L 5 R 236/15 B ER

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 28 R 15/15 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 236/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Mangels ausreichender Sachaufklärung durch die Verwaltung kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Sozialversicherungsträger unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 131 Abs. 5 SGG zur Neubescheidung verpflichtet werden.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 9. November 2015 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung einer stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

Der Antragsteller ist 1965 geboren und bei der Antragsgegnerin krankenversichert. Er steht in einem Beschäftigungsverhältnis zur Deutschen Bahn, wo er diverse Tätigkeiten in Nachtschicht verrichtet. Wegen Posttraumatischer Belastungsstörung (häusliche Gewalt in Kindheit und Jugend) nahm er an mehreren stationären Rehabilitationsmaßnahmen teil, und zwar zunächst vom 2. Januar bis 6. Februar 2009 in der K -Klinik, danach vom 12. Juni bis 24. Juli 2012, vom 23. April bis 13. Mai 2013 und vom 3. Juli bis 26. Juli 2013 in der H Klinik D. Von dort wurde er zuletzt als arbeitsfähig entlassen mit folgenden Nachsorgeempfehlungen: "Zur Festigung der bisher erzielten Erfolge ist die Fortsetzung der begonnenen Maßnahmen, wie z. B. eine weiterführende ambulante Psychotherapie sowie eine erneute stationäre Traumatherapie ca. Ende 2014 erforderlich".

Im Mai 2014 beantragte der Antragsteller eine erneute stationäre Rehabilitation mit dem Behandlungsstättenwunsch H Klinik D. Seine behandelnde Psychotherapeutin M empfahl gleichermaßen eine Rehabilitation in Form eines erneuten Intervalls in der H Klinik D als dringend erforderlich zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit. In einem handschriftlichen Vermerk wurde die Anfrage der Antragsgegnerin an ihren Sozialmedizinischen Dienst zur Prüfung des Rehabilitationsbedarfs dahingehend beantwortet, dass ambulante Psychotherapie und stationäre Traumatherapie in einem Fachkrankenhaus nicht erfolgt und eine erneute Rehabilitation nicht erfolgversprechend sei. Daraufhin lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 8. Juni 2015 die Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme mit der Begründung ab, dass seit Ende der letzten Leistung noch keine vier Jahre vergangen seien. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2015 zurück. Die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers sei zwar erheblich gefährdet. Vordringlich sei jedoch zunächst eine ambulante Psychotherapie und eine stationäre psychotherapeutische Traumatherapie zu Lasten der Krankenversicherung. Eine vorzeitige Rehabilitationsmaßnahme sei zurzeit nicht erfolgsversprechend.

Hiergegen hat der Antragsteller am 11. September 2015 Klage beim Sozialgericht Itzehoe erhoben (S 3 R 297/15) und am 22. September 2015 die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, ihm vorläufig die stationäre Rehabilitation in Form einer Intervalltherapie in der Rehabilitationseinrichtung H Klinik D zu bewilligen. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, dass bereits drei Intervalltherapien erfolgreich in der auf Traumatologie spezialisierten Einrichtung durchgeführt worden seien. Die zwingende medizinische Notwendigkeit sei durch seine ihn behandelnde Ärztin und durch die Einrichtung dargelegt worden. Ein Abwarten der Vier-Jahres-Frist sei nicht gerechtfertigt, da er zur Bewältigung seines Alltags und zur Abwendung der Gefährdung seiner Erwerbsfähigkeit auf die weitere Durchführung der stationären Intervalltherapie zwingend angewiesen sei. Ohne Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entstünden wesentliche Nachteile für ihn. Er sei bereits über mehrere Wochen arbeitsunfähig erkrankt, weshalb der Verlust des Arbeitsplatzes drohe. Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, dass dem Antragsteller vorrangig die Inanspruchnahme ambulanter Behandlungsmöglichkeiten sowie eine stationäre Traumatherapie in einem Fachkrankenhaus zugemutet werden könne.

Das Sozialgericht hat einen Befundbericht der Psychiaterin, Psychotherapeutin und Allgemeinärztin M eingeholt und mit Beschluss vom 9. November 2015 den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, selbst wenn man zu Gunsten des Antragstellers die Voraussetzungen des § 10 SGB VI als erfüllt ansehe, bestehe doch kein Anspruch auf die begehrte Fortsetzung der Intervalltherapie in der H Klinik D. Hierbei handele es sich um eine Ermessensentscheidung. Eine Ermessensreduktion auf Null sei nicht erkennbar, und zwar deswegen schon nicht, weil eine Zuständigkeit der Krankenkasse dem entgegenstehe. Aus dem vorgelegten Befundbericht der Ärztin M , bei der sich der Antragsteller durchgehend in ambulanter psychiatrischer Behandlung befinde, ergebe sich nämlich ein akuter Behandlungsbedarf mit der Notwendigkeit einer stationären Klinikbehandlung.

Gegen den ihm am 9. November 2015 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, eingegangen beim Sozialgericht Itzehoe am 9. Dezem¬ber 2015. Darin verfolgt er zunächst die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Bewilligung einer Rehabilitation in der H Klinik D unter Wiederholung und Vertiefung seiner bisherigen Begründung weiter. Ergänzend trägt er vor, das Sozialgericht habe den Sachverhalt falsch ermittelt, da sich aus dem Befundbericht der Ärztin M eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit nicht ergebe. Vielmehr habe Frau M die Fortsetzung der stationären Intervallbehandlung aus psychiatrischer Sicht für zwingend geboten angesehen, wie sich aus ihrem Bericht vom 10. September 2015 ergebe. Soweit Frau M von einer stationären Behandlung bzw. Klinikbehandlung spreche, sei aufgrund des Sachzusammenhangs von einer stationären Rehabilitationsmaßnahme auszugehen. Er, der Antragsteller, habe sämtliche zur Verfügung stehenden ambulanten Therapiemaßnahmen zur Festigung der bislang erzielten Therapieerfolge in Anspruch genommen. Daher sei ein Abwarten der Vier-Jahres-Frist nicht gerechtfertigt. Mit weiterem Schriftsatz beantragt der Antragsteller, abgeändert, die Verpflichtung zur Bewilligung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik Hochsauerland, weil in der H Klinik D ab 2016 keine Traumatherapie mehr angeboten werde. Hilfsweise beantragt er die Neubescheidung durch die Antragsgegnerin und trägt ergänzend vor, dass auch die nunmehr benannte Einrichtung medizinisch zur Durchführung der notwendigen Intervalltherapie geeignet sei. Die Antragsgegnerin meint, die innerhalb von drei Jahren durchgeführten drei Intervalltherapien zeigten, dass die einzelnen Maßnahmen nicht erfolgreich gewesen seien, da sie die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht nachhaltig erhalten hätten. Andere Leistungen seien indiziert, wie z. B. eine weiterführende ambulante Psychotherapie oder aber die Einweisung in eine Fachklinik.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; insoweit bestehen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG.

Nach § 86b Abs. 2 SGG können einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Verhältnis erfolgen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit glaubhaft zu machen, vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient vorläufigen Regelungen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache durch die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz ist grundsätzlich ausgeschlossen. Nur wenn dies zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, weil dem Rechtsschutzsuchenden ein bestimmter Anspruch zusteht, ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie hier von dem Antragsteller begehrt wird, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig (Beschluss des Senats vom 11. Februar 2015 – L 5 KR 10/15 B ER). Allerdings kann das Gericht mit dem Inhalt der Anordnung, der grundsätzlich in seinem freien Ermessen steht (§ 938 Abs. 1 ZPO), dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache begegnen (vgl. Plagemann, Anwaltshandbuch Sozialrecht, § 46 Rz. 74). Vor diesem Hintergrund, grundsätzliches Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache auf der einen Seite und nicht auszuschließende erhebliche Nachteile für den Antragsteller bei Verweisung auf das Hauptsacheverfahren auf der anderen Seite, hält der Senat die ausgesprochene Neubescheidung für erforderlich, aber auch ausreichend, später nicht auszugleichende Nachteile des Antragstellers zu vermeiden. Zu seiner Entscheidung kommt der Senat aufgrund folgender Erwägungen:

Zutreffend benennt das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss die für die Gewährung stationärer Rehabilitationsmaßnahmen maßgebenden Vorschriften des SGB VI. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Entscheidung, ob die Voraussetzungen einer medizinischen Rehabilitation vorliegen und der Entscheidung, wie die Therapie zu erfolgen hat dergestalt, dass allein letztere eine Ermessensentscheidung des Rehabilitationsträgers beinhaltet. Von daher kommt der Ausspruch einer Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers zu einer bestimmten Rehabilitationsmaßnahme nur dann in Betracht, wenn das angesprochene Ermessen soweit reduziert ist, dass allein eine bestimmte, nämlich die beantragte, Leistung nur noch in Frage kommt.

Sowohl die Antragsgegnerin als auch das Sozialgericht gehen weiter zutreffend davon aus, dass vorrangig vor der hier begehrten stationären Rehabilitationsmaßnahme ambulante Therapien durchzuführen sind. Darüber hinaus setzt die von dem Antragsteller begehrte stationäre Rehabilitationsmaßnahme, wie grundsätzlich jede Leistung, ihre Erforderlichkeit voraus. Eine solche wäre z. B. dann nicht gegeben, wenn, wovon die Antragsgegnerin und das Sozialgericht ausgehen, vorrangig Behandlungsmaßnahmen nach dem SGB V durchzuführen wären. Davon kann jedoch entgegen der Auffassung von Antragsgegnerin und Sozialgericht derzeit mangels ausreichend ermittelten medizinischen Sachverhalts nicht ausgegangen werden.

Insbesondere die Antragsgegnerin und der von ihr eingesetzte Sozialmedizinische Dienst gehen bei ihrer Entscheidung erkennbar von falschen Tatsachen aus. So stützt der Sozialmedizinische Dienst die von dort am 4. Juni 2015 handschriftlich abgegebene Stellungnahme auf den Inhalt des letzten Rehabilitationsberichtes aus dem Jahre 2013 mit der Begründung, dass die dort empfohlene ambulante Psychotherapie und stationäre Traumatherapie in einem Fachkrankenhaus nicht erfolgt seien. Unabhängig davon, dass dieser Stellungnahme weder zu entnehmen ist, von wem und mit welcher Qualifikation dieser Person die Stellungnahme abgegeben wurde, trifft diese Aussage offenkundig nicht zu. Woraus abgeleitet wird, dass eine ambulante Psychotherapie nicht durchgeführt wird, ist nicht erkennbar und wird auch nicht begründet. So hat die Psychotherapeutin M in ihrer Bescheinigung vom 26. Mai 2015 auf die bisherigen Therapien ambulante VT, Medikation und psychiatrische Entlastungsgespräche hingewiesen. Auch das Sozialgericht geht aufgrund des eingeholten Befundberichts von einer durchgehenden ambulanten psychiatrischen Behandlung aus. Dass eine stationäre Traumatherapie in einem Fachkrankenhaus in Form einer Krankenhausbehandlung durchzuführen ist, ist dem Entlassungsbericht der H Klinik D aus dem Jahre 2013 nicht zu entnehmen. Dort heißt es nämlich bei der Nachsorgeempfehlung, dass eine erneute stationäre Traumatherapie ca. Ende 2014 erforderlich sei. Diese bezieht sich jedoch offensichtlich auf ein weiteres Intervall etwa in der D -Klinik, wie sich aus der Formulierung " erneute stationäre Traumatherapie " folgern lässt, wobei diese Formulierung auch auf Seite 3 in dem Entlassungsbericht verwendet wird, und Inhalt der Nachsorgeempfehlung in dem Bericht über die Behandlung vom 12. Juni bis 24. Juli 2012 ist, dort allerdings empfohlen bereits in sechs Monaten. Ist mithin die von der Antragsgegnerin eingeforderte Einschätzung des Rehabilitationsbedarfs beim Antragsteller von falschen medizinischen Voraussetzungen ausgegangen, fehlt es den Ablehnungsbescheiden ebenfalls an den notwendigen medizinischen Ermittlungsgrundlagen. Hinzu kommen weitere von der Antragsgegnerin in ihrer Ablehnung unberücksichtigte bzw. unzutreffend bewertete Umstände, die im Rahmen der Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs von Bedeutung sind. So weist die Antragsgegnerin zwar zutreffend in den angefochtenen Bescheiden darauf hin, dass nach § 12 Abs. 2 SGB VI Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation zu erbringen sind. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift allerdings nicht, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind. Auch bei der Beurteilung der vorzeitigen Leistung sind daher medizinische Gründe von erheblicher Bedeutung.

Vorliegend fehlt es mithin an der für die Entscheidung der Antragsgegnerin notwendigen medizinischen Sachaufklärung. Für diesen Fall sieht § 131 Abs. 5 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung vor, dass das Gericht binnen sechs Monaten seit Eingang der, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben kann, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Diesem Rechtsgedanken (vgl. dazu auch SG Dresden, Beschluss vom 18. Au¬gust 2005 – S 21 AS 700/05 ER) folgend trifft der Senat hier im einstweiligen Rechts-schutzverfahren eine entsprechende Regelung dergestalt, dass die Antragsgegnerin nunmehr die für ihre Entscheidung notwendigen Ermittlungen durchführt, um eine dann tragfähige Entscheidung treffen zu können. Dabei wird die Antragsgegnerin folgende Gesichtspunkte zu beachten haben:

Den Nachsorgeempfehlungen ist der Antragsteller bisher hinsichtlich der ambulanten Psychotherapie offensichtlich nachgekommen. Hinsichtlich der stationären Traumatherapie wird die Antragsgegnerin zu beachten haben, dass diese, wie ausgeführt, bezogen auf ein weiteres traumatherapeutisches Intervall auch im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme gerichtet ist bzw. gerichtet sein kann. Weiter wird die Antragsgegnerin zu beachten haben, dass "Intervallbehandlung" schon begrifflich mehrere Behandlungsschritte umfasst und vor diesem Hintergrund ein (ggf. auch zeitlicher) Zusammenhang zu den vorherigen Rehabilitationsmaßnahmen zu beachten ist. So hat die Antragsgegnerin offensichtlich die drei stationären Behandlungen in der H Klinik D zunächst ebenfalls als Teil einer gesamtheitlichen Betrachtung angesehen und die zwei Aufenthalte in 2013 nicht mit der jetzt vorgenommenen Begründung abgelehnt, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werden nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung ähnlicher Leistungen erbracht. Vor diesem Hintergrund einer einheitlichen Betrachtung der aus mehreren Intervallen bestehenden Therapie geht auch der Vortrag der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren, die einzelnen Maßnahmen seien nicht erfolgreich gewesen, ins Leere.

Bei ihren Ermittlungen wird die Antragsgegnerin auch ärztlichen Sachverstand heranziehen müssen, und zwar erkennbar durch ärztliches Fachpersonal unter Einbeziehung sämtlicher medizinischer Unterlagen und gegebenenfalls einer Untersuchung des Antragstellers. Der bereits erwähnten Stellungnahme vom 4. Juni 2015 ist dies nicht zu entnehmen. Nach Durchführung dieser Ermittlungen wird die Antragsgegnerin dann eine auf einem umfassend ermittelten Sachverhalt gründende Entscheidung treffen können.

Mangels ausreichender medizinischer Sachaufklärung ist es dem Senat auch nicht möglich, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Antragsteller überhaupt einen Anspruch auf stationäre Rehabilitationsleistungen hat. So können die durchzuführenden Ermittlungen zu dem Ergebnis führen, dass vorrangig eine Krankenbehandlung, ambulant oder stationär, vor einer weiteren Rehabilitationsmaßnahme erforderlich ist. Zwar hat die Psychotherapeutin M in ihrem Bericht vom 4. November 2015 eine durchgehende ambulant psychiatrische Behandlung bestätigt. Mit einer Frequenz von zwei bis vier oder fünf Behandlungen im Quartal wurde diese jedoch nicht in einer gegebenenfalls erforderlichen engmaschigen Frequenz durchgeführt. Auch wird aufzuklären sein, ob die von ihr empfohlene Klinikbehandlung auf eine Krankenhausbehandlung gerichtet war oder auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme.

Der darüber hinaus beantragten Verpflichtung zur Durchführung der begehrten Maßnahme an einer bestimmten Klinik steht darüber hinaus entgegen, dass diese Entscheidung der Durchführung, worauf bereits hingewiesen wurde, im Ermessen der Antragsgegnerin steht, mithin diese aus den in Frage kommenden Leistungserbringern nach sachgerechten Gründen eine Auswahl treffen kann. Dabei kann sie entgegen der Auffassung des Antragstellers dem Umstand, ob ein Vertrag mit der Einrichtung besteht, durchaus in ihre Ermessenserwägungen einbeziehen. Die Bewilligung einer stationären Rehabilitationsleistung in einer Klinik, mit der kein Vertrag besteht, kommt nämlich nur dann als einzig rechtmäßige Entscheidung des Rentenversicherungsträgers in Betracht, wenn keine vom Rentenversicherungsträger selbst betriebene Einrichtung oder keine Vertragsklinik die erforderlichen Maßnahmen erbringen könnte (vgl. Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 23. Juni 2014 – L 11 R 2199/14 ER B).

Vor diesem Hintergrund notwendiger noch durchzuführender Ermittlungen, für die das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht geeignet ist, und damit einhergehender fehlender Spruchreife, verpflichtet der Senat die Antragsgegnerin zur Neubescheidung des Antragstellers unter Beachtung der Ausführungen in dem Beschluss. Von einem Hinweis der Beteiligten vor seiner Entscheidung sieht der Senat im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit und dem Umstand ab, dass die Neubescheidung vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren hilfsweise beantragt wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass dem Hauptantrag des Antragstellers auf der einen Seite nicht in vollem Umfang stattgegeben wurde, auf der anderen Seite aber die Antragsgegnerin durch ihre unvollständige Sachverhaltsaufklärung Anlass für das Anordnungsverfahren gegeben hat.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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