L 5 KR 53/08

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 1 KR 139/06
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 53/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 19. März 2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des zweiten Rechtszuges. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 244.525,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wehrt sich gegen eine Nachforderung von Beiträgen zur Künstlersozialversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2005. Dabei geht es um die Frage, ob die an eine Kommanditgesellschaft (KG) gezahlten Entgelte der Beitragspflicht unterliegen.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der S. Handels-Aktiengesellschaft. Diese unterhielt eine Werbe-, Marketing- und PR-Abteilung und betrieb Eigenwerbung. Sie erstellte Geschäftsberichte, verteilte an die Kunden ein Werbejournal und betrieb Zeitungswerbung. Hierzu erteilte sie Werbeaufträge an Werbefirmen und an Einzelkünstler und Publizisten. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 5. Februar 2005 die Künstlersozialabgabepflicht der Klägerin dem Grunde nach fest. Es entspann sich zwischen den Beteiligten umfangreicher Schriftwechsel über die Höhe der beitragspflichtigen Entgelte und der Sozialabgabe. Am 23. Januar 2006 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 20. April 2006 forderte sie für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2005 Künstlersozialabgabe in Höhe von 296.253,14 EUR, nachdem die Klägerin sich wegen der Beiträge für das Jahr 2000 auf den Eintritt der Verjährung berufen hatte. Sie legte dabei für die einzelnen Jahre folgende Entgelte und Abgaben zugrunde:

Entgelt Sozialabgabe

2001 1.910.599,00 EUR 74.513,36 EUR 2002 1.820.119,00 EUR 69.164,52 EUR 2003 1.467.941,00 EUR 55.781,76 EUR 2004 966.723,00 EUR 41.569,09 EUR 2005 952.145,00 EUR 55.224,41 EUR

Dagegen legte die Klägerin am 22. Mai 2006 Widerspruch ein, soweit die Entgelte Zahlungen an die Firma P.-Werbung G. S. KG (P. KG) enthielten. Zur Begründung führte sie aus, das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) knüpfe zur Bestimmung der Eigenschaft als Künstler- und Publizist immer an eine oder mehrere bestimmte natürliche Personen an. Das gelte auch dann, wenn eine Person sich Dritter bediene, um das Werk herzustellen; um Künstler oder Publizist im Sinne des Gesetzes zu sein, müsse die Person die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk behalten. Der persönliche Bezug der Werkleistung sei bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) anders als bei einer Kapitalgesellschaft – gewahrt. Bei Kommanditgesellschaften bestehe eine rechtliche Trennung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern. Die Kommanditisten seien von der Geschäftsführung ausgeschlossen und unterlägen keinem persönlichen Haftungsrisiko. Sie könnten daher nicht auf die Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderungen oder sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltungen steuernd oder korrigierend Einfluss nehmen. Selbst die Honorare an den Gesellschafter einer Ein-Mann-GmbH unterlägen nicht der Künstlersozialabgabe, obwohl dort ein viel weitergehender Bezug zwischen Werk und Künstler bestehe als bei der KG. Eine KG übe kraft Gesetzes ein Gewerbe aus; demgegenüber seien künstlerische Arbeiten aber keine gewerblichen Tätigkeiten. Die P. KG sei selbst zur Künstlersozialabgabe verpflichtet. Ihre – der Klägerin - Abgabepflicht würde somit zu einer doppelten Berücksichtigung und damit ungerechtfertigten Mehrbelastung führen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 zurück und führte aus, dass die Gesellschafter einer oHG oder KG wie die einer GbR zu behandeln seien, denn alle seien Personengesellschaften und nicht eigenständige juristische Personen. Zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften beständen wesentliche strukturelle Unterschiede, denn bei juristischen Personen hafte nur das Gesellschaftsvermögen, bei den Personengesellschaften auch das Privatvermögen der Gesellschafter.

Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 23. Oktober 2006 beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben. Sie hat ihre Rechtsauffassung weiterhin vertreten und ausgeführt, anders als eine GbR könne eine KG nach § 124 in Verbindung mit § 161 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein. Es müsse daher unterschieden werden, ob ein Auftrag der Kommanditgesellschaft oder dem einzelnen Gesellschafter erteilt worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2006 aufzuheben, soweit darin Künstlersozialabgaben auf Entgelte erhoben werden, welche die Klägerin im Bemessungszeitraum an die P.-Werbung G. S. KG für erbrachte künstlerische Leistungen gezahlt hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, die Aufträge an die P. KG unterlägen lediglich dann nicht der Abgabepflicht, wenn die KG selbstständige Künstlerin im Sinne des KSVG wäre. Dies sei jedoch mangels der Zuordnung eigener Rechte nicht der Fall.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 19. März 2008 die angefochtenen Bescheide im Rahmen der Antragstellung aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Zusammenschluss von Künstlern in Form einer GbR sei abgabepflichtig, weil die Zahlung des Entgelts an die GbR als Zahlung an den einzelnen Künstler zu werten sei. Denn in der GbR hafteten alle Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen für die Verpflichtungen der Gesellschaft und seien von Gesetzes wegen für die Gesellschaft vertretungsberechtigt. Demgegenüber bestehe bei Kapitalgesellschaften keine Abgabepflicht, weil die Gesellschaft von den Künstlern als ihren Gesellschaftern rechtlich zu trennen sei. Die Rechtsstruktur der KG ähnele mehr der einer Kapitalgesellschaft als der einer GbR, denn die Kommanditisten seien gesellschaftsrechtlich von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen und hafteten für die Gesellschaftsverbindlichkeiten nur mit ihrer Kommanditeinlage, nicht aber mit ihrem übrigen Privatvermögen. Ein Kommanditist habe daher nicht die Möglichkeit, Einfluss auf die Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderungen oder sonstigen inhaltlichen oder grafischen Gestaltungen zu nehmen. Die Rechtsstruktur einer KG entwickele sich in verfahrensrechtlicher und materieller Hinsicht in den letzten Jahren zu einer Teilrechtsfähigkeit, so dass eine Unterscheidung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern auch bei ihr gerechtfertigt sei.

Gegen die ihr am 28. Mai 2008 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 9. Juni 2008 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Die Beteiligten wiederholen und vertiefen ihre Rechtsauffassung. Die Beklagte trägt ergänzend vor, es seien in einer KG nicht nur die Kommanditisten, sondern auch die Komplementäre als Künstler und Publizisten zu berücksichtigen. Diese hätten in der KG Verwaltungsrechte und Haftungspflichten mit ihrem Privatvermögen und zumindest die von ihnen erstellten Werke unterlägen der Abgabepflicht. Es wären dann die konkreten einzelnen Herstellungsabläufe für das einzelne Kunstwerk nachzuvollziehen. Im Übrigen seien die Bestimmungen über die Rechtsstellung eines Kommanditisten im HGB dispositiv; es müssten dann auch die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages beachtet werden. Einem Kommanditisten könne vertraglich im Innenverhältnis eine gleiche Stellung wie einem Komplementär eingeräumt werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 19. März 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, eine KG könne mit einer GbR hinsichtlich der Abgabepflicht nicht gleichgestellt werden. Denn die Abgabepflicht setze voraus, dass jedes Mitglied der Gesellschaft jederzeit auf Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderung und sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuernd oder korrigierend Einfluss nehmen könne. Dies sei bei den Kommanditisten nicht der Fall. Die Abgabepflicht bei der GbR finde ihre Berechtigung darin, dass alle Gesellschafter gemeinschaftlich berechtigt und verpflichtet seien und damit auch die Kunstwerke gemeinschaftlich von allen erstellt würden. Wegen dieser Zuordnung der Rechte komme es nicht darauf an, wie im Innenverhältnis die Aufgabenverteilung vertraglich ausgestaltet sei. Auf die Komplementäre sei bei einer KG nicht abzustellen, denn nur die Kommanditisten prägten die Gesellschaftsform und unterschieden sie von einer oHG.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Verfahrensakte vorgelegen. Zur Ergänzung der Einzelheiten wird darauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 19. März 2008 ist zulässig, aber nicht begründet. Das Urteil ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es den Beitragsbescheid der Beklagten vom 20. April 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 im Rahmen der Antragstellung aufgehoben; nach Klarstellung in der mündlichen Verhandlung durch übereinstimmende Erklärung der Beteiligten belief sich die Abgabe insoweit auf 244.525,00 EUR. Es bestand keine Abgabepflicht für die an die P. KG gezahlten Entgelte.

Rechtsgrundlage für eine Abgabeforderung der Beklagten ist § 27 Abs. 1a Satz 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in der Fassung des Gesetzes vom 13. Juni 2001 (2. KSVG-Ände-rungsgesetz, BGBl. I S. 1027). Danach teilt die Künstlersozialkasse dem zur Abgabe Verpflichteten den von ihm zu zahlenden Betrag schriftlich mit. Die Klägerin ist ein abgabepflichtiges Unternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG. Dies sind Unternehmer, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilen. Die Abgabepflicht ist mit bindendem Bescheid vom 5. Februar 2005 festgestellt worden. Die Klägerin betreibt Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen und vergibt dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten. Seine Ausgestaltung stellt eine künstlerische Leistung dar mit der Folge, dass die Auftragnehmer Künstler im Sinne des § 2 KSVG sind. Künstler im Sinne dieser Vorschrift sind Personen, die u. a. bildende Kunst schaffen, ausüben oder lehren. Trotz des werbenden Inhalts des Flyers handelt es sich um Kunstwerke in diesem Sinne, denn auf ein besonderes künstlerisches Niveau kommt es bei der Begriffsbestimmung des § 2 KSVG nicht an. Ausreichend ist vielmehr, dass ein Werk unter ästhetischen oder funktionalen Gesichtspunkten hergestellt wird (dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, B 3 KR 37/02 R, SozR 4 5425 § 25 Nr. 1). Die Begriffe der künstlerischen oder publizistischen Leistung sind weit zu fassen, um dem Gesetzeszweck des KSVG gerecht zu werden; aus dem Grunde ist auf qualitative Merkmale bei der Ausgestaltung des Begriffs zu verzichten. Die von der Klägerin in Auftrag gegebenen Geschäftsberichte stellen publizistische Leistungen dar. Sie dienen der Öffentlichkeitsarbeit; ob es sich alternativ oder zugleich um künstlerische Werke handelt, kann dahingestellt bleiben, da diese insoweit im Rahmen des KSVG mit den publizistischen Werken gleichgestellt werden (BSG, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 14. Septem¬ber 1999, L 1 KR 60/98, veröffentlicht in juris). Die Klägerin unterfällt somit dem Personenkreis des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG.

Die Höhe der Abgabe bestimmt sich nach der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 25 Abs. 1 KSVG. Nach Satz 1 der Vorschrift sind Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesen Gesetzen nicht versicherungspflichtig sind. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der an die P. KG gezahlten Entgelte nicht erfüllt. Zwar wurden damit die Erstellung künstlerischer und publizistischer Werke oder entsprechender Leistungen an die P. KG vergütet, wie oben ausgeführt worden ist. Die Zahlung erfolgte jedoch an die P. KG und damit nicht an selbstständige Künstler oder Publizisten; insbesondere ist die KG selbst keine Künstlerin oder Publizistin.

Künstler im Sinne des § 2 Satz 1 KSVG ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt (vgl. oben), Publizist ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Selbstständig ist diese Tätigkeit dann, wenn sie nicht in einer abhängigen Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgeübt wird. Hierzu sind die Begriffsmerkmale der Beschäftigung des § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) heranzuziehen (Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl., § 1 Rz. 10). Sofern die Künstler in abhängiger Beschäftigung tätig werden, besteht nach den Sozialgesetzbüchern für sie die allgemeine Versicherungs- und Beitragspflicht. Dabei ist nicht zwingend, dass die Künstler und Publizisten eigenhändig an der Werkerstellung mitwirken, sondern es reicht aus, wenn eine Person sich zur Erbringung eines künstlerischen oder publizistischen Werks verpflichtet und dabei trotz der Mitarbeiter von Dritten, also Angestellten oder freien Mitarbeitern, die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk innehat, also jedenfalls die Möglichkeit besitzt, jederzeit auf Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderung und die sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuernd oder korrigierend Einfluss zu nehmen (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, a.a.O.). Diese Begriffsmerkmale sind dann regelmäßig unproblematisch, wenn der Werkauftrag an eine Einzelperson als Künstler oder Publizist ergeht; besonderer Betrachtung bedürfen sei vor allem dann, wenn – wie hier – der Auftrag an eine Personenmehrheit gerichtet ist.

Eine selbstständige Position des Künstlers liegt regelmäßig dann nicht mehr vor, wenn er im Rahmen einer Kapitalgesellschaft eingebunden ist. Anders kann dies im Falle einer Ein-Mann-GmbH sein (BSG, Urteil vom 17. Juni 1999, B 3 KR 1/98 R, SozR 3 5425 § 25 Nr. 13) oder wenn nach den Begriffsmerkmalen des § 7 SGB IV der in der GmbH tätige Künstler kein abhängig Beschäftigter ist, weil er eine Mehrheitsbeteiligung an der Gesellschaft hat und die Geschäftsführung ausübt. Demgegenüber sind Zahlungen an eine GbR Zahlungen an die Künstler selber (BSG, Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 KR 29/04 R, SozR 4 5425 § 24 Nr. 7), denn mangels einer eigenen Rechtspersönlichkeit der GbR erfolgt die Auftragsvergabe nicht an die Gesellschaft selbst als Zusammenschluss der Gesellschafter, sondern unmittelbar an die Gesellschafter. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus der Rechtskonstruktion der GbR, denn gemäß § 709 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist grundsätzlich jeder Gesellschafter zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet, deren Ausübung erfolgt gemeinschaftlich. Lediglich bei einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung kann die Geschäftsführung nach § 710 BGB einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen werden mit der Folge, dass die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. Nach § 714 BGB hat die Geschäftsführungsbefugnis die Vertretungsmacht für die Gesellschaft und die übrigen Gesellschafter zur Folge. Nach § 716 BGB haben die von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter Kontrollrechte. Nach § 719 Abs. 1 BGB ist das Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch gebunden. Die Gesellschafter haften nach § 735 BGB für Verluste der Gesellschaft nicht nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen, sondern sie unterliegen auch einer Nachschusspflicht. Entgegen dieser auf die gesamthänderische Bindung aufbauende und sich von einer körperschaftlichen Konstruktion abgrenzenden Struktur der Personengesellschaften entwickelte sich die Rechtsprechung in den letzten Jahren zwar dahin, auch den Personengesellschaften eigene Rechte in zunehmendem Maße zuzuerkennen (vgl. Sprau in Palandt, BGB, § 705 Rz. 24). Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Personengesellschaft eine juristische Person wird, sondern vorrangig ist sie immer noch die Konstruktion einer rechtlosen Personenvereinigung. Im Hinblick auf die selbstständige Künstlereigenschaft im Sinne des KSVG ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Werkerteilung an die GbR sich de facto an jeden Gesellschafter richtet. Denn die schuldrechtliche Bindung des Gesellschaftsvertrages bewirkt eine Verpflichtung eines jeden Gesellschafters zur Förderung des Gesellschaftszwecks (Sprau, a.a.O, § 706 Rz. 2). Dies bedeutet, dass jeder Gesellschafter Künstler im Sinne des § 1 KSVG ist, da er die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk innehat und im Rahmen seiner gesellschaftsvertraglichen Mitwirkungspflichten die Möglichkeit besitzt, jederzeit auf die Konzepte, Entwürfe, Texte, Bebilderungen und sonstige inhaltliche oder grafische Gestaltung steuernd oder korrigierend Einfluss zu nehmen. Dabei ist es unerheblich, ob man für die Leistungspflicht des Gesellschafters die Erfüllungstheorie oder die Haftungstheorie vertritt (dazu Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, § 128 Rz. 8). Denn – wie oben ausgeführt – ist nicht die persönliche Leistungserbringung maßgeblich, sondern die Eigenverantwortlichkeit.

Von diesen Verhältnissen in der GbR unterscheiden sich die Verhältnisse in der KG wesentlich, denn der Kommanditist hat nach deren Rechtsstruktur nicht die Gesamtverantwortung für das zu erstellende Werk und besitzt nicht die Möglichkeit, darauf steuernd oder korrigierend Einfluss zu nehmen. Aus dem Grund folgt der Senat nicht der Auffassung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 9. Dezember 2004 (L 5 ER 95/04 KR) und des Hessischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 15. Dezember 2005 (L 8/14 KR 495/02). Dabei ist für die Beantwortung dieser Frage nicht eine Unterscheidung vorzunehmen zwischen der Rechtsposition des Komplementärs und der Kommanditisten in der KG und darauf abzustellen, wer von diesen das Werk herzustellen hatte. Denn der Auftrag zur Werkerstellung geht nicht an den einzelnen Gesellschafter, sondern an die Gesellschaft als Gesamtheit dieser Gesellschafter. Eine Differenzierung würde eine Ermittlung und Dokumentation erforderlich machen, wer von den Gesellschaftern welche Werksanteile zu erstellen und zu verantworten hatte. Eine derartige Differenzierung liefe auf eine Unpraktikabilität und damit auf eine dem Gesetzeszweck zuwiderlaufende Anwendung des KSVG hinaus (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, a.a.O.). Sie wäre auch unnötig, da – wie oben ausgeführt – nicht die persönliche Werkerstellung entscheidend ist. Es ist daher auf die Position des Kommanditisten als des für die Gesellschaftsform der KG prägenden Gesellschafters abzustellen. Dieser ist nach § 161 Abs. 1 HGB in seiner Haftung auf seinen Gesellschaftsanteil beschränkt. Nach § 164 Satz 1 HGB ist er von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen und kann im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebs den Handlungen der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen. Nach § 166 Abs. 1 HGB beschränkt sich die Kontrollbefugnis auf den Jahresabschluss. Insgesamt hat der Kommanditist damit keine Möglichkeit, auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Im Hinblick auf die Ausgestaltung und die Zielrichtung des KSVG kommt es zwar nicht unmittelbar auf die Haftungs-, Geschäftsführungs- und Vertretungsberechtigung in den gesellschaftsrechtlichen Belangen an, sondern vielmehr auf die Möglichkeiten der Einflussnahme auf das zu erstellende Werk. Gerade diese Möglichkeit hat der Kommanditist jedoch nicht. Zwar ist auch die KG keine juristische Person und damit der GmbH oder einer Aktiengesellschaft rechtlich nicht gleichzustellen; insbesondere besteht für die Werksaufträge eine im Rahmen der gesamthänderischen Bindung ausgestaltete Verpflichtung bei der KG in gleicher Weise wie bei den anderen Personengesellschaften der GbR oder offenen Handelsgesellschaft (oHG). Dies ändert aber nichts daran, dass die Begriffsdefinition des selbstständigen Künstlers im Sinne des § 1 KSVG zumindest für die Kommanditisten nicht zutrifft.

Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck des KSVG. Die Abgabepflicht soll bewirken, dass derjenige Beiträge zur KSVG entrichten soll, der ein Kunstwerk nutzt und Vorteile daraus zieht, dass er sie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt (Finke/Brachmann/Nordhausen, a.a.O., § 24 Rz. 7). Abgabenrechtlich erfasst werden soll also der Vermarkter der Leistung. Dies ist nicht der Kommanditist einer KG, sondern die Gesamthand der Gesellschafter zieht den Nutzen aus der Werkerstellung in gleicher Weise wie die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft. Die Möglichkeit eines direkten Zugriffs des einzelnen Gesellschafters auf das Gesellschaftsvermögen ist im Falle einer KG wesentlich geringer ausgeprägt als bei einer GbR oder oHG. Aus dem Grunde ist im Hinblick auf die Begriffsdefinition des § 1 KSVG die KG in ihrer Konstruktion eher den Verhältnissen einer Kapitalgesellschaft angenähert als einer GbR.

Mangels der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 KSVG unterlagen die Zahlungen der Klägerin an die P. KG nicht der Abgabenpflicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Streitwert richtet sich gemäß § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz nach dem Wert des von der Klägerin mit ihrem Anspruch verfolgten Gegenstandes, der vollen Umfangs im Streit ist.

Im Hinblick darauf, dass das BSG zu der Frage der Künstlereigenschaft einer KG keine Entscheidung getroffen hat und im Hinblick auf die zitierten gegenteiligen Rechtsauffassungen der Landessozialgericht Rheinland-Pfalz und Hessen hat der Senat die Revision zugelassen.

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Rechtskraft
Aus
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