeheimen sowie Wohneinrichtungen, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet würden, liege eine Wohnung/ein Haushalt in diesem Sinne nicht vor.
Gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI regeln die Spitzenverbände der Pflegekassen (heute: der Spitzenverband Bund der Pflegekassen) mit Wirkung für ihre Mitglieder das Nähere zur Bemessung der Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen nach § 40 Abs. 4 Satz 2. Abgesehen davon, dass § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI nicht auf § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI Bezug nimmt und sich nur auf die Bemessung der Zuschüsse, nicht aber auf deren Anspruchsvoraussetzungen bezieht, ist damit indessen nicht die Befugnis verbunden, unbestimmte Rechtsbegriffe der anspruchsbegründenden Norm - hier: den Begriff des individuellen Wohnumfeldes - in allgemeinverbindlicher Weise einzuschränken. Ebenso wie der in § 78 Abs. 2 Satz 2 SGB XI enthaltene Auftrag zur Erstellung eines Hilfsmittelverzeichnisses die Spitzenverbände nicht befugt, Ansprüche der Pflegebedürftigen einzuschränken (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15. November 2007, B 3 P 9/06 R, SozR 4-3300 § 40 Nr. 7), ermächtigt auch die in § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI enthaltene Regelung die Spitzenverbände nur, zur Bemessung der Zuschüsse eine für die Gerichte unverbindliche Auslegungshilfe zu schaffen. Unabhängig hiervon liegt hier im Sinne des Rundschreibens weder ein Alten- oder Pflegeheim im herkömmlichen Sinne noch eine Wohneinrichtung vor, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet wird.
Soweit die Beklagte in Anlehnung an den Inhalt des Rundschreibens und in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens Unterkunftsarten wie die vorliegende generell von einer Zuschussgewährung ausnehmen will, ist die Entscheidung ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte - wie sich aus Vorstehendem ergibt - ihr Ermessen nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Darüber hinaus hat sie verkannt, dass für eine Zuschussversagung im Wege der Ermessensausübung stets die Umstände des Einzelfalles maßgeblich sind (vgl. allg. Leitherer a.a.O. § 40 Rz 35). Den Einzelfallumständen hat die Beklagte jedoch hier keine erkennbare Bedeutung beigemessen, indem sie ohne weitere Prüfung den Inhalt des Gemeinsamen Rundschreibens übernommen und das von dem Vater des Klägers in Anspruch genommene Betreute Wohnen einem Altenheim in dem darin erwähnten Sinne gleichgesetzt hat.
Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung deutet darauf hin, dass sie sich letztlich dagegen wehrt, zu den Kosten einer vom Vermieter generell geplanten Wohnungsmodernisierung - losgelöst vom Einzelfallbedarf ihrer Versicherten - herangezogen zu werden. Der Umstand, dass der Vater des Klägers seinem Zuschussantrag im März 2007 Unterlagen über einen barrierefreien Badumbau aus dem Oktober 2006 für diverse Belegenheiten beigefügt hat, in denen die Kb m.b.H. als Auftraggeber benannt war, könnte in diesem Sinne Hinweis auf eine missbräuchliche Inanspruchnahme sein. Andererseits setzt jede Zuschussgewährung nach § 40 Abs. 4 SGB XI das Erfüllen der tatbestandlichen Voraussetzungen in der Person des Hilfebedürftigen voraus, was wiederum gegen eine missbräuchliche Inanspruchnahme schützen dürfte. Insoweit mag die Beklagte bei einer erneuten Ermessensentscheidung eine Abwägung vornehmen, der der Senat im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits nicht vorgreifen kann.
Die Ermessensfehlerhaftigkeit des Versagungsbescheides kann nicht im gerichtlichen Verfahren geheilt werden, weil ein Nachschieben von Gründen bei Ermessensentscheidungen grundsätzlich unzulässig ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. § 54 Rz 36; Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, K § 41 Rz 11).
Nach allem kann die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Der Senat hat angesichts der vorliegenden BSG-Rechtsprechung zum Begriff des individuellen Wohnumfeldes im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI keinen Anlass gesehen, nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines finanziellen Zuschusses für eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des 1910 geborenen und 2007 verstorbenen Vaters des Klägers (§ 40 Abs. 4 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]). Der Kläger ist neben seiner Mutter Erbe seines Vaters; die Erbengemeinschaft hat den geltend gemachten Anspruch an ihn abgetreten.
Der Vater des Klägers war bei der Beklagten versichert. Nach einem übergangsweisen Aufenthalt in Kurzzeitpflege bewohnte er seit dem 30. Mai 2007 eine ab 16. Mai 2007 angemietete Wohnung in dem Haus A in K. Vermieterin war die Ka GmbH & Co. KG, vertreten durch die Kb m.b.H ... In § 16 des abgeschlossenen Mietvertrages heißt es, dem Mieter sei bekannt, dass er eine Wohnung in einer Altenwohnanlage miete, in der die Arbeiterwohlfahrt (AWO) K eine Service-Einrichtung betreibe; es handele sich um ein sogenanntes Servicehaus. Diejenigen Mieter, die eine Wohnung in diesem Haus bezögen, seien verpflichtet, die Serviceleistungen der AWO in Anspruch zu nehmen und mit ihr einen Betreuungsvertrag abzuschließen.
Der Vater des Klägers bezog von der Beklagten auf der Grundlage eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Schleswig-Holstein (MDK) vom 11. Mai 2007 (Gutachterin: Pflegefachkraft Frau Kc ) Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I. Bereits am 20. März 2007 hatte er die Gewährung eines Zuschusses zum barrierefreien Badumbau seiner Wohnung in dem Haus A als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI beantragt. Beigefügt war eine für "diverse Belegenheiten" erstellte Baubeschreibung der Kb m.b.H. vom Oktober 2006. Die Baumaßnahme wurde im Mai 2007 durchgeführt. Mit Bescheid vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Zuschusses ab. Sie nahm auf die Anmerkung in dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10. Oktober 2002, zuletzt geändert am 16. November 2004, zu § 40 SGB XI Bezug und führte aus, dass danach Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder in dem Haushalt, in dem er aufgenommen worden sei, in Betracht kämen. Entscheidend sei, dass es sich um den auf Dauer angelegten, unmittelbaren Lebensmittelpunkt des Pflegebedürftigen handele. In Alten- und Pflegeheimen sowie in Wohnungseinrichtungen, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet würden, liege eine Wohnung bzw. ein Haushalt in diesem Sinne nicht vor. Aus § 16 des von dem Vater des Klägers abgeschlossenen Mietvertrages gehe hervor, dass es sich vorliegend um eine Wohneinrichtung handele, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet werde. Eine Bezuschussung könne deshalb nicht erfolgen.
Nachdem der Vater des Klägers 2007 verstorben war, hat sein Sohn am 31. Oktober 2007 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht: Die Beklagte habe ihre Eintrittspflicht fehlerhaft verneint und damit ihr Ermessen falsch ausgeübt. Zum einen sei das zitierte Rundschreiben der Spitzenverbände nicht maßgeblich; als gesetzesvertretende allgemeine Richtlinie sei es wegen Verstoßes der von den Spitzenverbänden als Rechtsgrundlage herangezogenen Vorschrift des § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI gegen Art. 84 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nichtig. Zum anderen habe die Beklagte verkannt, dass es sich bei der Wohnung seines Vaters um dessen auf Dauer angelegten unmittelbaren Lebensmittelpunkt gehandelt habe. Unzutreffend sei auch die Annahme, dass die Vermieterin die Wohnungen nur an Pflegebedürftige vermiete. Zumeist entschieden sich "junge Alte" (ab 60 Jahre) für ein Wohnen in dem Gebäudekomplex A , um in späteren Jahren einen weiteren Umzug in ein Pflegeheim zu vermeiden. Wohnraumanpassungsmaßnahmen würden dann von dem jeweiligen Mieter in Eigenregie nach Bedarf durchgeführt. Nur bei erheblichen baulichen Veränderungen - wie im vorliegenden Fall - schalte sich die Vermieterin ein und übernehme die Umsetzung der Maßnahme. Die Voraussetzungen von § 40 Abs. 4 SGB XI seien hier erfüllt; bei dem Badumbau handele es sich um eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Durch die Umbaumaßnahme werde die häusliche Pflege erleichtert und eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI wiederhergestellt. Der Wortlaut der Vorschrift stelle nicht darauf ab, ob sich die vom Versicherten angemietete Wohnung in einem Servicehaus oder anderenorts befinde. Auch bei teleologischer Auslegung der Vorschrift stehe der Umstand, dass die Wohnung sich in einem sogenannten Servicehaus befinde, der Bezuschussung nicht entgegen. Sinn und Zweck der Norm sei es, die selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen soweit wie möglich wiederherzustellen bzw. zu erhalten, um es dem Pflegebedürftigen zu ermöglichen, möglichst lange in einem individuellen Wohnumfeld zu verbleiben. Dieses Ziel werde hier unabhängig davon erreicht, dass in dem Servicehaus auch Pflegepersonal eingesetzt sei. Zu letzterem sei klarstellend darauf hinzuweisen, dass die Dienstleistungen der AWO sich nicht auf Pflegemaßnahmen bezögen. Vielmehr gehe es vorrangig um eine besetzte Notrufanlage und Hilfen bei Besorgungen und Behördengängen. Teilstationäre Dienstleistungen oder Tagespflege würden von der AWO lediglich vermittelt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie den Inhalt der angefochtenen Bescheide weiter vertieft und ausgeführt, dass die von den Spitzenverbänden auf der Grundlage von § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI getroffenen Regelungen weit auszulegen seien. Denn die Spitzenverbände hätten sicherstellen wollen, dass gewerbliche Vermieter nicht auf Kosten der Pflegeversicherung den benötigten Wohnraum für ihre Klientel schaffen oder herrichten. Eine Ausschließlichkeit der Vermietung an Pflegebedürftige sei deshalb nicht zu fordern. Vorliegend ziele die vertragliche Verpflichtung, neben dem Mietvertrag einen Betreuungsvertrag abzuschließen, eindeutig darauf ab, den Wohnraum solchen Mietern zu überlassen, bei denen sofort oder in absehbarer Zeit ein Fremdhilfebedarf gegeben oder zu erwarten sei. Die Auffassung des Klägers, wonach das Rundschreiben der Spitzenverbände nichtig sei, teile sie - die Beklagte - nicht. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) akzeptiere dieses Rundschreiben als eine der einheitlichen Rechtsauslegung der Pflegekassen dienende, nach innen gerichtete Rechtsnorm. Zwar seien die Gerichte nicht an die Rechtsauslegung des Rundschreibens gebunden; ihr - der Beklagten - sei jedoch vorliegend keine andere als die getroffene Entscheidung möglich.
Nach mündlicher Verhandlung am 15. Juli 2008 hat das Sozialgericht der Klage mit Urteil vom selben Tage stattgeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und begründet. Der Bescheid vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 sei ermessensfehlerhaft. Es liege ein Fall des Ermessensfehlgebrauchs vor. Wenn die Beklagte sich auf das Gemeinsame Rundschreiben der Spitzenverbände der Pflegekassen beziehe, sei das im Grundsatz nicht zu beanstanden. Die Kammer habe aber schon Zweifel, ob hier überhaupt eine Wohneinrichtung vorliege, die gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet werde. Pflegebedürftigkeit sei nach dem Mietvertrag keine Voraussetzung für die Anmietung. Auch ließen die vom Mieter in Anspruch zu nehmenden "Regeldienstleistungen" der AWO nicht erkennen, dass es sich dabei um Dienstleistungen ausschließlich für Pflegebedürftige handele. Doch selbst wenn der Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermieten würde, liege bei den Servicehäusern der AWO gleichwohl eine eigene Wohnung bzw. ein eigener Haushalt des Pflegebedürftigen vor. Die Servicehäuser unterlägen nicht dem Heimgesetz. Ein vom Vermieter vorzuhaltender baulicher Mindeststandard sei nicht vorgeschrieben. Zwar möge es zutreffen, dass nach dem Auszug eines Mieters eine Wohnung mit einem barrierefreien Bad besser zu vermieten sei und damit der Vermieter einen gewissen finanziellen Vorteil erlange. Andererseits würden aber auch den Pflegekassen langfristig Aufwendungen erspart, wenn in Wohnungen, die bereits mit einem barrierefreien Bad ausgestattet seien, wiederum Pflegebedürftige einzögen. Denn pflegebedürftige Nachmieter würden insoweit einen Antrag auf einen Zuschuss nach § 40 Abs. 4 SGB XI gar nicht mehr stellen.
Gegen das ihr am 29. Juli 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. August 2008 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung der Beklagten. Zur Begründung wiederholt sie sinngemäß ihr bisheriges Vorbringen und macht ergänzend geltend: Das Sozialgericht habe sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass - wie der Kläger vorgetragen habe - eine Vermietung der Wohnräume innerhalb des Betreuten Wohnens nicht ausschließlich gewerbsmäßig an Pflegebedürftige erfolge und damit die Voraussetzungen zur Bezuschussung im Rahmen der wohnumfeldverbessernden Maßnahmen gegeben seien. Eine Ausschließlichkeit werde aber auch nicht gefordert; anderenfalls wäre es zur Umgehung möglich, nur eine von mehreren Wohneinheiten an eine nicht pflegebedürftige Person zu vermieten. Die vertragliche Regelung des Servicehauses ziele vielmehr eindeutig darauf ab, den Wohnraum solchen Mietern zu überlassen, bei denen sofort oder in absehbarer Zeit ein Fremdhilfebedarf gegeben oder zu erwarten sei. Soweit das Sozialgericht ausgeführt habe, dass zwar beim Auszug eines Mieters insoweit ein gewisser finanzieller Vorteil beim Vermieter eintreten könne, als eine renovierte barrierefreie Wohnung leichter zu vermieten sei, die Pflegekassen jedoch andererseits Aufwendungen sparen würden, wenn in solche Wohnung wieder Pflegebedürftige einzögen, sei das als Begründung des erstinstanzlichen Urteils nicht nachvollziehbar. Denn § 40 Abs. 4 SGB XI knüpfe ausdrücklich an das individuelle Wohnumfeld des Versicherten an; eine generelle Bezuschussung von Umbaumaßnahmen zur Verbesserung des allgemeinen Wohnumfeldes widerspreche der Intention des Gesetzes. Dass der Vater des Kläger, der erst später in die Wohnung eingezogen sei, einen an die Kb adressierten Kostenvoranschlag vom 12. Oktober 2006 vorgelegt habe, bestätige den Eindruck, dass die Kosten für eine schon im Vorwege geplante Renovierung unrechtmäßig zu Lasten der Pflegekasse erfolgen solle. Unabhängig von Vorstehendem habe das Sozialgericht verkannt, dass eine Überprüfung des von ihr ausgeübten Ermessens nur dahingehend erfolgen dürfe, ob alle wesentlichen Umstände beachtet worden seien. Keinesfalls habe das Sozialgericht an ihrer Stelle eine eigene Ermessensentscheidung treffen dürfen. Insgesamt sei sie weiterhin von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide überzeugt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 15. Juli 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er stützt das angefochtene Urteil und nimmt Bezug auf sein bisheriges Vorbringen, dessen Inhalt er weiter vertieft.
Dem Senat haben die Gerichtsakten einschließlich der den Vater des Klägers betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Denn der Bescheid vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 ist rechtswidrig. Die Beklagte durfte eine Zuschussgewährung nicht allein wegen der Belegenheit der Wohnung des Vaters des Klägers in einem sog. Servicehaus der AWO versagen.
Rechtsgrundlage des von dem Kläger geltend gemachten Anspruchs ist § 40 Abs. 4 SGB XI in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Änderungsgesetzes vom 23. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2702). Danach können die Pflegekassen subsidiär finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des (versicherten) Pflegebedürftigen gewähren, beispielsweise für technische Hilfen im Haushalt, wenn dadurch im Einzelfall die häusliche Pflege ermöglicht oder erheblich erleichtert oder eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen wiederhergestellt wird (Satz 1). Die Zuschüsse dürfen einen Betrag von 2.557 EUR je Maßnahme nicht übersteigen (Satz 3). Die Gewährung steht im Ermessen der Pflegekassen; auf pflichtgemäße Ermessensausübung besteht ein Anspruch (§ 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I]).
Zu der Frage, ob der barrierefreie Badumbau die Leistungsvoraussetzungen im Sinne einer Beeinflussung der Pflegesituation des Vaters des Klägers erfüllt hat, hat die Beklagte sich in den angefochtenen Bescheiden nicht im Einzelnen geäußert. Nach den Ergebnissen der vorliegenden MDK-Gutachten hat der Senat allerdings keine Zweifel daran, dass die Maßnahme die häusliche Pflege erheblich erleichtert bzw. eine möglichst selbständige Lebensführung des Vaters des Klägers wiederhergestellt hat. Hierüber streiten die Beteiligten auch nicht; in der Berufungsverhandlung hat die Vertreterin der Beklagten auch ausdrücklich erklärt, dass die Beklagte die Erforderlichkeit der Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nicht bestreite. Zu weiteren Ausführungen besteht insoweit kein Anlass.
Die Beklagte hat eine Bezuschussung allein mit der Begründung abgelehnt, dass die Maßnahme sich nicht auf die Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des Vaters des Klägers beziehe. Dies ist rechtsfehlerhaft. Die Frage, ob das individuelle Wohnumfeld des Vaters des Klägers betroffen gewesen ist, unterliegt auch nicht dem Ermessen der Beklagten; vielmehr handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Überprüfung durch das Gericht unterliegt (vgl. so zum Begriff "Maßnahme zur Verbesserung des Wohnumfeldes" BSG, Urteil vom 3. Januar 1999, B 3 P 3/99 R, SozR 3-3300 § 40 Nr. 1). Hiervon zu trennen ist allerdings die Frage, ob die Beklagte selbst bei einer Betroffenheit des individuellen Wohnumfeldes im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens eine Zuschussgewährung ablehnen kann. Hierüber wird die Beklagte noch zu entscheiden haben.
Das individuelle Wohnumfeld ist betroffen, wenn es sich um eine Maßnahme in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder zumindest in dem Haushalt, in den er aufgenommen ist und in dem er gepflegt werden soll, handelt (Leitherer in Kasseler Kommentar, § 40 Rz 35). Die Regelung des § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI beschränkt sich allerdings nach der Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, nicht darauf, dass nur der behindertengerechte Umbau der von dem Pflegebedürftigen bereits bewohnten, normal ausgestatteten Wohnung bezuschusst werden kann; denn der Sinn und Zweck der Vorschrift liegt nicht allein in der finanziellen Hilfe zum Verbleib in der vorhandenen Wohnung bzw. in der gewohnten Umgebung. Die Vorschrift ist vielmehr dahin auszulegen, dass es sich um eine Hilfe der sozialen Pflegeversicherung zur Vermeidung von Pflege in einem Pflegeheim handelt. Die Regelung ist Ausdruck des allgemeinen Vorrangs der häuslichen Pflege vor der stationären Pflege (§ 3 SGB XI) und des Grundsatzes, dass die Leistungen der Pflegeversicherung dem Pflegebedürftigen helfen sollen, trotz des Pflegebedarfs ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB XI), und dass die Pflegekassen bei der Leistungsgewährung den Wünschen des Berechtigten im Rahmen der Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit nach Möglichkeit entsprechen sollen (§ 2 Abs. 2 und 3 SGB XI sowie § 33 SGB I). Der Begriff des "individuellen Wohnumfeldes" des Pflegebedürftigen ist daher nicht auf die vorhandene Wohnung (Mietwohnung, Eigentumswohnung oder Eigenheim) begrenzt, sondern umfasst - in Abgrenzung zum dauerhaften Aufenthalt in einer stationären Einrichtung - jedes Wohnen in einem privaten häuslichen Bereich (BSG, Urteil vom 26. April 2001, B 3 P 24/00 R, SozR 3-3300 § 40 Nr. 5).
Nach diesen Maßstäben hindert der Umstand, dass der Vater des Kläger eine Wohnung im sog. Servicehaus der AWO bewohnt hat, eine Zuschussgewährung nicht bereits auf tatbestandlicher Ebene; vielmehr hat die in Rede stehende Maßnahme das individuelle Wohnumfeld des Vaters des Klägers betroffen. Denn der Vater des Klägers hat - wie auch der Vertrag mit der Ka GmbH & Co KG belegt - eine private Mietwohnung bewohnt. Dass es sich - wie auch in § 16 des Mietvertrages ausdrücklich erwähnt - um eine Wohnung in einer Altenwohnanlage handelt, in der die AWO eine Service-Einrichtung betreibt, ändert hieran zur Überzeugung des Senats nichts. Zwar bietet die AWO dort einen Grund- und einen Wahlservice an, der die Wohnanlage allerdings nicht zu einem Pflegeheim macht. Die AWO beschreibt ihr Angebot in einer Internet-Veröffentlichung (www.awo-pflege-sh.de) dahingehend, dass sie das Betreute Wohnen für Senioren weiterentwickelt und eine neue Form des Wohnens geschaffen habe, nämlich das Wohnen mit Service/Servicehaus. Die Bewohner könnten dort vielfältige Angebote und Fachkompetenz genießen und gleichzeitig selbstbestimmt und unabhängig in einer eigenen Wohnung leben. Der Service, der den Häusern den Namen gebe, richte sich nach der Persönlichkeit und den Bedürfnissen jedes einzelnen Mieters. Die AWO helfe und unterstütze, wenn die Kräfte durch Krankheit oder Alter eingeschränkt seien. Der Grundservice, dessen Leistungen in einer monatlichen Servicepauschale inklusive seien, umfasse u.a. eine Notrufanlage sowie Hilfen bei kleineren Einkäufen, Besorgungen und Behördenangelegenheiten. Daneben gebe es einen Wahlservice, der über den Grundservice hinausgehe und individuell wählbare Dienstleistungen wie Reinigung der Mietwohnung und der Wäsche, Teilnahme an Mahlzeiten und Pflegesachleistungen in der eigenen Häuslichkeit bis zum Lebensende - rund um die Uhr - umfasse.
Bei der von dem Vater des Klägers in Anspruch genommenen Wohnform des Betreuten Wohnens handelt es sich nicht um den dauerhaften Aufenthalt in einer stationären Einrichtung; vielmehr steht die selbstbestimmte und aktive Lebensgestaltung in der selbst genutzten Mietwohnung im Vordergrund. Nach den Maßstäben der zitierten Rechtsprechung des BSG muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Maßnahme das individuelle Wohnumfeld des Vaters des Klägers betroffen hat.
Eine andere Auslegung des Begriffs "individuelles Wohnumfeld" ergibt sich auch nicht aus dem von der Beklagten herangezogenen Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10. November 2002 in der Fassung der Änderung vom 16. November 2004, in dem es heißt, Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes kämen in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder in dem Haushalt, in den er aufgenommen worden sei, in Betracht. Entscheidend sei, dass es sich um den auf Dauer angelegten, unmittelbaren Lebensmittelpunkt des Pflegebedürftigen handele. In Alten- und Pflegeheimen sowie Wohneinrichtungen, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet würden, liege eine Wohnung/ein Haushalt in diesem Sinne nicht vor.
Gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI regeln die Spitzenverbände der Pflegekassen (heute: der Spitzenverband Bund der Pflegekassen) mit Wirkung für ihre Mitglieder das Nähere zur Bemessung der Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der Pflegebedürftigen nach § 40 Abs. 4 Satz 2. Abgesehen davon, dass § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI nicht auf § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI Bezug nimmt und sich nur auf die Bemessung der Zuschüsse, nicht aber auf deren Anspruchsvoraussetzungen bezieht, ist damit indessen nicht die Befugnis verbunden, unbestimmte Rechtsbegriffe der anspruchsbegründenden Norm - hier: den Begriff des individuellen Wohnumfeldes - in allgemeinverbindlicher Weise einzuschränken. Ebenso wie der in § 78 Abs. 2 Satz 2 SGB XI enthaltene Auftrag zur Erstellung eines Hilfsmittelverzeichnisses die Spitzenverbände nicht befugt, Ansprüche der Pflegebedürftigen einzuschränken (vgl. dazu BSG, Urteil vom 15. November 2007, B 3 P 9/06 R, SozR 4-3300 § 40 Nr. 7), ermächtigt auch die in § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI enthaltene Regelung die Spitzenverbände nur, zur Bemessung der Zuschüsse eine für die Gerichte unverbindliche Auslegungshilfe zu schaffen. Unabhängig hiervon liegt hier im Sinne des Rundschreibens weder ein Alten- oder Pflegeheim im herkömmlichen Sinne noch eine Wohneinrichtung vor, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet wird.
Soweit die Beklagte in Anlehnung an den Inhalt des Rundschreibens und in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens Unterkunftsarten wie die vorliegende generell von einer Zuschussgewährung ausnehmen will, ist die Entscheidung ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte - wie sich aus Vorstehendem ergibt - ihr Ermessen nicht entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt hat (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Darüber hinaus hat sie verkannt, dass für eine Zuschussversagung im Wege der Ermessensausübung stets die Umstände des Einzelfalles maßgeblich sind (vgl. allg. Leitherer a.a.O. § 40 Rz 35). Den Einzelfallumständen hat die Beklagte jedoch hier keine erkennbare Bedeutung beigemessen, indem sie ohne weitere Prüfung den Inhalt des Gemeinsamen Rundschreibens übernommen und das von dem Vater des Klägers in Anspruch genommene Betreute Wohnen einem Altenheim in dem darin erwähnten Sinne gleichgesetzt hat.
Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung deutet darauf hin, dass sie sich letztlich dagegen wehrt, zu den Kosten einer vom Vermieter generell geplanten Wohnungsmodernisierung - losgelöst vom Einzelfallbedarf ihrer Versicherten - herangezogen zu werden. Der Umstand, dass der Vater des Klägers seinem Zuschussantrag im März 2007 Unterlagen über einen barrierefreien Badumbau aus dem Oktober 2006 für diverse Belegenheiten beigefügt hat, in denen die Kb m.b.H. als Auftraggeber benannt war, könnte in diesem Sinne Hinweis auf eine missbräuchliche Inanspruchnahme sein. Andererseits setzt jede Zuschussgewährung nach § 40 Abs. 4 SGB XI das Erfüllen der tatbestandlichen Voraussetzungen in der Person des Hilfebedürftigen voraus, was wiederum gegen eine missbräuchliche Inanspruchnahme schützen dürfte. Insoweit mag die Beklagte bei einer erneuten Ermessensentscheidung eine Abwägung vornehmen, der der Senat im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits nicht vorgreifen kann.
Die Ermessensfehlerhaftigkeit des Versagungsbescheides kann nicht im gerichtlichen Verfahren geheilt werden, weil ein Nachschieben von Gründen bei Ermessensentscheidungen grundsätzlich unzulässig ist (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. § 54 Rz 36; Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, K § 41 Rz 11).
Nach allem kann die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Der Senat hat angesichts der vorliegenden BSG-Rechtsprechung zum Begriff des individuellen Wohnumfeldes im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI keinen Anlass gesehen, nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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