Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 4 KR 4/13 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
5 KR 98/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
An einem Anordnungsgrund fehlt es grundsätzlich bei einem Rechtsstreit um eine Leistung aus einem in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum, wobei für die Bestimmung dieses Zeitraums im Beschwerdeverfahren regelmäßig die Beschwerdeentscheidung ist.
Beschluss In dem Beschwerdeverfahren , - Antragsteller und Beschwerdeführer - Prozessbevollmächtigter:
gegen
, - Antragsgegner und Beschwerdegegner -
hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts am 3. Juli 2013 in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht , den Richter am Landessozialgericht , die Richterin am Landessozialgericht beschlossen:
Beschluss In dem Beschwerdeverfahren , - Antragsteller und Beschwerdeführer - Prozessbevollmächtigter:
gegen
, - Antragsgegner und Beschwerdegegner -
hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts am 3. Juli 2013 in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht , den Richter am Landessozialgericht , die Richterin am Landessozialgericht beschlossen:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 29. April 2013 insoweit abgeändert, als ihm Prozesskostenhilfe für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Itzehoe (S 4 KR 4/13 ER) ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt T , H , beigeordnet wird. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Antragstellers sind nicht zu erstatten. &8195;
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen eines Eilverfahrens die Zahlung von Krankengeld.
Der bei der Antragsgegnerin gesetzlich versicherte 1949 geborene Antragsteller war zuletzt als Lkw-Fahrer tätig. Seine letzte Beschäftigung endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 19. Oktober 2012, Arbeitsunfähigkeit lag bereits seit 16. Oktober 2012 vor. Grund der Arbeitsunfähigkeit waren Beschwerden an der Wirbelsäule. Der Antragsteller erhielt Krankengeld. Am 21. Januar 2013 kam die beratende Ärztin des MDK Nord Dr. K zu dem Ergebnis, dass ein ausreichendes Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werde. Daraufhin beendete die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22. Januar 2013 ihre Krankengeldzahlungen am 1. Februar 2013. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Der Internist Dr. T1 bescheinigte am 1. Februar 2013 als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit den 8. Februar 2013 und verneinte das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit und einer Behandlungsbedürftigkeit. Am 8. Februar 2013 bescheinigte Dr. T1 das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit ohne Angabe eines Endzeitpunktes. Entsprechend erfolgten die Bescheinigungen durch die Orthopäden Dr. K1 und R am 12. Februar 2013. Die beratende Ärztin Dr. K hielt den Antragsteller weiterhin für leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten.
Am 6. März 2013 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Itzehoe die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Fortzahlung des Krankengeldes über den 1. Februar 2013 hinaus und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat er auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seiner Ärzte hingewiesen. Das Arbeitsamt (gemeint Arbeitsagentur) habe Leistungen wegen seiner Erkrankung abgelehnt. Das Einkommen seiner Ehefrau reiche nicht aus, um den Bedarf der Familie abzudecken. Ergänzend hat der Antragsteller seinen Schwerbehindertenausweis (GdB 90, Merkzeichen "G") und die medizinische Begutachtung durch die Agentur für Arbeit H vorgelegt.
Die Antragsgegnerin hat erwidert, weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund lägen vor.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Orthopädischen Praxis Dres. K1 und R eingeholt und mit Beschluss vom 29. April 2013 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Für die Zeit vor dem 5. März 2013 fehle es am Anordnungsgrund, da die einstweilige Anordnung grundsätzlich den Sinn habe, aktuellen Notlagen zu begegnen. Für den Zeitraum ab 5. März 2013 sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Insoweit fehle es an einer lückenlosen Feststellung von Arbeits¬unfähigkeitszeiten. Die letzte Bescheinigung zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit sei die der Gemeinschaftspraxis Dres. K1 /R vom 12. Februar 2013. In dieser fehle jedoch, bis zu welchen Zeitpunkt die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich bestehe und wann der nächste Praxisbesuch anstehe. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen/Zahlscheine lägen trotz entsprechender Ermittlung durch das Gericht nicht vor. Die letzte Bescheinigung der Praxis Dres. K1 /R vom 12. Februar 2013 bestätige lediglich die Vorstellung des Antragstellers am 11. Februar 2013 und weise eine noch bestehende Behandlungsbedürftigkeit aus. Die Bescheinigung treffe jedoch keine Aussage zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit und dem nächsten Praxisbesuch des Antragstellers. Der im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens übersandte Behandlungs- und Befundbericht vom 15. April 2013 enthalte diesbezüglich nur die Anmerkung "Arbeitsunfähigkeit seit 16. Oktober 2012". Damit liege keine ausreichende Feststellung zur Arbeitsunfähigkeit über den 12. Februar 2013 hinaus vor. Eine solche sei jedoch unabdingbare Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld. Nachholbar sei eine entsprechende ärztliche Feststellung nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen. Mit dem vom MDK festgestellten Leistungsvermögen könne der Antragsteller noch Tätigkeiten als Kraftfahrer ausüben, wie etwa als Kurierfahrer für Apotheken.
Gegen den ihm am 2. Mai 2013 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, eingegangen beim Sozialgericht Itzehoe am 24. Mai 2013. Zur Begründung ergänzt er, nachgewiesen sei die Arbeitsunfähigkeit vom 11. Februar bis 21. Mai 2013 durch die Praxis Dres. K1 /R. Insoweit legt der Antragsteller eine mit Datum 17. Mai 2013 versehene Korrektur der "Bescheinigung für Krankengeldzahlung" vom 12. Februar 2013 vor. Die Antragsgegnerin trägt vor, dass eine Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 11. Feb¬ruar bis 21. Mai 2013 nicht ausreiche, um einen Anordnungsanspruch in einen Anordnungsgrund zu begründen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist unbegründet, soweit die Beschwerde sich gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung richtet. Sie ist begründet, soweit das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren abgelehnt hat.
Die notwendigen Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung werden in dem angefochtenen Beschluss zutreffend unter Hinweis auf die dafür maßgebende Vorschrift des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgeführt. Neben dem Anordnungsanspruch, also dem materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, bedarf es danach eines Anordnungsgrundes, d. h. eines Sachverhalts, aus dem sich die Eilbedürftigkeit der Anordnung ergibt. Diesen vermag der Senat für das Beschwerdeverfahren nicht zu erkennen.
§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG weist ausdrücklich darauf hin, dass einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Verhältnis nur zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist bei einem Rechtsstreit, in dem es um einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum geht, in der Regel nicht der Fall. Darauf weist auch das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung für die Zeit vor dem 5. März 2013 zutreffend hin. Maßgebend ist dabei für die Bestimmung des Zeitraums regelmäßig der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; im Beschwerdeverfahren ist dies grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20. Juli 2007 – L 10 B 116/07 AS ER –; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008 – L 25 B 838/07 AS ER –). Soweit dagegen die Auffassung vertreten wird, bei abgelaufenen Zeiträumen sei maßgebend der Zeitpunkt der Antragstellung, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Diese Auffassung widerspricht dem Sinn und Zweck und dem Hintergrund der Voraussetzungen des Anordnungsgrundes, aktuelle wesentliche Nachteile abzuwehren und nicht materielle Ansprüche vor dem Hauptsacheverfahren zu befriedigen. So können durch die Versagung des Krankengeldes für die Vergangenheit grundsätzlich keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen, die sich durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen; denn der Antragsteller hat für diese Zeit seinen Lebensunterhalt bereits aus eigenen oder fremden Mitteln gedeckt, so dass er hierfür auf das begehrte Krankengeld nicht mehr angewiesen ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2008 – L 9 B 600/07 KR ER –). Besondere Gründe, warum gleichwohl Krankengeld für einen zurückliegenden Zeitraum zu gewähren ist, hat der Antragsteller nicht vorgetragen, obwohl der Senat mit gerichtlicher Verfügung vom 4. Juni 2013 ausdrücklich auf die Problematik und insbesondere das Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage hingewiesen hat. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes unbegründet.
Anders verhält es sich hingegen hinsichtlich der Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren. Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn das Gericht aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage den Rechtsstandpunkt des Antragstellers für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Dabei dürfen die Anforderungen an die tatsächlichen und rechtlichen Erfolgsaussichten zwar nicht überspannt werden. Es ist zu berücksichtigen, dass Prozesskostenhilfe den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bietet, sondern lediglich zugänglich machen will. Dem genügt § 114 Satz 1 ZPO dadurch, dass er die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht erst bei sicherer, sondern bereits bei hinreichender Erfolgsaussicht vorsieht. Deren Feststellung soll mithin nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses anstelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das bedeutet allerdings zugleich, dass Prozesskostenhilfe verweigert werden darf, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1981, 413 f.; BSG, Urteil vom 17. Februar 1998 – B 13 RJ 83/97 R – = SozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Gemessen an diesen Grundsätzen bestand für den Antrag des Antragstellers zum Zeitpunkt der sozialgerichtlichen Entscheidung hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Zwar hat das Sozialgericht im Rahmen der Prüfung des Anordnungsanspruchs zutreffend auf die Notwendigkeit einer nahtlosen ärztlichen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit hingewiesen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats und folgt der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des BSG. Allerdings vermag der Senat dem Sozialgericht insoweit nicht zu folgen, als die letzte ärztliche Bescheinigung zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit vom 12. Februar 2013 durch die Gemeinschaftspraxis Dres. K1 / R für die Begründung eines zukünftigen Krankengeldanspruchs zwingend nicht ausreichend ist. So hat das BSG in seiner Entscheidung vom 10. Mai 2012 (B 1 KR 20/11 R) eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als ausreichend angesehen, in der der bescheinigende Arzt einen Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsunfähigkeit nicht mitgeteilt hat. Gleiches gilt für den Zeitpunkt des nächsten Praxisbesuchs. Dazu hat das BSG in seinem zweiten Leitsatz ausgeführt, dass eine einzige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld für mehrere Zeitabschnitte begründen kann und weitere Meldungen der Arbeitsunfähigkeit sich dadurch erübrigen können.
Hinsichtlich des tatsächlichen Bestehens von Arbeitsunfähigkeit als weitere Voraussetzung des Krankengeldes liegen neben den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der den Kläger behandelnden Ärzte die Stellungnahme seitens des MDK Nord (dort Dr. K ) und das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten der Agentur für Arbeit (Dr. T2 ) vom 18. März 2013 vor. Dr. T2 kommt dabei nach "umfänglicher Untersuchung" zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller in seiner Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt und ihm deshalb die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer nicht mehr zumutbar sei. Dr. K vom MDK Nord kommt hingegen zu dem Ergebnis (wohl ohne Untersuchung), dass Arbeitsunfähigkeit aus medizinischer Sicht nicht mehr bestehe. Dabei geht sie allerdings in ihren beiden Stellungnahmen von einer Belastbarkeit für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus. Diese Einschätzung berücksichtigt jedoch nicht, dass der Antragsteller bereits während seiner letzten Beschäftigung als Lkw-Fahrer arbeitsunfähig geworden ist. Endet nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit das Beschäftigungsverhältnis, ändert sich der Maßstab für die Bestimmung der Arbeitsunfähigkeit insofern, als für deren Beurteilung zwar nicht mehr die konkreten Verhältnisse am letzten Arbeitsplatz maßgebend sind. Es ist allerdings abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen (vgl. etwa Meyerhoff in juris PK § 44 SGB V Rz. 58). Das berücksichtigt nunmehr auch die Antragsgegnerin, indem sie in ihrem Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013 auf die eingeschränkte Verweisbarkeit des Antragstellers als Kraftfahrer eingeht. Für die Verweisungstätigkeit als Kurierfahrer für Apotheken findet sich jedoch keine Grundlage in den Feststellungen des MDK, da dieser, wie oben beschrieben, als Bezugstätigkeit den allgemeinen Arbeitsmarkt angesehen hat.
Vor diesem Hintergrund kommt der beschließende Senat zu dem Ergebnis, dass während des sozialgerichtlichen Verfahrens hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 ff. ZPO bestand. Da auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegen (nach den Angaben bezieht seine Ehefrau monatliche Nettoeinnahmen von 1.357,00 EUR bei Wohnkosten von 700,00 EUR monatlich), war dem Antragsteller auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts insoweit Prozesskostenhilfe für die erste Instanz zu gewähren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen eines Eilverfahrens die Zahlung von Krankengeld.
Der bei der Antragsgegnerin gesetzlich versicherte 1949 geborene Antragsteller war zuletzt als Lkw-Fahrer tätig. Seine letzte Beschäftigung endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 19. Oktober 2012, Arbeitsunfähigkeit lag bereits seit 16. Oktober 2012 vor. Grund der Arbeitsunfähigkeit waren Beschwerden an der Wirbelsäule. Der Antragsteller erhielt Krankengeld. Am 21. Januar 2013 kam die beratende Ärztin des MDK Nord Dr. K zu dem Ergebnis, dass ein ausreichendes Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werde. Daraufhin beendete die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22. Januar 2013 ihre Krankengeldzahlungen am 1. Februar 2013. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Der Internist Dr. T1 bescheinigte am 1. Februar 2013 als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit den 8. Februar 2013 und verneinte das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit und einer Behandlungsbedürftigkeit. Am 8. Februar 2013 bescheinigte Dr. T1 das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit ohne Angabe eines Endzeitpunktes. Entsprechend erfolgten die Bescheinigungen durch die Orthopäden Dr. K1 und R am 12. Februar 2013. Die beratende Ärztin Dr. K hielt den Antragsteller weiterhin für leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten.
Am 6. März 2013 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Itzehoe die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Fortzahlung des Krankengeldes über den 1. Februar 2013 hinaus und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat er auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seiner Ärzte hingewiesen. Das Arbeitsamt (gemeint Arbeitsagentur) habe Leistungen wegen seiner Erkrankung abgelehnt. Das Einkommen seiner Ehefrau reiche nicht aus, um den Bedarf der Familie abzudecken. Ergänzend hat der Antragsteller seinen Schwerbehindertenausweis (GdB 90, Merkzeichen "G") und die medizinische Begutachtung durch die Agentur für Arbeit H vorgelegt.
Die Antragsgegnerin hat erwidert, weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund lägen vor.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Orthopädischen Praxis Dres. K1 und R eingeholt und mit Beschluss vom 29. April 2013 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Für die Zeit vor dem 5. März 2013 fehle es am Anordnungsgrund, da die einstweilige Anordnung grundsätzlich den Sinn habe, aktuellen Notlagen zu begegnen. Für den Zeitraum ab 5. März 2013 sei ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Insoweit fehle es an einer lückenlosen Feststellung von Arbeits¬unfähigkeitszeiten. Die letzte Bescheinigung zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit sei die der Gemeinschaftspraxis Dres. K1 /R vom 12. Februar 2013. In dieser fehle jedoch, bis zu welchen Zeitpunkt die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich bestehe und wann der nächste Praxisbesuch anstehe. Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen/Zahlscheine lägen trotz entsprechender Ermittlung durch das Gericht nicht vor. Die letzte Bescheinigung der Praxis Dres. K1 /R vom 12. Februar 2013 bestätige lediglich die Vorstellung des Antragstellers am 11. Februar 2013 und weise eine noch bestehende Behandlungsbedürftigkeit aus. Die Bescheinigung treffe jedoch keine Aussage zur voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit und dem nächsten Praxisbesuch des Antragstellers. Der im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens übersandte Behandlungs- und Befundbericht vom 15. April 2013 enthalte diesbezüglich nur die Anmerkung "Arbeitsunfähigkeit seit 16. Oktober 2012". Damit liege keine ausreichende Feststellung zur Arbeitsunfähigkeit über den 12. Februar 2013 hinaus vor. Eine solche sei jedoch unabdingbare Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld. Nachholbar sei eine entsprechende ärztliche Feststellung nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen. Mit dem vom MDK festgestellten Leistungsvermögen könne der Antragsteller noch Tätigkeiten als Kraftfahrer ausüben, wie etwa als Kurierfahrer für Apotheken.
Gegen den ihm am 2. Mai 2013 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, eingegangen beim Sozialgericht Itzehoe am 24. Mai 2013. Zur Begründung ergänzt er, nachgewiesen sei die Arbeitsunfähigkeit vom 11. Februar bis 21. Mai 2013 durch die Praxis Dres. K1 /R. Insoweit legt der Antragsteller eine mit Datum 17. Mai 2013 versehene Korrektur der "Bescheinigung für Krankengeldzahlung" vom 12. Februar 2013 vor. Die Antragsgegnerin trägt vor, dass eine Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 11. Feb¬ruar bis 21. Mai 2013 nicht ausreiche, um einen Anordnungsanspruch in einen Anordnungsgrund zu begründen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist unbegründet, soweit die Beschwerde sich gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung richtet. Sie ist begründet, soweit das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren abgelehnt hat.
Die notwendigen Voraussetzungen einer einstweiligen Anordnung werden in dem angefochtenen Beschluss zutreffend unter Hinweis auf die dafür maßgebende Vorschrift des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgeführt. Neben dem Anordnungsanspruch, also dem materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, bedarf es danach eines Anordnungsgrundes, d. h. eines Sachverhalts, aus dem sich die Eilbedürftigkeit der Anordnung ergibt. Diesen vermag der Senat für das Beschwerdeverfahren nicht zu erkennen.
§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG weist ausdrücklich darauf hin, dass einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Verhältnis nur zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist bei einem Rechtsstreit, in dem es um einen in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Zeitraum geht, in der Regel nicht der Fall. Darauf weist auch das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung für die Zeit vor dem 5. März 2013 zutreffend hin. Maßgebend ist dabei für die Bestimmung des Zeitraums regelmäßig der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; im Beschwerdeverfahren ist dies grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20. Juli 2007 – L 10 B 116/07 AS ER –; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2008 – L 25 B 838/07 AS ER –). Soweit dagegen die Auffassung vertreten wird, bei abgelaufenen Zeiträumen sei maßgebend der Zeitpunkt der Antragstellung, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Diese Auffassung widerspricht dem Sinn und Zweck und dem Hintergrund der Voraussetzungen des Anordnungsgrundes, aktuelle wesentliche Nachteile abzuwehren und nicht materielle Ansprüche vor dem Hauptsacheverfahren zu befriedigen. So können durch die Versagung des Krankengeldes für die Vergangenheit grundsätzlich keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen, die sich durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen; denn der Antragsteller hat für diese Zeit seinen Lebensunterhalt bereits aus eigenen oder fremden Mitteln gedeckt, so dass er hierfür auf das begehrte Krankengeld nicht mehr angewiesen ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Januar 2008 – L 9 B 600/07 KR ER –). Besondere Gründe, warum gleichwohl Krankengeld für einen zurückliegenden Zeitraum zu gewähren ist, hat der Antragsteller nicht vorgetragen, obwohl der Senat mit gerichtlicher Verfügung vom 4. Juni 2013 ausdrücklich auf die Problematik und insbesondere das Vorliegen einer gegenwärtigen Notlage hingewiesen hat. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes unbegründet.
Anders verhält es sich hingegen hinsichtlich der Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das einstweilige Rechtsschutzverfahren. Nach § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn das Gericht aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage den Rechtsstandpunkt des Antragstellers für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Dabei dürfen die Anforderungen an die tatsächlichen und rechtlichen Erfolgsaussichten zwar nicht überspannt werden. Es ist zu berücksichtigen, dass Prozesskostenhilfe den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bietet, sondern lediglich zugänglich machen will. Dem genügt § 114 Satz 1 ZPO dadurch, dass er die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht erst bei sicherer, sondern bereits bei hinreichender Erfolgsaussicht vorsieht. Deren Feststellung soll mithin nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses anstelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das bedeutet allerdings zugleich, dass Prozesskostenhilfe verweigert werden darf, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/88, NJW 1981, 413 f.; BSG, Urteil vom 17. Februar 1998 – B 13 RJ 83/97 R – = SozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Gemessen an diesen Grundsätzen bestand für den Antrag des Antragstellers zum Zeitpunkt der sozialgerichtlichen Entscheidung hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Zwar hat das Sozialgericht im Rahmen der Prüfung des Anordnungsanspruchs zutreffend auf die Notwendigkeit einer nahtlosen ärztlichen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit hingewiesen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats und folgt der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des BSG. Allerdings vermag der Senat dem Sozialgericht insoweit nicht zu folgen, als die letzte ärztliche Bescheinigung zur Feststellung von Arbeitsunfähigkeit vom 12. Februar 2013 durch die Gemeinschaftspraxis Dres. K1 / R für die Begründung eines zukünftigen Krankengeldanspruchs zwingend nicht ausreichend ist. So hat das BSG in seiner Entscheidung vom 10. Mai 2012 (B 1 KR 20/11 R) eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als ausreichend angesehen, in der der bescheinigende Arzt einen Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsunfähigkeit nicht mitgeteilt hat. Gleiches gilt für den Zeitpunkt des nächsten Praxisbesuchs. Dazu hat das BSG in seinem zweiten Leitsatz ausgeführt, dass eine einzige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld für mehrere Zeitabschnitte begründen kann und weitere Meldungen der Arbeitsunfähigkeit sich dadurch erübrigen können.
Hinsichtlich des tatsächlichen Bestehens von Arbeitsunfähigkeit als weitere Voraussetzung des Krankengeldes liegen neben den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der den Kläger behandelnden Ärzte die Stellungnahme seitens des MDK Nord (dort Dr. K ) und das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten der Agentur für Arbeit (Dr. T2 ) vom 18. März 2013 vor. Dr. T2 kommt dabei nach "umfänglicher Untersuchung" zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller in seiner Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt und ihm deshalb die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer nicht mehr zumutbar sei. Dr. K vom MDK Nord kommt hingegen zu dem Ergebnis (wohl ohne Untersuchung), dass Arbeitsunfähigkeit aus medizinischer Sicht nicht mehr bestehe. Dabei geht sie allerdings in ihren beiden Stellungnahmen von einer Belastbarkeit für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus. Diese Einschätzung berücksichtigt jedoch nicht, dass der Antragsteller bereits während seiner letzten Beschäftigung als Lkw-Fahrer arbeitsunfähig geworden ist. Endet nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit das Beschäftigungsverhältnis, ändert sich der Maßstab für die Bestimmung der Arbeitsunfähigkeit insofern, als für deren Beurteilung zwar nicht mehr die konkreten Verhältnisse am letzten Arbeitsplatz maßgebend sind. Es ist allerdings abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen (vgl. etwa Meyerhoff in juris PK § 44 SGB V Rz. 58). Das berücksichtigt nunmehr auch die Antragsgegnerin, indem sie in ihrem Widerspruchsbescheid vom 30. April 2013 auf die eingeschränkte Verweisbarkeit des Antragstellers als Kraftfahrer eingeht. Für die Verweisungstätigkeit als Kurierfahrer für Apotheken findet sich jedoch keine Grundlage in den Feststellungen des MDK, da dieser, wie oben beschrieben, als Bezugstätigkeit den allgemeinen Arbeitsmarkt angesehen hat.
Vor diesem Hintergrund kommt der beschließende Senat zu dem Ergebnis, dass während des sozialgerichtlichen Verfahrens hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 ff. ZPO bestand. Da auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegen (nach den Angaben bezieht seine Ehefrau monatliche Nettoeinnahmen von 1.357,00 EUR bei Wohnkosten von 700,00 EUR monatlich), war dem Antragsteller auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts insoweit Prozesskostenhilfe für die erste Instanz zu gewähren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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