Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 1 KR 323/11
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 102/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 14/14 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 18. September 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Erstattungsanspruch des Klägers für eine Protonentherapie.
Der 1950 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet unter einem metastasierenden Nierentumor links. Nach der Erstdiagnose im Mai 2003 wurde die linke Niere im Juni 2003 entfernt. In den darauffolgenden Jahren musste sich der Kläger einer Reihe von weiteren Operationen unterziehen. Im Juli 2010 wurden Metastasen in der Nähe des Herzens festgestellt.
Am 11. Januar 2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er am 10. Januar 2011 beim R P T C (RPTC) in M eine Anfrage auf Behandlung seiner Krebserkrankung gestellt habe. Nach Erhalt einer Zusage und der Mitteilung über die zu erwartenden Kosten werde er einen entsprechenden Antrag stellen.
Am 2. Februar 2011 übersandte der Kläger den Kostenvoranschlag der Chirurgischen Klinik Dr. R vom 1. Februar 2011 über einen Rechnungsbetrag von 18.978,45 EUR. Dieser enthielt den Hinweis:
"In der Rechnung werden die diagnostischen Leistungen und alle erforderlichen Bestrahlungssitzungen der Protonenbestrahlung sowie die erbrachten ärztlichen Leistungen inklusive aller Sachkosten mit einer Pauschale von 18.978,45 EUR angesetzt. Bitte leisten Sie bis 1 Woche vor Ihrem Eintreffen in das R P T C , also bis 1 Woche vor dem Beginn von Diagnostik und Therapie, eine Vorauszahlung in der veranschlagten Höhe durch rechtzeitige Überweisung mit Angabe Ihres Namens und der o. g. Nr. des Kostenvoranschlages auf das Konto: ".
In einem Begleitschreiben vom 20. Januar 2011 teilte die Fachärztin für Strahlentherapie Dr. Ra mit, mittels der Protonentherapie zur Verfügung stehenden Scanning-Verfahren sei es möglich, eine hohe Dosis im Tumor einzustrahlen bei optimaler Schonung des umliegenden Gewebes, das nur ein Sechstel der Strahlendosis erhalte. Dadurch könne im Bereich des strahlensensiblen Mediastinums sowie des Herzens eine größtmögliche Schonung der gesunden Strukturen erreicht werden.
Daraufhin beauftragte die Beklagte den MDK Bayern mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 8. Februar 2011 (Dr. G S ) fest, dass die Voraussetzung für die Anwendung dieser neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht erfüllt würden und andere Maßnahmen erforderlich seien. Zum einen wird ausgeführt, dass bei dem Kläger die gesehenen Metastasen im Prinzip, da kein Verbot nach § 137c Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) vorliege, unter stationären Bedingungen mit Protonen bestrahlt und die Therapie über das derzeit gültige G DRG-System abgerechnet werden könnten. Andererseits führt der Gutachter aus, dass eine Kostenübernahme aus gutachterlicher Sicht für die Protonentherapie am RPTC nicht empfohlen werden könne. Vielmehr sei die Vorstellung an einer universitären Einrichtung, wo im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz ein adäquates Behandlungskonzept festgelegt und bei gegebenenfalls bestehender Inoperabilität von strahlentherapeutischer Seite beurteilt werden könne, ob eine Bestrahlung mit Photonen bei vertretbarer Toxizität durchführbar sei. Die bei dem Kläger erforderliche Strahlentherapie könne z. B. wohnortnah am U klinikum H -E durchgeführt werden.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2011 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenübernahme für die Protonentherapie ab und verwies auf das Gutachten des MDK vom 8. Februar 2011.
Bereits am 8. Februar 2011 hatte der Kläger für den 16. Februar 2011 einen Flug nach M gebucht und diesen am 10. Februar 2011 durch Überweisung von seinem Konto bezahlt.
Gegen den Bescheid vom 11. Februar 2011 legte der Kläger am 14. Februar 2011 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass nach dem MDK-Gutachten kein Verbot nach § 137c SGB V bestehe und die vom MDK empfohlene Photonentherapie bereits eingehend geprüft und aufgrund der starken Schädigung des umliegenden Gewebes abgelehnt worden sei. Auch sei der Tumor inoperabel. Seit August 2010 unterziehe er sich einer chemotherapeutischen Behandlung, die bisher ohne Erfolg geblieben sei.
Ab dem 16. Februar 2011 begann die Behandlung am RPTC mit der Diagnostik und am 7. März 2011 mit der Protonentherapie. Eine stationäre Aufnahme erfolgte nicht. Der Kläger wohnte im Gästehaus des RPTC bzw. in einer privat angemieteten Wohnung.
Die Beklagte ließ sich erneut vom MDK Bayern beraten. In dem Gutachten vom 22. Februar 2011 blieb Dr. S bei seiner bisherigen Auffassung und stellte fest, dass sich aus den zahlreich vorgelegten Befunden keine Änderung des Begutachtungsergebnisses ergebe. Er vermochte weiterhin aus gutachterlicher Sicht die Notwendigkeit einer Bestrahlung mit Protonen zu Lasten der Solidargemeinschaft nicht zu erkennen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, sie könne deshalb keine Kosten übernehmen, weil der Gemeinsame Bundesausschuss die ambulante Protonentherapie nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt habe. Diese werde privat außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht und sei den neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zuzuordnen. Die Abrechnung einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode sei grundsätzlich ausgeschlossen, solange sich der Gemeinsame Bundesausschuss zur Notwendigkeit und zum therapeutischen Nutzen der Methode nicht geäußert habe. Dies gelte auch bei Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung, sofern eine dem medizinischen Standard entsprechende Vertragsbehandlung zur Verfügung stehe. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege für die ambulante Protonentherapie nicht vor. Dagegen habe der Gemeinsame Bundesausschuss im stationären Bereich bezüglich der Protonentherapie bei Patienten mit Rektumkarzinom mit Lokalrezidiv und fortgeschrittener Erkrankung eine Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung unter bestimmten Leistungsvoraussetzungen gefasst. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger jedoch unstreitig nicht vor. Nach dem eingeholten Gutachten des MDK bestünden im Übrigen bei dem Kläger vertragliche Behandlungsalternativen, insbesondere die Möglichkeit einer Photonenbehandlung.
Hiergegen hat der Kläger am 6. Juni 2011 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und seine Auffassung bekräftigt, dass die Photonenbestrahlung nicht im gleichen Maße geeignet sei wie die Protonentherapie. Letztere sei im März 2011 im RPTC erfolgreich durchgeführt worden. Am 25. Juni 2011 sei eine weitere Computertomografie durchgeführt worden. Dabei habe sich ergeben, dass die vorliegenden Läsionen sich überwiegend verkleinert hätten. Es habe sich kein Hinweis für neu aufgetretene Läsionen ergeben.
Der Kläger hat ein an ihn gerichtetes Schreiben der Chirurgischen Klinik Dr. R vom 1. April 2011 mit dem folgenden Inhalt übersandt:
"Rechnung - Nr. 122401 vom 31.03.2011 Sehr geehrter Herr K , anbei erhalten Sie die Rechnung für die durchgeführte Protonen Bestrahlungstherapie, die bereits mit folgender Zahlung ausgeglichen wurde: Zahlung am 04.02.2011 18.978,45 EUR Rechnung Nr. 122401 über 18.978,45 EUR Differenz: 0,00 EUR"
Beigefügt war die Rechnung vom 31. März 2011, bei der unter einer Nummer 86090008 eine "FPGKV100" für den 28. März 2011 in Höhe von 18.978,45 EUR abgerechnet wurde. Die Rechnung enthält weiterhin als Aufnahmedatum den 16. Feb-ruar 2011 um 13:56 Uhr und als Entlassungsdatum den 28. März 2011, 17:00 Uhr.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.978,45 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend hat sie ausgeführt, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung bereits deshalb nicht bestehe, weil es am Kausalzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Entstehung der Kosten mangele. Der Kläger habe sich bereits spätestens am 4. Februar 2011 bei Begleichung der Rechnung für die streitige Behandlung in der Chirurgischen Klinik Dr. R entschieden. Die Leistungsablehnung vom 11. Februar 2011 habe diese nicht mehr beeinflussen können.
Hierzu hat der Kläger in einer Replik eingewendet, er habe lediglich eine Vorschussrechnung beglichen und die Leistungen erst ab dem 16. Februar 2011, mithin nach der Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte, erhalten. Im Übrigen seien durch die Vorauszahlung die weiteren Schritte nicht endgültig vorgezeichnet und festgelegt gewesen. Er hätte auch noch nach der Vorauszahlung der Behandlungskosten entscheiden können, die Behandlung woanders durchzuführen, wenn die Beklagte die Kostenübernahme für eine anderweitige adäquate Behandlung erklärt hätte. Er sei nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte die Kostenübernahme für die Behandlung mit Protonen verweigern würde.
Mit Urteil vom 18. September 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen müsse. Daran fehle es, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst worden sei, obwohl ihr das möglich gewesen wäre. Der Kläger habe die Entscheidung der Beklagten vom 11. Februar 2011 nicht abgewartet, sondern sich davon unabhängig für die strittige Behandlung entschieden. Das folge daraus, dass der Kläger bereits am 4. Februar 2011 den gesamten Rechnungs¬betrag für die Behandlung überwiesen habe. Nicht der Beginn der Behandlung sei allein ausschlaggebend, sondern vielmehr die Möglichkeit der Krankenkasse, das weitere Geschehen noch beeinflussen zu können. Sei diese Möglichkeit nicht mehr gegeben, liege die notwendige Kausalität zwischen rechtswidriger Leistungsablehnung und der Kostenlast des Versicherten nicht vor. Der Einwand des Klägers, durch diese Vorauszahlung seien die weiteren Schritte nicht endgültig vorgezeichnet und festgelegt gewesen und er hätte seine Zahlung vor Beginn der Behandlung zurückfordern können, überzeuge nicht und erscheine als lediglich hypothetische Möglichkeit. Denn bereits aus dem ersten Schreiben des Klägers vom 11. Januar 2011 werde seine Absicht deutlich, diese Therapie im RPTC durchführen zu lassen. Auch der Anruf der Ehefrau des Klägers bei der Beklagten am 2. Februar 2011 rechtfertige die Annahme, dass sich der Kläger eindeutig für die Protonentherapie im RPTC entschieden gehabt habe. Selbst wenn jedoch der Beschaffungsweg eingehalten worden wäre und der Kausalzusammenhang vorläge, könne der Kläger mit seinem Anspruch auf Kostenerstattung nicht durchdringen, da die Rechnung nicht spezifiziert sei. Nach den überzeugenden Gutachten des MDK würde die Kostenübernahme letztlich auch daran scheitern, dass kein Sachleistungsanspruch gegeben sei.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26. Oktober 2012 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die am 23. November 2012 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung führt der Kläger aus, das Sozialgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Beschaffungsweg nicht eingehalten worden sei. Denn maßgeblich sei nicht die Zahlung einer Vorschussrechnung, sondern der Beginn der Behandlung. Die Ablehnung der Beklagten sei jedoch vor Behandlungsbeginn erfolgt. Das Sozialgericht habe in diesem Zusammenhang des Weiteren auch verkannt, dass sich ein Ausschluss des Anspruchs nicht aus dem Grunde ergebe, dass die Entscheidung der Beklagten auf den weiteren Geschehensablauf keinen Einfluss mehr gehabt hätte. Durch die Begleichung der Vorschussrechnung seien die weiteren Schritte nicht endgültig vorgezeichnet und festgelegt gewesen. Eine Kostenübernahme wäre der Beklagten zum einen objektiv immer noch jederzeit möglich gewesen. Er hätte seine Zahlung vor Beginn der Behandlung insofern zurückfordern können. Hätte die Beklagte eine Kostenübernahme erklärt, so hätte diese auch eine Sachleistung erbringen können. Zum anderen wäre es der Beklagten noch möglich gewesen, dem Kläger eine adäquate alternative Behandlungsmöglichkeit anzubieten und auf diesem Wege ihrer Leistungspflicht nachzukommen. Hierauf hätte er auch noch nach der Vorauszahlung der Behandlungskosten an das RPTC eingehen können, wenn die Beklagte die Kostenübernahme für eine anderweitige adäquate Behandlung erklärt hätte. Im Übrigen müsse hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs auch die Schwere seines Krankheitsbildes Berücksichtigung finden. Er sei nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte eine Kostenübernahme für die Behandlung mit Protonen ernsthaft verweigern würde. Vielmehr sei er davon ausgegangen, mit seiner Zahlung lediglich in Vorleistung zu treten. Die Zahlung habe lediglich dazu gedient, die Möglichkeit der Durchführung der Behandlung in zeitlicher Nähe "offenzuhalten". Die Entscheidung, die Behandlung trotz Ablehnung der Beklagten durchführen zu lassen, sei erst getroffen worden, nachdem die Ablehnung der Beklagten vorgelegen habe. Darüber hinaus habe das Sozialgericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Rechnung des RPTC nicht spezifiziert sei. An der Prüffähigkeit der Rechnung könne vor dem Hintergrund der Angaben in dem Abschlussbericht jedoch kein Zweifel mehr bestehen. Er habe insofern auch darauf hingewiesen, dass ihm vom RPTC angeboten worden sei, einen detaillierten Bericht anzufordern. Zudem hätte auch eine detaillierte Endabrechnung erstellt werden können. Ein entsprechender Hinweis des Sozialgerichts sei jedoch nicht ergangen. Daher sei er davon ausgegangen, dass seine Ausführungen ausreichend seien und das Gericht die Rechnung für prüffähig halte. Letztlich sei das Sozialgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass kein Sachleistungsanspruch gegeben sei. Darauf, ob das RPTC ein zugelassenes Krankenhaus sei, komme es nicht an. Wenn die Beklagte sich darauf berufe, messe sie mit zweierlei Maß, weil sie in vergleichbaren Fällen diverse Male Kostenübernahmeerklärungen abgegeben habe. Außerdem habe es sich um einen Notfall gehandelt. Die Behandlung sei unaufschiebbar und es sei kein zugelassener Leistungserbringer verfügbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 18. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.978,45 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist der Auffassung, dass der Kläger durch ein nicht zugelassenes Krankenhaus behandelt worden sei und sein Anspruch auch aus diesem Grunde nicht bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Lübeck hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten hat, die ihm durch die Protonentherapie im RPTC entstanden sind. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.
Als Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Kostenerstattung kommt nur § 13 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs. 3 SGB V hat die Krankenkasse einem Versicherten die diesem für die Beschaffung einer notwendigen Leistung entstandenen Kosten zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und der Versicherte sich wegen der Ablehnung die Leistung auf eigenen Kosten selbst beschafft hat (2. Alternative).
Die Voraussetzungen der 1. Alternative liegen ersichtlich schon deshalb nicht vor, weil es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt hat. Ein Notfall in diesem Sinne ist nicht gegeben. Dies wird daran deutlich, dass der Kläger zur Behandlung von Rb nach M anreisen musste und dass von der Anfrage des Klägers beim RPTC am 10. Januar 2011 bis zur Voruntersuchung am 16. Februar 2011 und dem Beginn der eigentlichen Therapie am 7. März 2011 nahezu zwei Monate vergangen sind.
Der Kläger kann sich auch nicht auf die 2. Alternative berufen, weil er sich die Leistung auf eigene Kosten nicht wegen der Ablehnung durch die Krankenkasse selbst beschafft hat. Es fehlt insoweit an der erforderlichen Kausalität, weil der Kläger schon vor Bescheiderteilung am 11. Februar 2011 zur hier streitigen Therapie fest entschlossen war (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. November 2012, L 5 KR 588/11; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. April 2004, L 9 KR 51/02). Dass die Therapie mit der Diagnostik erst am 16. Februar 2011, also nach Bescheid-erteilung, begann, ist insoweit unerheblich. Dieser feste Entschluss des Klägers zur Durchführung der Protonentherapie im RPTC, unabhängig davon, wie die Beklagte seinen Kostenübernahmeantrag bescheiden würde, wird dadurch belegt, dass der Kläger am 4. Februar 2011 die gesamten Kosten der Therapie im Voraus gezahlt und spätestens am 8. Februar 2011 den Termin zum Beginn der Behandlung (Diagnostik) für den 16. Februar 2011 vereinbart hatte. An diesem Tag wurde der Flug nach M gebucht und vor Bescheiderteilung am 10. Februar 2011 bezahlt. Dies deckt sich damit, dass der Kläger in einem Telefonat mit einem Kundenberater der Beklagten am 11. Februar 2011 vor Bescheiderteilung gesagt hat, dass es für ihn "keine Alternativen mehr" zu der beabsichtigten Protonentherapie gebe. Zuvor hatte die Ehefrau des Klägers am 2. Februar 2011 telefonisch mitgeteilt, dass der Kläger eine Protonentherapie in M machen solle. Nach diesem Geschehensablauf vor Bescheiderteilung durch die Beklagte steht für den Senat fest, dass eine Entscheidung der Krankenkasse das weitere Geschehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Leistung nicht mehr beeinflussen konnte, weil der Kläger sich bereits unabhängig vom Verhalten seiner Krankenkasse endgültig auf die hier strittige Therapie festgelegt hatte. Der hiergegen vom Kläger vorgebrachte Einwand, er habe im Voraus gezahlt und den Behandlungstermin vereinbart, nur um sich die Therapieoption zu erhalten, überzeugt nicht. Falls nur dies die Absicht des Klägers gewesen wäre, hätte er einen Weg gesucht, keine derart großen finanziellen Verpflichtungen (Vorauszahlungen an das RPTC, Flugbuchung) vor Bescheiderteilung durch die Beklagte einzugehen. Letztlich wird dies auch dadurch bestätigt, dass der Kläger die im MDK-Gutachten vom 8. Februar 2011 genannten alternativen Therapievorschläge nicht aufgegriffen hat, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Therapie im RPTC noch nicht begonnen hatte. Zwischen der Kenntnis des Klägers vom ablehnenden Bescheid und dem zugrundeliegenden MDK-Gutachten und dem Beginn der eigentlichen Therapie am 7. März 2011 lagen mehr als drei Wochen.
Auch wenn der Senat Verständnis für die damalige Situation des Klägers aufgrund der Schwere der Erkrankung hat, so muss auch der Kläger den zwingend nach § 13 SGB V vorgegebenen Beschaffungsweg einhalten. Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Das (vor-)schnelle Handeln des Klägers war zudem hier objektiv auch aus medizinischen Gründen nicht geboten, denn der Beschaffungsweg wäre schon dann eingehalten worden, wenn die Vorauszahlung und die Terminvereinbarung eine Woche später – dann nämlich nach Bescheiderteilung – erfolgt wären.
Unabhängig davon ist der Erstattungsanspruch gegen die Krankenkasse deshalb nicht gegeben, weil der Kläger keinem rechtswirksamen Vergütungsanspruch für die durchgeführte Protonentherapie ausgesetzt ist. Wenn – wie hier – kein so genannter totaler Krankenhausaufnahmevertrag ohne Arztzusatzvertrag zwischen dem Kläger und dem Träger des Krankenhauses geschlossen wurde, bestimmt sich die Vergütung nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) für die erbrachte ambulante ärztliche Behandlung. Danach besteht der Vergütungsanspruch des Arztes nur dann, wenn er dem Patienten darüber eine ordnungsgemäße Rechnung nach den Bestimmungen der GOÄ erteilt (Bundessozialgericht, Urteil vom 11. September 2012, B 1 KR 3/12 R). Daran fehlt es hier, weil der Rechnungsbetrag aus einer Pauschale besteht. Dies ist nach § 10 Abs. 1 S. 2 GOÄ unzulässig. Hiervon darf durch Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GOÄ nicht abgewichen werden. Die Vergütung wird gemäß § 12 Abs. 1 GOÄ nur fällig, wenn eine der GOÄ entsprechende Rechnung erteilt worden ist. Diese Regelungen ergeben nicht nur im Verhältnis Patient - Arzt einen Sinn, sondern gerade auch im Verhältnis Patient/Versicherter - Krankenkasse. Im Wege der Erstattung kann nicht die Begleichung einer Pauschale verlangt werden, die die Krankenkasse nicht selbst vereinbart hat und deren Berechtigung sie in keiner Weise nachprüfen kann. Deshalb ist die Ablehnung der Erstattung auch aus diesem Grunde zu Recht erfolgt. Daran würde deshalb auch die nachträgliche Vorlage einer Rechnung nach den Bestimmungen der GOÄ nichts ändern.
Da mithin jeder dieser beiden Gründe allein bereits den Erstattungsanspruch ausschließt, brauchte sich der Senat nicht mehr damit zu befassen, ob die weiteren im Verfahren diskutierten Gründe für die Ablehnung des Erstattungsanspruchs (nicht zugelassenes Krankenhaus bzw. fehlender Sachleistungsanspruch) auch noch gegeben sind. Der Auffassung des Sozialgerichts, dass der Sachleistungsanspruch des Klägers hier daran scheitere, dass bei der Protonentherapie als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode Nutzen und Wirksamkeit nicht feststünden, folgt der Senat nicht ohne Weiteres. Diese Frage lässt sich erst nach der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens und der Beiziehung sämtlicher vorhandener ärztlicher Unterlagen (u. a. Krankenakte über die erfolgte Therapie) beantworten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat lässt die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf folgende Fragen zu: Unter welchen Voraussetzungen ist der Beschaffungsweg auch dann nicht eingehalten, wenn der Behandlungsbeginn nach Bescheiderteilung liegt? Schließt eine nicht der GOÄ entsprechende Rechnung den Erstattungsanspruch aus und kann gegebenenfalls im Gerichtsverfahren noch eine GOÄ konforme Rechnung nachgereicht werden?
Tatbestand:
Streitig ist der Erstattungsanspruch des Klägers für eine Protonentherapie.
Der 1950 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet unter einem metastasierenden Nierentumor links. Nach der Erstdiagnose im Mai 2003 wurde die linke Niere im Juni 2003 entfernt. In den darauffolgenden Jahren musste sich der Kläger einer Reihe von weiteren Operationen unterziehen. Im Juli 2010 wurden Metastasen in der Nähe des Herzens festgestellt.
Am 11. Januar 2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er am 10. Januar 2011 beim R P T C (RPTC) in M eine Anfrage auf Behandlung seiner Krebserkrankung gestellt habe. Nach Erhalt einer Zusage und der Mitteilung über die zu erwartenden Kosten werde er einen entsprechenden Antrag stellen.
Am 2. Februar 2011 übersandte der Kläger den Kostenvoranschlag der Chirurgischen Klinik Dr. R vom 1. Februar 2011 über einen Rechnungsbetrag von 18.978,45 EUR. Dieser enthielt den Hinweis:
"In der Rechnung werden die diagnostischen Leistungen und alle erforderlichen Bestrahlungssitzungen der Protonenbestrahlung sowie die erbrachten ärztlichen Leistungen inklusive aller Sachkosten mit einer Pauschale von 18.978,45 EUR angesetzt. Bitte leisten Sie bis 1 Woche vor Ihrem Eintreffen in das R P T C , also bis 1 Woche vor dem Beginn von Diagnostik und Therapie, eine Vorauszahlung in der veranschlagten Höhe durch rechtzeitige Überweisung mit Angabe Ihres Namens und der o. g. Nr. des Kostenvoranschlages auf das Konto: ".
In einem Begleitschreiben vom 20. Januar 2011 teilte die Fachärztin für Strahlentherapie Dr. Ra mit, mittels der Protonentherapie zur Verfügung stehenden Scanning-Verfahren sei es möglich, eine hohe Dosis im Tumor einzustrahlen bei optimaler Schonung des umliegenden Gewebes, das nur ein Sechstel der Strahlendosis erhalte. Dadurch könne im Bereich des strahlensensiblen Mediastinums sowie des Herzens eine größtmögliche Schonung der gesunden Strukturen erreicht werden.
Daraufhin beauftragte die Beklagte den MDK Bayern mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 8. Februar 2011 (Dr. G S ) fest, dass die Voraussetzung für die Anwendung dieser neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht erfüllt würden und andere Maßnahmen erforderlich seien. Zum einen wird ausgeführt, dass bei dem Kläger die gesehenen Metastasen im Prinzip, da kein Verbot nach § 137c Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) vorliege, unter stationären Bedingungen mit Protonen bestrahlt und die Therapie über das derzeit gültige G DRG-System abgerechnet werden könnten. Andererseits führt der Gutachter aus, dass eine Kostenübernahme aus gutachterlicher Sicht für die Protonentherapie am RPTC nicht empfohlen werden könne. Vielmehr sei die Vorstellung an einer universitären Einrichtung, wo im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz ein adäquates Behandlungskonzept festgelegt und bei gegebenenfalls bestehender Inoperabilität von strahlentherapeutischer Seite beurteilt werden könne, ob eine Bestrahlung mit Photonen bei vertretbarer Toxizität durchführbar sei. Die bei dem Kläger erforderliche Strahlentherapie könne z. B. wohnortnah am U klinikum H -E durchgeführt werden.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2011 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenübernahme für die Protonentherapie ab und verwies auf das Gutachten des MDK vom 8. Februar 2011.
Bereits am 8. Februar 2011 hatte der Kläger für den 16. Februar 2011 einen Flug nach M gebucht und diesen am 10. Februar 2011 durch Überweisung von seinem Konto bezahlt.
Gegen den Bescheid vom 11. Februar 2011 legte der Kläger am 14. Februar 2011 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass nach dem MDK-Gutachten kein Verbot nach § 137c SGB V bestehe und die vom MDK empfohlene Photonentherapie bereits eingehend geprüft und aufgrund der starken Schädigung des umliegenden Gewebes abgelehnt worden sei. Auch sei der Tumor inoperabel. Seit August 2010 unterziehe er sich einer chemotherapeutischen Behandlung, die bisher ohne Erfolg geblieben sei.
Ab dem 16. Februar 2011 begann die Behandlung am RPTC mit der Diagnostik und am 7. März 2011 mit der Protonentherapie. Eine stationäre Aufnahme erfolgte nicht. Der Kläger wohnte im Gästehaus des RPTC bzw. in einer privat angemieteten Wohnung.
Die Beklagte ließ sich erneut vom MDK Bayern beraten. In dem Gutachten vom 22. Februar 2011 blieb Dr. S bei seiner bisherigen Auffassung und stellte fest, dass sich aus den zahlreich vorgelegten Befunden keine Änderung des Begutachtungsergebnisses ergebe. Er vermochte weiterhin aus gutachterlicher Sicht die Notwendigkeit einer Bestrahlung mit Protonen zu Lasten der Solidargemeinschaft nicht zu erkennen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, sie könne deshalb keine Kosten übernehmen, weil der Gemeinsame Bundesausschuss die ambulante Protonentherapie nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt habe. Diese werde privat außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht und sei den neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zuzuordnen. Die Abrechnung einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode sei grundsätzlich ausgeschlossen, solange sich der Gemeinsame Bundesausschuss zur Notwendigkeit und zum therapeutischen Nutzen der Methode nicht geäußert habe. Dies gelte auch bei Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung, sofern eine dem medizinischen Standard entsprechende Vertragsbehandlung zur Verfügung stehe. Eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses liege für die ambulante Protonentherapie nicht vor. Dagegen habe der Gemeinsame Bundesausschuss im stationären Bereich bezüglich der Protonentherapie bei Patienten mit Rektumkarzinom mit Lokalrezidiv und fortgeschrittener Erkrankung eine Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung unter bestimmten Leistungsvoraussetzungen gefasst. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger jedoch unstreitig nicht vor. Nach dem eingeholten Gutachten des MDK bestünden im Übrigen bei dem Kläger vertragliche Behandlungsalternativen, insbesondere die Möglichkeit einer Photonenbehandlung.
Hiergegen hat der Kläger am 6. Juni 2011 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und seine Auffassung bekräftigt, dass die Photonenbestrahlung nicht im gleichen Maße geeignet sei wie die Protonentherapie. Letztere sei im März 2011 im RPTC erfolgreich durchgeführt worden. Am 25. Juni 2011 sei eine weitere Computertomografie durchgeführt worden. Dabei habe sich ergeben, dass die vorliegenden Läsionen sich überwiegend verkleinert hätten. Es habe sich kein Hinweis für neu aufgetretene Läsionen ergeben.
Der Kläger hat ein an ihn gerichtetes Schreiben der Chirurgischen Klinik Dr. R vom 1. April 2011 mit dem folgenden Inhalt übersandt:
"Rechnung - Nr. 122401 vom 31.03.2011 Sehr geehrter Herr K , anbei erhalten Sie die Rechnung für die durchgeführte Protonen Bestrahlungstherapie, die bereits mit folgender Zahlung ausgeglichen wurde: Zahlung am 04.02.2011 18.978,45 EUR Rechnung Nr. 122401 über 18.978,45 EUR Differenz: 0,00 EUR"
Beigefügt war die Rechnung vom 31. März 2011, bei der unter einer Nummer 86090008 eine "FPGKV100" für den 28. März 2011 in Höhe von 18.978,45 EUR abgerechnet wurde. Die Rechnung enthält weiterhin als Aufnahmedatum den 16. Feb-ruar 2011 um 13:56 Uhr und als Entlassungsdatum den 28. März 2011, 17:00 Uhr.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.978,45 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend hat sie ausgeführt, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung bereits deshalb nicht bestehe, weil es am Kausalzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Entstehung der Kosten mangele. Der Kläger habe sich bereits spätestens am 4. Februar 2011 bei Begleichung der Rechnung für die streitige Behandlung in der Chirurgischen Klinik Dr. R entschieden. Die Leistungsablehnung vom 11. Februar 2011 habe diese nicht mehr beeinflussen können.
Hierzu hat der Kläger in einer Replik eingewendet, er habe lediglich eine Vorschussrechnung beglichen und die Leistungen erst ab dem 16. Februar 2011, mithin nach der Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte, erhalten. Im Übrigen seien durch die Vorauszahlung die weiteren Schritte nicht endgültig vorgezeichnet und festgelegt gewesen. Er hätte auch noch nach der Vorauszahlung der Behandlungskosten entscheiden können, die Behandlung woanders durchzuführen, wenn die Beklagte die Kostenübernahme für eine anderweitige adäquate Behandlung erklärt hätte. Er sei nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte die Kostenübernahme für die Behandlung mit Protonen verweigern würde.
Mit Urteil vom 18. September 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen müsse. Daran fehle es, wenn die Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst worden sei, obwohl ihr das möglich gewesen wäre. Der Kläger habe die Entscheidung der Beklagten vom 11. Februar 2011 nicht abgewartet, sondern sich davon unabhängig für die strittige Behandlung entschieden. Das folge daraus, dass der Kläger bereits am 4. Februar 2011 den gesamten Rechnungs¬betrag für die Behandlung überwiesen habe. Nicht der Beginn der Behandlung sei allein ausschlaggebend, sondern vielmehr die Möglichkeit der Krankenkasse, das weitere Geschehen noch beeinflussen zu können. Sei diese Möglichkeit nicht mehr gegeben, liege die notwendige Kausalität zwischen rechtswidriger Leistungsablehnung und der Kostenlast des Versicherten nicht vor. Der Einwand des Klägers, durch diese Vorauszahlung seien die weiteren Schritte nicht endgültig vorgezeichnet und festgelegt gewesen und er hätte seine Zahlung vor Beginn der Behandlung zurückfordern können, überzeuge nicht und erscheine als lediglich hypothetische Möglichkeit. Denn bereits aus dem ersten Schreiben des Klägers vom 11. Januar 2011 werde seine Absicht deutlich, diese Therapie im RPTC durchführen zu lassen. Auch der Anruf der Ehefrau des Klägers bei der Beklagten am 2. Februar 2011 rechtfertige die Annahme, dass sich der Kläger eindeutig für die Protonentherapie im RPTC entschieden gehabt habe. Selbst wenn jedoch der Beschaffungsweg eingehalten worden wäre und der Kausalzusammenhang vorläge, könne der Kläger mit seinem Anspruch auf Kostenerstattung nicht durchdringen, da die Rechnung nicht spezifiziert sei. Nach den überzeugenden Gutachten des MDK würde die Kostenübernahme letztlich auch daran scheitern, dass kein Sachleistungsanspruch gegeben sei.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26. Oktober 2012 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die am 23. November 2012 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung führt der Kläger aus, das Sozialgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Beschaffungsweg nicht eingehalten worden sei. Denn maßgeblich sei nicht die Zahlung einer Vorschussrechnung, sondern der Beginn der Behandlung. Die Ablehnung der Beklagten sei jedoch vor Behandlungsbeginn erfolgt. Das Sozialgericht habe in diesem Zusammenhang des Weiteren auch verkannt, dass sich ein Ausschluss des Anspruchs nicht aus dem Grunde ergebe, dass die Entscheidung der Beklagten auf den weiteren Geschehensablauf keinen Einfluss mehr gehabt hätte. Durch die Begleichung der Vorschussrechnung seien die weiteren Schritte nicht endgültig vorgezeichnet und festgelegt gewesen. Eine Kostenübernahme wäre der Beklagten zum einen objektiv immer noch jederzeit möglich gewesen. Er hätte seine Zahlung vor Beginn der Behandlung insofern zurückfordern können. Hätte die Beklagte eine Kostenübernahme erklärt, so hätte diese auch eine Sachleistung erbringen können. Zum anderen wäre es der Beklagten noch möglich gewesen, dem Kläger eine adäquate alternative Behandlungsmöglichkeit anzubieten und auf diesem Wege ihrer Leistungspflicht nachzukommen. Hierauf hätte er auch noch nach der Vorauszahlung der Behandlungskosten an das RPTC eingehen können, wenn die Beklagte die Kostenübernahme für eine anderweitige adäquate Behandlung erklärt hätte. Im Übrigen müsse hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs auch die Schwere seines Krankheitsbildes Berücksichtigung finden. Er sei nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte eine Kostenübernahme für die Behandlung mit Protonen ernsthaft verweigern würde. Vielmehr sei er davon ausgegangen, mit seiner Zahlung lediglich in Vorleistung zu treten. Die Zahlung habe lediglich dazu gedient, die Möglichkeit der Durchführung der Behandlung in zeitlicher Nähe "offenzuhalten". Die Entscheidung, die Behandlung trotz Ablehnung der Beklagten durchführen zu lassen, sei erst getroffen worden, nachdem die Ablehnung der Beklagten vorgelegen habe. Darüber hinaus habe das Sozialgericht rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Rechnung des RPTC nicht spezifiziert sei. An der Prüffähigkeit der Rechnung könne vor dem Hintergrund der Angaben in dem Abschlussbericht jedoch kein Zweifel mehr bestehen. Er habe insofern auch darauf hingewiesen, dass ihm vom RPTC angeboten worden sei, einen detaillierten Bericht anzufordern. Zudem hätte auch eine detaillierte Endabrechnung erstellt werden können. Ein entsprechender Hinweis des Sozialgerichts sei jedoch nicht ergangen. Daher sei er davon ausgegangen, dass seine Ausführungen ausreichend seien und das Gericht die Rechnung für prüffähig halte. Letztlich sei das Sozialgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass kein Sachleistungsanspruch gegeben sei. Darauf, ob das RPTC ein zugelassenes Krankenhaus sei, komme es nicht an. Wenn die Beklagte sich darauf berufe, messe sie mit zweierlei Maß, weil sie in vergleichbaren Fällen diverse Male Kostenübernahmeerklärungen abgegeben habe. Außerdem habe es sich um einen Notfall gehandelt. Die Behandlung sei unaufschiebbar und es sei kein zugelassener Leistungserbringer verfügbar gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 18. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.978,45 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist der Auffassung, dass der Kläger durch ein nicht zugelassenes Krankenhaus behandelt worden sei und sein Anspruch auch aus diesem Grunde nicht bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht Lübeck hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten hat, die ihm durch die Protonentherapie im RPTC entstanden sind. Die ablehnenden Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.
Als Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Kostenerstattung kommt nur § 13 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs. 3 SGB V hat die Krankenkasse einem Versicherten die diesem für die Beschaffung einer notwendigen Leistung entstandenen Kosten zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und der Versicherte sich wegen der Ablehnung die Leistung auf eigenen Kosten selbst beschafft hat (2. Alternative).
Die Voraussetzungen der 1. Alternative liegen ersichtlich schon deshalb nicht vor, weil es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt hat. Ein Notfall in diesem Sinne ist nicht gegeben. Dies wird daran deutlich, dass der Kläger zur Behandlung von Rb nach M anreisen musste und dass von der Anfrage des Klägers beim RPTC am 10. Januar 2011 bis zur Voruntersuchung am 16. Februar 2011 und dem Beginn der eigentlichen Therapie am 7. März 2011 nahezu zwei Monate vergangen sind.
Der Kläger kann sich auch nicht auf die 2. Alternative berufen, weil er sich die Leistung auf eigene Kosten nicht wegen der Ablehnung durch die Krankenkasse selbst beschafft hat. Es fehlt insoweit an der erforderlichen Kausalität, weil der Kläger schon vor Bescheiderteilung am 11. Februar 2011 zur hier streitigen Therapie fest entschlossen war (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. November 2012, L 5 KR 588/11; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. April 2004, L 9 KR 51/02). Dass die Therapie mit der Diagnostik erst am 16. Februar 2011, also nach Bescheid-erteilung, begann, ist insoweit unerheblich. Dieser feste Entschluss des Klägers zur Durchführung der Protonentherapie im RPTC, unabhängig davon, wie die Beklagte seinen Kostenübernahmeantrag bescheiden würde, wird dadurch belegt, dass der Kläger am 4. Februar 2011 die gesamten Kosten der Therapie im Voraus gezahlt und spätestens am 8. Februar 2011 den Termin zum Beginn der Behandlung (Diagnostik) für den 16. Februar 2011 vereinbart hatte. An diesem Tag wurde der Flug nach M gebucht und vor Bescheiderteilung am 10. Februar 2011 bezahlt. Dies deckt sich damit, dass der Kläger in einem Telefonat mit einem Kundenberater der Beklagten am 11. Februar 2011 vor Bescheiderteilung gesagt hat, dass es für ihn "keine Alternativen mehr" zu der beabsichtigten Protonentherapie gebe. Zuvor hatte die Ehefrau des Klägers am 2. Februar 2011 telefonisch mitgeteilt, dass der Kläger eine Protonentherapie in M machen solle. Nach diesem Geschehensablauf vor Bescheiderteilung durch die Beklagte steht für den Senat fest, dass eine Entscheidung der Krankenkasse das weitere Geschehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Leistung nicht mehr beeinflussen konnte, weil der Kläger sich bereits unabhängig vom Verhalten seiner Krankenkasse endgültig auf die hier strittige Therapie festgelegt hatte. Der hiergegen vom Kläger vorgebrachte Einwand, er habe im Voraus gezahlt und den Behandlungstermin vereinbart, nur um sich die Therapieoption zu erhalten, überzeugt nicht. Falls nur dies die Absicht des Klägers gewesen wäre, hätte er einen Weg gesucht, keine derart großen finanziellen Verpflichtungen (Vorauszahlungen an das RPTC, Flugbuchung) vor Bescheiderteilung durch die Beklagte einzugehen. Letztlich wird dies auch dadurch bestätigt, dass der Kläger die im MDK-Gutachten vom 8. Februar 2011 genannten alternativen Therapievorschläge nicht aufgegriffen hat, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Therapie im RPTC noch nicht begonnen hatte. Zwischen der Kenntnis des Klägers vom ablehnenden Bescheid und dem zugrundeliegenden MDK-Gutachten und dem Beginn der eigentlichen Therapie am 7. März 2011 lagen mehr als drei Wochen.
Auch wenn der Senat Verständnis für die damalige Situation des Klägers aufgrund der Schwere der Erkrankung hat, so muss auch der Kläger den zwingend nach § 13 SGB V vorgegebenen Beschaffungsweg einhalten. Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Das (vor-)schnelle Handeln des Klägers war zudem hier objektiv auch aus medizinischen Gründen nicht geboten, denn der Beschaffungsweg wäre schon dann eingehalten worden, wenn die Vorauszahlung und die Terminvereinbarung eine Woche später – dann nämlich nach Bescheiderteilung – erfolgt wären.
Unabhängig davon ist der Erstattungsanspruch gegen die Krankenkasse deshalb nicht gegeben, weil der Kläger keinem rechtswirksamen Vergütungsanspruch für die durchgeführte Protonentherapie ausgesetzt ist. Wenn – wie hier – kein so genannter totaler Krankenhausaufnahmevertrag ohne Arztzusatzvertrag zwischen dem Kläger und dem Träger des Krankenhauses geschlossen wurde, bestimmt sich die Vergütung nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) für die erbrachte ambulante ärztliche Behandlung. Danach besteht der Vergütungsanspruch des Arztes nur dann, wenn er dem Patienten darüber eine ordnungsgemäße Rechnung nach den Bestimmungen der GOÄ erteilt (Bundessozialgericht, Urteil vom 11. September 2012, B 1 KR 3/12 R). Daran fehlt es hier, weil der Rechnungsbetrag aus einer Pauschale besteht. Dies ist nach § 10 Abs. 1 S. 2 GOÄ unzulässig. Hiervon darf durch Vereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GOÄ nicht abgewichen werden. Die Vergütung wird gemäß § 12 Abs. 1 GOÄ nur fällig, wenn eine der GOÄ entsprechende Rechnung erteilt worden ist. Diese Regelungen ergeben nicht nur im Verhältnis Patient - Arzt einen Sinn, sondern gerade auch im Verhältnis Patient/Versicherter - Krankenkasse. Im Wege der Erstattung kann nicht die Begleichung einer Pauschale verlangt werden, die die Krankenkasse nicht selbst vereinbart hat und deren Berechtigung sie in keiner Weise nachprüfen kann. Deshalb ist die Ablehnung der Erstattung auch aus diesem Grunde zu Recht erfolgt. Daran würde deshalb auch die nachträgliche Vorlage einer Rechnung nach den Bestimmungen der GOÄ nichts ändern.
Da mithin jeder dieser beiden Gründe allein bereits den Erstattungsanspruch ausschließt, brauchte sich der Senat nicht mehr damit zu befassen, ob die weiteren im Verfahren diskutierten Gründe für die Ablehnung des Erstattungsanspruchs (nicht zugelassenes Krankenhaus bzw. fehlender Sachleistungsanspruch) auch noch gegeben sind. Der Auffassung des Sozialgerichts, dass der Sachleistungsanspruch des Klägers hier daran scheitere, dass bei der Protonentherapie als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode Nutzen und Wirksamkeit nicht feststünden, folgt der Senat nicht ohne Weiteres. Diese Frage lässt sich erst nach der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens und der Beiziehung sämtlicher vorhandener ärztlicher Unterlagen (u. a. Krankenakte über die erfolgte Therapie) beantworten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat lässt die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf folgende Fragen zu: Unter welchen Voraussetzungen ist der Beschaffungsweg auch dann nicht eingehalten, wenn der Behandlungsbeginn nach Bescheiderteilung liegt? Schließt eine nicht der GOÄ entsprechende Rechnung den Erstattungsanspruch aus und kann gegebenenfalls im Gerichtsverfahren noch eine GOÄ konforme Rechnung nachgereicht werden?
Rechtskraft
Aus
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