S 9 AS 91/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 AS 91/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 200/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 21. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2005 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger bedarfsdeckende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährt wurden. Die Klage rügt einen Verstoß des Sozialgesetzbuches, Zweites Buch (SGB II) gegen Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG).

Der am 1957 geborene Kläger beantragte am 03.12.2004 Arbeitslosengeld II (Alg II). Der Arbeitslosengeldbezug endete am 20.12.2000. Arbeitslosenhilfe erhielt der Kläger zuletzt am 30.11.2004. In seinem Antrag gab der Kläger an, dass er mit seiner Ehefrau E. K. und seinen Kindern R. , geboren 1983, S., geboren 1991, P., geboren 1991 und M., geboren 1993, zusammen lebe. Seine Ehefrau habe ein Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit und Kindergeld. R. bekomme als Student im dritten Semester an der TU München Bafög und er selbst übe eine geringfügige Beschäftigung aus. Der Kläger wohnt in einer Eigentumswohnung mit einer Gesamtgröße von 148 qm. Die Wohnung verfügt über fünf Räume, eine Küche, ein Bad und eine Dusche/WC. Das laufende Arbeitsentgelt aus der geringfügigen Beschäftigung betrage 179,00 EUR. Die Eheleute K. verfügen über zwei Girokonten, auf dem einen lagen zum Zeitpunkt der Antragstellung 2.198,67 EUR und auf dem anderen 1.741,08 EUR. Die Kinder S., P. und M. besitzen Sparbücher. Des Weiteren bestehen bei der W. Lebensversicherung, Versicherungen für die Eheleute K. sowie deren Kinder. Mit Bescheid vom 14.12.2004 wurden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 284,16 EUR für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 bewilligt. Es wurde eine monatsrelevante Miete von 370,29 EUR berücksichtigt. Der Gesamtbedarf der Unterkunftskosten betrage 655,43 EUR. Nach Einkommensbereinigung wurden Gesamteinkünfte von 1.601,40 EUR berücksichtigt. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 27.12.2004 Widerspruch ein. Zur Begründung führt er aus, dass die Angaben über die Kosten für Unterkunft, Heizung, Kaltwasser und Nebenkosten für ihn nicht nachvollziehbar seien. Die Kosten seien höher als im Berechnungsbogen. Es sei nicht ersichtlich, wie die Versicherungsbeiträge berücksichtigt worden seien, wie hoch die Pflichtbeiträge für Rentenversicherung sind und warum die Ehefrau über die Dienststelle rentenversichert sei. Das Kindergeld für den volljährigen Sohn sei zu Unrecht mit in die Berechnung einbezogen worden, obwohl er eine eigene Bedarfsgemeinschaft sei. Warum wurden keine Unterkunftskosten und Heizkosten für den Sohn berücksichtigt, obwohl er am Wochenende und in den Ferien in S. wohne. Des Weiteren führt der Kläger aus, dass er für die Arbeitsvermittlung ein Auto benötige. Die Unterhaltskosten in Höhe von 120,00 EUR seien zu berücksichtigen.

Die durch den Schulbesuch seiner drei Kinder entstehenden Kosten in Höhe von 40,00 EUR monatlich seien ebenfalls zu berücksichtigen. Dies gelte auch für die Mitgliedschaft seiner Kinder im Sportverein, was Kosten in Höhe von 50,00 EUR monatlich verursache, ebenso für Anwaltsgebühren in Höhe von 100,00 EUR monatlich in einem Arzthaftungsprozess. Die Gesamthöhe der Anwaltskosten betrage 15.173,00 EUR. Durch die fehlerhaft durchgeführte Operation in der ehemaligen DDR sei er auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. Des Weiteren seien zu berücksichtigen: Telefongrundgebühr 13,00 EUR, GEZ 15,00 EUR, Strom 45,00 EUR und AOL 10,00 bis 15,00 EUR. Die Kraftfahrzeugsteuer betrage für das folgende Jahr 378,00 EUR. Auch dies sei zu berücksichtigen. Im Monat Februar habe er nur Einnahmen von 79,00 EUR gehabt, da er für die Woche vom 14.02. bis 18.02.2005 eine Vertretung (Krankheit) bezahlen musste. Daraufhin erließ die Beklagte einen Abhilfebescheid im Widerspruchsverfahren. Dem Widerspruch wurde bezüglich der Kosten der Unterkunft abgeholfen. Nachdem sich der Sohn R. nicht mehr im Haushalt bzw. nur besuchsweise dort aufhalte, wurden die anteiligen Unterkunftskosten nicht mehr abgezogen, sondern die vollen Unterkunftskosten als Bedarf berücksichtigt. Die Unterkunftskosten und auch die Kosten für die Heizung würden in der nachgewiesenen Höhe übernommen, abzüglich 1/6 für Warmwasser, weil diese Kosten bereits in der Regelleistung enthalten seien. Hinsichtlich der Versicherungsbeiträge wurde auf § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II verwiesen. Das anteilige Kindergeld für den Sohn R. werde nicht mehr als Einkommen angerechnet, da es als Unterhaltsbeitrag an den Sohn weitergegeben werde. Beim Einkommen der Ehefrau wurde gemäß der am 21.01.2005 eingegangenen Verdienstbescheinigung das Weihnachtsgeld herausgerechnet. Hinsichtlich des Erwerbseinkommens des Klägers wurde im Januar 2005 kein Einkommen angerechnet, im Februar 2005 79,00 EUR. Somit ergibt sich für Januar 2005 ein Betrag von 842,59 EUR + Rentenversicherung 156,00 EUR und für Februar 2005 in Höhe von 824,89 EUR + 156,00 EUR für die Rentenversicherung. Hinsichtlich des März 2005 sei die Eigenheimzulage zu erwarten. Hierüber sei der Nachweis zu erbringen. Danach könne über die weitere Hilfegewährung entschieden werden. Bisher wurden 1.320,48 EUR bewilligt. Es ergebe sich deshalb eine Nachzahlung von 659,00 EUR. Im Übrigen wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2005 der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die vom Kläger beantragten Kosten entweder keinen Bedarf nach dem SGB II darstellten oder mit der Regelleistung bzw. dem Sozialgeld abgegolten seien. Die Kfz-Haftpflichtversicherung wurde als Pflichtversicherung vom Einkommen der Ehefrau in Abzug gebracht. Die monatlichen Unterhaltskosten für das Auto, die monatlichen Kosten für Anwaltsgebühren in einem Arzthaftungsprozess, die Kosten für die Kfz-Steuer sowie Beiträge zu kapitalbildenden Versicherungen stellten keinen Bedarf nach dem SGB II dar. Sofern hierfür Kosten anfielen, sind diese vom Kläger selbst zu bezahlen. Dies gelte auch für die monatlichen Kosten des Sportvereins, der Schulbesuche der Kinder sowie der Telefongebühren, GEZ, Strom und AOL.

Hiergegen wurde am 14.04.2005 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten bewilligte Regelleistung den Bedarf der 7-köpfigen Familie mit vier zur Zeit noch unterhaltsberechtigten Kindern nicht abdecke. Es werde ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG gerügt. Die Familie des Klägers könne von dem Arbeitslosengeld II nicht existieren. Die Kosten für den Pkw seien insgesamt zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die Kosten des vom Kläger vorgehaltenen Internetanschlusses, der für Bewerbungen zwingend erforderlich sei. Der Hausmeistervertrag, den der Kläger am 01.10.2003 abgeschlossen habe, sehe ein Einkommen in Höhe von 179,00 EUR pro Monat vor. Dieses Einkommen werde von der Beklagten voll berücksichtigt. Vergütungen für Vertretungen nach § 7 des Hausmeistervertrages seien nicht einkommensmindernd berücksichtigt worden. Des Weiteren legte der Bevollmächtigte des Klägers eine Rechnung betreffend Hausmeisterarbeiten vom 14.02. bis 18.02.2005 vor. Darin berechnete ein H. K. 100,00 EUR für Hausmeisterarbeiten. In der Zeit vom 01.01.2005 bis 09.01.2005 berechnete R. dem Kläger 239,10 EUR für Hausmeisterarbeiten. Des Weiteren legte der Kläger diverse Kassenzettel in Kopie vor, eine Aufstellung über seine Versicherungen, seine Altersvorsorgeausgaben, seine Anwaltsgebühren, seine Ausgaben Wohneigentum und seine sonstigen Ausgaben wie z.B. für die Mundart-Gesellschaft. Der Bevollmächtigte des Klägers wies mit Schreiben vom 23.08.2005 nochmals darauf hin, dass der Kläger Versicherungsprämienzahlungen inklusive Versicherungssteuer im Gesamtwert von monatlich 97,12 EUR zu leisten habe. Am 06.04.2006 bestätigte der Bevollmächtigte des Klägers, dass der Kläger noch sämtliche Versicherungen unterhalte. Zum 01.03.2006 buchte die W. Versicherung den Halbjahresbeitrag von 583,91 EUR für diverse Unfallversicherungen, Hausratversicherung, Glasversicherung, Privathaftpflichtversicherung, Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtschutz und Rechtschutz für Mieter/ Pächter ab. Im Monat April 2005 war der Kläger nach Angaben der Beklagten berufstätig. Danach schloss sich erneuter Arbeitslosengeld-II-Bezug an. Mit Schreiben vom 12.06.2006 bzw. 26.06.2006 erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren.

Mit Schreiben vom 02.08.2005 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 14.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2005 dem Kläger bedarfsdeckende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 zu gewähren.

Mit Schreiben vom 09.05.2005 beantragte die Beklagte, die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 14.12.2004 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 21.03.2005. Mit dem Teilabhilfebescheid wurde der Bescheid für die Monate Januar und Februar 2005 abgeändert. Die Entscheidung über den März 2005 wurde wegen der zu erwartenden Eigenheimzulage zurückgestellt. Über die Zeit ab 01.03.2005 erging im September 2005 ein neuer Bescheid, der nicht Gegenstand des Klageverfahrens ist.

Laut dem Teilabhilfebescheid vom 21.03.2005 erhält der Kläger für die Monate Januar 2005 842,59 EUR und für den Februar 2005 824,89 EUR. Das vom Käger mit Schreiben vom 23.12.2004 festgestellte Minus von 686,00 EUR gegenüber seinem Einkommen im Bezug von Arbeitslosenhilfe trifft deshalb nicht mehr zu. Der Kläger rechnete am 23.12.2004 vor, dass er 940,00 EUR Arbeitslosenhilfe, einen Nebenverdienst von 179,00 EUR, ein Einkommen der Ehefrau von 715,00 EUR und ein Kindergeld von 480,00 EUR, also insgesamt 2.314,00 EUR zur Verfügung gehabt habe. Laut dem Teilabhilfebescheid wurden dem Kläger für den Monat Januar 842,59 EUR und für Februar 824,89 EUR genehmigt. Das errechnete Minus von 29,64 % erniedrigt sich damit auf ca. 100,00 EUR pro Monat und damit auf weniger als 5 %.

Aus dieser Differenz lässt sich keine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG begründen. Der Kläger, Jahrgang 1957, ist schon seit einigen Jahren arbeitslos. Trotzdem konnte er eine 148 qm große Eigentumswohnung in S. halten. Des Weiteren schloss er diverse Versicherungen auch zu Gunsten seiner Kinder ab, die er nach eigenem Vorbringen nach wie vor unterhält. Er übt eine nebenberufliche Beschäftigung als Hausmeister aus, für die er monatlich 179,00 EUR brutto erhält. Nach eigenen Angaben wurde diese Vergütung durch die Kosten für eine Vertretertätigkeit fast zu einem Minusgeschäft. So will er im Februar 100,00 EUR für Vertretung und im Januar 2005 239,10 EUR für Vertretung an seinen Sohn bezahlt haben. Damit hätte er durch seine Nebentätigkeit in zwei Monaten nicht einmal 20,00 EUR verdient. Trotzdem hat er in verschiedenen Kaufhäusern in K. und L. zu Beginn des Jahres 2005 und noch vor dem Abhilfebescheid Kleidung und Schuhe und diverse Non-Food-Artikel gekauft. Trotz der von ihm geltend gemachten akuten Notlage hat er u.a. im März für 29,99 EUR einen Rucksack gekauft. Des Weiteren wurden Wein und Sekt am 31.03.2005 in größeren Mengen eingekauft. Vom 10. bis zum 31.03.2005 wurde Benzin im Wert von mindestens 276,05 EUR getankt, davon zweimal in Österreich und einmal in Gera-Trebnitz. Am 07.04.2005 wurde Katzennahrung im Wert von 25,35 EUR eingekauft. Auch scheint der Kläger im Jahre 2005 größere Renovierungsarbeiten durchgeführt zu haben, da er am 21.03.2005 vier Stück Tesa-Krepp klassik Malerband im Gesamtwert von 12,96 EUR im Hagebaumarkt in L. einkaufte.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Kläger durch seine vorgelegten Belege beweist, dass er ein gutbürgerliches Leben führen kann, obwohl er seit Jahren arbeitslos ist. Die Kinder werden entsprechend der Jahreszeit mit neuen Kleidern ausgestattet. Die Eigentumswohnung hat laut Beklagtenakte 235.194,26 EUR gekostet. Die Belastung von 120.198,57 EUR kann offensichtlich aus dem Arbeitslosengeld II bedient werden. Für die Altersvorsorge wendet der Kläger für sich und seine Kinder 220,00 UER monatlich auf. Nach den Berechnungen der Vorsitzenden ergibt dies Gesamtausgaben von monatlich 1.319,78 EUR. Das Nettoeinkommen der Ehefrau beträgt 715,61 EUR, das Kindergeld für drei Kinder 480,75 EUR und die eigene Nebentätigkeit erbringt 179,00 EUR. Dies sind monatlich 1.375,36 EUR. Es verbleiben also 55,58 EUR für die sonstigen Ausgaben, u.a. Nahrung. Diese Ausgaben werden durch Arbeitslosengeld II bestritten, da der Kläger laut Teilabhilfebescheid vom 21.03.2006 842,59 EUR im Januar 2005 und 824,89 EUR im Februar 2005 erhalten hat. Der Kläger steht nach wie vor im Alg-II-Bezug. Über Bemühungen des Klägers, seine Situation durch Arbeit zu verbessern, ist dem Gericht nichts bekannt. Eine Grundrechtsverletzung ist nicht erkennbar. Wegen der einfachrechtlichen Einwendungen wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf eine weitere Darstellung der Entscheidungsgründe verzichtet und auf die Begründung des Widerspruchsbescheides verwiesen.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 193 SGG abzuweisen.
Rechtskraft
Aus
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