Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 14 KA 81/04
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 10/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. Januar 2006 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, die Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale I/01, II/01, IV/01, I/02, III/02 und I/03 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden. Hinsichtlich der Quartale II/00, III/00, IV/00, III/01, II/02, IV/02 wird die Klage auch bezogen auf die Honorierung der nicht sowohl zeit- als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Der Kläger und die Beklagte tragen jeweils die Hälfte der Kosten des gesamten Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die angemessene Vergütung für die nicht sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä in den Quartalen II/00 bis I/03.
Der Kläger nimmt als psychologischer Psychotherapeut mit Praxissitz in L seit dem Quartal II/00 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Durch Bescheide vom 13. Oktober 2000, 12. Januar 2001, 14. April 2001, 14. Juli 2001, 15. Oktober 2001, 14. Januar 2002, 12. April 2002, 15. Juli 2002, 14. Ok¬tober 2002, 14. Januar 2003, 14. April 2003 und 15. Juli 2003 (Honorarbescheide II/00 bis I/03) sowie durch Nachberechnungsbescheide (betreffend u. a. die streitigen Quartale) setzte die Beklagte die Honoraransprüche des Klägers für die Quartale II/00 bis I/03 fest.
Der Kläger erhob gegen alle Bescheide Widersprüche, die er im Wesentlichen gleichlautend wie folgt begründete: Die der Honorierung zugrunde liegenden Regelungen des HVM der Beklagten seien rechtswidrig, da die Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit Urteilen vom 25. August 1999 (B 6 KA 14/98 R, B 6 KA 17/98 R) und vom 26. Januar 2000 (B 6 KA 4/99 R) und die gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen nicht berücksichtigt worden seien. Als Mitglied des Deutschen Psychotherapeutenverbandes habe er sich einem von diesem Verband angestrengten Musterverfahren angeschlossen. Der Kläger rügte zudem die mangelnde Transparenz und Plausibilität der Nachberechnungsbescheide.
Die Beklagte wies die Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 zurück. Ab dem Quartal I/00 würden die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä (Nrn. 871 bis 884) auf der Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und –therapeuten gemäß § 85 Abs. 4 Buchst. a SGB V mit einem Punktwert von 7,88 Pfennig bzw. 4,03 Cent aus dem jeweiligen Honorarkontingent der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte mit mindestens 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Abschnitt G IV EBM vergütet. Ab dem Quartal III/02 sei der Punktwert auf 4,0538 Cent erhöht worden. Dieser Punktwert gelte gemäß § 12 Abs. 6 Buchst. e HVM nur bis zu einer Menge von insgesamt 561.150 Punkten je Quartal und Leistungserbringer. Die Leistungen würden vorweg aus den jeweiligen Honorarkontingenten der ausschließlich psychotherapeutischen Vertragsärzte und –therapeuten vergütet. Die danach innerhalb der Kontingente dieser Fachgruppen verbleibenden Geldmittel stünden zur Finanzierung der übrigen Leistungen dieser Fachgruppen zur Verfügung. Hintergrund der Entscheidung zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen ab dem Quartal I/00 sei u. a. die Tatsache, dass die angemessene Höhe der Vergütung von der Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich abhängig sei und insofern die Höhe des Punktwertes ebenfalls nur in Abhängigkeit von diesen Faktoren festgelegt werden könne. Der Bewertungsausschuss habe sich insoweit auf die vergleichbare Ertrags- und Umsatzsituation eines Facharztes für Allgemeinmedizin in der hausärztlichen Versorgung bezogen. Letztlich seien die Punktwerte in den streitigen Quartalen damit entsprechend den gesetzlichen Vorgaben festgelegt worden. Soweit der Kläger hinsichtlich der beiden Nachberechnungsbescheide mangelnde Plausibilität und Transparenz der Abrechnung rüge, sei zu berücksichtigen, dass bei der Ermittlung der Nachzahlungen für diverse Quartale der prozentuale Anteil an der zurückgestellten Summe nur anhand der abgerechneten Punktzahlen errechnet worden sei. Die Nachvergütung sei also unabhängig von dem in den jeweiligen Quartalen gezahlten Punktwert.
Zur Begründung seiner hiergegen am 2. Januar 2004 bei dem Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger zunächst insbesondere geltend gemacht, die Honorierung der sowohl zeitabhängigen als auch genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM gemäß dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000, auf dem der HVM der Beklagten in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung beruhe, ebenso wie die Modifikationen dieses Beschlusses, wirksam ab dem 1. Januar 2001 und dem 1. Juli 2002, entsprächen nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts. Er hat weiterhin geltend gemacht, auch die anamnestisch probatorischen Leistungen gemäß G IV EBM unterlägen nach dem Willen des Gesetzgebers der Stützungsverpflichtung seitens der Beklagten, weil sie ebenfalls zeit- und mengenmäßig begrenzt und aufgrund der Bestimmungen der zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Richtlinienausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vereinbarten Psychotherapierichtlinien zwingend zu erbringen seien, um überhaupt eine fachgerechte Psychotherapie einleiten und durchführen zu können. Sie seien somit bereits im Vorwege durch Kassen und Kassenärztliche Vereinigungen vorgeschrieben und genehmigt worden.
Nachdem das BSG mit Urteil vom 28. Januar 2004 (B 6 KA 52/03 R) den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Feb¬ruar 2000 zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und therapeuten für rechtswidrig erklärt und der Bewertungsausschuss daraufhin durch Beschluss vom 29. Oktober 2004 einen neuen Beschluss zur Vergütung psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte erlassen hatte, hat die Beklagte dem Kläger für die Quartale I/00 bis II/04 Honorar in Höhe von 12.424,17 EUR nachvergütet (Schreiben der Honorarabteilung vom 3. Februar 2005 nebst anliegender Übersicht über die Berechnung der Nachzahlung, Bl. 34 d. A.). Der Kläger hat daraufhin vorgetragen: Das Verfahren werde fortgeführt, weil bei den Nachberechnungen die sog. übrigen Leistungen (Gebührennummern 860 bis 870) gänzlich unberücksichtigt geblieben seien. Diese Leistungen machten bis zu 30 % seiner honorierten Arbeitszeit aus und seien von der Beklagten weiterhin lediglich mit Centbeträgen abgerechnet worden. Der Kläger hat sich insoweit auf beigefügte Aufstellungen über die Quartale II/03 und III/03 betreffend die Vergütung der übrigen Leistungen in den verschiedenen KV-Bereichen bezogen. Nicht eine der Kassenärztlichen Vereinigungen des übrigen Bundesgebietes bewerte die übrigen Leistungen wie die Beklagte mit einem Punktwert von 0,05 Cent.
Der Kläger hat beantragt,
die Honorarbescheide der Beklagten betreffend die Quartale II/00 bis I/03 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn bezüglich dieser Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen erwidert: Die Vergütung der sog. übrigen Leistungen mit einem geringen Punktwert folge aus verschiedenen Faktoren ihres HVM. Zunächst sei die ab dem 1. Januar 2000 verbindlich vorgegebene Trennung der Gesamtvergütung in einen hausärztlichen und einen fachärztlichen Versorgungsbereich zu berücksichtigen, die zu einem Anstieg der Punktwerte der hausärztlich tätigen Vertragsärzte und im Gegenzug zu einem Absinken der Punktwerte sämtlicher fachärztlicher Leistungserbringer, zu denen die psychotherapeutisch Tätigen unstreitig gehörten, geführt habe. Zudem seien auch nach der Trennung der Vergütungsanteile – wie bisher – Honorarkontingente gebildet worden. Zur Bildung aller Fachgruppenkontingente seien dabei die durchschnittlichen Umsätze der jeweiligen Arztgruppe aus dem Jahr 1999 herangezogen und mit der aktuellen Arztzahl multipliziert worden. Das so errechnete Volumen einer Arztgruppe habe den prozentualen Anteil an der hausärztlichen bzw. fachärztlichen Gesamtvergütung ergeben. Durch die kalkulatorische Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen im Jahre 1999 mit einem Punktwert, der 10 % unter dem jeweiligen Quartalspunktwert gelegen habe, sei sichergestellt worden, dass die durch Schiedsamtverfahren zusätzlich erstrittenen und nicht zuletzt von anderen Mitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung gestellten Gelder bei der Bildung der Kontingente berücksichtigt worden seien. Die erbrachten antragsgebundenen, genehmigungspflichtigen und höher vergüteten Leistungen des Kapitels G IV EBM seien vorweg aus dem jeweiligen Honorarkontingent der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte bzw. –therapeuten vergütet worden. Nur die innerhalb der Fachgruppenkontingente nach Bewertung der zu stützenden Leistungen noch zur Verfügung stehenden Geldmittel hätten zur Finanzierung der übrigen Leistungen dieser Fachgruppe herangezogen werden können. Soweit der Kläger meine, die übrigen Leistungen müssten aus dem Gesamtbudget der Beklagten und nicht aus dem Honorarkontingent der Fachgruppe finanziert werden, bleibe er die Antwort schuldig, auf welcher rechtlichen Grundlage dies erfolgen sollte. Im Übrigen lägen die psychologischen Psychotherapeuten nach dem Ergebnis einer Auswertung der durchschnittlichen Auszahlungspunktwerte der Fachgruppen bezogen auf das Quartal III/03 mit einem durchschnittlichen Auszahlungspunktwert in Höhe von 3,1591 Cent im Mittelfeld des fachärztlichen Versorgungsbereiches. So erhielten z. B. die Augenärzte lediglich einen durchschnittlichen Auszahlungspunktwert von 2,9522 Cent, die Strahlentherapeuten von 2,7294 Cent und die HNO-Ärzte von 3,0913 Cent. Vergleichbar sei der durchschnittliche Auszahlungspunktwert der psychologischen Psychotherapeuten in etwa mit dem der fachärztlichen Internisten, bei denen dieser Punktwert 3,1572 Cent betragen habe.
Durch Urteil vom 11. Januar 2006 hat das Sozialgericht die Honorarbescheide der Beklagten betreffend die Quartale II/00 bis I/03 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezem¬ber 2003 und die Nachvergütungsbescheide vom 6. Dezember 2004 und 3. Februar 2005 hinsichtlich der Vergütung der nicht zeitgebundenen, nicht antragsgebundenen Leistungen aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht dargelegt, dass die Klage unbegründet sei, soweit der Kläger für die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen des Kapitels G Abschnitt IV EBM die Vergütung auf der Grundlage eines Punktwertes von 10 Pfen¬nigen bzw. 5,11 Cent begehre. Dies hat das Sozialgericht unter Darstellung der Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000, der hierzu ergangenen Urteile des BSG vom 28. Januar 2004 und der Neufassung des Beschlusses des Bewertungsausschusses in der Sitzung vom 29. Ok¬tober 2004 im Einzelnen dargelegt und dazu die Auffassung vertreten, der Bewertungsausschuss habe sich mit dem Beschluss vom 29. Oktober 2004 an die Vorgaben des BSG gehalten. Insoweit sei auch darauf hinzuweisen, dass das BSG stets hervorgehoben habe, dass den psychotherapeutischen Leistungserbringern nicht auf Dauer und unabhängig von der Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich ein Punktwert von 10 Pfennig (5,11 Cent) garantiert werden müsse. Ein bestimmtes, in DM oder EURO auszudrückendes Honorierungsniveau sei deshalb den Psychotherapeuten weder generell noch je Zeiteinheit garantiert. Demgegenüber sei die Vergütung der "übrigen Leistungen" nach Maßgabe des HVM der Beklagten rechtswidrig. Für diese Leistungen, die aus derjenigen Honorarmenge vergütet würden, die übrig bleibe, nachdem die antragsgebundenen und zeitgebundenen Leistungen aus dem Honorarkontingent der Psychotherapeuten vergütet worden seien, was zu einem erheblichen Punktwertverfall für diese Leistungen geführt habe, sei z. B. im Quartal I/03 ein Punktwert von 1,0051 Cent bei den Primärkassen und von 2,8412 Cent bei den Ersatzkassen errechnet worden. Es widerspreche dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wenn auf der einen Seite eine Gruppe von Vertragsärzten gestützt werde, diese Stützung aber letztlich von ihr selbst getragen werden müsse. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG sei es vielmehr erforderlich, dass das Honorarkontingent zu Lasten der anderen Arztgruppen derart ausgestattet werde, dass die Vergütung für die übrigen Leistungen nicht unter die Durchschnittsvergütung der Leistungen der übrigen Facharztgruppen falle. Diese übrigen Leistungen machten bei dem Kläger etwa 20 % bis 30 % der Gesamthonoraranforderung aus und seien in Anbetracht der Tatsache, dass der weit überwiegende Anteil an der Gesamtleistung im antrags- und zeitgebundenen Bereich liege, auch nicht beliebig steigerbar, sodass nicht ohne Weiteres eine Vergleichbarkeit mit der Steigerungsmöglichkeit der übrigen Arztgruppen hergestellt werden könne. Es erscheine daher nicht gerechtfertigt, die Höhe der Vergütung der übrigen Leistungen allein in das Risiko der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und Psychotherapeuten fallen zu lassen. Durch die Vorwegvergütung der zeit- und antragsgebundenen Leistungen würde eine Steigerung der übrigen Leistungen – wenn sie denn möglich wäre – dazu führen, dass der Punktwert für diese Leistungen sinke, damit also eine theoretisch mögliche Leistungssteigerung in diesem Bereich eine automatisch schlechtere Vergütung zur Folge hätte. Dies widerspreche dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit.
Gegen das ihr am 1. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. Juni 2006 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten. Die Beklagte hat zunächst zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Zur Finanzierung der sich aus dem Beschluss des Bewertungsausschusses aus Oktober 2004 zugunsten der Psychotherapeuten für die Quartale I/00 bis II/04 ergebenden Nachvergütungsansprüche sei das Honorarkontingent der Psychotherapeuten vergrößert worden. Mehr als die Hälfte des für die Nachvergütung notwendigen Betrages sei von den Krankenkassen übernommen worden, der übrige Betrag von den Fachärzten, deren Honorarabrechnungen für die genannten Quartale vorsorglich mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen gewesen seien. Ab 2004 hätten die Primärkassen – mit Ausnahme der BKK – weitere Mittel für die nicht antragsgebundenen Leistungen zur Verfügung gestellt. Daraus werde deutlich, dass die Psychotherapeuten ihre Leistungen keineswegs ausschließlich aus dem seinerzeit nach historischen Grundsätzen gebildeten Honorarkontingent vergütet erhalten hätten, sondern vielmehr auch die übrigen Facharztgruppen für die Vergütung dieser Leistungen herangezogen worden seien. Zutreffend weise das Sozialgericht zwar darauf hin, dass das BSG davon ausgegangen sei, dass ein optimal ausgelasteter psychotherapeutisch tätiger Arzt auf einen Punktwertrückgang weder durch eine Steigerung der generell oder pro Behandlungsfall zu erbringenden Leistungen noch durch eine vermehrte Abrechnung höher bewerteter Leistungen oder durch eine Änderung seines Behandlungsspektrums im Rahmen seines Fachgebietes reagieren könne. Bei der Übertragung dieses Arguments auf die "übrigen Leistungen" sei allerdings übersehen worden, dass ein optimal ausgelasteter Psychotherapeut schlichtweg keine Zeit mehr für die Erbringung der übrigen Leistungen haben dürfte, weil bereits die antragsgebundenen, mit festem Punktwert vorab vergüteten Leistungen den gesamten zeitlichen Rahmen dieses Psychotherapeuten ausfüllten. Zudem sei ihrer Auffassung nach auf den durchschnittlichen Punktwert der Psychotherapeuten abzustellen, der in den streitigen Quartalen nicht niedriger gewesen sei als der fachärztliche Quartalspunktwert. Hierzu bezieht sich die Beklagte auf die dem Schriftsatz vom 5. Februar 2007 beigefügten Aufstellungen über die verschiedenen durchschnittlichen Quartalspunktwerte. Sicherlich würde es eine Stützungsverpflichtung gegeben haben, wenn sie im Rahmen ihrer Beobachtungs- und Reaktionspflicht festgestellt hätte, dass der durchschnittliche Punktwert der Psychotherapeuten den durchschnittlichen fachärztlichen Quartalspunktwert dauerhaft und nachhaltig unterschreite; dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Die von dem Sozialgericht vorgenommene starre Differenzierung zwischen antragsgebundenen und übrigen Leistungen halte sie für nicht sachgerecht. Insoweit hat sich die Beklagte auf die Rechtsprechung des BSG zu Budgetierungen bezogen. Danach bewirke die Budgetierung nicht, dass tatsächlich erbrachte Leistungen nicht mehr vergütet würden, sondern lediglich, dass bei einer Überschreitung des fallzahlabhängigen Grenzwertes die Höhe der Vergütung für die einzelne Leistung sinke.
Nachdem das BSG in mehreren Urteilen vom 28. Mai 2008 (u. a. B 6 KA 9/07 R ) (auch) über die Vergütung der nicht zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen entschieden hat, trägt die Beklagte vor: Ihrer Auffassung nach sei die Rechtslage zur Vergütung der probatorischen und diagnostischen Leistungen von Psychotherapeuten durch die genannten Urteile des BSG noch nicht so weit geklärt, dass sich daraus für sie eine dezidierte Handlungsverpflichtung ergebe, verbunden mit der Möglichkeit, die Vorbehalte, mit denen die Honorarabrechnungen der Fachärzte wegen der psychotherapeutischen Punktwerte vorsorglich versehen worden seien, zu aktivieren. So sei in den Urteilen zwar festgestellt worden, dass die Probatorik mit einem bestimmten Mindestpunktwert zu vergüten sei, es sei aber andererseits insoweit eine Einschränkung vorgenommen worden, als dieser Punktwert lediglich für die "für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen" gewährleistet sein müsse. Es lasse sich trefflich darüber streiten, was diese notwendige Mindestzahl im konkreten Fall bedeute. Zum anderen sei, was die sonstigen übrigen Leistungen anbelange, in den vom BSG entschiedenen Fällen ein HVM zur Anwendung gelangt, der mit dem ihren nicht vergleichbar sei. Sie sehe deshalb die Notwendigkeit einer ausdrücklich für ihren Bereich verbindlichen Gerichtsentscheidung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. Januar 2006 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht sich die Ausführungen des Sozialgerichts zu eigen. Mit ihrer Berufungsbegründung missachte die Beklagte erneut die Vorgaben durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung des BSG. Sie setze wiederum die Punktwerte für zeitlich und mengenmäßig ausweitbare Leistungen von Fachärzten mit den Punktwerten für zeitlich und mengenmäßig begrenzte Leistungen von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringern gleich. In dieser Gleichsetzung liege der Verstoß gegen die Verteilungsgerechtigkeit. Eine Verteilungsgerechtigkeit könne nicht durch Punktwertvergleich, sondern allein durch den direkten Vergleich der durchschnittlichen Psychotherapeutenhonorare mit den übrigen durchschnittlichen Facharzthonoraren hergestellt werden. "Geradezu zynisch" seien die Ausführungen der Beklagten, wonach ein optimal ausgelasteter Psychotherapeut keine Zeit mehr für die Erbringung der "übrigen Leistungen" haben dürfte. Die Beklagte wisse, dass die Genehmigung sog. genehmigungspflichtiger Leistungen abhängig sei von der Voraberbringung eines Großteils der sog. übrigen Leistungen. Der Anteil an den nicht genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen betrage bei ihm bezogen auf seine Gesamtleistung ca. 30 %.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, den Vorgang betreffend das Eilverfahren S 14 KA 74/03 ER (L 4 B 89/04 KA ER) sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten betreffend die Honorierung des Klägers in den streitgegenständlichen Quartalen Bezug genommen. Diese Vorgänge sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats am 26. Januar 2010 gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG), fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale II/00 bis I/03 nur noch hinsichtlich der Vergütung der nicht sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen, d. h. der sog. "übrigen" Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä, da nur die Beklagte gegen das insoweit zusprechende Urteil Berufung eingelegt hat. Hinsichtlich der sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen Leistungen hat die Beklagte dem Kläger im Übrigen zunächst auf der Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus Oktober 2004, und, nachdem dieser in den Urteilen des BSG vom 28. Mai 2008 (u.a. B 6 KA 9/07 R ) für die Jahre 2000 und 2001 als rechtswidrig angesehen worden war, soweit bei der Berechnung der Psychotherapie-Mindestpunktwerte die Umsätze der Allgemeinmediziner um Einnahmen für Laborleistungen und aus Pauschalerstattungen zu bereinigen waren, auch insoweit Nachzahlungen geleistet (Bescheid vom 10. Juli 2009, Bl. 168 d. A.).
Hinsichtlich der nicht sowohl zeit- als auch genehmigungsgebundenen (im Folgenden nur: übrigen) Leistungen hat das Sozialgericht im Grundsatz zu Recht angenommen, dass der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung hat. Dies gilt allerdings nur in dem tenorierten Umfang und nach Maßgabe der noch darzulegenden Rechtsaufassung des Senats.
Der Senat legt seiner Entscheidung die Urteile des BSG vom 28. Mai 2008 (u.a. B 6 KA 9/07 R, BSGE 100, 254) zugrunde. Darin hat das BSG (jedenfalls; vgl. dazu unten) hinsichtlich der probatorischen Sitzungen (Nr. 870 EBM-Ä a.F.) seine Rechtsprechung dahingehend fortgeführt, dass diese zwar nicht mit dem Mindestpunktwert für die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen vergütet, aber gleichwohl unter Berücksichtigung ihrer Funktion angemessen honoriert werden müssten. Während insoweit bisher eine bestimmte Vergütungsuntergrenze nicht festgelegt, sondern lediglich dargelegt worden war, dass ein Punktwert von deutlich mehr als 3 Cent jedenfalls ausreiche (BSG, Urt. v. 29. August 2007 - B 6 KA 35/06 R - SozR 4 2500 § 85 Nr. 38, juris Rn. 17), hat das BSG nunmehr entschieden, dass ein Betrag von 5 Pfennig/2,56 Cent grundsätzlich nicht unterschritten werden darf (BSG, Urt. v. 28. Mai 2008, a.a.O.; juris Leitsatz 3 und Rn. 65).
Der Senat folgt dieser Rechtsprechung, auch wenn man verschiedene Kritikpunkte an der Festlegung eines nicht zu unterschreitenden Mindestpunktwertes (auch) für die probatorischen Sitzungen bzw. die "übrigen Leistungen" schlechthin anbringen könnte. So ist die Festlegung nicht nur von Vergütungsmaßstäben, sondern eines konkreten Cent-Betrages nicht leicht in Einklang zu bringen mit dem vom BSG in Entscheidungen zu Honorierungsregelungen stets betonten weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses, so weit dieser zur Bestimmung der angemessenen Vergütung berufen war, sowie der KVen bzw. nunmehr ab 1. Juli 2004 der KVen gemeinsam mit den Verbänden der Krankenkassen als Normgeber des HVM/HVV. Da diese Kritik jedoch in gleicher Weise für die Festlegung eines Mindestpunktwertes bzw. konkreter Berechnungsvorgaben für die sowohl zeit- als auch antragsgebundenen Psychotherapieleistungen galt, diese Festlegungen jedoch durch entsprechende Beschlüsse des Bewertungsausschusses bereits umgesetzt worden sind, erübrigt sich insoweit eine vertiefende Auseinandersetzung. Gleiches gilt für den weiteren denkbaren Kritikpunkt, dass die Festlegung eines Mindestpunktwertes für die übrigen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist mit der Herleitung des Mindestpunktwertes für die zeit- und antragsgebundenen Psychotherapieleistungen. Dieser wurde vom BSG mit der Notwendigkeit begründet, dass es den Psychotherapeuten ermöglicht werden müsse, mit den sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen Leistungen des Abschnitts G IV das durchschnittliche Einkommens einer vergleichbaren Arztgruppe zu erreichen. Nach der hierzu vom BSG entwickelten Modellberechnung (vgl. dazu im Einzelnen Urt. des BSG v. 25. August 1999 - B 6 KA 14/98 R - BSGE 84, 235) wurde der Mindestpunktwert für die genannten Leistungen so festgesetzt, dass ein vergleichbares Einkommen eines Allgemeinmediziners bereits durch die Erbringung der zeit- und genehmigungsgebundenen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä gewährleistet ist. Angesichts dieser Berechnung erscheint die Festlegung eines Mindestpunktwerts auch für die übrigen Leistungen zur Erreichung des genannten Zieles jedenfalls nicht zwingend geboten. Dass andererseits ein beliebiger Punktwertabfall für die übrigen, jedenfalls für die probatorischen Leistungen auf Dauer nicht hingenommen werden kann, hatte das BSG bereits in dem Urteil vom 29. August 2007 (B 6 KA 35/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 38, juris Rn. 17) dargelegt, entsprechend der nach ständiger Rechtsprechung bestehenden Verpflichtung der Beklagten zur Beobachtung und Reaktion im Falle eines zu weitgehenden, von der Arztgruppe nicht beeinflussbaren Punktwertverfalls innerhalb eines Honorartopfes, ohne jedoch bisher daraus die Vorgabe eines nicht zu unterschreitenden Mindestpunktwertes abzuleiten. Allerdings sieht der Senat im Ergebnis auch insoweit keine zwingende Veranlassung, von den Entscheidungen des BSG vom 28. Mai 2008 abzuweichen. Denn zum einen hat das BSG in den Urteilen vom 28. Mai 2008 die Untergrenze nachvollziehbar damit begründet, dass die (in dem konkreten Verfahren zugrunde liegenden) Punktwerte von 1,84 bzw. 2,13 Cent zur Folge haben, dass für eine probatorische Sitzung von mindestens 50 Minuten Dauer ein Honorar von 26,68 Euro bzw. von 30,89 Euro anfalle und dass der nach Berücksichtigung der Betriebskosten verbleibende Ertrag von weniger als 20 Euro nicht ausreiche, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung auch mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten. Zum anderen hat das BSG in den Urteilen an anderer Stelle auf seinen Auftrag zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und zur Schaffung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit hingewiesen (B 6 KA 9/07 R, a.a.O., juris Rn. 39). Angesichts des mehr als 10 Jahre andauernden Streits über die angemessene Vergütung der Psychotherapeuten ist schon mit Blick auf die gebotene endgültige Klärung der Streitfragen die konkrete Festlegung eines Mindestpunktwertes einer erneuten abstrakten Umschreibung der Grenzen des Gestaltungsspielraumes des Normgebers vorzuziehen.
Damit ist die Beklagte zur Neubescheidung des Klägers – nur - insoweit verpflichtet, als die Punktwerte für die "übrigen Leistungen" in den einzelnen streitigen Quartalen den Betrag von 5 Pfennig/2,56 Cent unterschritten; im Übrigen sind die Bescheide dagegen nicht zu beanstanden. Zur Berechnung des tatsächlichen Punktwertes hat das BSG in dem Urteil vom 28. Mai 2008 in dem Verfahren B 6 KA 49/07 R eine Gesamtbetrachtung der durchschnittlichen Punktwerte der Primärkassen und der Ersatzkassen vorgenommen. So betrug der Punktwert in dem dortigen Verfahren in einem der Quartale bei den Primärkassen nur 2,17 Cent. Hierzu heißt es, insoweit müsse aber die deutlich höhere Vergütung für Ersatzkassenpatienten in demselben Quartal von 3,92 Cent in die erforderliche Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Danach ergebe sich ein durchschnittlicher Punktwert von 3,04 Cent, der das vom Senat für erforderlich gehaltene Honorar von 2,56 Cent deutlich übersteige (juris Rn. 58). Aus der von der Beklagten erstellten Übersicht (Bl. 165 d. A.) ergibt sich, dass hier der durchschnittliche Punktwert aus den Primärkassen- und den Ersatzkassenpunktwerten den Mindestbetrag von 2,56 Cent in den Quartalen I/01, II/01, IV/01, I/02, III/02 und I/03 unterschritt, während er ihn in den Quartalen II/00, III/00, IV/00, III/01, II/02 und IV/02 überschritt. Dass die Beklagte dabei einen gewichteten Durchschnittpunktwert ermittelt hat, während das BSG nach der Berechnung in dem Verfahren B 6 KA 49/07 R (a.a.O.) offenbar eine ungewichtete Durchschnittsberechung vorgenommen hat, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die von der Beklagten gewählte Berechnungsmethode zu einer möglichst wirklichkeitsnahen Berechnung des in der konkreten Praxis erzielten Durchschnittspunktwertes führt.
Für die Quartale I/01, II/01, IV/01, I/02, III/02 und I/03, für die der Kläger demnach einen Anspruch auf Neubescheidung hat, wird die Beklagte zunächst festzulegen haben, für wie viele probatorische Sitzungen der Mindestpunktwert von 2,56 Cent gilt. Das BSG hat insoweit eine Einschränkung vorgenommen, indem es den genannten Mindestpunktwert nur auf die "für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen" bezogen hat (B 6 KA 49/07 R, juris, Rn. 57). Wie hoch diese Mindestzahl anzusetzen ist, hat das BSG in den Entscheidungen vom 28. Mai 2008 nicht näher konkretisiert. Diese Festlegung obliegt nicht dem Senat, sondern der Beklagten im Rahmen ihres Gestaltungsspielraumes. Wäre das BSG auch insoweit von einer Einschränkung des Gestaltungsspielraums im Sinne einer nach konkreten Vorgaben zu bestimmenden allgemein gültigen Mindestzahl ausgegangen, hätte es die entsprechende Festlegung selbst vorgenommen. Welche Mindestzahl probatorischer Sitzungen für eine sachgerechte therapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendig ist, erfordert Einblicke in die vertragspsychotherapeutische Versorgung, die der Normgeber des HVM aufgrund seiner Sachnähe hat. Die Erklärungen der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geben allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass das BSG eine verbindliche Vorgabe insoweit gemacht hat, als es nicht allein auf die Mindestzahl probatorischer Sitzungen abstellt, sondern auf diejenige Mindestzahl, die für eine "sachgerechte therapeutische Versorgung" in der einzelnen Praxis erforderlich ist. Dies dürfte die von der Beklagten offenbar angedachte pauschale Regelung dahingehend, dass nur die mathematische Mindestzahl, d.h. eine probatorische Sitzung pro Psychotherapie, vergütet wird, von vornherein ausschließen. Die Ausfüllung des ihr eingeräumten Gestaltungsspielraums erfordert vielmehr eine auf sachlichen Gesichtspunkten beruhende nachvollziehbar begründete Bewertung durch die Beklagte.
Bei der Neubescheidung wird die Beklagte außerdem zu entscheiden haben, ob sich die genannte Mindestpunktzahl nur auf die probatorischen Sitzungen oder auch auf die weiteren "übrigen Leistungen" nach G IV Nrn. 860, 861, 862, 868 EBM-Ä bezieht. Insoweit ist den Urteilen des BSG vom 28. Mai 2008 eine eindeutige Festlegung nicht zu entnehmen. So wird in den Leitsätzen jeweils nur von den probatorischen Sitzungen, in den Entscheidungsgründen dagegen von den nicht zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen, "insbesondere" von den probatorischen Sitzungen gesprochen (B 6 KA 9/07 R, juris Rn. 57). Später heißt es dann, die maßgeblichen Punktwerte für die sonstigen Leistungen der Psychotherapeuten seien "jedenfalls" hinsichtlich der probatorischen Sitzungen nach Nr. 870 EBM-Ä a. F. nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V vereinbar. Damit bleibt offen, ob die genannten Vorgaben auch für die sonstigen "übrigen Leistungen" verbindlich sein sollen. Für eine Beschränkung der Regelung auf die probatorischen Sitzungen spricht allerdings die vom BSG stets hervorgehobene besondere Bedeutung der probatorischen Sitzungen. So heißt es in dem Urteil vom 29. August 2007 (B 6 KA 35/06 R, a.a.O.), die probatorischen Sitzungen gehörten zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten, weshalb bei ihnen ein beliebiger Punktwertabfall auf Dauer nicht hingenommen werden dürfe. Diese Leistungen würden im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben (§ 28 Abs. 3 Satz 2, § 92 Abs. 6a Satz 1 SGB V) und zwischen ihnen und den zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen der Nr. 871 ff EBM-Ä a.F. bestehe ein enger Zusammenhang. Auf der Grundlage der probatorischen Sitzungen werde die Diagnose gestellt und die Entscheidung getroffen, ob eine Behandlung im Sinne der Nr. 871 ff EBM-Ä a.F. veranlasst sei und welche der verschiedenen Behandlungsmethoden (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder analytische Psychotherapie) die sachgemäße sei sowie, ob zwischen dem Therapeuten und dem Versicherten eine ausreichende Beziehungsbasis für eine erfolgreiche Behandlung bestehe (juris Rn. 17). Andererseits dürften, entsprechend der Argumentation des Klägers, alle sonstigen Leistungen aus dem Abschnitt G IV EBM-Ä vor der Durchführung der eigentlichen Psychotherapien nach Nrn. 871 ff. EBM-Ä zwingend sein, was für die Einbeziehung auch dieser Leistungen spricht, wiederum bezogen auf die für die sachgerechte Durchführung der Psychotherapie in der einzelnen Praxis erforderliche Mindestanzahl. Da das BSG insoweit eine eindeutige Festlegung nicht vorgenommen hat und eine solche auch weder in der einen noch in der anderen Richtung zwingend erscheint, verbleibt auch insoweit ein Gestaltungsspielraum, den die Beklagte im Rahmen der Neubescheidung sachgerecht auszufüllen hat.
Eine Rechtswidrigkeit der Punktwerte für die sonstigen Leistungen unter anderen Gesichtspunkten als den bereits genannten vermag der Senat nicht zu erkennen. Dem Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 in dem Verfahren B 6 KA 9/07 lag insoweit eine besondere Konstellation zu Grunde, als das Verfahren einen vom BSG bereits in einem früheren Verfahren in Bezug auf die Bildung der fachärztlichen Honorarkontingente und auch speziell des Honorarkontingentes der Psychotherapeuten beanstandeten HVM betraf (im Einzelnen: juris Rn. 58 ff). Dass der HVM der Beklagten in den streitgegenständlichen Quartalen in Bezug auf die Bildung der fachärztlichen Honorarkontingente schlechthin oder in Bezug auf das Honorarkontingent der Psychotherapeuten rechtwidrig gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger und die Beklagte sind bezogen auf das gesamte Verfahren jeweils zu etwa der Hälfte unterlegen. Bezogen auf die ursprünglich auch streitigen sowohl zeit- als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä berücksichtigt der Senat dabei, dass der dem Kläger für die streitgegenständlichen Quartale bereits während des Klageverfahrens und zusätzlich während des Berufungsverfahrens nachgezahlte Betrag mehr als die Hälfte des insgesamt geforderten Betrages ausmacht, den der Senat in dem Streitwertbeschluss in dem Verfahren einstweiligen Rechtschutzes L 4 B 89/04 KA ER – hier allerdings unter Einbeziehung des nicht streitgegenständlichen Quartals II/03 – mit 23.355,03 EUR errechnet hatte. Da der Kläger zusätzlich bezogen auf die "übrigen Leistungen" mit seinem Begehren auf Neubescheidung zwar für die Hälfte der streitgegenständlichen Quartale obsiegt hat, insoweit allerdings ein verhältnismäßig deutlich geringerer Nachzahlungsbetrag zu erwarten ist, weil der vom BSG angenommene Mindestpunktwert von 2,56 Cent den erstrebten Punktwert von 5,11 Cent deutlich unterschreitet und auch nicht feststeht, welcher Anteil der Leistungen bei der Neubescheidung letztlich in die Regelung einbezogen wird, schätzt der Senat den Anteil des jeweiligen Obsiegens/Unterliegens der Beteiligten für das gesamte Verfahren – grob - auf insgesamt jeweils die Hälfte.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die angemessene Vergütung für die nicht sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä in den Quartalen II/00 bis I/03.
Der Kläger nimmt als psychologischer Psychotherapeut mit Praxissitz in L seit dem Quartal II/00 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Durch Bescheide vom 13. Oktober 2000, 12. Januar 2001, 14. April 2001, 14. Juli 2001, 15. Oktober 2001, 14. Januar 2002, 12. April 2002, 15. Juli 2002, 14. Ok¬tober 2002, 14. Januar 2003, 14. April 2003 und 15. Juli 2003 (Honorarbescheide II/00 bis I/03) sowie durch Nachberechnungsbescheide (betreffend u. a. die streitigen Quartale) setzte die Beklagte die Honoraransprüche des Klägers für die Quartale II/00 bis I/03 fest.
Der Kläger erhob gegen alle Bescheide Widersprüche, die er im Wesentlichen gleichlautend wie folgt begründete: Die der Honorierung zugrunde liegenden Regelungen des HVM der Beklagten seien rechtswidrig, da die Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit Urteilen vom 25. August 1999 (B 6 KA 14/98 R, B 6 KA 17/98 R) und vom 26. Januar 2000 (B 6 KA 4/99 R) und die gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen nicht berücksichtigt worden seien. Als Mitglied des Deutschen Psychotherapeutenverbandes habe er sich einem von diesem Verband angestrengten Musterverfahren angeschlossen. Der Kläger rügte zudem die mangelnde Transparenz und Plausibilität der Nachberechnungsbescheide.
Die Beklagte wies die Widersprüche durch Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 zurück. Ab dem Quartal I/00 würden die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä (Nrn. 871 bis 884) auf der Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und –therapeuten gemäß § 85 Abs. 4 Buchst. a SGB V mit einem Punktwert von 7,88 Pfennig bzw. 4,03 Cent aus dem jeweiligen Honorarkontingent der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte mit mindestens 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Abschnitt G IV EBM vergütet. Ab dem Quartal III/02 sei der Punktwert auf 4,0538 Cent erhöht worden. Dieser Punktwert gelte gemäß § 12 Abs. 6 Buchst. e HVM nur bis zu einer Menge von insgesamt 561.150 Punkten je Quartal und Leistungserbringer. Die Leistungen würden vorweg aus den jeweiligen Honorarkontingenten der ausschließlich psychotherapeutischen Vertragsärzte und –therapeuten vergütet. Die danach innerhalb der Kontingente dieser Fachgruppen verbleibenden Geldmittel stünden zur Finanzierung der übrigen Leistungen dieser Fachgruppen zur Verfügung. Hintergrund der Entscheidung zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen ab dem Quartal I/00 sei u. a. die Tatsache, dass die angemessene Höhe der Vergütung von der Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich abhängig sei und insofern die Höhe des Punktwertes ebenfalls nur in Abhängigkeit von diesen Faktoren festgelegt werden könne. Der Bewertungsausschuss habe sich insoweit auf die vergleichbare Ertrags- und Umsatzsituation eines Facharztes für Allgemeinmedizin in der hausärztlichen Versorgung bezogen. Letztlich seien die Punktwerte in den streitigen Quartalen damit entsprechend den gesetzlichen Vorgaben festgelegt worden. Soweit der Kläger hinsichtlich der beiden Nachberechnungsbescheide mangelnde Plausibilität und Transparenz der Abrechnung rüge, sei zu berücksichtigen, dass bei der Ermittlung der Nachzahlungen für diverse Quartale der prozentuale Anteil an der zurückgestellten Summe nur anhand der abgerechneten Punktzahlen errechnet worden sei. Die Nachvergütung sei also unabhängig von dem in den jeweiligen Quartalen gezahlten Punktwert.
Zur Begründung seiner hiergegen am 2. Januar 2004 bei dem Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger zunächst insbesondere geltend gemacht, die Honorierung der sowohl zeitabhängigen als auch genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM gemäß dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000, auf dem der HVM der Beklagten in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung beruhe, ebenso wie die Modifikationen dieses Beschlusses, wirksam ab dem 1. Januar 2001 und dem 1. Juli 2002, entsprächen nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichts. Er hat weiterhin geltend gemacht, auch die anamnestisch probatorischen Leistungen gemäß G IV EBM unterlägen nach dem Willen des Gesetzgebers der Stützungsverpflichtung seitens der Beklagten, weil sie ebenfalls zeit- und mengenmäßig begrenzt und aufgrund der Bestimmungen der zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Richtlinienausschuss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vereinbarten Psychotherapierichtlinien zwingend zu erbringen seien, um überhaupt eine fachgerechte Psychotherapie einleiten und durchführen zu können. Sie seien somit bereits im Vorwege durch Kassen und Kassenärztliche Vereinigungen vorgeschrieben und genehmigt worden.
Nachdem das BSG mit Urteil vom 28. Januar 2004 (B 6 KA 52/03 R) den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Feb¬ruar 2000 zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und therapeuten für rechtswidrig erklärt und der Bewertungsausschuss daraufhin durch Beschluss vom 29. Oktober 2004 einen neuen Beschluss zur Vergütung psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte erlassen hatte, hat die Beklagte dem Kläger für die Quartale I/00 bis II/04 Honorar in Höhe von 12.424,17 EUR nachvergütet (Schreiben der Honorarabteilung vom 3. Februar 2005 nebst anliegender Übersicht über die Berechnung der Nachzahlung, Bl. 34 d. A.). Der Kläger hat daraufhin vorgetragen: Das Verfahren werde fortgeführt, weil bei den Nachberechnungen die sog. übrigen Leistungen (Gebührennummern 860 bis 870) gänzlich unberücksichtigt geblieben seien. Diese Leistungen machten bis zu 30 % seiner honorierten Arbeitszeit aus und seien von der Beklagten weiterhin lediglich mit Centbeträgen abgerechnet worden. Der Kläger hat sich insoweit auf beigefügte Aufstellungen über die Quartale II/03 und III/03 betreffend die Vergütung der übrigen Leistungen in den verschiedenen KV-Bereichen bezogen. Nicht eine der Kassenärztlichen Vereinigungen des übrigen Bundesgebietes bewerte die übrigen Leistungen wie die Beklagte mit einem Punktwert von 0,05 Cent.
Der Kläger hat beantragt,
die Honorarbescheide der Beklagten betreffend die Quartale II/00 bis I/03 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn bezüglich dieser Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen erwidert: Die Vergütung der sog. übrigen Leistungen mit einem geringen Punktwert folge aus verschiedenen Faktoren ihres HVM. Zunächst sei die ab dem 1. Januar 2000 verbindlich vorgegebene Trennung der Gesamtvergütung in einen hausärztlichen und einen fachärztlichen Versorgungsbereich zu berücksichtigen, die zu einem Anstieg der Punktwerte der hausärztlich tätigen Vertragsärzte und im Gegenzug zu einem Absinken der Punktwerte sämtlicher fachärztlicher Leistungserbringer, zu denen die psychotherapeutisch Tätigen unstreitig gehörten, geführt habe. Zudem seien auch nach der Trennung der Vergütungsanteile – wie bisher – Honorarkontingente gebildet worden. Zur Bildung aller Fachgruppenkontingente seien dabei die durchschnittlichen Umsätze der jeweiligen Arztgruppe aus dem Jahr 1999 herangezogen und mit der aktuellen Arztzahl multipliziert worden. Das so errechnete Volumen einer Arztgruppe habe den prozentualen Anteil an der hausärztlichen bzw. fachärztlichen Gesamtvergütung ergeben. Durch die kalkulatorische Bewertung der psychotherapeutischen Leistungen im Jahre 1999 mit einem Punktwert, der 10 % unter dem jeweiligen Quartalspunktwert gelegen habe, sei sichergestellt worden, dass die durch Schiedsamtverfahren zusätzlich erstrittenen und nicht zuletzt von anderen Mitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung gestellten Gelder bei der Bildung der Kontingente berücksichtigt worden seien. Die erbrachten antragsgebundenen, genehmigungspflichtigen und höher vergüteten Leistungen des Kapitels G IV EBM seien vorweg aus dem jeweiligen Honorarkontingent der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte bzw. –therapeuten vergütet worden. Nur die innerhalb der Fachgruppenkontingente nach Bewertung der zu stützenden Leistungen noch zur Verfügung stehenden Geldmittel hätten zur Finanzierung der übrigen Leistungen dieser Fachgruppe herangezogen werden können. Soweit der Kläger meine, die übrigen Leistungen müssten aus dem Gesamtbudget der Beklagten und nicht aus dem Honorarkontingent der Fachgruppe finanziert werden, bleibe er die Antwort schuldig, auf welcher rechtlichen Grundlage dies erfolgen sollte. Im Übrigen lägen die psychologischen Psychotherapeuten nach dem Ergebnis einer Auswertung der durchschnittlichen Auszahlungspunktwerte der Fachgruppen bezogen auf das Quartal III/03 mit einem durchschnittlichen Auszahlungspunktwert in Höhe von 3,1591 Cent im Mittelfeld des fachärztlichen Versorgungsbereiches. So erhielten z. B. die Augenärzte lediglich einen durchschnittlichen Auszahlungspunktwert von 2,9522 Cent, die Strahlentherapeuten von 2,7294 Cent und die HNO-Ärzte von 3,0913 Cent. Vergleichbar sei der durchschnittliche Auszahlungspunktwert der psychologischen Psychotherapeuten in etwa mit dem der fachärztlichen Internisten, bei denen dieser Punktwert 3,1572 Cent betragen habe.
Durch Urteil vom 11. Januar 2006 hat das Sozialgericht die Honorarbescheide der Beklagten betreffend die Quartale II/00 bis I/03 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezem¬ber 2003 und die Nachvergütungsbescheide vom 6. Dezember 2004 und 3. Februar 2005 hinsichtlich der Vergütung der nicht zeitgebundenen, nicht antragsgebundenen Leistungen aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht dargelegt, dass die Klage unbegründet sei, soweit der Kläger für die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen des Kapitels G Abschnitt IV EBM die Vergütung auf der Grundlage eines Punktwertes von 10 Pfen¬nigen bzw. 5,11 Cent begehre. Dies hat das Sozialgericht unter Darstellung der Beschlüsse des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000, der hierzu ergangenen Urteile des BSG vom 28. Januar 2004 und der Neufassung des Beschlusses des Bewertungsausschusses in der Sitzung vom 29. Ok¬tober 2004 im Einzelnen dargelegt und dazu die Auffassung vertreten, der Bewertungsausschuss habe sich mit dem Beschluss vom 29. Oktober 2004 an die Vorgaben des BSG gehalten. Insoweit sei auch darauf hinzuweisen, dass das BSG stets hervorgehoben habe, dass den psychotherapeutischen Leistungserbringern nicht auf Dauer und unabhängig von der Umsatz- und Ertragsentwicklung im gesamten vertragsärztlichen Bereich ein Punktwert von 10 Pfennig (5,11 Cent) garantiert werden müsse. Ein bestimmtes, in DM oder EURO auszudrückendes Honorierungsniveau sei deshalb den Psychotherapeuten weder generell noch je Zeiteinheit garantiert. Demgegenüber sei die Vergütung der "übrigen Leistungen" nach Maßgabe des HVM der Beklagten rechtswidrig. Für diese Leistungen, die aus derjenigen Honorarmenge vergütet würden, die übrig bleibe, nachdem die antragsgebundenen und zeitgebundenen Leistungen aus dem Honorarkontingent der Psychotherapeuten vergütet worden seien, was zu einem erheblichen Punktwertverfall für diese Leistungen geführt habe, sei z. B. im Quartal I/03 ein Punktwert von 1,0051 Cent bei den Primärkassen und von 2,8412 Cent bei den Ersatzkassen errechnet worden. Es widerspreche dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wenn auf der einen Seite eine Gruppe von Vertragsärzten gestützt werde, diese Stützung aber letztlich von ihr selbst getragen werden müsse. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG sei es vielmehr erforderlich, dass das Honorarkontingent zu Lasten der anderen Arztgruppen derart ausgestattet werde, dass die Vergütung für die übrigen Leistungen nicht unter die Durchschnittsvergütung der Leistungen der übrigen Facharztgruppen falle. Diese übrigen Leistungen machten bei dem Kläger etwa 20 % bis 30 % der Gesamthonoraranforderung aus und seien in Anbetracht der Tatsache, dass der weit überwiegende Anteil an der Gesamtleistung im antrags- und zeitgebundenen Bereich liege, auch nicht beliebig steigerbar, sodass nicht ohne Weiteres eine Vergleichbarkeit mit der Steigerungsmöglichkeit der übrigen Arztgruppen hergestellt werden könne. Es erscheine daher nicht gerechtfertigt, die Höhe der Vergütung der übrigen Leistungen allein in das Risiko der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und Psychotherapeuten fallen zu lassen. Durch die Vorwegvergütung der zeit- und antragsgebundenen Leistungen würde eine Steigerung der übrigen Leistungen – wenn sie denn möglich wäre – dazu führen, dass der Punktwert für diese Leistungen sinke, damit also eine theoretisch mögliche Leistungssteigerung in diesem Bereich eine automatisch schlechtere Vergütung zur Folge hätte. Dies widerspreche dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit.
Gegen das ihr am 1. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. Juni 2006 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Beklagten. Die Beklagte hat zunächst zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen: Zur Finanzierung der sich aus dem Beschluss des Bewertungsausschusses aus Oktober 2004 zugunsten der Psychotherapeuten für die Quartale I/00 bis II/04 ergebenden Nachvergütungsansprüche sei das Honorarkontingent der Psychotherapeuten vergrößert worden. Mehr als die Hälfte des für die Nachvergütung notwendigen Betrages sei von den Krankenkassen übernommen worden, der übrige Betrag von den Fachärzten, deren Honorarabrechnungen für die genannten Quartale vorsorglich mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen gewesen seien. Ab 2004 hätten die Primärkassen – mit Ausnahme der BKK – weitere Mittel für die nicht antragsgebundenen Leistungen zur Verfügung gestellt. Daraus werde deutlich, dass die Psychotherapeuten ihre Leistungen keineswegs ausschließlich aus dem seinerzeit nach historischen Grundsätzen gebildeten Honorarkontingent vergütet erhalten hätten, sondern vielmehr auch die übrigen Facharztgruppen für die Vergütung dieser Leistungen herangezogen worden seien. Zutreffend weise das Sozialgericht zwar darauf hin, dass das BSG davon ausgegangen sei, dass ein optimal ausgelasteter psychotherapeutisch tätiger Arzt auf einen Punktwertrückgang weder durch eine Steigerung der generell oder pro Behandlungsfall zu erbringenden Leistungen noch durch eine vermehrte Abrechnung höher bewerteter Leistungen oder durch eine Änderung seines Behandlungsspektrums im Rahmen seines Fachgebietes reagieren könne. Bei der Übertragung dieses Arguments auf die "übrigen Leistungen" sei allerdings übersehen worden, dass ein optimal ausgelasteter Psychotherapeut schlichtweg keine Zeit mehr für die Erbringung der übrigen Leistungen haben dürfte, weil bereits die antragsgebundenen, mit festem Punktwert vorab vergüteten Leistungen den gesamten zeitlichen Rahmen dieses Psychotherapeuten ausfüllten. Zudem sei ihrer Auffassung nach auf den durchschnittlichen Punktwert der Psychotherapeuten abzustellen, der in den streitigen Quartalen nicht niedriger gewesen sei als der fachärztliche Quartalspunktwert. Hierzu bezieht sich die Beklagte auf die dem Schriftsatz vom 5. Februar 2007 beigefügten Aufstellungen über die verschiedenen durchschnittlichen Quartalspunktwerte. Sicherlich würde es eine Stützungsverpflichtung gegeben haben, wenn sie im Rahmen ihrer Beobachtungs- und Reaktionspflicht festgestellt hätte, dass der durchschnittliche Punktwert der Psychotherapeuten den durchschnittlichen fachärztlichen Quartalspunktwert dauerhaft und nachhaltig unterschreite; dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Die von dem Sozialgericht vorgenommene starre Differenzierung zwischen antragsgebundenen und übrigen Leistungen halte sie für nicht sachgerecht. Insoweit hat sich die Beklagte auf die Rechtsprechung des BSG zu Budgetierungen bezogen. Danach bewirke die Budgetierung nicht, dass tatsächlich erbrachte Leistungen nicht mehr vergütet würden, sondern lediglich, dass bei einer Überschreitung des fallzahlabhängigen Grenzwertes die Höhe der Vergütung für die einzelne Leistung sinke.
Nachdem das BSG in mehreren Urteilen vom 28. Mai 2008 (u. a. B 6 KA 9/07 R ) (auch) über die Vergütung der nicht zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen entschieden hat, trägt die Beklagte vor: Ihrer Auffassung nach sei die Rechtslage zur Vergütung der probatorischen und diagnostischen Leistungen von Psychotherapeuten durch die genannten Urteile des BSG noch nicht so weit geklärt, dass sich daraus für sie eine dezidierte Handlungsverpflichtung ergebe, verbunden mit der Möglichkeit, die Vorbehalte, mit denen die Honorarabrechnungen der Fachärzte wegen der psychotherapeutischen Punktwerte vorsorglich versehen worden seien, zu aktivieren. So sei in den Urteilen zwar festgestellt worden, dass die Probatorik mit einem bestimmten Mindestpunktwert zu vergüten sei, es sei aber andererseits insoweit eine Einschränkung vorgenommen worden, als dieser Punktwert lediglich für die "für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen" gewährleistet sein müsse. Es lasse sich trefflich darüber streiten, was diese notwendige Mindestzahl im konkreten Fall bedeute. Zum anderen sei, was die sonstigen übrigen Leistungen anbelange, in den vom BSG entschiedenen Fällen ein HVM zur Anwendung gelangt, der mit dem ihren nicht vergleichbar sei. Sie sehe deshalb die Notwendigkeit einer ausdrücklich für ihren Bereich verbindlichen Gerichtsentscheidung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 11. Januar 2006 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht sich die Ausführungen des Sozialgerichts zu eigen. Mit ihrer Berufungsbegründung missachte die Beklagte erneut die Vorgaben durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung des BSG. Sie setze wiederum die Punktwerte für zeitlich und mengenmäßig ausweitbare Leistungen von Fachärzten mit den Punktwerten für zeitlich und mengenmäßig begrenzte Leistungen von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringern gleich. In dieser Gleichsetzung liege der Verstoß gegen die Verteilungsgerechtigkeit. Eine Verteilungsgerechtigkeit könne nicht durch Punktwertvergleich, sondern allein durch den direkten Vergleich der durchschnittlichen Psychotherapeutenhonorare mit den übrigen durchschnittlichen Facharzthonoraren hergestellt werden. "Geradezu zynisch" seien die Ausführungen der Beklagten, wonach ein optimal ausgelasteter Psychotherapeut keine Zeit mehr für die Erbringung der "übrigen Leistungen" haben dürfte. Die Beklagte wisse, dass die Genehmigung sog. genehmigungspflichtiger Leistungen abhängig sei von der Voraberbringung eines Großteils der sog. übrigen Leistungen. Der Anteil an den nicht genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen betrage bei ihm bezogen auf seine Gesamtleistung ca. 30 %.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, den Vorgang betreffend das Eilverfahren S 14 KA 74/03 ER (L 4 B 89/04 KA ER) sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten betreffend die Honorierung des Klägers in den streitgegenständlichen Quartalen Bezug genommen. Diese Vorgänge sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats am 26. Januar 2010 gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG), fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale II/00 bis I/03 nur noch hinsichtlich der Vergütung der nicht sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen, d. h. der sog. "übrigen" Leistungen nach Abschnitt G IV EBM-Ä, da nur die Beklagte gegen das insoweit zusprechende Urteil Berufung eingelegt hat. Hinsichtlich der sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen Leistungen hat die Beklagte dem Kläger im Übrigen zunächst auf der Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus Oktober 2004, und, nachdem dieser in den Urteilen des BSG vom 28. Mai 2008 (u.a. B 6 KA 9/07 R ) für die Jahre 2000 und 2001 als rechtswidrig angesehen worden war, soweit bei der Berechnung der Psychotherapie-Mindestpunktwerte die Umsätze der Allgemeinmediziner um Einnahmen für Laborleistungen und aus Pauschalerstattungen zu bereinigen waren, auch insoweit Nachzahlungen geleistet (Bescheid vom 10. Juli 2009, Bl. 168 d. A.).
Hinsichtlich der nicht sowohl zeit- als auch genehmigungsgebundenen (im Folgenden nur: übrigen) Leistungen hat das Sozialgericht im Grundsatz zu Recht angenommen, dass der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung hat. Dies gilt allerdings nur in dem tenorierten Umfang und nach Maßgabe der noch darzulegenden Rechtsaufassung des Senats.
Der Senat legt seiner Entscheidung die Urteile des BSG vom 28. Mai 2008 (u.a. B 6 KA 9/07 R, BSGE 100, 254) zugrunde. Darin hat das BSG (jedenfalls; vgl. dazu unten) hinsichtlich der probatorischen Sitzungen (Nr. 870 EBM-Ä a.F.) seine Rechtsprechung dahingehend fortgeführt, dass diese zwar nicht mit dem Mindestpunktwert für die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen vergütet, aber gleichwohl unter Berücksichtigung ihrer Funktion angemessen honoriert werden müssten. Während insoweit bisher eine bestimmte Vergütungsuntergrenze nicht festgelegt, sondern lediglich dargelegt worden war, dass ein Punktwert von deutlich mehr als 3 Cent jedenfalls ausreiche (BSG, Urt. v. 29. August 2007 - B 6 KA 35/06 R - SozR 4 2500 § 85 Nr. 38, juris Rn. 17), hat das BSG nunmehr entschieden, dass ein Betrag von 5 Pfennig/2,56 Cent grundsätzlich nicht unterschritten werden darf (BSG, Urt. v. 28. Mai 2008, a.a.O.; juris Leitsatz 3 und Rn. 65).
Der Senat folgt dieser Rechtsprechung, auch wenn man verschiedene Kritikpunkte an der Festlegung eines nicht zu unterschreitenden Mindestpunktwertes (auch) für die probatorischen Sitzungen bzw. die "übrigen Leistungen" schlechthin anbringen könnte. So ist die Festlegung nicht nur von Vergütungsmaßstäben, sondern eines konkreten Cent-Betrages nicht leicht in Einklang zu bringen mit dem vom BSG in Entscheidungen zu Honorierungsregelungen stets betonten weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses, so weit dieser zur Bestimmung der angemessenen Vergütung berufen war, sowie der KVen bzw. nunmehr ab 1. Juli 2004 der KVen gemeinsam mit den Verbänden der Krankenkassen als Normgeber des HVM/HVV. Da diese Kritik jedoch in gleicher Weise für die Festlegung eines Mindestpunktwertes bzw. konkreter Berechnungsvorgaben für die sowohl zeit- als auch antragsgebundenen Psychotherapieleistungen galt, diese Festlegungen jedoch durch entsprechende Beschlüsse des Bewertungsausschusses bereits umgesetzt worden sind, erübrigt sich insoweit eine vertiefende Auseinandersetzung. Gleiches gilt für den weiteren denkbaren Kritikpunkt, dass die Festlegung eines Mindestpunktwertes für die übrigen Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist mit der Herleitung des Mindestpunktwertes für die zeit- und antragsgebundenen Psychotherapieleistungen. Dieser wurde vom BSG mit der Notwendigkeit begründet, dass es den Psychotherapeuten ermöglicht werden müsse, mit den sowohl zeit- als auch antrags- und genehmigungsgebundenen Leistungen des Abschnitts G IV das durchschnittliche Einkommens einer vergleichbaren Arztgruppe zu erreichen. Nach der hierzu vom BSG entwickelten Modellberechnung (vgl. dazu im Einzelnen Urt. des BSG v. 25. August 1999 - B 6 KA 14/98 R - BSGE 84, 235) wurde der Mindestpunktwert für die genannten Leistungen so festgesetzt, dass ein vergleichbares Einkommen eines Allgemeinmediziners bereits durch die Erbringung der zeit- und genehmigungsgebundenen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä gewährleistet ist. Angesichts dieser Berechnung erscheint die Festlegung eines Mindestpunktwerts auch für die übrigen Leistungen zur Erreichung des genannten Zieles jedenfalls nicht zwingend geboten. Dass andererseits ein beliebiger Punktwertabfall für die übrigen, jedenfalls für die probatorischen Leistungen auf Dauer nicht hingenommen werden kann, hatte das BSG bereits in dem Urteil vom 29. August 2007 (B 6 KA 35/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 38, juris Rn. 17) dargelegt, entsprechend der nach ständiger Rechtsprechung bestehenden Verpflichtung der Beklagten zur Beobachtung und Reaktion im Falle eines zu weitgehenden, von der Arztgruppe nicht beeinflussbaren Punktwertverfalls innerhalb eines Honorartopfes, ohne jedoch bisher daraus die Vorgabe eines nicht zu unterschreitenden Mindestpunktwertes abzuleiten. Allerdings sieht der Senat im Ergebnis auch insoweit keine zwingende Veranlassung, von den Entscheidungen des BSG vom 28. Mai 2008 abzuweichen. Denn zum einen hat das BSG in den Urteilen vom 28. Mai 2008 die Untergrenze nachvollziehbar damit begründet, dass die (in dem konkreten Verfahren zugrunde liegenden) Punktwerte von 1,84 bzw. 2,13 Cent zur Folge haben, dass für eine probatorische Sitzung von mindestens 50 Minuten Dauer ein Honorar von 26,68 Euro bzw. von 30,89 Euro anfalle und dass der nach Berücksichtigung der Betriebskosten verbleibende Ertrag von weniger als 20 Euro nicht ausreiche, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung auch mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten. Zum anderen hat das BSG in den Urteilen an anderer Stelle auf seinen Auftrag zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und zur Schaffung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit hingewiesen (B 6 KA 9/07 R, a.a.O., juris Rn. 39). Angesichts des mehr als 10 Jahre andauernden Streits über die angemessene Vergütung der Psychotherapeuten ist schon mit Blick auf die gebotene endgültige Klärung der Streitfragen die konkrete Festlegung eines Mindestpunktwertes einer erneuten abstrakten Umschreibung der Grenzen des Gestaltungsspielraumes des Normgebers vorzuziehen.
Damit ist die Beklagte zur Neubescheidung des Klägers – nur - insoweit verpflichtet, als die Punktwerte für die "übrigen Leistungen" in den einzelnen streitigen Quartalen den Betrag von 5 Pfennig/2,56 Cent unterschritten; im Übrigen sind die Bescheide dagegen nicht zu beanstanden. Zur Berechnung des tatsächlichen Punktwertes hat das BSG in dem Urteil vom 28. Mai 2008 in dem Verfahren B 6 KA 49/07 R eine Gesamtbetrachtung der durchschnittlichen Punktwerte der Primärkassen und der Ersatzkassen vorgenommen. So betrug der Punktwert in dem dortigen Verfahren in einem der Quartale bei den Primärkassen nur 2,17 Cent. Hierzu heißt es, insoweit müsse aber die deutlich höhere Vergütung für Ersatzkassenpatienten in demselben Quartal von 3,92 Cent in die erforderliche Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Danach ergebe sich ein durchschnittlicher Punktwert von 3,04 Cent, der das vom Senat für erforderlich gehaltene Honorar von 2,56 Cent deutlich übersteige (juris Rn. 58). Aus der von der Beklagten erstellten Übersicht (Bl. 165 d. A.) ergibt sich, dass hier der durchschnittliche Punktwert aus den Primärkassen- und den Ersatzkassenpunktwerten den Mindestbetrag von 2,56 Cent in den Quartalen I/01, II/01, IV/01, I/02, III/02 und I/03 unterschritt, während er ihn in den Quartalen II/00, III/00, IV/00, III/01, II/02 und IV/02 überschritt. Dass die Beklagte dabei einen gewichteten Durchschnittpunktwert ermittelt hat, während das BSG nach der Berechnung in dem Verfahren B 6 KA 49/07 R (a.a.O.) offenbar eine ungewichtete Durchschnittsberechung vorgenommen hat, ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil die von der Beklagten gewählte Berechnungsmethode zu einer möglichst wirklichkeitsnahen Berechnung des in der konkreten Praxis erzielten Durchschnittspunktwertes führt.
Für die Quartale I/01, II/01, IV/01, I/02, III/02 und I/03, für die der Kläger demnach einen Anspruch auf Neubescheidung hat, wird die Beklagte zunächst festzulegen haben, für wie viele probatorische Sitzungen der Mindestpunktwert von 2,56 Cent gilt. Das BSG hat insoweit eine Einschränkung vorgenommen, indem es den genannten Mindestpunktwert nur auf die "für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen" bezogen hat (B 6 KA 49/07 R, juris, Rn. 57). Wie hoch diese Mindestzahl anzusetzen ist, hat das BSG in den Entscheidungen vom 28. Mai 2008 nicht näher konkretisiert. Diese Festlegung obliegt nicht dem Senat, sondern der Beklagten im Rahmen ihres Gestaltungsspielraumes. Wäre das BSG auch insoweit von einer Einschränkung des Gestaltungsspielraums im Sinne einer nach konkreten Vorgaben zu bestimmenden allgemein gültigen Mindestzahl ausgegangen, hätte es die entsprechende Festlegung selbst vorgenommen. Welche Mindestzahl probatorischer Sitzungen für eine sachgerechte therapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendig ist, erfordert Einblicke in die vertragspsychotherapeutische Versorgung, die der Normgeber des HVM aufgrund seiner Sachnähe hat. Die Erklärungen der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geben allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass das BSG eine verbindliche Vorgabe insoweit gemacht hat, als es nicht allein auf die Mindestzahl probatorischer Sitzungen abstellt, sondern auf diejenige Mindestzahl, die für eine "sachgerechte therapeutische Versorgung" in der einzelnen Praxis erforderlich ist. Dies dürfte die von der Beklagten offenbar angedachte pauschale Regelung dahingehend, dass nur die mathematische Mindestzahl, d.h. eine probatorische Sitzung pro Psychotherapie, vergütet wird, von vornherein ausschließen. Die Ausfüllung des ihr eingeräumten Gestaltungsspielraums erfordert vielmehr eine auf sachlichen Gesichtspunkten beruhende nachvollziehbar begründete Bewertung durch die Beklagte.
Bei der Neubescheidung wird die Beklagte außerdem zu entscheiden haben, ob sich die genannte Mindestpunktzahl nur auf die probatorischen Sitzungen oder auch auf die weiteren "übrigen Leistungen" nach G IV Nrn. 860, 861, 862, 868 EBM-Ä bezieht. Insoweit ist den Urteilen des BSG vom 28. Mai 2008 eine eindeutige Festlegung nicht zu entnehmen. So wird in den Leitsätzen jeweils nur von den probatorischen Sitzungen, in den Entscheidungsgründen dagegen von den nicht zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen, "insbesondere" von den probatorischen Sitzungen gesprochen (B 6 KA 9/07 R, juris Rn. 57). Später heißt es dann, die maßgeblichen Punktwerte für die sonstigen Leistungen der Psychotherapeuten seien "jedenfalls" hinsichtlich der probatorischen Sitzungen nach Nr. 870 EBM-Ä a. F. nicht mit den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V vereinbar. Damit bleibt offen, ob die genannten Vorgaben auch für die sonstigen "übrigen Leistungen" verbindlich sein sollen. Für eine Beschränkung der Regelung auf die probatorischen Sitzungen spricht allerdings die vom BSG stets hervorgehobene besondere Bedeutung der probatorischen Sitzungen. So heißt es in dem Urteil vom 29. August 2007 (B 6 KA 35/06 R, a.a.O.), die probatorischen Sitzungen gehörten zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten, weshalb bei ihnen ein beliebiger Punktwertabfall auf Dauer nicht hingenommen werden dürfe. Diese Leistungen würden im Gesetz ausdrücklich hervorgehoben (§ 28 Abs. 3 Satz 2, § 92 Abs. 6a Satz 1 SGB V) und zwischen ihnen und den zeitgebundenen und genehmigungsbedürftigen Leistungen der Nr. 871 ff EBM-Ä a.F. bestehe ein enger Zusammenhang. Auf der Grundlage der probatorischen Sitzungen werde die Diagnose gestellt und die Entscheidung getroffen, ob eine Behandlung im Sinne der Nr. 871 ff EBM-Ä a.F. veranlasst sei und welche der verschiedenen Behandlungsmethoden (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder analytische Psychotherapie) die sachgemäße sei sowie, ob zwischen dem Therapeuten und dem Versicherten eine ausreichende Beziehungsbasis für eine erfolgreiche Behandlung bestehe (juris Rn. 17). Andererseits dürften, entsprechend der Argumentation des Klägers, alle sonstigen Leistungen aus dem Abschnitt G IV EBM-Ä vor der Durchführung der eigentlichen Psychotherapien nach Nrn. 871 ff. EBM-Ä zwingend sein, was für die Einbeziehung auch dieser Leistungen spricht, wiederum bezogen auf die für die sachgerechte Durchführung der Psychotherapie in der einzelnen Praxis erforderliche Mindestanzahl. Da das BSG insoweit eine eindeutige Festlegung nicht vorgenommen hat und eine solche auch weder in der einen noch in der anderen Richtung zwingend erscheint, verbleibt auch insoweit ein Gestaltungsspielraum, den die Beklagte im Rahmen der Neubescheidung sachgerecht auszufüllen hat.
Eine Rechtswidrigkeit der Punktwerte für die sonstigen Leistungen unter anderen Gesichtspunkten als den bereits genannten vermag der Senat nicht zu erkennen. Dem Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 in dem Verfahren B 6 KA 9/07 lag insoweit eine besondere Konstellation zu Grunde, als das Verfahren einen vom BSG bereits in einem früheren Verfahren in Bezug auf die Bildung der fachärztlichen Honorarkontingente und auch speziell des Honorarkontingentes der Psychotherapeuten beanstandeten HVM betraf (im Einzelnen: juris Rn. 58 ff). Dass der HVM der Beklagten in den streitgegenständlichen Quartalen in Bezug auf die Bildung der fachärztlichen Honorarkontingente schlechthin oder in Bezug auf das Honorarkontingent der Psychotherapeuten rechtwidrig gewesen sein könnte, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger und die Beklagte sind bezogen auf das gesamte Verfahren jeweils zu etwa der Hälfte unterlegen. Bezogen auf die ursprünglich auch streitigen sowohl zeit- als auch genehmigungsbedürftigen Leistungen nach dem Abschnitt G IV EBM-Ä berücksichtigt der Senat dabei, dass der dem Kläger für die streitgegenständlichen Quartale bereits während des Klageverfahrens und zusätzlich während des Berufungsverfahrens nachgezahlte Betrag mehr als die Hälfte des insgesamt geforderten Betrages ausmacht, den der Senat in dem Streitwertbeschluss in dem Verfahren einstweiligen Rechtschutzes L 4 B 89/04 KA ER – hier allerdings unter Einbeziehung des nicht streitgegenständlichen Quartals II/03 – mit 23.355,03 EUR errechnet hatte. Da der Kläger zusätzlich bezogen auf die "übrigen Leistungen" mit seinem Begehren auf Neubescheidung zwar für die Hälfte der streitgegenständlichen Quartale obsiegt hat, insoweit allerdings ein verhältnismäßig deutlich geringerer Nachzahlungsbetrag zu erwarten ist, weil der vom BSG angenommene Mindestpunktwert von 2,56 Cent den erstrebten Punktwert von 5,11 Cent deutlich unterschreitet und auch nicht feststeht, welcher Anteil der Leistungen bei der Neubescheidung letztlich in die Regelung einbezogen wird, schätzt der Senat den Anteil des jeweiligen Obsiegens/Unterliegens der Beteiligten für das gesamte Verfahren – grob - auf insgesamt jeweils die Hälfte.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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