Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 19 KR 256/05
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 49/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 23/09 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
- Bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Rentnern ist bei der Bemessung der Beitragshöhe der Zahlbetrag der Rente neben dem Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen.
- Oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist lediglich der Beitragszuschuss aus der Rentenversicherung zu berücksichtigen.
- Dies gilt auch für Rentner, die kein Arbeitsentgelt sondern Arbeitseinkommen erzielen.
- Oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist lediglich der Beitragszuschuss aus der Rentenversicherung zu berücksichtigen.
- Dies gilt auch für Rentner, die kein Arbeitsentgelt sondern Arbeitseinkommen erzielen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Februar 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für den zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht den Beitragszuschuss aus der Rente von dem Kläger angefordert hat.
Der 1928 geborene Kläger ist seit Jahren freiwilliges Mitglied der Beklagten. Seit 1993 bezieht er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte/Deutsche Rentenversicherung Bund eine Altersrente, zu der er den gesetzlichen Beitragszuschuss erhält. Dem Grunde nach erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der KVdR. Als hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger ist er weiterhin freiwillig bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Aus seiner Erwerbstätigkeit erzielt er Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze.
In der Vergangenheit war von der Beklagten der Beitragszuschuss zur Rente von dem Kläger nicht gefordert worden. Mit Bescheid vom 2. Februar 2005 teilte die Beklagte ihm mit Wirkung vom 1. Januar 2005 den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 465,30 EUR und den Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 59,92 EUR mit. Ferner teilte sie ihm mit, dass er den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers in Höhe von 143,87 EUR zu zahlen habe. Dagegen legte der Kläger am 17. Februar 2005 Widerspruch ein, mit dem er sich gegen die Anforderung des Beitragszuschusses wandte. Zur Begründung führte er aus, den Beitragszuschuss neben dem Höchstbeitrag zur Krankenversicherung zu zahlen stelle eine übermäßige Belastung dar. Er habe als freiwilliges Mitglied der Beklagten seit den 50er Jahren den Höchstbeitrag gezahlt und im Gegensatz dazu nur maßvoll Leistungen in Anspruch genommen. In der gleichen Zeit habe er freiwillig Höchstbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Damals habe der Leistungsumfang der Altersrente den Krankheitsschutz ohne zusätzliche Beiträge beinhaltet; dies sei wesentlicher Gesichtspunkt für seine freiwillige Mitgliedschaft in der Rentenversicherung gewesen. Stattdessen habe er von der Rentenversicherung nur einen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag erhalten, der deutlich niedriger als dieser Beitrag gewesen und im Übrigen nicht so stark wie die Krankenversicherungsbeiträge gestiegen sei. Infolge der inflationären Entwicklung sei die Kaufkraft seiner Altersrente ohnehin deutlich gemindert. Dies sei eine verdeckte Rentenkürzung. Die von ihm selbst aufgebrachten Beiträge seien nur im Rahmen von jährlichen Höchstbeträgen steuerlich absetzbar gewesen. Es sei nicht rechtmäßig, zwischen den verschiedenen Einkommensarten zu unterscheiden und über den Höchstbeitrag hinaus Krankenversicherungsbeiträge von der Rente einzufordern.
Die Beklagte erläuterte dem Kläger mit Schreiben vom 10. März 2005 die Rechtslage, führte zugleich aus, dass sie in der Zeit seit August 1993 versehentlich den Zuschuss nicht angefordert habe und hörte den Kläger ergänzend mündlich an. Sie wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2005 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezögen, Beiträge auf den Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Bemessungsgrenze zu entrichten seien. Soweit dies insgesamt zu einer über der Bemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, sei statt des entsprechenden Beitrags nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen. Zwar regle das Gesetz nicht, wie freiwillige Mitglieder zu behandeln seien, die neben der Rente nicht Arbeitsentgelt, sondern andere beitragspflichtige Einnahmen erzielten. Zwischen diesen und den Rentnern mit zusätzlichem Bezug von Arbeitsentgelt beständen jedoch keine Unterschiede solcher Art und solchen Gewichts, die es rechtfertigen würden, von der gesetzlichen Regelung abzuweichen.
Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 15. August 2005 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Tatsache, dass er zusätzlich zu dem Höchstbeitrag für sein Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit noch den Beitragszuschuss aus der Rentenversicherung zahlen müsse, führe dazu, dass er faktisch zwei Beiträge entrichte, obwohl er nur einen Leistungsanspruch habe. Dies sei verfassungswidrig. Die Regelung des § 240 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) greife ihrem Wortlaut nach nicht ein, da er neben seiner Rente kein Entgelt, sondern Arbeitseinkommen erziele. Die Vorschrift könne auch nicht analog herangezogen werden, denn es bestehe keine Regelungslücke und keine Vergleichbarkeit; die Beitragsbemessungsgrenze sei vielmehr klar bestimmt. Anders als Arbeitnehmer müsse er den vollen Beitrag ohne einen Arbeitgeberzuschuss selbst entrichten. § 240 Abs. 3 SGB V anzuwenden verstieße gegen den Gleichheitssatz, denn er gelte nicht für Versicherte, die eine Rente aus einer privaten Rentenversicherung und nebenbei andere Einkünfte erhielten. Bei einer privaten Krankenversicherung sei ferner der Beitragszuschuss nicht abzuschöpfen. Er habe während seiner Berufstätigkeit zwar ein höheres Einkommen als jetzt gehabt, gleichzeitig aber niedrigere Krankenversicherungsbeiträge gezahlt. Indem er freiwillig sein Geld in die gesetzliche Rentenversicherung investiert habe, sei er durch die höheren Krankenkassenbeiträge schlechter gestellt als andere, die eine andere Altersvorsorge gewählt hätten und die der Beitragsbemessungsgrenze unterfielen. Ferner stelle die Regelung eine Enteignung dar. Denn er habe als freiwillig Versicherter mit seinen Beiträgen einen Anspruch auf Rente und zugleich einen Zuschuss zu den Krankenkassenbeiträgen erhalten; dieser Anspruch dürfe ihm nicht entzogen werden. Die Regelung sei nicht mehr nur Ausdruck der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Für eine Enteignung fehle es am Zitiergebot und an einer Entschädigungsregelung. Bei den Rentenanwartschaften handele es sich um das Äquivalent der Rentenbeiträge, die aus einem Einkommen geleistet worden seien, für das er bereits Krankenversicherungsbeiträge gezahlt habe. Von den Rentenanwartschaften nochmals Krankenversicherungsbeiträge abzuziehen, würde ihn doppelt belasten.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 2. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2007 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, eine Beitragserhebung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sei bei dem freiwillig versicherten Personenkreis der Rentner verfassungsgemäß. Trotz Beitragszahlungen aus mehreren Einkommensarten gebe es nur einen Leistungsanspruch. § 240 Abs. 3 Satz 2 SGB V stelle sicher, dass Personen, die wegen vorrangig beitragspflichtiger Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze keine Beiträge aus der Rente zu zahlen hätten, den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers an die Krankenkasse weiterzuleiten hätten. Die Regelung gelte zwar nur für Arbeitsentgelt, sei auf Arbeitseinkommen jedoch entsprechend anwendbar.
Mit Urteil vom 22. Februar 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Regelung über die Berücksichtigung des Beitragszuschusses zu einer Rente auch bei einer Beitragsbelastung in Höhe der Bemessungsgrenze sei verfassungsgemäß. Zwar erstrecke sich der Wortlaut nur auf die Bezieher von Arbeitsentgelt neben den Rentenzahlungen. Aus Gleichheitsgründen müsse die Regelung jedoch auf Bezieher von Arbeitseinkommen entsprechend angewandt werden. Eine derartige Erweiterung des Wortlauts sei notwendig, denn zwischen den freiwillig Versicherten mit einem Bezug von zusätzlichem Arbeitsentgelt und jenen mit einem Bezug von Arbeitseinkommen beständen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass es gerechtfertigt wäre, den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers für die Rentenbeiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze von dem einen Personenkreis zu erheben und von dem anderen Personenkreis nicht. Vielmehr müssten alle freiwillig versicherten Rentner, deren Rente zusammen mit den übrigen Einnahmen ganz oder teilweise über der Beitragsbemessungsgrenze liege, zunächst volle Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze entrichten und unabhängig von der Art der übrigen Einnahmen den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers für die über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Rentenbeiträge an die Krankenkasse zahlen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 21. April 2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am 20. Mai 2008 beim Sozialgericht Lübeck eingegangen ist. Die Beteiligten wiederholen und vertiefen ihre Rechtsstandpunkte. Der Kläger führt aus, er habe sowohl seine Ansprüche aus der Rentenversicherung als auch die aus der Krankenversicherung mit Höchstbeiträgen erworben. Renten- und Krankenversicherung beständen für ihn als freiwillig Versicherten unabhängig voneinander, denn er könne in einem Versicherungszweig versichert sein, in dem anderen jedoch nicht. Wegen dieser Unterschiede sei eine Analogie unzulässig. Er habe die freiwilligen Rentenversicherungsbeiträge im Vertrauen auf die staatlichen Zusagen und den Leistungsumfang der Versicherung gezahlt. Damit habe er einen Vertrauensschutz erworben. Die freie Krankenversicherung sei durch den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers bereits in der Vergangenheit nicht gewährleistet gewesen. Der Zuschuss stehe ihm zu, unabhängig davon, ob er gesetzlich oder privat krankenversichert sei. Im Falle einer privaten Versicherung würde der Beitragszuschuss nicht abgezogen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Februar 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2005 hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung des Beitragszuschusses aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Vortrag.
In der mündlichen Verhandlung haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Verfahrensakten vorgelegen. Zur Ergänzung der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es die angefochtenen Bescheide auch hinsichtlich des Beitragszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung bestätigt. Denn die Beklagte hat zutreffend diesen Beitragszuschuss vom Kläger eingefordert.
Grundlage für die Anforderung des Beitragszuschusses zu der gesetzlichen Rente durch die Beklagte ist § 240 Abs. 3 SGB V. Danach ist für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, grundsätzlich der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen (Satz 1). Soweit dies insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzuziehen (Satz 2). Der Beitragszuschuss hat seine Grundlage in § 106 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI). Danach erhalten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. § 240 Abs. 3 Satz 1 SGB V knüpft an § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V an, nach dem die Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern sich an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten hat. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V sind dabei wenigstens die Einnahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigten zu berücksichtigen; bei diesem ist nach § 237 Satz 1 SGB V der Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für die Beitragsbemessung zu veranschlagen (Nr. 1). Daher unterliegt auch bei freiwilligen Mitgliedern im Sinne des § 240 Abs. 3 SGB V grundsätzlich auch eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Beitragspflicht. Dies gilt auch dann, wenn der Rentner zusätzlich andere Einkünfte erzielt, da – wie oben ausgeführt – die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist. Allerdings ist in § 223 Abs. 3 SGB V die Beitragsbemessungsgrenze geregelt, nach der beitragspflichtige Einnahmen der Versicherten bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze im Sinne des § 6 Abs. 7 SGB V für den Kalendertag zu berücksichtigen sind und Einnahmen, die diesen Betrag übersteigen, grundsätzlich außer Ansatz bleiben. Diese Beitragsbemessungsgrenze wird im Rahmen des Rentenbezuges nach § 240 Abs. 3 Satz 2 SGB V insoweit berücksichtigt, als die Rentenzahlungen neben diesen anderen Einkünften nur insoweit berücksichtigt werden, als die Beitragsbemessungsgrenze nicht überschritten wird. Übersteigen die Rente und die anderen Einnahmen die Bemessungsgrenze, ist nur der Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI an den Krankenversicherer auszukehren. Diese Regelung hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden angewandt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Regelung des § 240 Abs. 3 SGB V nicht verfassungswidrig (vgl. Urteil des Senats vom 17. August 2005, L 5 KR 68/04). Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits in seiner Entscheidung vom 25. April 1991 (SozR 3-2200 § 393a Nr. 1) hierzu auf die Unbilligkeit der Ergebnisse hingewiesen, die einträten, wenn man dem freiwillig Versicherten den an ihn mit der Rente gezahlten Beitragszuschuss beließe. Der Zuschuss des Trägers der Rentenversicherung ist gerade darauf gerichtet, die auf die Rente entfallende Beitragslast zu mindern. Fällt nun die Rente aus der Beitragsbemessung heraus, weil schon mit dem Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wird, so würde die Zahlung eines dem Rentner zu belassenden Beitragszuschusses durch die Rentenversicherung diesen im Ergebnis von seiner aus dem Arbeitsentgelt zu tragenden Beitragslast teilweise entlasten. Dies widerspricht der Zweckbestimmung des Beitragszuschusses des Rentenversicherungsträgers und rechtfertigt die entgegenstehende Regelung des Gesetzgebers (vgl. auch Beschluss des BSG vom 17. Dezember 1996, 12 BK 30/96). Die Rechtslage in § 240 Abs. 3 SGB V geht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu der Krankenversicherungspflicht der Rentner zurück (Bundesverfassungsgericht vom 15. März 2000, 1 BvL 16/96 u.a., SozR 3-2500 § 5 Nr. 42). Die Regelung in dem Gesundheitsstrukturgesetz für den Zugang zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) war insoweit verfassungswidrig, als § 5 Nr. 11 mindestens 9/10 des gesamten Erwerbslebens Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung als Pflichtmitglied gefordert hatte. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber aufgegeben, bis 2002 eine Neuregelung herbeizuführen, die für die Mitgliedschaft in der KVdR eine Regelung oder alternativ eine Änderung auf der Beitragsseite bewirken würde, anderenfalls es bei der vorher bestehenden Regelung nach dem Gesundheitsreformgesetz verbleiben solle. Danach war keine vorher bestehende Pflichtmitgliedschaft, sondern lediglich eine Mitgliedschaft als Vorversicherungszeit gefordert. Da der Gesetzgeber keine Regelung zur Mitgliedschaft in der KVdR getroffen hat, gilt § 5 Nr. 11 SGB V nunmehr wieder in der Fassung des Gesundheitsreformgesetzes. Der Gesetzgeber hat aber neben anderen beitragsrechtlichen Regelungen auch die Bestimmung in § 240 Abs. 3 SGB V aufgenommen.
Allerdings weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass nach dem Wortlaut des § 240 Abs. 3 SGB V lediglich Arbeitsentgelt zu der Anforderung des Beitragszuschusses führt, nicht aber andere Einkunftsarten wie das Arbeitseinkommen, welches er selbst aus seiner selbstständigen Tätigkeit bezieht. Jedoch ist die Regelung in § 240 Abs. 3 SGB V erweiternd auszulegen und auch in diesem Fall entsprechend anzuwenden (vgl. auch Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V K§ 240 Rz. 46; offen gelassen bei Bernsdorff in juris-PK, SGB V § 240 Rz. 18). Die Regelung fand ihre Entsprechung in § 180 Abs. 4, 5 und 7 Reichsversicherungsordnung (RVO). Dessen Abs. 7 enthielt eine gleiche Bestimmung, Abs. 5 sah für Rentner vor, dass neben dem Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung u. a. auch das Arbeitseinkommen bei der Grundlohnsummenbestimmung zu berücksichtigen sei. Gerade im Hinblick auf die Einschränkungen des Zugangs zur KVdR, die mit dem vergünstigten Beitragssatz verbunden war, galt es im Zusammenhang mit § 240 SGB V gegenüber § 180 RVO eine Ausweitung der Beitragsbemessungsgrundlage zu bewirken (Bernsdorff in juris PK-SGB V § 240 Rz. 1). Dies erfordert eine erweiternde Auslegung der Vorschrift. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V bestimmt darüber hinaus als Grundsatz, dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen ist, dass also zwischen Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt nicht zu differenzieren ist. Diese beiden Gesichtspunkte deuten darauf hin, dass der Begriff "Arbeitsentgelt" in Abs. 3 nicht wortlautgetreu im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) verstanden, sondern weit ausgelegt werden muss. Dies gilt umso mehr, als eine solche Gleichstellung von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen systemgerecht ist. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass nach der o. a. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit des Zugangs zur KVdR die Regelung nur noch einen eingeschränkten Anwendungsbereich hat. Die Mitglieder, die allein wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze aus der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschieden waren, sind aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O.) wiederum in der KVdR mitgliedsberechtigt. Allein die Mitglieder, die – wie der Kläger - aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit originär keine Pflichtmitglieder der Krankenversicherung sind, unterfallen dem Anwendungsbereich. Dies sind aber regelmäßig solche freiwilligen Mitglieder, die auch keine Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung waren, weil sie Arbeitseinkommen erzielten. Dies bedeutet jedoch, dass der Kläger gerade dem typischen Anwendungsfall des § 240 Abs. 3 SGB V unterfällt. Es mag sein, dass vor der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Zugang zur KVdR die Norm auch solche Mitglieder erfasste, die nur deswegen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren, weil ihr Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze überschritt, sie jedoch weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung waren. Nach der Änderung der Zugangsvoraussetzungen zur KVdR im Sinne der Regelung durch das Gesundheitsreformgesetz gilt dies jedoch nicht mehr.
Zu Unrecht rügt der Kläger, er werde oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze durch die Einziehung des Beitragszuschusses im Sinne des § 106 SGB VI mit Beiträgen belastet. Denn er zahlt aufgrund seines Arbeitseinkommens lediglich Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze, nicht aber aus seinen Rentenbezügen. Der Zuschuss wird nach § 106 Abs. 1 SGB VI als Zuschuss zu einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung oder zur Versicherung bei einem Krankenversicherungsunternehmen unter deutscher Aufsicht gezahlt. Der Kläger erhält also aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu seinen Rentenzahlungen einen "Aufwendungsersatz" für Krankenversicherungsbeiträge, die er regulär aus der Rentenversicherung zahlen müsste. Denn nach § 249a SGB V trägt bei Versicherungspflichtigen, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, der Träger der Rentenversicherung die Hälfte der nach der Rente zu bemessenden Beiträge nach den um 0,9 %-Punkte verminderten allgemeinen Beitragssatz, im Übrigen tragen die Rentner die Beiträge. Mit dem Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI ist dieser Beitragsanteil des Rentenversicherungsträgers abgedeckt, wenn keine Versicherungspflicht besteht. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass der freiwillig krankenversicherte Rentner im Gegensatz zum pflichtversicherten Rentner den gesamten Beitrag zur Krankenversicherung, der auf die Rentenzahlung entfällt, selbst tragen muss. Der Kläger zahlt aber aus seinen Rentenleistungen tatsächlich keine Beiträge an die Krankenversicherung, da die Beitragsbemessungsgrenze bereits durch sein Arbeitseinkommen erreicht wird. Wenn er aus seinen Rentenzahlungen aber keinen "hälftigen" Beitrag zur Krankenversicherung entrichtet, erübrigt sich auch der Beitragszuschuss. Der Gesetzgeber hat dies im Sinne des § 240 Abs. 3 Satz 2 SGB V in der Weise gelöst, dass der Krankenversicherungsträger Nutznießer der Überzahlung des Rentenversicherungsträgers ist. Eine entsprechende Regelung für die vom Rentenversicherungsträger zu zahlende andere Beitragshälfte ist nicht vorgesehen. Letztlich erfährt hier der Krankenversicherungsträger einen Vorteil zu Lasten der Rentenversicherung. Hintergrund der Regelung ist das Bestreben des Gesetzgebers, die Krankenversicherungsbeiträge für den eine Rente beziehenden freiwillig Krankenversicherten neutral gegenüber einem pflichtversicherten Rentner zu halten. Die Regelung korrespondiert mit § 231 Abs. 2 Satz 1 SGB V, nach der die zuständige Krankenkasse dem Mitglied auf Antrag die von ihm selbst getragenen Anteile an den Beiträgen aus der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erstattet, soweit diese auf Beiträge entfallen, um die die Rente zusammen mit den übrigen der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Einnahmen des Mitglieds die Beitragsbemessungsgrenze überschritten hat. Auch hier ist das Bestreben ersichtlich, dass die Beitragsbemessungsgrenze aus allen Einkommensarten eingehalten werden soll und dass das Mitglied die Beträge erstattet erhalten soll, wenn die Grenze überschritten wird. Bei dem Kläger träte jedoch das entgegengesetzte Ergebnis ein, indem er zwar den Höchstbeitrag aufgrund seines Einkommens zahlt, einen Teil davon jedoch über § 106 SGB VI vom Rentenversicherungsträger erstattet erhält.
Aus alledem folgt, dass die Regelung in § 240 Abs. 3 SGB V systemgerecht ist und die Beitragsbemessungsgrenze wahrt. Dies legt es nahe, den Wortlaut erweiternd auszulegen und auch auf Arbeitseinkommen zu beziehen. Die Entscheidung der Beklagten ist daher nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Im Hinblick darauf, dass höchstrichterlich die Frage der Gleichsetzung von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen im Sinne des § 240 Abs. 3 SGB V nicht entschieden ist, hat der Senat die Revision zugelassen.
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Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht den Beitragszuschuss aus der Rente von dem Kläger angefordert hat.
Der 1928 geborene Kläger ist seit Jahren freiwilliges Mitglied der Beklagten. Seit 1993 bezieht er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte/Deutsche Rentenversicherung Bund eine Altersrente, zu der er den gesetzlichen Beitragszuschuss erhält. Dem Grunde nach erfüllt der Kläger die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der KVdR. Als hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger ist er weiterhin freiwillig bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Aus seiner Erwerbstätigkeit erzielt er Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze.
In der Vergangenheit war von der Beklagten der Beitragszuschuss zur Rente von dem Kläger nicht gefordert worden. Mit Bescheid vom 2. Februar 2005 teilte die Beklagte ihm mit Wirkung vom 1. Januar 2005 den monatlichen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 465,30 EUR und den Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 59,92 EUR mit. Ferner teilte sie ihm mit, dass er den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers in Höhe von 143,87 EUR zu zahlen habe. Dagegen legte der Kläger am 17. Februar 2005 Widerspruch ein, mit dem er sich gegen die Anforderung des Beitragszuschusses wandte. Zur Begründung führte er aus, den Beitragszuschuss neben dem Höchstbeitrag zur Krankenversicherung zu zahlen stelle eine übermäßige Belastung dar. Er habe als freiwilliges Mitglied der Beklagten seit den 50er Jahren den Höchstbeitrag gezahlt und im Gegensatz dazu nur maßvoll Leistungen in Anspruch genommen. In der gleichen Zeit habe er freiwillig Höchstbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Damals habe der Leistungsumfang der Altersrente den Krankheitsschutz ohne zusätzliche Beiträge beinhaltet; dies sei wesentlicher Gesichtspunkt für seine freiwillige Mitgliedschaft in der Rentenversicherung gewesen. Stattdessen habe er von der Rentenversicherung nur einen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag erhalten, der deutlich niedriger als dieser Beitrag gewesen und im Übrigen nicht so stark wie die Krankenversicherungsbeiträge gestiegen sei. Infolge der inflationären Entwicklung sei die Kaufkraft seiner Altersrente ohnehin deutlich gemindert. Dies sei eine verdeckte Rentenkürzung. Die von ihm selbst aufgebrachten Beiträge seien nur im Rahmen von jährlichen Höchstbeträgen steuerlich absetzbar gewesen. Es sei nicht rechtmäßig, zwischen den verschiedenen Einkommensarten zu unterscheiden und über den Höchstbeitrag hinaus Krankenversicherungsbeiträge von der Rente einzufordern.
Die Beklagte erläuterte dem Kläger mit Schreiben vom 10. März 2005 die Rechtslage, führte zugleich aus, dass sie in der Zeit seit August 1993 versehentlich den Zuschuss nicht angefordert habe und hörte den Kläger ergänzend mündlich an. Sie wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2005 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezögen, Beiträge auf den Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Bemessungsgrenze zu entrichten seien. Soweit dies insgesamt zu einer über der Bemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, sei statt des entsprechenden Beitrags nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen. Zwar regle das Gesetz nicht, wie freiwillige Mitglieder zu behandeln seien, die neben der Rente nicht Arbeitsentgelt, sondern andere beitragspflichtige Einnahmen erzielten. Zwischen diesen und den Rentnern mit zusätzlichem Bezug von Arbeitsentgelt beständen jedoch keine Unterschiede solcher Art und solchen Gewichts, die es rechtfertigen würden, von der gesetzlichen Regelung abzuweichen.
Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 15. August 2005 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Tatsache, dass er zusätzlich zu dem Höchstbeitrag für sein Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit noch den Beitragszuschuss aus der Rentenversicherung zahlen müsse, führe dazu, dass er faktisch zwei Beiträge entrichte, obwohl er nur einen Leistungsanspruch habe. Dies sei verfassungswidrig. Die Regelung des § 240 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) greife ihrem Wortlaut nach nicht ein, da er neben seiner Rente kein Entgelt, sondern Arbeitseinkommen erziele. Die Vorschrift könne auch nicht analog herangezogen werden, denn es bestehe keine Regelungslücke und keine Vergleichbarkeit; die Beitragsbemessungsgrenze sei vielmehr klar bestimmt. Anders als Arbeitnehmer müsse er den vollen Beitrag ohne einen Arbeitgeberzuschuss selbst entrichten. § 240 Abs. 3 SGB V anzuwenden verstieße gegen den Gleichheitssatz, denn er gelte nicht für Versicherte, die eine Rente aus einer privaten Rentenversicherung und nebenbei andere Einkünfte erhielten. Bei einer privaten Krankenversicherung sei ferner der Beitragszuschuss nicht abzuschöpfen. Er habe während seiner Berufstätigkeit zwar ein höheres Einkommen als jetzt gehabt, gleichzeitig aber niedrigere Krankenversicherungsbeiträge gezahlt. Indem er freiwillig sein Geld in die gesetzliche Rentenversicherung investiert habe, sei er durch die höheren Krankenkassenbeiträge schlechter gestellt als andere, die eine andere Altersvorsorge gewählt hätten und die der Beitragsbemessungsgrenze unterfielen. Ferner stelle die Regelung eine Enteignung dar. Denn er habe als freiwillig Versicherter mit seinen Beiträgen einen Anspruch auf Rente und zugleich einen Zuschuss zu den Krankenkassenbeiträgen erhalten; dieser Anspruch dürfe ihm nicht entzogen werden. Die Regelung sei nicht mehr nur Ausdruck der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 2 Grundgesetz (GG). Für eine Enteignung fehle es am Zitiergebot und an einer Entschädigungsregelung. Bei den Rentenanwartschaften handele es sich um das Äquivalent der Rentenbeiträge, die aus einem Einkommen geleistet worden seien, für das er bereits Krankenversicherungsbeiträge gezahlt habe. Von den Rentenanwartschaften nochmals Krankenversicherungsbeiträge abzuziehen, würde ihn doppelt belasten.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 2. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2007 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, eine Beitragserhebung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sei bei dem freiwillig versicherten Personenkreis der Rentner verfassungsgemäß. Trotz Beitragszahlungen aus mehreren Einkommensarten gebe es nur einen Leistungsanspruch. § 240 Abs. 3 Satz 2 SGB V stelle sicher, dass Personen, die wegen vorrangig beitragspflichtiger Einkünfte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze keine Beiträge aus der Rente zu zahlen hätten, den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers an die Krankenkasse weiterzuleiten hätten. Die Regelung gelte zwar nur für Arbeitsentgelt, sei auf Arbeitseinkommen jedoch entsprechend anwendbar.
Mit Urteil vom 22. Februar 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Regelung über die Berücksichtigung des Beitragszuschusses zu einer Rente auch bei einer Beitragsbelastung in Höhe der Bemessungsgrenze sei verfassungsgemäß. Zwar erstrecke sich der Wortlaut nur auf die Bezieher von Arbeitsentgelt neben den Rentenzahlungen. Aus Gleichheitsgründen müsse die Regelung jedoch auf Bezieher von Arbeitseinkommen entsprechend angewandt werden. Eine derartige Erweiterung des Wortlauts sei notwendig, denn zwischen den freiwillig Versicherten mit einem Bezug von zusätzlichem Arbeitsentgelt und jenen mit einem Bezug von Arbeitseinkommen beständen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass es gerechtfertigt wäre, den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers für die Rentenbeiträge oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze von dem einen Personenkreis zu erheben und von dem anderen Personenkreis nicht. Vielmehr müssten alle freiwillig versicherten Rentner, deren Rente zusammen mit den übrigen Einnahmen ganz oder teilweise über der Beitragsbemessungsgrenze liege, zunächst volle Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze entrichten und unabhängig von der Art der übrigen Einnahmen den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers für die über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Rentenbeiträge an die Krankenkasse zahlen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 21. April 2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am 20. Mai 2008 beim Sozialgericht Lübeck eingegangen ist. Die Beteiligten wiederholen und vertiefen ihre Rechtsstandpunkte. Der Kläger führt aus, er habe sowohl seine Ansprüche aus der Rentenversicherung als auch die aus der Krankenversicherung mit Höchstbeiträgen erworben. Renten- und Krankenversicherung beständen für ihn als freiwillig Versicherten unabhängig voneinander, denn er könne in einem Versicherungszweig versichert sein, in dem anderen jedoch nicht. Wegen dieser Unterschiede sei eine Analogie unzulässig. Er habe die freiwilligen Rentenversicherungsbeiträge im Vertrauen auf die staatlichen Zusagen und den Leistungsumfang der Versicherung gezahlt. Damit habe er einen Vertrauensschutz erworben. Die freie Krankenversicherung sei durch den Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers bereits in der Vergangenheit nicht gewährleistet gewesen. Der Zuschuss stehe ihm zu, unabhängig davon, ob er gesetzlich oder privat krankenversichert sei. Im Falle einer privaten Versicherung würde der Beitragszuschuss nicht abgezogen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 22. Februar 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2005 hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung des Beitragszuschusses aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihren bisherigen Vortrag.
In der mündlichen Verhandlung haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Verfahrensakten vorgelegen. Zur Ergänzung der Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat es die angefochtenen Bescheide auch hinsichtlich des Beitragszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung bestätigt. Denn die Beklagte hat zutreffend diesen Beitragszuschuss vom Kläger eingefordert.
Grundlage für die Anforderung des Beitragszuschusses zu der gesetzlichen Rente durch die Beklagte ist § 240 Abs. 3 SGB V. Danach ist für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, grundsätzlich der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen (Satz 1). Soweit dies insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzuziehen (Satz 2). Der Beitragszuschuss hat seine Grundlage in § 106 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI). Danach erhalten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. § 240 Abs. 3 Satz 1 SGB V knüpft an § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V an, nach dem die Beitragsbemessung bei freiwilligen Mitgliedern sich an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten hat. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V sind dabei wenigstens die Einnahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigten zu berücksichtigen; bei diesem ist nach § 237 Satz 1 SGB V der Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung für die Beitragsbemessung zu veranschlagen (Nr. 1). Daher unterliegt auch bei freiwilligen Mitgliedern im Sinne des § 240 Abs. 3 SGB V grundsätzlich auch eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Beitragspflicht. Dies gilt auch dann, wenn der Rentner zusätzlich andere Einkünfte erzielt, da – wie oben ausgeführt – die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist. Allerdings ist in § 223 Abs. 3 SGB V die Beitragsbemessungsgrenze geregelt, nach der beitragspflichtige Einnahmen der Versicherten bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze im Sinne des § 6 Abs. 7 SGB V für den Kalendertag zu berücksichtigen sind und Einnahmen, die diesen Betrag übersteigen, grundsätzlich außer Ansatz bleiben. Diese Beitragsbemessungsgrenze wird im Rahmen des Rentenbezuges nach § 240 Abs. 3 Satz 2 SGB V insoweit berücksichtigt, als die Rentenzahlungen neben diesen anderen Einkünften nur insoweit berücksichtigt werden, als die Beitragsbemessungsgrenze nicht überschritten wird. Übersteigen die Rente und die anderen Einnahmen die Bemessungsgrenze, ist nur der Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI an den Krankenversicherer auszukehren. Diese Regelung hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden angewandt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Regelung des § 240 Abs. 3 SGB V nicht verfassungswidrig (vgl. Urteil des Senats vom 17. August 2005, L 5 KR 68/04). Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits in seiner Entscheidung vom 25. April 1991 (SozR 3-2200 § 393a Nr. 1) hierzu auf die Unbilligkeit der Ergebnisse hingewiesen, die einträten, wenn man dem freiwillig Versicherten den an ihn mit der Rente gezahlten Beitragszuschuss beließe. Der Zuschuss des Trägers der Rentenversicherung ist gerade darauf gerichtet, die auf die Rente entfallende Beitragslast zu mindern. Fällt nun die Rente aus der Beitragsbemessung heraus, weil schon mit dem Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wird, so würde die Zahlung eines dem Rentner zu belassenden Beitragszuschusses durch die Rentenversicherung diesen im Ergebnis von seiner aus dem Arbeitsentgelt zu tragenden Beitragslast teilweise entlasten. Dies widerspricht der Zweckbestimmung des Beitragszuschusses des Rentenversicherungsträgers und rechtfertigt die entgegenstehende Regelung des Gesetzgebers (vgl. auch Beschluss des BSG vom 17. Dezember 1996, 12 BK 30/96). Die Rechtslage in § 240 Abs. 3 SGB V geht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu der Krankenversicherungspflicht der Rentner zurück (Bundesverfassungsgericht vom 15. März 2000, 1 BvL 16/96 u.a., SozR 3-2500 § 5 Nr. 42). Die Regelung in dem Gesundheitsstrukturgesetz für den Zugang zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) war insoweit verfassungswidrig, als § 5 Nr. 11 mindestens 9/10 des gesamten Erwerbslebens Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung als Pflichtmitglied gefordert hatte. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber aufgegeben, bis 2002 eine Neuregelung herbeizuführen, die für die Mitgliedschaft in der KVdR eine Regelung oder alternativ eine Änderung auf der Beitragsseite bewirken würde, anderenfalls es bei der vorher bestehenden Regelung nach dem Gesundheitsreformgesetz verbleiben solle. Danach war keine vorher bestehende Pflichtmitgliedschaft, sondern lediglich eine Mitgliedschaft als Vorversicherungszeit gefordert. Da der Gesetzgeber keine Regelung zur Mitgliedschaft in der KVdR getroffen hat, gilt § 5 Nr. 11 SGB V nunmehr wieder in der Fassung des Gesundheitsreformgesetzes. Der Gesetzgeber hat aber neben anderen beitragsrechtlichen Regelungen auch die Bestimmung in § 240 Abs. 3 SGB V aufgenommen.
Allerdings weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass nach dem Wortlaut des § 240 Abs. 3 SGB V lediglich Arbeitsentgelt zu der Anforderung des Beitragszuschusses führt, nicht aber andere Einkunftsarten wie das Arbeitseinkommen, welches er selbst aus seiner selbstständigen Tätigkeit bezieht. Jedoch ist die Regelung in § 240 Abs. 3 SGB V erweiternd auszulegen und auch in diesem Fall entsprechend anzuwenden (vgl. auch Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V K§ 240 Rz. 46; offen gelassen bei Bernsdorff in juris-PK, SGB V § 240 Rz. 18). Die Regelung fand ihre Entsprechung in § 180 Abs. 4, 5 und 7 Reichsversicherungsordnung (RVO). Dessen Abs. 7 enthielt eine gleiche Bestimmung, Abs. 5 sah für Rentner vor, dass neben dem Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung u. a. auch das Arbeitseinkommen bei der Grundlohnsummenbestimmung zu berücksichtigen sei. Gerade im Hinblick auf die Einschränkungen des Zugangs zur KVdR, die mit dem vergünstigten Beitragssatz verbunden war, galt es im Zusammenhang mit § 240 SGB V gegenüber § 180 RVO eine Ausweitung der Beitragsbemessungsgrundlage zu bewirken (Bernsdorff in juris PK-SGB V § 240 Rz. 1). Dies erfordert eine erweiternde Auslegung der Vorschrift. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V bestimmt darüber hinaus als Grundsatz, dass die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen ist, dass also zwischen Arbeitseinkommen und Arbeitsentgelt nicht zu differenzieren ist. Diese beiden Gesichtspunkte deuten darauf hin, dass der Begriff "Arbeitsentgelt" in Abs. 3 nicht wortlautgetreu im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) verstanden, sondern weit ausgelegt werden muss. Dies gilt umso mehr, als eine solche Gleichstellung von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen systemgerecht ist. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass nach der o. a. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit des Zugangs zur KVdR die Regelung nur noch einen eingeschränkten Anwendungsbereich hat. Die Mitglieder, die allein wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze aus der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschieden waren, sind aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O.) wiederum in der KVdR mitgliedsberechtigt. Allein die Mitglieder, die – wie der Kläger - aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit originär keine Pflichtmitglieder der Krankenversicherung sind, unterfallen dem Anwendungsbereich. Dies sind aber regelmäßig solche freiwilligen Mitglieder, die auch keine Pflichtmitglieder in der gesetzlichen Rentenversicherung waren, weil sie Arbeitseinkommen erzielten. Dies bedeutet jedoch, dass der Kläger gerade dem typischen Anwendungsfall des § 240 Abs. 3 SGB V unterfällt. Es mag sein, dass vor der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Zugang zur KVdR die Norm auch solche Mitglieder erfasste, die nur deswegen freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren, weil ihr Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze überschritt, sie jedoch weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung waren. Nach der Änderung der Zugangsvoraussetzungen zur KVdR im Sinne der Regelung durch das Gesundheitsreformgesetz gilt dies jedoch nicht mehr.
Zu Unrecht rügt der Kläger, er werde oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze durch die Einziehung des Beitragszuschusses im Sinne des § 106 SGB VI mit Beiträgen belastet. Denn er zahlt aufgrund seines Arbeitseinkommens lediglich Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze, nicht aber aus seinen Rentenbezügen. Der Zuschuss wird nach § 106 Abs. 1 SGB VI als Zuschuss zu einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung oder zur Versicherung bei einem Krankenversicherungsunternehmen unter deutscher Aufsicht gezahlt. Der Kläger erhält also aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu seinen Rentenzahlungen einen "Aufwendungsersatz" für Krankenversicherungsbeiträge, die er regulär aus der Rentenversicherung zahlen müsste. Denn nach § 249a SGB V trägt bei Versicherungspflichtigen, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, der Träger der Rentenversicherung die Hälfte der nach der Rente zu bemessenden Beiträge nach den um 0,9 %-Punkte verminderten allgemeinen Beitragssatz, im Übrigen tragen die Rentner die Beiträge. Mit dem Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI ist dieser Beitragsanteil des Rentenversicherungsträgers abgedeckt, wenn keine Versicherungspflicht besteht. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass der freiwillig krankenversicherte Rentner im Gegensatz zum pflichtversicherten Rentner den gesamten Beitrag zur Krankenversicherung, der auf die Rentenzahlung entfällt, selbst tragen muss. Der Kläger zahlt aber aus seinen Rentenleistungen tatsächlich keine Beiträge an die Krankenversicherung, da die Beitragsbemessungsgrenze bereits durch sein Arbeitseinkommen erreicht wird. Wenn er aus seinen Rentenzahlungen aber keinen "hälftigen" Beitrag zur Krankenversicherung entrichtet, erübrigt sich auch der Beitragszuschuss. Der Gesetzgeber hat dies im Sinne des § 240 Abs. 3 Satz 2 SGB V in der Weise gelöst, dass der Krankenversicherungsträger Nutznießer der Überzahlung des Rentenversicherungsträgers ist. Eine entsprechende Regelung für die vom Rentenversicherungsträger zu zahlende andere Beitragshälfte ist nicht vorgesehen. Letztlich erfährt hier der Krankenversicherungsträger einen Vorteil zu Lasten der Rentenversicherung. Hintergrund der Regelung ist das Bestreben des Gesetzgebers, die Krankenversicherungsbeiträge für den eine Rente beziehenden freiwillig Krankenversicherten neutral gegenüber einem pflichtversicherten Rentner zu halten. Die Regelung korrespondiert mit § 231 Abs. 2 Satz 1 SGB V, nach der die zuständige Krankenkasse dem Mitglied auf Antrag die von ihm selbst getragenen Anteile an den Beiträgen aus der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erstattet, soweit diese auf Beiträge entfallen, um die die Rente zusammen mit den übrigen der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Einnahmen des Mitglieds die Beitragsbemessungsgrenze überschritten hat. Auch hier ist das Bestreben ersichtlich, dass die Beitragsbemessungsgrenze aus allen Einkommensarten eingehalten werden soll und dass das Mitglied die Beträge erstattet erhalten soll, wenn die Grenze überschritten wird. Bei dem Kläger träte jedoch das entgegengesetzte Ergebnis ein, indem er zwar den Höchstbeitrag aufgrund seines Einkommens zahlt, einen Teil davon jedoch über § 106 SGB VI vom Rentenversicherungsträger erstattet erhält.
Aus alledem folgt, dass die Regelung in § 240 Abs. 3 SGB V systemgerecht ist und die Beitragsbemessungsgrenze wahrt. Dies legt es nahe, den Wortlaut erweiternd auszulegen und auch auf Arbeitseinkommen zu beziehen. Die Entscheidung der Beklagten ist daher nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Im Hinblick darauf, dass höchstrichterlich die Frage der Gleichsetzung von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen im Sinne des § 240 Abs. 3 SGB V nicht entschieden ist, hat der Senat die Revision zugelassen.
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