S 8 U 190/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 190/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 481/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Verletztengeld und Verletztenrente wegen seiner anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 1315 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BK 1315) hat.

Der 1960 geborene Kläger ist gelernter Maler, Diplom-Betriebswirt und examinierter Theologe. Von 1980 bis 1987 studierte er. Ab August 1987 absolvierte er außerdem eine Malerausbildung. Ab 1991 war der Kläger in Malerbetrieben tätig. Er gab an, bei seinen beruflichen Tätigkeiten von 1987 bis 1997 mit Farben und Lacken in Berührung gekommen zu sein und ab 1995 mit Beschichtungsstoffen. Von April 2002 an war der Kläger als geschäftsführender Gesellschafter und Beschichter eines Malerbetriebs beschäftigt, wobei er Kontakt mit Polyharzstoffen hatte.

Mit D-Arzt-Bericht vom 31. Dezember 2003 wurde der Beklagten eine Reizgasinhalation des Klägers angezeigt. Seit 10. Dezember 2003 wurde dem Kläger Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Laut der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 2. Januar 2004 traten beim Spritzen von Polyharzstoff eine akute Atemnot und ein Fieberanfall auf. Unter dem 29. Januar 2004 zeigte der Allgemein- und Umweltmediziner Dr. S. der Beklagten den Verdacht auf eine Berufskrankheit wegen Kontakt mit Epoxiden, Ethylacetat, Isocyanat und Methylenchlorit an. Erstmalig seien die Beschwerden am 8. Dezember 2003 aufgetreten. Es wurde ferner ein kurzfristiger Kontakt mit Isocyanaten am 23. Dezember 2003 angegeben, bei dem sich eine deutliche Restriktion und Obstruktion der Lunge ergeben habe. In einem Attest vom 2. Februar 2004 äußerte der Internist Dr. H. den Verdacht auf rezidivierende Alveolitis-Schübe.

Der Präventionsdienst führte in einer Stellungnahme vom 30. Juni 2004 aus, dass der Kläger bei seiner letzten Tätigkeit Isocyanaten ausgesetzt war. Die Exposition war wesentlich intensiver als bei normalen Bodenbeschichtungsarbeiten. Der Kläger war somit gefährdend im Sinn der BK 1315 tätig.

Ab 21. Dezember 2004 wurde dem Kläger vom Allgemeinarzt A. Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Wie Herr A. dann unter dem 17. Januar 2007 der Beklagten mitteilte, erfolgte die Krankschreibung wegen asthmatischer Beschwerden und Bindehautentzündung. Am 4. Januar 2005 sei der Kläger erneut wegen Bronchialatmen vorstellig geworden und habe ihm mitgeteilt, dass er an diesem Tag mit Lösungsmitteldämpfen in Kontakt gekommen sei.

Am 20. Juli 2005 gab Prof. Dr. N. sein für die Beklagte erstelltes Gutachten ab. Prof. Dr. N. diagnostizierte eine exogen-allergische Alveolitis durch Exposition gegenüber Ioscyanat. Lungenfunktionsanalytisch hätten keine Hinweise auf eine obstruktive oder restriktive Ventilationsstörung gefunden werden können. Es habe sich eine Typ I-Sensibilisierung gegenüber Gräsern und Getreide herausgestellt. Eine Typ I- oder III-Sensibilisierung gegenüber Isocyanaten konnte Prof. Dr. N. nicht feststellen. Bei eindeutig klinischer Symptomatik, neu aufgetretener intermittierender restriktiver Ventilationsstörung nach Isocyanat-Exposition und typischem Ergebnis der bronchovaskulären Lavage nach Isocyanat-Exposition liege aber eine exogen-allergische Alveolitis vor. Damit sei eine BK 1315 gegeben. Als Tag des Versicherungsfalls wurde der 21. Januar 2004 angenommen. Die drei dokumentierten Krankheitsepisoden hätten allerdings zu keinen dauerhaften pulmonalen oder bronchialen Veränderungen geführt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sah Prof. Dr. N. daher nicht. Ein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit wurde bestätigt, da ein wiederholter Kontakt zu irreversiblen Lungenschädigungen führen könne.

Nach Einholung einer dies bestätigenden beratungsärztlichen Stellungnahme erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2006 eine Atemwegserkrankung durch Isocyanate als BK 1315 an, lehnte aber die Zahlung einer Verletztenrente ab, da keine messbare MdE vorliege.

Ab 15. März 2006 erhielt der Kläger Arbeitslosengeld.

Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. März 2006 wurde damit begründet, dass dem Kläger sämtliche atemwegsbelastenden Tätigkeiten verschlossen seien. Atemwegsbelastend seien nach einer Zählung der IG-Metall in den alten Bundesländern etwa 9 Millionen Arbeitsplätze gewesen. Daher ergebe sich mindestens eine MdE von 30 v.H.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2006 zurück.

Dagegen hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 10. August 2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben (Verfahren S 8 U 239/06). Am 25. September 2006 teilte der Kläger der Beklagten mit, er sei als Vorführtechniker für Dispersionsfarben tätig gewesen, habe die Tätigkeit jedoch nach einmaligem Kontakt mit dem Material aufgegeben. Der Arbeitgeber gab an, der Kläger sei vom 1. November 2004 bis zum 31. Januar 2005 beschäftigt, seit 21. Dezember 2004 jedoch krank gemeldet gewesen.

Mit Bescheid vom 18. April 2007 bewilligte die Beklagte Verletztengeld für die Zeit vom 11. Februar bis 31. Oktober 2004 und vom 1. Februar bis zum 14. März 2005. Ein Anspruch für die ersten 21 Tage wurde wegen Karenzzeit abgelehnt.

Hiergegen wurde im Widerspruch vorgebracht, der Kläger könne in seinem Tätigkeitsfeld nicht wieder arbeitsfähig geworden sein. Er könne unmöglich Spezialbeschichtungen vornehmen.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2007 zurück. Der Kläger könne zwar seine frühere Tätigkeit nicht mehr ausüben, er habe jedoch eine andere Arbeit als Anwendungstechniker aufgenommen. Dabei habe es sich auch nicht um eine schädliche Tätigkeit gehandelt.

Der Kläger hat gegen diese Entscheidung durch seinen Prozessbevollmächtigten am 30. Juli 2007 ebenfalls Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben (Verfahren S 8 U 190/07).

Der Kläger ist zum 1. Januar 2008 nach Brasilien verzogen, wie sich im vormaligen Verfahren S 8 U 83/08 ergeben hat.

Der Kläger trägt hinsichtlich der Verletztenrente die Argumente aus dem Widerspruchsverfahren vor. Zum Verletztengeld ist noch ausgeführt worden, das von einer unschädlichen Arbeit nichts bekannt sei.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die tatsächliche Arbeitsaufnahme ein praktisch brauchbares Abgrenzungsmerkmal sei. Die Tätigkeit bei der Firma C. sei keine schädigende Tätigkeit gewesen. Andernfalls wäre der Versicherungsfall auch erst mit dem Wegfall dieses Beschäftigungsverhältnisses eingetreten. Die Arbeitsunfähigkeit sei somit definitiv ab 1. November 2004 beendet gewesen.

Das Gericht hat im Verfahren S 8 U 239/06 eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. N. eingeholt. Dieser hat unter dem 8. März 2007 darauf hingewiesen, eine bronchiale Hyperreagibilität habe beim Kläger aufgrund der unauffälligen Lungenfunktionstestung ausgeschlossen werden könne. Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, weshalb dem Kläger sämtliche Arbeitsplätze mit atemwegsbelastenden Tätigkeiten verschlossen sein sollten. Möglicherweise beruhe dies darauf, dass fälschlicherweise eine Atemwegserkrankung durch Isocyanate anstatt der Alveolitis angegeben sei. Bei dieser handle es sich um ein anderes Krankheitsbild. Es müsse nur eine erneute Exposition gegenüber Isocyanaten ausgeschlossen werden. Es sollten alle Arbeitsplätze mit Kontakt zu Beschichtungsstoffen aus Epoxidharz oder Isocyanat vermieden werden. Für die MdE-Bewertung der exogen-allergischen Alveolitis könne das Reichenhaller Merkblatt nicht herangezogen werden, da es ausschließlich für obstruktive Atemwegserkrankungen entwickelt worden sei. Das Bamberger Merkblatt bewerte auch die Auswirkungen einer Allergie. Bei einer schwerwiegenden Auswirkung könne auch ohne funktionelle Beeinträchtigung eine MdE von maximal 20 v.H. angenommen werden. Allerdings sei selbst für einen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weit verbreiteten Allergenen wie Latex epidemiologische nicht belegt, dass tatsächlich ein Fünftel aller Arbeitsplätze verschlossen sei. Eine vergleichbare Typ I-Sensibilisierung der Atemwege gegenüber Latex bei Beschwerdefreiheit hätte auch nach dem Reichenhaller Merkblatt stets eine MdE unter 20 v.H. zur Folge. Hierauf basierend müsse festgestellt werden, dass die Allergene von Isocyanaten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt deutlich weniger verbreitet sein dürften als das Allergen Latex. Demzufolge sei eine MdE im rentenberechtigten Ausmaß nicht zu begründen. Eine besondere berufliche Betroffenheit, wie sie vom Gewerbearzt angesprochen wurde, liege nicht vor. Der Kläger habe lediglich wenige Jahre in dem Spezialberuf des Beschichters gearbeitet. Er habe zusätzlich eine qualifizierte Ausbildung als Betriebswirt und als Theologe. Die rein medizinische Beurteilung ergebe eine MdE von 0 v.H.

Mit Beschluss vom 18. Juni 2008 sind die Verfahren S 8 U 239/06 und S 8 U 190/07 unter dem letztgenannten Aktenzeichen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.

Für den Kläger wird beantragt (sinngemäß):

1. Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Bescheids vom 8. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2006 verurteilt, dem Kläger über den 31. Oktober 2004 hinaus Verletztengeld zu bewilligen.

2. Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Bescheids vom 18. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2007 verurteilt, dem Kläger wegen der anerkannten BK 1315 Verletztenrente zu bewilligen.

Für die Beklagte wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht macht von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid Gebrauch. Die Beteiligten sind dazu angehört worden, der Sachverhalt ist geklärt und die Sache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 105 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Sowohl der Bescheid der Beklagten vom 8. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juli 2006 als auch der Bescheid der Beklagten vom 18. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Juni 2007 sind rechtmäßig und der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf weitergehende Verletztengeldzahlungen oder auf Verletztenrente.

Nach § 7 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. In der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ist unter der Nummer 1315 als Berufskrankheit "Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können" bezeichnet.

Verletztengeld wird nach § 45 Abs. 1 SGB VII erbracht, wenn der Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann. Ferner muss der Versicherte unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder Heilbehandlung Anspruch auf eine der in § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII genannten Leistungen gehabt haben. Besteht demnach ein Anspruch auf Verletztengeld, wird dieses nach § 46 Abs. 1 SGB VII vom Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an gezahlt. Absatz 3 dieser Vorschrift bestimmt, wann und unter welchen Voraussetzungen das Verletztengeld endet.

Die Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles liegt anknüpfend an die Rechtsprechung zum Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung vor, wenn ein Versicherter aufgrund der Folgen eines Versicherungsfalles nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt inne gehabte Arbeitsstelle auf, ändert sich allerdings der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Verletztengeldes eng zu ziehen ist (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007, B 2 U 31/06 R). Nimmt der Versicherte eine leichtere, für ihn unschädliche Tätigkeit auf, gilt er als arbeitsfähig (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 45 Rz. 5.6).

Anspruch auf Rente haben Versicherte nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Wie Absatz 2 bestimmt, richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.

Ein Anspruch auf Verletztengeld oder Verletztenrente setzt voraus, dass die schädigende Einwirkung die Gesundheitsstörung verursacht hat (haftungsausfüllende Kausalität). Hierbei genügt die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs, d. h. nach vernünftiger Abwägung aller Umstände müssen die auf die berufliche Verursachung der Krankheit deutenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann. Die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß müssen dagegen im Sinne des Vollbeweises, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2008, L 3 U 239/08).

Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch die Unfallfolgen eingeschränkt werden, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Bei der Beurteilung der MdE sind auch die von der Rechtsprechung sowie von dem unfallversicherungsrechtlichen und unfallmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 1987, 2 RU 42/86, m. w. N.). Bei der Bildung der MdE sind alle Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Versicherungsfall stehen.

Demnach gilt hier:

Verletztengeld: Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch auf Verletztengeld als bereits bewilligt. Für die Zeit ab 1. November 2004 bis zum 31. Januar 2005 ist kein Anspruch auf Verletztengeld gegeben, weil der Kläger eine andere, zumutbare Tätigkeit ausgeübt hat.

Der Kläger hat seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Tätigkeit als Beschichter und Geschäftsführer eines Malerbetriebes wegen Krankheit ab 11. Februar 2004 nicht mehr ausgeübt. Allerdings hat er ab November 2004 eine Tätigkeit bei der Firma C.N. als Außendienstmitarbeiter bzw. Anwendungstechniker für Farben und Putze aufgenommen. Diese Tätigkeit hat er bis zur Krankschreibung am 21. Dezember 2004 ausgeübt.

Damit ist die Arbeitsunfähigkeit entfallen. Dass es durch die Wiedererkrankung ab 21. Dezember 2004 zu einem Wiederaufleben bzw. einem neuen Anspruch auf Verletztengeld kam, ist nicht nachgewiesen. Denn es ist nicht mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass Arbeitsunfähigkeit infolge des Versicherungsfalls - der BK 1315 - eingetreten ist. Dagegen spricht, dass der Kläger vom 1. November bis zum 21. Dezember 2004 also etwa sieben Wochen arbeiten konnte. Dass es wegen der BK 1315 erst dann zu Krankheitszeichen kommen sollte, ist wenig wahrscheinlich. Zudem liegt beim Kläger eine exogen-allergische Alveolitis (EAA) vor, jedoch keine Atemwegserkrankung. Das ergibt sich aus den überzeugenden Feststellungen des Prof. Dr. N., zuletzt bestätigt in seiner Stellungnahme vom 8. März 2007. Kennzeichen der EAA ist aber, dass sie durch die Inhalation von Antigenen ausgelöst wird. Dies sind Partikel, die in Stäuben, Aerosolen, Dämpfen oder Gasen enthalten sind, und beim Einatmen bis in die Alveolen gelangen. Es ist demnach gerade kein bloßer Kontakt in Form eines Hautkontakts ausreichend. Prof. Dr. N. hat sogar weiter ausgeführt, dass eine bronchiale Hyperreagibilität ausgeschlossen ist. Es muss nur eine Exposition gegenüber Isocyanaten ausgeschlossen werden, nicht aber gegenüber sonstigen über die Atemwege aufnehmbaren Stoffen. Wenn der Kläger angibt, er habe in seiner neuen Tätigkeit mit Farben hantiert, ergibt sich somit nicht im Vollbeweis das notwendige Einatmen von isocyanathaltigen Dämpfen oder Gasen, wie es bei der früheren Tätigkeit des Klägers als Beschichter beim Aufsprühen von Farben aufgetreten ist. Schließlich hat der Allgemeinarzt A. angegeben, der Kläger habe ihn am 4. Januar 2005 nochmals aufgesucht, weil er an diesem Tag Lösungsmitteldämpfe eingeatmet habe. Da der Kläger ab dem 21. Dezember 2004 nicht mehr gearbeitet hat, ist es unwahrscheinlich, dass der Kläger - außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit und in Kenntnis seiner Anfälligkeit ohne Not - gerade isocyanathaltige Partikel eingeatmet haben sollte. Es ist vielmehr von einer anderen, nicht auf die Folgen der BK 1315 zurückzuführenden Ursache auszugehen.

Darüber hinaus konnte der Kläger nach Aufgabe der früheren Berufstätigkeit aufgrund seiner weiteren beruflichen Qualifikationen als Diplom-Betriebswirt und Theologe auch auf andere Tätigkeiten als im Malergewerbe verwiesen werden. Ohnedies war der Kläger bereits bei der Firma J. nicht allein als Maler bzw. Beschichter, sondern auch als Geschäftsführer beschäftigt. Daher war auch dieses Tätigkeitsfeld eröffnet, bei dem eine Gefährdung im Sinn der BKV auszuschließen ist.

Verletztenrente: Eine (rentenberechtigende) MdE liegt beim Kläger infolge der BK 1315 nicht vor.

Prof. Dr. N. hat in seiner Stellungnahme vom 8. März 2007 sachkundig dargelegt, dass wegen der fehlenden bronchialen Hyperreagibilität dem Kläger aus arbeitsmedizinischer Sicht nicht alle Arbeitsplätze mit atemwegsbelastenden Tätigkeiten verschlossen sind. Es muss lediglich eine erneute Exposition gegenüber Isocyanaten ausgeschlossen werden. Daher sollten alle Arbeitsplätze mit Kontakt zu Beschichtungsstoffen aus Epoxidharz oder Isocyanat vermieden werden. Für die MdE-Bewertung der EAA, so Prof. Dr. N. weiter, kann das Reichenhaller Merkblatt nicht herangezogen werden, da es ausschließlich für obstruktive Atemwegserkrankungen entwickelt worden ist. Das Bamberger Merkblatt bewertet auch die Auswirkungen einer Allergie. Bei einer schwerwiegenden Auswirkung ist auch ohne funktionelle Beeinträchtigung eine MdE von maximal 20 v.H. anzunehmen. Allerdings ist selbst für einen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weit verbreiteten Allergenen wie Latex epidemiologische nicht belegt, dass tatsächlich ein Fünftel aller Arbeitsplätze verschlossen ist. Eine vergleichbare Typ I-Sensibilisierung der Atemwege gegenüber Latex bei Beschwerdefreiheit hat auch nach dem Reichenhaller Merkblatt stets eine MdE unter 20 v.H. zur Folge. Die Allergene von Isocyanaten sind nach den Darlegungen von Prof. Dr. N. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt deutlich weniger verbreitet als das Allergen Latex. Demzufolge hält Prof. Dr. N. eine MdE im rentenberechtigten Ausmaß nicht für begründbar.

Das Gericht folgt dieser Einschätzung, weil sie mit dem vergleichenden Verweis auf die Situation beim Allergen Latex nachvollziehbar und tragfähig zu begründen ist. Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers angeführte Zahl von angeblich 9 Millionen verschlossenen Arbeitsplätzen allein in den alten Bundesländern ist damit nicht realistisch. Prof. Dr. N. hat deutlich gemacht, dass eben nicht alle atemwegsbelastenden Arbeitsplätze verschlossen sind, sondern nur solche mit einer Exposition gegenüber Epoxidharzen oder Isocyanaten. Dass deren Zahl weitaus geringer einzustufen ist, folgt bereits aus der Tatsache, dass die BK 1315 - wie gerichtsbekannt ist - zu den eher seltenen Berufskrankheiten zählt (das bestätigt auch der Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin "Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 2007": Demnach entfielen auf die BK 1315 im Jahr 2007 nur 2,1% aller Anerkennungen).

Auch eine besondere berufliche Betroffenheit des Klägers im Sinn des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII kommt nicht infrage. Dagegen sprechen bereits die breit gefächerten beruflichen Qualifikationen des Klägers. Auch hat er keine beispielsweise mit einer besonders langen oder kostspieligen Ausbildung verbundenen Kenntnisse oder Erfahrungen im Malerberuf erworben, die anderweitig nicht mehr oder nicht mehr in diesem Umfang zu nutzen sind (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 2000, B 2 U 14/99 R).

Unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände ist daher von einer MdE unter 10 v.H. auszugehen.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass ab dem Verzug des Klägers nach Brasilien zum 1. Januar 2008 ein Anspruch auf Verletztenrente auch wegen § 12 Abs. 1 des Fremdrentengesetzes nicht gegeben ist.

Daher war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §.183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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