Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 R 702/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird auf 33.381,57 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für mehrere Beschäftigte aus tariflichen Sonderzuwendungen während der Elternzeit.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 26.2.2007 bis 2.3.2007 beim Kläger eine Betriebsprüfung nach § 28 p SGB IV für den Arbeitgeber durch. Mit Bescheid vom 22.3.2007 wurden Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherungspflicht für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2005 wegen beitragsfrei belassender Sonderzahlung bei einheitlichen Beschäftigungsverhältnissen (Nebenbeschäftigung neben Hauptbeschäftigung) in Höhe von 40.847,16 EUR erhoben.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.4.2007 Widerspruch und begründete ihn im wesentlichen mit dem Umstand, dass die Sonderzuwendungen während der Elternzeit gewährt wurden und diese als einmalige Einnahmen aus ruhenden Beschäftigungsverhältnissen bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts außer Betracht blieben. Grundlage dafür sei Punkt "2.1.1 Ermittlung des Arbeitsentgeltes" des Teiles B der Geringfügigkeit-Richtlinien: "Einmalige Einnahmen seien bei der Ermittlung des Arbeitsentgeltes nur insoweit zu berücksichtigen, als sie aus der zu beurteilenden Beschäftigung resultieren. Soweit einmalige Einnahme aus ruhenden Beschäftigungsverhältnissen (z. B. bei Wehrdienst oder Elternzeit) gezahlt werden, blieben sie außer Betracht". Dementsprechend sei die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Klägers nicht zu beanstanden. Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis, welches vor der Geburt des Kindes (Mutterschaft) ausgeübt worden sei, werde während der Elternzeit in verringertem Maße weitergeführt. Die Verringerung der Arbeitszeit und damit des Entgeltes führe aber dazu, dass aus den versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis für die Dauer der Beschäftigung während der Elternzeit ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis nach § 8 Abs. 1 Nummer 1 SGB IV werde. Entgegen den Ausführungen der Beklagten bestehe das versicherungspflichtige und das versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis nicht nebeneinander. Deutlich werde das auch durch die versicherungsrechtlich unterschiedlich zu bewertenden Beschäftigungsteile, die nacheinander ausgeübt werden. Diesbezüglich verwies der Kläger auf den verwendeten Teilzeitarbeitsvertrag während der Elternzeit:
"Teilzeitarbeitsvertrag während der Elternzeit zwischen und wird in Abwandlung des Arbeitsvertrages vom folgende Teilzeittätigkeit während der Elternzeit vereinbart:"
Damit werde kein zweites Beschäftigungsverhältnis begründet. Nach den tarifvertraglichen Regelungen haben Beschäftigte, deren Beschäftigungsverhältnis während der Mutterschaft und Elternzeit ruhe, einen Anspruch auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, welches im November gezahlt werde. Für den Anspruch spiele es keine Rolle, ob während der Elternzeit eine Beschäftigung ausgeübt werde oder nicht.
Mit Bescheid vom 28.9.2007 gab die Beklagte dem Widerspruch teilweise statt, sofern der Säumniszuschlagserhebung widersprochen worden sei. Da aufgrund der unverschuldeten Unkenntnis des Arbeitgebers keine Säumniszuschläge zu erheben waren, seien die diesbezüglich durchgeführten Berechnungen zurückgenommen worden. Im Rahmen der Prüfung sei festgestellt worden, dass für einige Beschäftigte während der Elternzeit tarifliche Sonderzahlungen erfolgten, die nicht im vollen Umfang der Beitragspflicht unterworfen wurden. Die betreffenden Mitarbeiterinnen sei im Rahmen der Elternzeit über einen gesonderten Arbeitsvertrag und der Vergabe einer neuen Personalnummer beschäftigt worden, so dass zum Zeitpunkt der durchgeführten Betriebsprüfung von zwei unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen beim selben Arbeitgeber ausgegangen werden musste. Die "zweiten" Beschäftigungen seien zum Teil geringfügig entlohnt und somit vom Arbeitgeber sozialversicherungsfrei behandelt worden. Es seien deshalb Beiträge erhoben worden, da bei den beanstandeten Fällen davon ausgegangen werde, dass einheitliche Beschäftigungsverhältnisse vorliegen und somit die Einmalzahlungen der Beitragspflicht unterliegen. Begründet werde dies damit, dass, wenn ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen ausübe, ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei (vgl. Urteil des BSG vom 16.2.1983 – 12 RK 26/81). Eine Aufspaltung in Haupt- und Nebentätigkeit bei einem Arbeitgeber sei sozialversicherungsrechtlich unbeachtlich. Die Einmalzahlung hätte somit, da ein entsprechender tarifvertraglicher Anspruch darauf bestanden habe, bei der Höhe des zu berücksichtigenden Entgeltes innerhalb der auf Teilzeitarbeit reduzierten Beschäftigung bereits bei Beginn mit eingerechnet werden müssen, da diese Einnahme zu erwarten gewesen sei. Es werde in diesem Zusammenhang auch nicht unter Verweis auf die nicht arbeitenden Beschäftigten eine Ungleichbehandlung schlüssig vorgetragen werde. Der tarifvertragliche Anspruch auf die Einmalzahlung bei nicht beschäftigten Arbeitnehmern könne tatsächlich keine Beitragspflicht auslösen, da keine SV-Tage vorlägen. Dem steht jedoch für die widerspruchsbefangenen Beschäftigten eine tatsächliche, weitergehende Beschäftigung mit entsprechenden SV-Tagen entgegen. Unbeachtlich sei hierbei, dass diese Teilzeitarbeit auf ein dem Grunde nach geringfügiges Maß reduziert wurde, da durch die Einmalzahlung die Geringfügigkeit schlichtweg nicht mehr vorliege. Die Erhebung der Beiträge erfolgte somit zu Recht und somit sei der angefochtene Bescheid in Gestalt des Teilabhilfebescheides rechtlich nicht zu beanstanden.
Dagegen hat der Kläger am 21.10.2008 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und führte aus, das in der Elternzeit ruhende Arbeitsverhältnis bestehe weiter und werde nur von einem zusätzlichen Teilzeitarbeitsverhältnissen überlagert. Nach Ablauf des befristeten Teilzeitarbeitsverhältnisses oder dem Ende der Elternzeit bestehe das ursprüngliche Arbeitsverhältnis weiter. Die Frage, wie Sonderzuwendungen, die nach dem Wechsel von einem versicherungspflichtigen in ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis gezahlt werden, beitragsrechtlich zu behandeln seien, haben die Spitzenverbände der Krankenkasse, der VDR und der BA bereits im Jahr 1987 beschäftigt. Nach Ansicht der Besprechungsteilnehmer hänge die beitragsrechtliche Behandlung von Sonderzuwendungen davon ab, aus welchem Beschäftigungsteil die Sonderzuwendung gewährt werde. In dem von der Beklagten kritisierten Personalfällen resultierten die gezahlten Sonderzuwendungen aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsteil (aus der Elternzeit) und sei somit beitragsfrei. Insofern verweist der Kläger nochmals auf die Geringfügigkeits-Richtlinien vom 24.8.2006, in denen ausgeführt werde, das einmalige Einnahmen bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts außer Ansatz bleibe, soweit sie aus ruhenden Beschäftigungsverhältnissen gezahlt werde. Die tarifliche Zuwendung sei in den beanstandeten Fällen in voller Höhe während der Elternzeit gewährt worden und zwar unabhängig von einer eventuellen Arbeitsleistung. Da die Sonderzuwendung ohne Arbeitsleistung während der Elternzeit (unstrittig) beitragsfrei gewährt werde, müsse dies dann auch gelten, wenn während der Elternzeit in geringem Umfang eine Arbeitsleistung erbracht werde. Ferner erscheine es jedoch zumindest unbillig, dass die Beklagte in den strittigen Fällen eine fehlerhafte sozialversicherungsrechtliche Beurteilung durch den Kläger rüge. Schließlich bestehe der strittige Sachverhalt beim Kläger seit 1991. Im Rahmen der vorangegangenen Prüfungen sei jedoch nie die nun beanstandete und bis dahin praktizierte Verfahrensweise gerügt worden. Seit 1991 seien bis zur streitigen Prüfung im Jahr 2007 insgesamt vier Betriebsprüfungen beim Kläger durchgeführt worden. Im Rahmen dieser Prüfungen sei der Kläger zu keinem Zeitpunkt auf eine möglicherweise fehlerhafte Verbeitragung von Zuwendungen hingewiesen worden. Insofern konnte er darauf vertrauen, dass die praktizierte Verfahrensweise richtig sei. Daher verstößt es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn die Beklagte nach mittlerweile vier Betriebsprüfungen eine jahrelang praktizierte Verfahrensweise, welche auf eine Vielzahl von Fällen zutreffe, beanstande.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2007 in der Fassung des Bescheides vom 28.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2008 insoweit abzuändern, als die Beklagte für den Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2005 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnisse für die Arbeitnehmer J. A., A. B., S. B., A. D., M. F., B. G., S. G., J. H., A. J., K. K. (verheiratet: M.), S. P., M. S., C. S. und C. Z. festgestellt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung ihres Antrages auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und verweist nochmals darauf hin, dass die in Bezug genommenen Unterlagen selbst davon ausgehen, dass es sich um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis handele. Wieso die dann von vornherein zu erwartende, da tarifvertraglich festgelegte Einmalzahlung keine Berücksichtigung bei der reduziert weitergeführten Beschäftigung finden sollte, werde auch mit der Klagebegründung nicht erklärt. Die von dem Kläger geltend gemachte Trennung in zwei zu beachtende Beschäftigungsverhältnisse widerspreche somit den vorgelegten Vertragswerken. Durch die zwingende Berücksichtigung der Einmalzahlung habe somit eine Geringfügigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV nicht vorgelegen. Folglich seien aufgrund der daraus resultierenden Versicherungspflicht Beiträge zu berechnen. Zum Vortrag, dass die nunmehrige Feststellung der fehlerhaften sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen nach mehreren Betriebsprüfungen unbillig wäre, sei anzumerken, dass die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als Prüfbehörden bei Prüfungen nach § 28 p SGB IV zu einer vollständigen Überprüfung aller Sachverhalte nicht verpflichtet seien. Betriebsprüfungen hätten unmittelbar in Interesse der Versicherungsträger und der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu sichern. In der Rechtsprechung werde es einheitlich abgelehnt, das Vertrauen des Beitragsschuldners in die Nichtbeanstandung der unterbliebenen Beitragsentrichtung bei Betriebsprüfungen schützen. Desweiteren sei darauf hinzuweisen, dass die Rentenversicherungsträger die Betriebsprüfungen grundsätzlich nur als Stichprobenprüfungen (also keine Vollprüfungen) durchführen (§ 6 Abs. 1 BÜVO, ab 1.7.2006 § 11 Abs. 1 BVV). Die Betriebsprüfungen der Rentenversicherungsträger bezwecke nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldners zu schützen oder ihm" Entlastung" zu erteilen (BSG Urteil vom 14.7.2004 – B 12 KR 11/04).
Die Beigeladenen haben Anträge nicht gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Denn der Bescheid vom 22.3.2007 in der Fassung des Bescheides vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.9.2008 ist nur noch im Streit, soweit die Beklagte Beiträge aufgrund von Einmalzahlungen im Rahmen der ruhenden Beschäftigungsverhältnisse festgesetzt hat. Insofern ist der Bescheid rechtmäßig, so dass der Kläger als Arbeitgeber die entsprechenden Beiträge zu tragen hat.
Nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach § 22 Abs. 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, sobald dieses ausgezahlt worden ist. Bemessungsgrundlage für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, den der Kläger zu entrichten hatte, ist das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Hierzu gehören auch die tariflich geschuldeten Sonderzahlungen, die beitragsrechtlich nach Maßgabe des § 23 a SGB IV zu berücksichtigen sind.
Nach § 1, 2 Abs.2a, cc des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte im Geltungsbereich des Berufsgenossenschafts-Angestelltentarifvertrages (BG-AT) hat jeder Angestellte Anspruch auf eine Zuwendung in Höhe von 100 v.H. der Urlaubsvergütung bei Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bis zur Vollendung des zwölften Monats des Kindes, wenn am Tage vor Antritt des Erziehungsurlaubs Anspruch auf Bezüge oder auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld bestanden hat. Nach § 4 BG-AT soll die Zuwendung spätestens am 1. Dezember gezahlt werden. Damit sind die Beitragsansprüche spätestens zum 1. Dezember des jeweiligen Jahres entstanden.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind bei der Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages alle Arbeitsentgelte aus dem Beschäftigungsverhältnis zu berücksichtigen. Übersteigt das laufende Arbeitsentgelt zusammen mit der Einmalzahlung die monatliche Bemessungsgrenze ist die Beitragspflicht nach § 23a SGB IV zu berechnen. Im vorliegenden Fall ist das Arbeitsentgelt aus dem ruhenden Beschäftigungsverhältnis (Sonderzuwendung gemäß Tarifvertrag) und dem befristeten Teilzeitarbeitsvertrag während der Elternzeit zusammenzurechnen. Aus den vorgelegten Vertragsunterlagen ist eindeutig zu entnehmen, dass das ursprüngliche Beschäftigungsverhältnis nur für die Zeit der Elternzeit abgewandelt worden ist. Daraus folgt, dass das Arbeitsentgelt (Sonderzuwendung) und das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung während der Elternzeit aus einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis erzielt worden ist. Daher muss das Arbeitsentgelt auch beitragsrechtlich gemeinsam berücksichtigt werden und kann nicht - wie der Kläger meint- getrennt berücksichtigt werden. Da hierdurch die Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit im Sinne von § 8 SGB IV entfallen ist, entstand die Beitragspflicht kraft Gesetzes. Somit hat der Kläger Beiträge zur Sozialversicherung zu zahlen.
Die Beitragsforderungen für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2005 waren bei ihrer Feststellung im März 2007 nicht verjährt (vgl § 25 Abs. 1 SGB IV). Sie waren auch nicht verwirkt.
Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Eine Verwirkung scheitert hier daran, dass ein Verwirkungsverhalten der Versicherungsträger, das zum Zeitablauf hinzutreten muss, nicht festgestellt werden konnte. Ein Vertrauenstatbestand, auf den sich der Kläger für das Nichtbestehen von Versicherungs- und Beitragspflichten berufen könnte, ergibt sich weder aufgrund des Verhaltens eines zuständigen Versicherungsträger gegenüber dem Kläger noch aus einer von allen Einzugsstellen und Rentenversicherungsträgern einheitlich vertretenen Auffassung.
Die Prüfbehörden sind bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28 p SGB IV selbst in kleinen Betrieben nicht zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten verpflichtet. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm " Entlastung" zu erteilen (BSGE 47,194,198 = SozR 2200 §1399 Nr. 11). Auch dem Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu.
Vorliegend ist weder vom Kläger vorgetragen noch ersichtlich, dass ihm gegenüber ein Bescheid ergangen wäre, in dem eine Versicherungsfreiheit der Sonderzuwendung bei gleichzeitiger Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungsurlaubes festgestellt worden ist.
Vertrauensschutz gewährt das Gesetz somit ausschließlich nach § 25 SGB IV. Danach verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Danach ist Verjährung hinsichtlich der geforderten Beiträge jedoch nicht eingetreten.
Damit schuldet der Kläger die hinsichtlich ihrer Höhe nicht beanstandeten Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Die Klage muss somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs.2 VwGO und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs.2, 52 Abs.1 und 3 sowie § 47 Abs.1 GKG.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird auf 33.381,57 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für mehrere Beschäftigte aus tariflichen Sonderzuwendungen während der Elternzeit.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 26.2.2007 bis 2.3.2007 beim Kläger eine Betriebsprüfung nach § 28 p SGB IV für den Arbeitgeber durch. Mit Bescheid vom 22.3.2007 wurden Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherungspflicht für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2005 wegen beitragsfrei belassender Sonderzahlung bei einheitlichen Beschäftigungsverhältnissen (Nebenbeschäftigung neben Hauptbeschäftigung) in Höhe von 40.847,16 EUR erhoben.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.4.2007 Widerspruch und begründete ihn im wesentlichen mit dem Umstand, dass die Sonderzuwendungen während der Elternzeit gewährt wurden und diese als einmalige Einnahmen aus ruhenden Beschäftigungsverhältnissen bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts außer Betracht blieben. Grundlage dafür sei Punkt "2.1.1 Ermittlung des Arbeitsentgeltes" des Teiles B der Geringfügigkeit-Richtlinien: "Einmalige Einnahmen seien bei der Ermittlung des Arbeitsentgeltes nur insoweit zu berücksichtigen, als sie aus der zu beurteilenden Beschäftigung resultieren. Soweit einmalige Einnahme aus ruhenden Beschäftigungsverhältnissen (z. B. bei Wehrdienst oder Elternzeit) gezahlt werden, blieben sie außer Betracht". Dementsprechend sei die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Klägers nicht zu beanstanden. Das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis, welches vor der Geburt des Kindes (Mutterschaft) ausgeübt worden sei, werde während der Elternzeit in verringertem Maße weitergeführt. Die Verringerung der Arbeitszeit und damit des Entgeltes führe aber dazu, dass aus den versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis für die Dauer der Beschäftigung während der Elternzeit ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis nach § 8 Abs. 1 Nummer 1 SGB IV werde. Entgegen den Ausführungen der Beklagten bestehe das versicherungspflichtige und das versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis nicht nebeneinander. Deutlich werde das auch durch die versicherungsrechtlich unterschiedlich zu bewertenden Beschäftigungsteile, die nacheinander ausgeübt werden. Diesbezüglich verwies der Kläger auf den verwendeten Teilzeitarbeitsvertrag während der Elternzeit:
"Teilzeitarbeitsvertrag während der Elternzeit zwischen und wird in Abwandlung des Arbeitsvertrages vom folgende Teilzeittätigkeit während der Elternzeit vereinbart:"
Damit werde kein zweites Beschäftigungsverhältnis begründet. Nach den tarifvertraglichen Regelungen haben Beschäftigte, deren Beschäftigungsverhältnis während der Mutterschaft und Elternzeit ruhe, einen Anspruch auf einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, welches im November gezahlt werde. Für den Anspruch spiele es keine Rolle, ob während der Elternzeit eine Beschäftigung ausgeübt werde oder nicht.
Mit Bescheid vom 28.9.2007 gab die Beklagte dem Widerspruch teilweise statt, sofern der Säumniszuschlagserhebung widersprochen worden sei. Da aufgrund der unverschuldeten Unkenntnis des Arbeitgebers keine Säumniszuschläge zu erheben waren, seien die diesbezüglich durchgeführten Berechnungen zurückgenommen worden. Im Rahmen der Prüfung sei festgestellt worden, dass für einige Beschäftigte während der Elternzeit tarifliche Sonderzahlungen erfolgten, die nicht im vollen Umfang der Beitragspflicht unterworfen wurden. Die betreffenden Mitarbeiterinnen sei im Rahmen der Elternzeit über einen gesonderten Arbeitsvertrag und der Vergabe einer neuen Personalnummer beschäftigt worden, so dass zum Zeitpunkt der durchgeführten Betriebsprüfung von zwei unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen beim selben Arbeitgeber ausgegangen werden musste. Die "zweiten" Beschäftigungen seien zum Teil geringfügig entlohnt und somit vom Arbeitgeber sozialversicherungsfrei behandelt worden. Es seien deshalb Beiträge erhoben worden, da bei den beanstandeten Fällen davon ausgegangen werde, dass einheitliche Beschäftigungsverhältnisse vorliegen und somit die Einmalzahlungen der Beitragspflicht unterliegen. Begründet werde dies damit, dass, wenn ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen ausübe, ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei (vgl. Urteil des BSG vom 16.2.1983 – 12 RK 26/81). Eine Aufspaltung in Haupt- und Nebentätigkeit bei einem Arbeitgeber sei sozialversicherungsrechtlich unbeachtlich. Die Einmalzahlung hätte somit, da ein entsprechender tarifvertraglicher Anspruch darauf bestanden habe, bei der Höhe des zu berücksichtigenden Entgeltes innerhalb der auf Teilzeitarbeit reduzierten Beschäftigung bereits bei Beginn mit eingerechnet werden müssen, da diese Einnahme zu erwarten gewesen sei. Es werde in diesem Zusammenhang auch nicht unter Verweis auf die nicht arbeitenden Beschäftigten eine Ungleichbehandlung schlüssig vorgetragen werde. Der tarifvertragliche Anspruch auf die Einmalzahlung bei nicht beschäftigten Arbeitnehmern könne tatsächlich keine Beitragspflicht auslösen, da keine SV-Tage vorlägen. Dem steht jedoch für die widerspruchsbefangenen Beschäftigten eine tatsächliche, weitergehende Beschäftigung mit entsprechenden SV-Tagen entgegen. Unbeachtlich sei hierbei, dass diese Teilzeitarbeit auf ein dem Grunde nach geringfügiges Maß reduziert wurde, da durch die Einmalzahlung die Geringfügigkeit schlichtweg nicht mehr vorliege. Die Erhebung der Beiträge erfolgte somit zu Recht und somit sei der angefochtene Bescheid in Gestalt des Teilabhilfebescheides rechtlich nicht zu beanstanden.
Dagegen hat der Kläger am 21.10.2008 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und führte aus, das in der Elternzeit ruhende Arbeitsverhältnis bestehe weiter und werde nur von einem zusätzlichen Teilzeitarbeitsverhältnissen überlagert. Nach Ablauf des befristeten Teilzeitarbeitsverhältnisses oder dem Ende der Elternzeit bestehe das ursprüngliche Arbeitsverhältnis weiter. Die Frage, wie Sonderzuwendungen, die nach dem Wechsel von einem versicherungspflichtigen in ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis gezahlt werden, beitragsrechtlich zu behandeln seien, haben die Spitzenverbände der Krankenkasse, der VDR und der BA bereits im Jahr 1987 beschäftigt. Nach Ansicht der Besprechungsteilnehmer hänge die beitragsrechtliche Behandlung von Sonderzuwendungen davon ab, aus welchem Beschäftigungsteil die Sonderzuwendung gewährt werde. In dem von der Beklagten kritisierten Personalfällen resultierten die gezahlten Sonderzuwendungen aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsteil (aus der Elternzeit) und sei somit beitragsfrei. Insofern verweist der Kläger nochmals auf die Geringfügigkeits-Richtlinien vom 24.8.2006, in denen ausgeführt werde, das einmalige Einnahmen bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts außer Ansatz bleibe, soweit sie aus ruhenden Beschäftigungsverhältnissen gezahlt werde. Die tarifliche Zuwendung sei in den beanstandeten Fällen in voller Höhe während der Elternzeit gewährt worden und zwar unabhängig von einer eventuellen Arbeitsleistung. Da die Sonderzuwendung ohne Arbeitsleistung während der Elternzeit (unstrittig) beitragsfrei gewährt werde, müsse dies dann auch gelten, wenn während der Elternzeit in geringem Umfang eine Arbeitsleistung erbracht werde. Ferner erscheine es jedoch zumindest unbillig, dass die Beklagte in den strittigen Fällen eine fehlerhafte sozialversicherungsrechtliche Beurteilung durch den Kläger rüge. Schließlich bestehe der strittige Sachverhalt beim Kläger seit 1991. Im Rahmen der vorangegangenen Prüfungen sei jedoch nie die nun beanstandete und bis dahin praktizierte Verfahrensweise gerügt worden. Seit 1991 seien bis zur streitigen Prüfung im Jahr 2007 insgesamt vier Betriebsprüfungen beim Kläger durchgeführt worden. Im Rahmen dieser Prüfungen sei der Kläger zu keinem Zeitpunkt auf eine möglicherweise fehlerhafte Verbeitragung von Zuwendungen hingewiesen worden. Insofern konnte er darauf vertrauen, dass die praktizierte Verfahrensweise richtig sei. Daher verstößt es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn die Beklagte nach mittlerweile vier Betriebsprüfungen eine jahrelang praktizierte Verfahrensweise, welche auf eine Vielzahl von Fällen zutreffe, beanstande.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22.03.2007 in der Fassung des Bescheides vom 28.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2008 insoweit abzuändern, als die Beklagte für den Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2005 ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnisse für die Arbeitnehmer J. A., A. B., S. B., A. D., M. F., B. G., S. G., J. H., A. J., K. K. (verheiratet: M.), S. P., M. S., C. S. und C. Z. festgestellt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung ihres Antrages auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und verweist nochmals darauf hin, dass die in Bezug genommenen Unterlagen selbst davon ausgehen, dass es sich um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis handele. Wieso die dann von vornherein zu erwartende, da tarifvertraglich festgelegte Einmalzahlung keine Berücksichtigung bei der reduziert weitergeführten Beschäftigung finden sollte, werde auch mit der Klagebegründung nicht erklärt. Die von dem Kläger geltend gemachte Trennung in zwei zu beachtende Beschäftigungsverhältnisse widerspreche somit den vorgelegten Vertragswerken. Durch die zwingende Berücksichtigung der Einmalzahlung habe somit eine Geringfügigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV nicht vorgelegen. Folglich seien aufgrund der daraus resultierenden Versicherungspflicht Beiträge zu berechnen. Zum Vortrag, dass die nunmehrige Feststellung der fehlerhaften sozialversicherungsrechtlichen Beurteilungen nach mehreren Betriebsprüfungen unbillig wäre, sei anzumerken, dass die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung als Prüfbehörden bei Prüfungen nach § 28 p SGB IV zu einer vollständigen Überprüfung aller Sachverhalte nicht verpflichtet seien. Betriebsprüfungen hätten unmittelbar in Interesse der Versicherungsträger und der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu sichern. In der Rechtsprechung werde es einheitlich abgelehnt, das Vertrauen des Beitragsschuldners in die Nichtbeanstandung der unterbliebenen Beitragsentrichtung bei Betriebsprüfungen schützen. Desweiteren sei darauf hinzuweisen, dass die Rentenversicherungsträger die Betriebsprüfungen grundsätzlich nur als Stichprobenprüfungen (also keine Vollprüfungen) durchführen (§ 6 Abs. 1 BÜVO, ab 1.7.2006 § 11 Abs. 1 BVV). Die Betriebsprüfungen der Rentenversicherungsträger bezwecke nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldners zu schützen oder ihm" Entlastung" zu erteilen (BSG Urteil vom 14.7.2004 – B 12 KR 11/04).
Die Beigeladenen haben Anträge nicht gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Denn der Bescheid vom 22.3.2007 in der Fassung des Bescheides vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.9.2008 ist nur noch im Streit, soweit die Beklagte Beiträge aufgrund von Einmalzahlungen im Rahmen der ruhenden Beschäftigungsverhältnisse festgesetzt hat. Insofern ist der Bescheid rechtmäßig, so dass der Kläger als Arbeitgeber die entsprechenden Beiträge zu tragen hat.
Nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach § 22 Abs. 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen, bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, sobald dieses ausgezahlt worden ist. Bemessungsgrundlage für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, den der Kläger zu entrichten hatte, ist das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Hierzu gehören auch die tariflich geschuldeten Sonderzahlungen, die beitragsrechtlich nach Maßgabe des § 23 a SGB IV zu berücksichtigen sind.
Nach § 1, 2 Abs.2a, cc des Tarifvertrages über eine Zuwendung für Angestellte im Geltungsbereich des Berufsgenossenschafts-Angestelltentarifvertrages (BG-AT) hat jeder Angestellte Anspruch auf eine Zuwendung in Höhe von 100 v.H. der Urlaubsvergütung bei Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bis zur Vollendung des zwölften Monats des Kindes, wenn am Tage vor Antritt des Erziehungsurlaubs Anspruch auf Bezüge oder auf Zuschuss zum Mutterschaftsgeld bestanden hat. Nach § 4 BG-AT soll die Zuwendung spätestens am 1. Dezember gezahlt werden. Damit sind die Beitragsansprüche spätestens zum 1. Dezember des jeweiligen Jahres entstanden.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind bei der Berechnung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages alle Arbeitsentgelte aus dem Beschäftigungsverhältnis zu berücksichtigen. Übersteigt das laufende Arbeitsentgelt zusammen mit der Einmalzahlung die monatliche Bemessungsgrenze ist die Beitragspflicht nach § 23a SGB IV zu berechnen. Im vorliegenden Fall ist das Arbeitsentgelt aus dem ruhenden Beschäftigungsverhältnis (Sonderzuwendung gemäß Tarifvertrag) und dem befristeten Teilzeitarbeitsvertrag während der Elternzeit zusammenzurechnen. Aus den vorgelegten Vertragsunterlagen ist eindeutig zu entnehmen, dass das ursprüngliche Beschäftigungsverhältnis nur für die Zeit der Elternzeit abgewandelt worden ist. Daraus folgt, dass das Arbeitsentgelt (Sonderzuwendung) und das Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung während der Elternzeit aus einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis erzielt worden ist. Daher muss das Arbeitsentgelt auch beitragsrechtlich gemeinsam berücksichtigt werden und kann nicht - wie der Kläger meint- getrennt berücksichtigt werden. Da hierdurch die Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit im Sinne von § 8 SGB IV entfallen ist, entstand die Beitragspflicht kraft Gesetzes. Somit hat der Kläger Beiträge zur Sozialversicherung zu zahlen.
Die Beitragsforderungen für den Zeitraum vom 1.1.2003 bis 31.12.2005 waren bei ihrer Feststellung im März 2007 nicht verjährt (vgl § 25 Abs. 1 SGB IV). Sie waren auch nicht verwirkt.
Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt. Eine Verwirkung scheitert hier daran, dass ein Verwirkungsverhalten der Versicherungsträger, das zum Zeitablauf hinzutreten muss, nicht festgestellt werden konnte. Ein Vertrauenstatbestand, auf den sich der Kläger für das Nichtbestehen von Versicherungs- und Beitragspflichten berufen könnte, ergibt sich weder aufgrund des Verhaltens eines zuständigen Versicherungsträger gegenüber dem Kläger noch aus einer von allen Einzugsstellen und Rentenversicherungsträgern einheitlich vertretenen Auffassung.
Die Prüfbehörden sind bei Arbeitgeberprüfungen nach § 28 p SGB IV selbst in kleinen Betrieben nicht zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten verpflichtet. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm " Entlastung" zu erteilen (BSGE 47,194,198 = SozR 2200 §1399 Nr. 11). Auch dem Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu.
Vorliegend ist weder vom Kläger vorgetragen noch ersichtlich, dass ihm gegenüber ein Bescheid ergangen wäre, in dem eine Versicherungsfreiheit der Sonderzuwendung bei gleichzeitiger Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung während des Erziehungsurlaubes festgestellt worden ist.
Vertrauensschutz gewährt das Gesetz somit ausschließlich nach § 25 SGB IV. Danach verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Danach ist Verjährung hinsichtlich der geforderten Beiträge jedoch nicht eingetreten.
Damit schuldet der Kläger die hinsichtlich ihrer Höhe nicht beanstandeten Gesamtsozialversicherungsbeiträge.
Die Klage muss somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs.2 VwGO und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs.2, 52 Abs.1 und 3 sowie § 47 Abs.1 GKG.
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