L 5 BA 104/18 B ER

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 26 BA 10/18 ER
Datum
-
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 BA 104/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. EinTreuhandvertrag kann auch vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des BSG (12. Senat) für die statusrechtliche Einordnung eines Geschäftsführers mit einem Gesellschaftsanteil von weniger als 50 v.H. Bedeutung zukommen.
2. Zum Beurkundungserfordernis einer vor der Beurkundung des Gesellschaftsvertrages getroffenen Treuhandabrede.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozial- gerichts Itzehoe vom 26. April 2018 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 21.062,68 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH ein Sanitär- und Heizungsunternehmen. Alleiniger Geschäftsführer der Antragstellerin ist J E. Nach Abschluss seiner Meisterprüfung 1987 betrieb er sein Unternehmen zunächst als Einzelkaufmann. Mit seiner Ehefrau schloss er schriftlich einen undatierten unterschriebenen Treuhandvertrag mit nachfolgenden Vereinbarungen:

"Der Treugeber wird heute vor dem Notar A M in P die Sanitär E GmbH (im Folgenden "Gesellschaft‘) mit einem Stammkapital in Höhe von DM 50.000,00 gründen und die Stammeinlage in Höhe von DM 50.000,00 übernehmen.

Der Treugeber wird ggf. künftig einen Teil der Stammeinlage an der Gesellschaft auf die Treuhänderin übertragen. Bereits jetzt sind sich die Vertragsschließenden darüber einig, dass die Treuhänderin in diesem Fall den ggf. übertragenen Geschäftsanteil als Treuhänderin für den Treugeber halten soll.

Dies vorausgeschickt wird Folgendes vereinbart:

1. Der Treugeber wird heute vor dem Notar A M in P die Gesellschaft mit einem Stammkapital in Höhe von DM 50.000,00 gründen und die Stammeinlage in Höhe von DM 50.000,00 übernehmen.

2. Die Treuhänderin einerseits sowie der Treugeber andererseits vereinbaren hiermit bereits jetzt, dass die Treuhänderin einen künftig vom Treugeber auf sie übertragenen Geschäftsanteil nur als Treuhänderin für den Treugeber halten soll.

3. Die Treuhänderin verpflichtet sich, im Hinblick auf die von ihr künftig treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile allen Weisungen des Treugebers Folge zu leisten. Die Treuhänderin verpflichtet sich insbesondere auch hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts den Weisungen des Treugebers Folge zu leisten. Erhält die Treuhänderin keine Weisung des Treugebers, so ist sie berechtigt, das Stimmrecht nach pflichtgemäßem Ermessen im Interesse des Treugebers auszuüben.

4. Die Treuhänderin verpflichtet sich, alles was ihr aus dem künftigen Treuhandverhältnis an Gewinn, Dividenden, neuen Geschäftsanteilen aus Anlass einer eventuellen Kapitalerhöhung usw. zufällt, an den Treugeber abzutreten.

5. Die Treuhänderin ist auf Verlangen des jeweiligen Treugebers jederzeit verpflichtet, den von ihr künftig treuhänderisch gehaltenen Anteil entsprechend auf den Treugeber zu übertragen. Der Treugeber kann jederzeit auch einen anderen Treuhänder bestimmen, auf den der treuhänderisch gehaltene Anteil zu übertragen ist.

6. Die Treuhänderin bevollmächtigt hiermit den Treugeber unwiderruflich, alle erforderlichen und zweckmäßigen Erklärungen zur Übertragung des künftig treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteils auf den Treugeber abzugeben und Rechtshandlungen vorzunehmen, und zwar unter Befreiung von den Vorschriften des § 181 BGB. Der Treugeber ist insbesondere bevollmächtigt, den künftig treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil auf sich zu übertragen. Die Vollmacht erlischt nicht durch den Tod der Treuhänderin.

7. Der Treugeber ist berechtigt, den treuhänderisch gehaltenen Anteil ganz oder teilweise auf einen anderen Treugeber zu übertragen.

8. Der Treugeber ist verpflichtet, die Treuhänderin von allen Verbindlichkeiten und Kosten freizuhalten, die der Treuhänderin im Zusammenhang mit der Beteiligung des Treugebers an der Gesellschaft und deren Verwaltung entstehen.

9. Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform."

Die in dem Treuhandvertrag angesprochene Gesellschaft, die Antragstellerin, gründete der Geschäftsführer der Antragstellerin am 10. Februar 1990. Nach der Erbschaft des Betriebsgrundstückes, welches ihm bereits zur Nutzung des Betriebes überlassen worden war, teilte der Geschäftsführer der Antragstellerin die Stammeinlage von 50.000,00 DM in zwei Stammeinlagen in Höhe von 24.000,00 DM und 26.000,00 DM auf und trat letztere ohne Vereinbarung einer Gegenleistung an seine Ehefrau ab. Mit Gesellschafterbeschluss vom 27. April 1995 wurde der Name der Gesellschaft in den jetzigen Namen der Antragstellerin geändert. Nach Verschmelzung mit einer Schwestergesellschaft im August 1995 erhöhte sich das Kapital auf 100.000,00 DM mit nun einer Beteiligung der Ehefrau des Geschäftsführers der Antragstellerin in Höhe von 56 v.H. und des Geschäftsführers in Höhe von 44 v.H. an der Antragstellerin (§ 2 des Verschmelzungsvertrages). Mit notariellem Geschäftsanteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 24. Mai 2017 übertrug die Ehefrau des Geschäftsführers diesem die von ihr gehaltenen Geschäftsanteile mit Wirkung zum 2. Juni 2017 ohne Gegenleistung zurück.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV erläuterte der Geschäftsführer das Vorgehen damit, dass die Betriebsaufspaltung zur Vermeidung steuerlicher Nachteile vorgenommen worden sei. Er habe allein ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung Entscheidungen getroffen und sei niemals Weisungen unterworfen gewesen. Gewinnausschüttungen seien auch ausschließlich an ihn erfolgt.

Nach Anhörung forderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28. Dezember 2017 von der Antragstellerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 63.188,04 EUR für den Zeitraum von 2013 bis 2016. Grund sei die Feststellung, dass der Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig gewesen sei, weil er nur 44 v.H. am Stammkapital der Antragstellerin gehalten habe. Zudem enthalte der für den Geschäftsführer geschlossene Anstellungsvertrag die für Arbeitsverträge typischen Regelungen wie Urlaubsansprüche, Kündigungsmodalitäten, erfolgsunabhängige feste Vergütung sowie Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall für sechs Monate. Der Treuhandvertrag ändere daran nichts, da lediglich von schuldrechtlicher Natur und zudem nicht notariell beurkundet. Auch sei ihm ein Datum nicht zu entnehmen. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Letzteres lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14. Februar 2018 ab.

Die Antragstellerin hat am 21. März 2018 die einstweilige Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs beim Sozialgericht Itzehoe beantragt und im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag wiederholt. Die Antragsgegnerin hat mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2018 den Widerspruch zurückgewiesen. Relevant sei allein die prozentuale Höhe der Gesellschaftsanteile, die dem Geschäftsführer im eigenen Namen zustünden. Eine eventuelle faktische Machtposition im Unternehmen falle nach der Rechtsprechung des 12. Senats des BSG weniger ins Gewicht. Daraufhin hat die Antragstellerin am 16. April 2018 beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben und nunmehr die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragt. Aus den von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers und seiner Ehefrau ergebe sich, dass der Treuhandvertrag vor der Gründung der GmbH geschlossen worden sei. Dies mache der Inhalt des Treuhandvertrages deutlich. Mit diesem Treuhandvertrag habe er tatsächlich und rechtlich die Macht gehabt, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern, so dass er wie ein herrschender Alleingesellschafter habe agieren können. Die Antragsgegnerin ist weiterhin der Auffassung, dass der Treuhandvertrag keine Auswirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Status des Geschäftsführers habe, wie letztlich auch der aktuellen Rechtsprechung des BSG zu entnehmen sei.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 26. April 2018 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und zur Begründung ausgeführt:

"Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Die Klage gegen die durch den Bescheid vom 28.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2018 erfolgte Beitragsnachforderung entfaltet keine aufschiebende Wirkung. Bescheide des Rentenversicherungsträgers, die - wie hier - auf der Grundlage von § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nach einer Prüfung beim Arbeitgeber ergehen unterfallen der Regelung des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG, da hiermit eine Entscheidung über Beitragspflichten erfolgt. Denn es werden Beiträge zur Sozialversicherung nachgefordert.

Über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung des privaten Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in den Fällen des § 86a Abs. 2 und 4 SGG regelmäßig ein Vorrang des Vollzugsinteresses besteht. Die Aussetzung der Vollziehung soll in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG in der Regel unter den Voraussetzungen des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG erfolgen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2012, § 86b Rdnr. 12). Gemäß § 86a Abs. 3 S. 2 SGG soll die Aussetzung in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige nicht durch überwiegend öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen nach ganz überwiegender Auffassung dann, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als der Misserfolg. Hinsichtlich des dabei notwendigen Überzeugungsgrades bezüglich der zu klärenden Rechtsfragen ist dabei zu beachten, dass es nach Sinn und Zweck des Eilverfahrens grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte sein kann, schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine umfassende rechtliche Prüfung der Hauptsache vorzunehmen; denn damit würden die Effektivität dieses Verfahrens und damit das gerichtliche Rechtsschutzinteresse insgesamt geschwächt (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 02.05.2017 - L 5 KR 40/17 B ER Beschluss vom 20. April 2012 – L 5 KR 20/12 B ER - juris; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl., Rz. 220). Dies gilt insbesondere bei einer unzureichenden Tatsachengrundlage oder bei schwierigen Rechtsfragen, bei denen eine abschließende rechtliche Prüfung in einem Eilverfahren gar nicht möglich ist. Vor diesem Hintergrund und der im Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug und dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin kann eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG auch dann erfolgen, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes von einer Mehrzahl von Voraussetzungen abhängt, deren Prüfung die Klärung schwieriger Rechtsfragen beinhaltet (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 02.05.2017 - L 5 KR 40/17 B ER; Beschluss vom 20. April 2012 – L 5 KR 20/12 B ER a.a.O.) Von einem solchen Fall ist vorliegend auszugehen, so dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage zur Überzeugung der Kammer anzuordnen ist.

Gemäß § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV.

Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (ständige Rspr. BSG; vgl. z.B. Urteil vom 11. November 2015 – B 12 R 2/14 R –juris m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht (vgl. BSG, Urteil vom 04.07.2007 - B 11a AL 5/06 R - nach juris). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung beziehungsweise der selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, das heißt den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R – nach juris). Zu den im Einzelfall rechtlich relevanten Umständen, die eine wertende Zuordnung erlauben, gehört auch das Vorliegen eines Treuhandvertrages (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 02.05.2017 - L 5 KR 40/17 B ER a.a.O.)

Bei einem am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer verkörpert der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenen Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal (vgl. BSG, Urteil vom 04.07.2007 - B 11a AL 5/06 R- nach juris). Der Gesellschafter/Geschäftsführer einer GmbH ist bei dieser abhängig beschäftigt, sofern er auf die Gesellschaft keinen beherrschenden Einfluss hat (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.1989 - 11 RAr 39/89 – nach juris). Wer kraft seiner Gesellschafterrechte die für das Arbeitnehmerverhältnis typische Abhängigkeit von einem Arbeitgeber zu vermeiden vermag, kann nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft sein (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.1997 - 10 RAr 6/95 – nach juris). Für GmbH-Gesellschafter, die über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verfügen und damit einen maßgebenden Einfluss auf deren Entscheidungen besitzen, hat die Rechtsprechung grundsätzlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH verneint (vgl. BSG, Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R; Urteil vom 30.01.1997 - 10 RAr 6/95 nach juris). Maßgeblich ist primär die aus der Kapitalbeteiligung an der GmbH folgende Rechtsmacht, Weisungen, wie die Geschäfte zu führen sind, zu verhindern. Bei einem Geschäftsführer, der über keine Gesellschafteranteile an der Gesellschaft verfügt, wird regelmäßig von einem Beschäftigungsverhältnis ausgegangen, da es an der möglichen Einflussnahme auf Entscheidungen der Gesellschaft fehlt.

Vorliegend war der Geschäftsführer im streitigen Zeitraum lediglich mit 44 % an der Antragstellerin beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag sieht hier unter § 6 Ziffer 1 und 2 vor, dass Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit aller Stimmen ergehen, soweit nicht der Vertrag oder Gesetz eine andere Mehrheit vorschreiben. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages ist nur mit einer Mehrheit von 75% aller Stimmen möglich. Da die Ehefrau des Klägers mit 56 % die Mehrheit der Stimmen besaß, war ihr damit grundsätzlich nach dem Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit der Einflussnahme auf Gesellschafterbeschlüsse gegeben.

Maßgeblich kann jedoch – selbst im Fall einer gänzlichen Kapitalbeteiligung eines anderen - das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses sein. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht hat hierzu in seinem Beschluss vom 02.05.2017 - L 5 KR 40/17 B ER a.a.O. zu einem solchen Sachverhalt ausgeführt:

"Allerdings weist der hier zu beurteilende Sachverhalt die Besonderheit auf, dass die 100%ige Kapitalbeteiligung der Gesellschafterin nicht mit einem entsprechenden Einfluss auf die Entscheidung der Gesellschaft einherging bzw. der Geschäftsführer W ... aufgrund des mit der alleinigen Gesellschafterin abgeschlossenen Treuhandvertrags einen erheblichen Einfluss auf die Entscheidung der Gesellschaft innehatte. Als Treuhänderin für den hinter ihr stehenden Treugeber W ... hatte die Gesellschafterin diese Stellung lediglich formalrechtlich inne und vermochte infolge der geregelten Weisungsbefugnisse im Treuhandvertrag ihre gesellschaftsrechtliche Position als Alleingesellschafterin nicht umzusetzen. So hatte sie sich in § 2 des Treuhandvertrags dazu verpflichtet, auf Weisungen des Treugebers zu handeln, und zwar insbesondere auch für die Ausübung des Stimmrechts. Weiterhin war sie nach § 2 Nr. 3 des Treuhandvertrags dem Treugeber bei Bedarf und auf Verlangen jederzeit über alle Verhältnisse, Vorkommnisse und Maßnahmen der Gesellschaft zur Unterrichtung verpflichtet ebenso wie zur Herausgabe des in Erfüllung des Treuhandvertrages Erlangte. Dass sich der Treugeber die Rechtstellung eines "wirtschaftlichen Eigentümers" aller Gesellschaftsanteile erhalten wollte, zeigt insbesondere auch die Regelung über die Kündigung des Treuhandvertrages. Eine solche Kündigung war beiden Parteien mit einer Frist von einem Monat eingeräumt worden mit der Verpflichtung der Treuhänderin, im Falle der Kündigung des Treuhandvertrages die Anteile auf den Treugeber selbst oder auf einen von ihm benannten Dritten unentgeltlich zu übertragen. Weiterhin verpflichtete sie sich, hierzu alle erforderlichen Willenserklärungen und Mitwirkungshandlungen unverzüglich zu erbringen. Der Treugeber und nicht die Gesellschafterin war damit wirtschaftlich der maßgebende Hintermann der Gesellschaft mit einer umfassenden Einflussnahme auf diese. Bei summarischer Wertung treten hinter diese Rechtsmacht die vom Sozialgericht aufgezeigten Elemente im Geschäftsführervertrag zurück, die wie die Entlohnung und Lohnfortzahlung für ein Beschäftigungsverhältnis sprechen. Letztlich wird dies unter Einbeziehung der Inhalte sämtlicher Verträge, insbesondere des Treuhandvertrages, und der tatsächlichen Führung der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren zu klären sein."

Nicht anders ist zur Überzeugung der Kammer der vorliegende Sachverhalt zu beurteilen. In Nr. 3 des Treuhandvertrages hatte sich die Ehefrau des Klägers dazu verpflichtet, im Hinblick auf die von ihr künftig treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile allen Weisungen des Treugebers Folge zu leisten, und zwar insbesondere auch hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts. Weiterhin war sie nach Nr. 4 des Treuhandvertrages verpflichtet, jeglichen Gewinn, Dividenden und was ihr aus Geschäftsanteilen zufällt, an den Treugeber abzutreten. Dass sich auch hier der Geschäftsführer als Treugeber die Rechtstellung eines "wirtschaftlichen Eigentümers" aller Gesellschaftsanteile erhalten wollte, zeigt sich insbesondere aus der Regelung nach Nr. 6. Danach war der Geschäftsführer als Treugeber unwiderruflich bevollmächtigt, alle erforderlichen und zweckmäßigen Erklärungen zur Übertragung des künftig treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteils auf den Treugeber abzugeben und unter Befreiung des § 181 BGB Rechtshandlungen vorzunehmen, insbesondere den treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil auf sich zu übertragen. Ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist war die Ehefrau des Geschäftsführers jederzeit verpflichtet, den von ihr künftig treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteil auf den Treugeber oder auf einen von ihm benannten Dritten zu übertragen. Bei summarischer Prüfung war Geschäftsführer als Treugeber und nicht die Ehefrau wirtschaftlich der maßgebende Hintermann der Gesellschaft mit einer umfassenden Einflussnahme auf diese. Die Ehefrau hatte ihre Stellung als Mehrheitsgesellschafterin nach bisherigen Erkenntnissen und Beurteilungsmöglichkeiten lediglich formalrechtlich inne und vermochte infolge der geregelten Weisungsbefugnisse im Treuhandvertrag ihre gesellschaftsrechtliche Position nicht umzusetzen. Bei summarischer Wertung treten hinter diese Rechtsmacht auch im vorliegenden Fall Elemente im Geschäftsführervertrag die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechen, wie die regelmäßige monatliche feste Entlohnung, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Urlaub und Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, zurück.

Dass dem Abschluss eines – schuldrechtlichen - Treuhandvertrages zwischen dem Gesellschafter und einem Dritten eine erhebliche Bedeutung im Hinblick auf die Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft und damit auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. einer selbstständigen Tätigkeit zukommt, hat sowohl das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (Beschluss vom 02.05.2017 - L 5 KR 40/17 B ER a.a.O) als auch das BSG (Erstmals mit Urteil vom 08.12.1994 - 11 RAr 49/94; bestätigt in BSG, Urteil vom 30.01.1997 - 10 RAr 6/95 - nach juris) bestätigt. Die Antragsgegnerin geht offensichtlich selbst auch von einer Bedeutung eines Treuhandvertrages aus, wenn sie in ihrem Feststellungsbogen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter /Geschäftsführer einer GmbH unter Ziffer 2.8 folgende Fragestellung aufwirft: "Wird das Stimmrecht aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung (Treuhandvertrag) zu Gunsten eines Dritten ausgeübt? ( ) ja, bitte Treuhandvertrag in Kopie beifügen". Zwar bezogen sich die genannten Entscheidungen darauf, ob der Treuhänder als Gesellschafter abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist. Ob dies auch für den Treugeber gilt, wird endgültig im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Bei der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung ist für die Kammer bisher keinen Grund dafür, dass ein Treuhandvertrag bei der Entscheidung darüber, ob ein Treugeber beschäftigt oder selbstständig tätig ist, keine Auswirkungen haben soll. Denn wenn ein Treuhandvertrag dazu führen kann, dass ein Alleingesellschafter mangels Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft als beschäftigt gilt, spricht vieles dafür, spiegelbildlich den Treugeber als dann die für die Gesellschaft maßgebende Person anzusehen und von seiner Selbstständigkeit auszugehen. Dass es sich bei dem Treuhandvertrag um eine schuldrechtliche Vereinbarung handelt, sieht die Kammer bei summarischer Prüfung entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht als maßgebend an. Die Kammer folgt insoweit vollumfänglich der überzeugenden Rechtsaufassung des 5. Senats des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts im Beschluss vom 02.05.2017 (L 5 KR 40/17 B ER a.a.O. m.w.N.).

Bei summarischer Prüfung ist auch von einer Wirksamkeit des Treuhandvertrages auszugehen. Zwar bedarf nach § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird, der notariellen Form. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19. April 1999 – II ZR 365/97 = BGHZ 141, 208 = NJW 1999, 2594) besteht eine solche Beurkundungspflicht jedoch im Vorgründungsstadium der Gesellschaft nicht.

Der Wortlaut des undatierten Treuhandvertrages legt die Annahme nahe, dass dieser vor Gründung der GmbH geschlossen wurde. So heißt es dort:

"Der Treugeber wird heute vor dem Notar A M in P die Sanitär E GmbH (im folgenden "Gesellschaft") mit einem Stammkapital von DM 50.000,00 gründen"

Die Antragstellerin als GmbH war ausweislich dieses Wortlautes noch nicht gegründet. Dies erfolgte mit notarieller Beurkundung am 10.02.1990. Auch die vorliegenden eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers und seiner Ehefrau deuten darauf hin, dass der Treuhandvertrag vor der Gründung der GmbH geschlossen wurde.

Letztlich wird im Hauptsacheverfahren – ggf. unter Vernehmung der Ehefrau des Geschäftsführers - zu klären sein, wie die zeitliche Abfolge der einzelnen Verträge genau erfolgte und wie sich unter Einbeziehung der Inhalte der Verträge, insbesondere des Treuhandvertrages, die Führung der Antragstellerin darstellte.

Nach alledem war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen."

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, eingegangen beim Sozialgericht Itzehoe am 17. Mai 2018 und begründet am 22. Juni 2018. Zur Begründung weist sie ergänzend darauf hin, bereits die Existenz eines Treuhandverhältnisses sei fraglich, da die vorgelegte Vereinbarung undatiert sei. Das übertragene Treugut sei nicht konkret benannt. Für die versicherungsrechtliche Ebene komme es allein auf die dingliche Ebene an und nicht auf die schuldrechtliche, auf die allein die Treuhandschaft wirke. Zudem werde ein Treuhandverhältnis nicht in öffentlichen Registern dokumentiert, die Möglichkeit der "Offenbarung" sei letztlich abhängig von der individuellen Interessenlage der Beteiligten. Damit hinge die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung vom Willen der Beteiligten ab, was nicht vereinbar sei mit der Rechtsprechung des BSG zur Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher Beurteilungen. Im Übrigen sei die Antragstellerin auch selbst davon ausgegangen, dass die Ehefrau des Geschäftsführers, die im Prüfzeitraum als Prokuristin für die Antragstellerin tätig gewesen sei, aufgrund ihrer Stellung als Mehrheitsgesellschafterin nicht der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterfalle, da für sie Beiträge nicht gezahlt worden seien.

Die Antragstellerin verweist auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats und die Entscheidung des BSG vom 30. Januar 1997 (10 RAr 6/95), wonach ein Treuhandvertrag sehr wohl für die statusrechtliche Beurteilung von Bedeutung sei. Vor dem Hintergrund der in dem Treuhandvertrag getroffenen Vereinbarungen komme selbstverständlich auch einem rein schuldrechtlichen Treuhandvertrag die maßgebliche Bedeutung im Hinblick seine Einflussmöglichkeit auf die Gesellschaft und damit auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. einer selbstständigen Tätigkeit zu. Die Einordnung der sozialversicherungsrechtlichen Stellung der Ehefrau des Geschäftsführers spiele hier keine Rolle. Zudem sei die Behauptung der Antragsgegnerin, sie, die Ehefrau des Geschäftsführers, sei im Prüfzeitraum Prokuristin gewesen, unzutreffend. Prokura sei ihr erst am 11. Januar 2018 erteilt worden.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage antragsgemäß angeordnet, weil die dafür erforderliche Voraussetzung, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes, vorliegt. Es hat in dem angefochtenen Beschluss die für diese Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften zutreffend benannt, inhaltlich wiedergegeben und rechtsfehlerfrei auf den streitigen Fall angewendet. Bei der Auslegung, wann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit vorliegen bzw. welcher Überzeugungsgrad hierfür erforderlich ist, hat es insbesondere die Rechtsprechung des beschließenden Senats zu solchen Entscheidungen bei der Beantwortung schwieriger Rechtsfragen wiedergegeben und zutreffend verwertet. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Beschluss (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG) und ergänzt diesen insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren um Folgendes:

Hinsichtlich der Bedeutung des Treuhandvertrages für die statusrechtliche Einordnung hat sich nach Auffassung des Senats auch vor der aktuellen Rechtsprechung des 12. Senats des BSG nichts geändert. In der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung vom 14. März 2018 (B 12 KR 13/17 R) hat der 12. Senat zwar ausdrücklich ausgeführt, dass die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein muss und dies in dem dort zugrundeliegenden Fall einer Stimmbindungsabrede ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Stimmbindungsabrede haben die Beteiligten jedoch nicht getroffen, sondern einen Treuhandvertrag vereinbart. Zwischen einer Stimmbindungsvereinbarung unter Gesellschaftern und einem Treuhandverhältnis besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied (so ausdrücklich auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. März 2018 – L 11 R 590/17). Nach Nr. 3 des hier zugrundeliegenden Treuhandvertrages war die Treuhänderin verpflichtet, im Hinblick auf die von ihr künftig treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile Anweisungen des Treugebers Folge zu leisten, insbesondere hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts. Sie war verpflichtet, alles, was ihr aus dem Treuhandverhältnis an Gewinnen, Dividenden, neuen Geschäftsanteilen usw. zufiel, an den Treugeber abzutreten und auf dessen Verlangen den von ihr treuhänderisch gehaltenen Anteil auf den Treugeber zu übertragen. Nach Nr. 6 bevollmächtigte sie den Treugeber unwiderruflich, alle erforderlichen und zweckmäßigen Erklärungen zur Übertragung des künftig treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteils auf den Treugeber abzugeben und Rechtshandlungen unter Befreiung von der Vorschrift des § 181 BGB vorzunehmen. Während ein Verstoß gegen eine (bloße) Stimmbindungsvereinbarung die Geschäftsanteile grundsätzlich unberührt lässt, ist der Treugeber berechtigt, das Treuhandverhältnis zu beenden, in dem hier streitigen Falle sogar ohne dass ein Grund dafür notwendig ist. Dieser Umstand führt dazu, dass der maßgebliche Einfluss auf die Willensbildung in der Gesellschaft nicht bei der Treuhänderin, sondern bei dem Treugeber lag (LSG Baden-Württemberg a.a.O.). Letztlich übertrug die Ehefrau des Geschäftsführers im Jahre 2017 die von ihr gehaltenen Geschäftsanteile auch an den Treugeber ohne Gegenleistung zurück. Die (neuere) Rechtsprechung des BSG zu den Stimmrechtsvereinbarungen ist daher nach Ansicht des Senats im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar, da das Treuhandverhältnis – wie oben dargestellt – wesentlich andere und engere Rechtswirkung beinhaltet, als eine rein schuldrechtliche Stimmbindungsvereinbarung (LSG Baden-Württemberg a.a.O.).

Zwar hat das BSG (12. Senat) in seinen aktuellen Entscheidungen die "für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung von den dafür zuständigen Senaten entwickelte sog. ‚Kopf und Seele‘-Rechtsprechung für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status" ausdrücklich nicht herangezogen. Anders als eine Person, die "Kopf und Seele" des Betriebes darstellt, geht ein schuldrechtliches Treuhandverhältnis jedoch über ein rein faktisches, rechtlich nicht gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhältnis der Beteiligten untereinander hinaus. Vor diesem Hintergrund hat auch der 12. Senat des BSG in seinem Urteil vom 25. Januar 2006 (B 12 KR 30/04 R) einer treuhänderischen Bindung in der Ausübung der Gesellschaftsrechte Bedeutung eingeräumt (so auch etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. März 2018 – L 1 KR 396/15).

In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht geht auch der Senat von einer wirksamen Treuhandabrede hier aus. Zutreffend weist das Sozialgericht in diesem Zusammenhang auf den Inhalt des Treuhandvertrages hin, aus dem sich ergibt, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Treuhandvertrages die Antragstellerin noch nicht gegründet war. Damit unterlag der Treuhandvertrag nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19. April 1999 – II ZR 365/97) nicht dem Formzwang des § 15 Abs. 4 GmbHG.

Da es im vorliegenden Rechtsstreit allein um den Status des Geschäftsführers der Antragstellerin in dem streitgegenständlichen Zeitraum geht, ist die Einschätzung des Status seiner Ehefrau durch die Antragstellerin ohne Bedeutung. Vor diesem Hintergrund hat das Sozialgericht zutreffend die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Bei der Festsetzung des Streitwertes geht der Senat, worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, wegen seiner Vorläufigkeit grundsätzlich von einem Drittel des Streitwerts des Hauptsacheverfahrens aus. Danach errechnet sich der festgesetzte Betrag von 21.062,68 EUR (63.188,04 EUR: 3 = 21.062,68 EUR).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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