Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
13
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 SO 137/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung von Eingliederungshilfe nach dem 12. Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe-SGB XII).
Die am ... 1999 geborene Klägerin ist nach den amtsärztlichen Stellungnahmen vom 13.08.2007 und 10.12.2007 ein schwerst statomotorisch und geistig behindertes Kind. Sie erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III. Seit 01.10.2009 erhält die Klägerin auch Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines persönlichen Budgets in Höhe von aktuell 34,67 EUR pro Monat. Sie beinhalten Leistungen für Bildung, Freizeit und lebenspraktische Anleitung.
Der Vater der Klägerin ist in Vollzeit auf auswärtigen Baustellen und die Mutter in Teilzeit bei der Deutschen Post beschäftigt.
Die Klägerin besucht aufgrund der Feststellung eines sonderpädagogischem Förderbedarfs im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" die ...schule ... , eine Förderschule für geistig Behinderte des CJD ... seit dem 01.08.2006. Der Klägerin wurde seit dem 01.08.2007 jährlich zur Hortbetreuung in der integrativen Kindertagesstätte des CJD ... " ..." Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) gewährt. Die Leistungsgewährung endete mit dem 31.08.2014. Die Mutter der Klägerin beantragte am 11.07.2014 die Fortsetzung der integrativen Betreuung in der v.g. Einrichtung ab 01.09.2014. Mit Bescheid des Landkreises ... vom 16.07.2014 wurde der Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass gemäß Kinderförderungsgesetz (KiFöG) jedes Kind in Sachsen-Anhalt nur bis zur Versetzung in den 7. Schuljahrgang bzw. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz hat. Hiergegen richtet sich der Widerspruch vom 17.07.2014 mit der Begründung, dass diese Entscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 25.09.2014 zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 02.10.2014 erhob die Prozessbevollmächtigte Klage vor dem Sozialgericht Halle. Begründet wurde die Klage im Wesentlichen damit, dass es zwar zutreffe, dass nach § 3 Abs. 1 und 2 KiFöG ein Anspruch auf Gewährung eines Betreuungsplatzes bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres bestehe. Das bedeute jedoch im Umkehrschluss nicht, dass für ältere Kinder ein Betreuungsplatz nicht zur Verfügung gestellt werden dürfe. Die Ablehnung der Bereitstellung eines Betreuungsplatzes wegen Vollendung des 14. Lebensjahres sei ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Gleiches gelte für die Entscheidung über die Gewährung von teilstationäre Eingliederungshilfe. §§ 53, 54 SGB XII enthalte keine Regelung, dass Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ab Vollendung des 14. Lebensjahres nicht mehr gewährt werden dürfe. Bei Bestehen eines behinderungsbedingten Mehrbedarfes müsse dieser gedeckt werden. Schließlich könne die Klägerin nicht auf Leistungen der Pflegekasse oder auf die Unterstützung von Angehörigen verwiesen werden. Die Leistungen der Pflegekasse seien im Umfang und Höhe begrenzt. Die jüngere Schwester dürfte mit der Betreuung der Klägerin überfordert sein. Andere Angehörige stehen nicht zur Verfügung. Gemäß §§ 53, 54 SGB XII iVm § 55 SGB IX bestehe ein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dieser Bedarf sei nach Wegfall der verwaltungsrechtlichen Bewilligung für den integrativen Hort nicht entfallen. Vorliegend greife insbesondere nicht der Hinweis auf eine alternative Betreuungsmöglichkeit, denn diese könne die Klägerin behinderungsbedingt nicht wahrnehmen. Die Klägerin seit behinderungsbedingt nicht in der Lage, die von der Schule angebotenen Lern therapeutischen Angebote in Anspruch zu nehmen. Selbst, wenn es der Schule gelingen würde, auf die Behinderung der Klägerin zugeschnittene Angebote zu schaffen, so wären das Einzelförderungen, die das Ziel der Klage, der Klägerin auch am Nachmittag Kontakte zu Gleichaltrigen zu ermöglichen, nicht erreichen könnten.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2014 zu verpflichten, die Kosten für eine integrativen Hortplatz für das Schuljahr 2014/2015 zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Nach ihrem Vortrag bestehe bei der Klägerin das Erfordernis, ihre Betreuung nach dem Schulunterricht und (teilweise) in den Ferienzeiten abzusichern. Um Kontakte zu anderen Kindern zu pflegen, besuchte die Klägerin bislang einen integrativen Hort. Ein gesetzlicher Betreuungsanspruch bestehe aufgrund der Vollendung des 14. Lebensjahres nicht mehr (§ 3 Abs. 2 KiFöG). Der Anspruch richte sich gemäß § 3 Abs. 4 KiFöG gegen den örtlichen Träger der Jugendhilfe. Damit sei der Beklagte nicht für die Sicherung einer erforderlichen Betreuung in der begehrten integrativen Kindertagesstätte zuständig. Die von der Klägerin begehrte Verpflichtung des Beklagten, ihr Sachleistung für den Besuch der integrativen Kindertagesstätte zu gewähren oder alternativ die Kosten der Betreuung in der Tageseinrichtung zu übernehmen, sei rechtlich nicht herzuleiten, da der gesetzliche Betreuungsanspruch gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus Altersgründen nicht mehr bestehe. Auch ist der Beklagten nicht dafür zuständig, der Klägerin ein Betreuungsangebot in der Förderschule zur Verfügung zu stellen. Nach § 8 Abs. 6 SchulG unterbreiten Förderschulen für geistig Behinderte Ganztagsangebote. Der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sei nicht Träger der Fördererschule ... für das CJD ... Der Beklagte sei zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe. Bei der im Antrag begehrten Betreuung nach der Schule und während der Ferien handele es sich nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe. Die bloße Betreuung der Klägerin während der Abwesenheit der eigentlichen Betreuungspersonen(en) lasse sich nicht unter den in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII genannten Maßnahmen einordnen. Die im Leistungskatalog konkret benannten Leistungen haben die Eingliederung des behinderten Menschen in dem für ihn altersbedingt relevanten Teil der Gesellschaft zum Ziel: Ermöglichung des Schulbesuchs, Ermöglichung einer Berufsausbildung, Ermöglichung eines Studiums, Eingliederung ins Arbeitsleben usw. Angebote zur Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher am Nachmittag und während der Schulferien mit dem Ziel, Berufs- und Familienleben zu vereinbaren, seien keine Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. Beschluss SG Magdeburg vom 27.06.2014, S 22 SO 17/14 ER). Auch werde durch den Schulbesuch der Klägerin bereits wesentliche Bereiche ihrer gesellschaftlichen Teilhabe gedeckt. So bestehe Kontakt zu Gleichaltrigen, der Erwerb lebenspraktischer Fähigkeiten mit dem Ziel einer größtmöglichen Selbstständigkeit werde geschult, kulturelle Teilhabe durch Schulausflug sei gewährleistet.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Kammer konnte auf Grund des vorliegenden Einverständnisses der Prozessbeteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin hat kein Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe entsprechend der Übernahme der Kosten für einen integrativen Hortplatz für das Schuljahr 2014/2015. Denn der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 16.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch besteht unter Berücksichtigung des zu beachtenden sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes nicht. Daraus folgt, dass im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 2 SGB XII regelmäßig solche Leistungen vom Sozialhilfeträger nicht verlangt werden können, die gesetzlich vom Schulträger zu erfüllen sind. Dass ein dort vorgebrachter Anspruch nicht realisierbar gewesen und der Sozialhilfeträger deshalb trotz des Nachranggrundsatzes zuständig geblieben ist, kann nach dem ausgebliebenen Vorbringen, hinsichtlich des Leistungsbegehrens gegenüber dem Schulträger erfolglos geblieben zu sein, nicht angenommen werden. Der Schulträger ist wegen der ihm nach den schulrechtlichen Vorschriften obliegenden Pflicht, sozialpädagogischen Förderbedarf, der bei der Klägerin wegen ihrer geistigen Behinderung unverkennbar gegeben ist, aus seinen Mitteln abzudecken, von der Erfüllung dieser Pflicht im Hinblick auf die frühere Leistungsgewährung auch nicht entbunden. Geistig - in einem Ausmaß wie die Klägerin - behinderte Schulkinder sind nicht in der Lage, ihren Tag selbst zu strukturieren und sich zu organisieren; sie müssen dazu angeleitet werden. Grundsätzlich gehört sie hiernach dem Kreis der in § 12 Ziff. 1 EGHVO genannten Leistungsberechtigten an, die Eingliederungshilfe zu einer angemessenen Schulbildung beanspruchen können. Sie hat - bei entsprechendem Bedarf - einen Anspruch auf Hilfen, soweit sie erforderlich und geeignet sind, ihr den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Unter Berücksichtigung des hier zu beachtenden sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes hat der Beklagten zutreffend hervorgehoben, dass bei Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung in erster Linie der Schulträger eintrittspflichtig ist (unter Hinweis auf die Kommentierung bei Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, Sozialhilfe, Kommentar, 4. Aufl., Rdnr. 40 zu § 54 SGB XII). Sozialhilfe (hier: Eingliederungshilfe) kann nicht be-ansprucht werden, wenn ein anderer Leistungsträger (hier: der Schulträger) vorrangig eintrittspflichtig ist. Es ist zwar denkbar, dass der Schulträger den ihm obliegenden schulischen Aufgaben nicht hinreichend nachgekommen ist; selbst wenn die begehrte Hilfe vom zuständigen Schulträger danach tatsächlich nicht geleistet wurde, war die Klägerin gehalten, ihren Förderungs- und Betreuungsanspruch gegenüber der Schulverwaltung zu verfolgen. Die Klägerin war nicht gehindert, einen entsprechenden Leistungsanspruch gegenüber dem Schulträger geltend zu machen. Dass sie dies unter-lassen hat, beruht auf Entschlüssen in ihrer Verantwortungssphäre, die sie nicht dem Beklagten anlasten kann. Die nachmittägliche Betreuung der Klägerin im integrativen Hort der Kindertagesstätte ist nicht erforderlich und geeignet, ihr den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu erleichtern - oder diesen sogar erst zu ermöglichen. Im Sinne der vorgenannten Vorschriften umfasst Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung nach § 12 Ziff. 1 EGHVO auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Bei geistig und seelisch zurückgebliebenen Kindern und Jugendlichen wird der Begriff der Schulbildung sehr weit gefasst, wobei die Art der Behinderung nicht außer Acht gelassen werden kann und § 4 SGB IX zu berücksichtigen ist. Allerdings ist im SGB XII eine Definition nicht enthalten, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist. Wahrendorf (a. a. O., Rdnr. 33 zu § 54 SGB XII) umschreibt den Begriff als eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung (vgl. § 12 Ziff. 2 EGHVO). Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung muss dieses Ziel verfolgen. Der Erreichung dieses Ziels muss durch unterstützende Hilfe seitens der Sozialhilfe Rechnung getragen werden, indem beispielsweise Nachhilfeunterricht gewährt oder ein Integrationshelfer zur Verfügung gestellt wird. Da der Begriff der Schulbildung bei geistig behinderten Kindern und Jugendlichen weit zu verstehen ist, kann dazu auch der Besuch eines Horts zählen, sofern dort Maßnahmen erfolgen, die den Schulbesuch erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen, wie beispielsweise die Hausaufgabenbetreuung im Wege einer Anleitung, Hilfestellung und Kontrolle der Hausaufgabenerledigung. Das liegt im vorliegenden Fall jedoch nicht vor, da es nur um die Betreuung der Klägerin in den Nachmittagsstunden geht. Auch besteht ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen der Eingliederungshilfe -hier: fehlende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in der Gemeinschaft am Nachmittag - gemäß §§ 53 und 54 SGB XII nicht. Die Eingliederungshilfe ist immer eine Maßnahme mit einem konkreten Ziel und konkreten Leistungsinhalten. Der § 54 SGB XII benennt solche konkrete Maßnahmen der Eingliederungshilfe. Daneben verweist § 54 SGB XII auf die einschlägigen Teilhaberegelungen SGB IX. Ausgehend von diesen Leistungs Inhalten ist festzustellen, dass es sich bei der begehrten Betreuung nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe handelt. Die Betreuung der Klägerin während der Abwesenheit der eigentlichen Betreuungspersonen lässt sich nicht unter den in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII genannten Maßnahmen einordnen. Die im Leistungskatalog konkret benannten Leistungen haben die Eingliederung des behinderten Menschen in dem für ihn altersbedingt relevanten Teilgesellschaft zum Ziel: Ermöglichung des Schulbesuchs, Ermöglichung einer Berufsausbildung, Ermöglichung eines Studiums, Eingliederung ins Arbeitsleben usw. auch die in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht konkret genannten Leistungen der Eingliederungshilfe müssen dem zuvor ganz konkret die Eingliederung des behinderten Menschen in die Gesellschaft zum Ziel haben. Auch der offene Leistungskatalog des § 55 Abs. 2 SGB IX, der konkrete Maßnahmen der gesellschaftlichen Teilhabe benennt, enthält keine Betreuungsleistungen für behinderte Menschen, die der ständigen Aufsicht und Versorgung bedürfen. Angebote zur Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher am Nachmittag und während der Schulferien mit dem Ziel, Berufs- und Familienleben zu vereinbaren, sind keine Leistungen der Ein-gliederungshilfe.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 Abs.1 SGG.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung von Eingliederungshilfe nach dem 12. Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe-SGB XII).
Die am ... 1999 geborene Klägerin ist nach den amtsärztlichen Stellungnahmen vom 13.08.2007 und 10.12.2007 ein schwerst statomotorisch und geistig behindertes Kind. Sie erhält Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III. Seit 01.10.2009 erhält die Klägerin auch Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines persönlichen Budgets in Höhe von aktuell 34,67 EUR pro Monat. Sie beinhalten Leistungen für Bildung, Freizeit und lebenspraktische Anleitung.
Der Vater der Klägerin ist in Vollzeit auf auswärtigen Baustellen und die Mutter in Teilzeit bei der Deutschen Post beschäftigt.
Die Klägerin besucht aufgrund der Feststellung eines sonderpädagogischem Förderbedarfs im Förderschwerpunkt "Geistige Entwicklung" die ...schule ... , eine Förderschule für geistig Behinderte des CJD ... seit dem 01.08.2006. Der Klägerin wurde seit dem 01.08.2007 jährlich zur Hortbetreuung in der integrativen Kindertagesstätte des CJD ... " ..." Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 53, 54 SGB XII in Form von Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 55 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) gewährt. Die Leistungsgewährung endete mit dem 31.08.2014. Die Mutter der Klägerin beantragte am 11.07.2014 die Fortsetzung der integrativen Betreuung in der v.g. Einrichtung ab 01.09.2014. Mit Bescheid des Landkreises ... vom 16.07.2014 wurde der Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass gemäß Kinderförderungsgesetz (KiFöG) jedes Kind in Sachsen-Anhalt nur bis zur Versetzung in den 7. Schuljahrgang bzw. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz hat. Hiergegen richtet sich der Widerspruch vom 17.07.2014 mit der Begründung, dass diese Entscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 25.09.2014 zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 02.10.2014 erhob die Prozessbevollmächtigte Klage vor dem Sozialgericht Halle. Begründet wurde die Klage im Wesentlichen damit, dass es zwar zutreffe, dass nach § 3 Abs. 1 und 2 KiFöG ein Anspruch auf Gewährung eines Betreuungsplatzes bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres bestehe. Das bedeute jedoch im Umkehrschluss nicht, dass für ältere Kinder ein Betreuungsplatz nicht zur Verfügung gestellt werden dürfe. Die Ablehnung der Bereitstellung eines Betreuungsplatzes wegen Vollendung des 14. Lebensjahres sei ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Gleiches gelte für die Entscheidung über die Gewährung von teilstationäre Eingliederungshilfe. §§ 53, 54 SGB XII enthalte keine Regelung, dass Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ab Vollendung des 14. Lebensjahres nicht mehr gewährt werden dürfe. Bei Bestehen eines behinderungsbedingten Mehrbedarfes müsse dieser gedeckt werden. Schließlich könne die Klägerin nicht auf Leistungen der Pflegekasse oder auf die Unterstützung von Angehörigen verwiesen werden. Die Leistungen der Pflegekasse seien im Umfang und Höhe begrenzt. Die jüngere Schwester dürfte mit der Betreuung der Klägerin überfordert sein. Andere Angehörige stehen nicht zur Verfügung. Gemäß §§ 53, 54 SGB XII iVm § 55 SGB IX bestehe ein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dieser Bedarf sei nach Wegfall der verwaltungsrechtlichen Bewilligung für den integrativen Hort nicht entfallen. Vorliegend greife insbesondere nicht der Hinweis auf eine alternative Betreuungsmöglichkeit, denn diese könne die Klägerin behinderungsbedingt nicht wahrnehmen. Die Klägerin seit behinderungsbedingt nicht in der Lage, die von der Schule angebotenen Lern therapeutischen Angebote in Anspruch zu nehmen. Selbst, wenn es der Schule gelingen würde, auf die Behinderung der Klägerin zugeschnittene Angebote zu schaffen, so wären das Einzelförderungen, die das Ziel der Klage, der Klägerin auch am Nachmittag Kontakte zu Gleichaltrigen zu ermöglichen, nicht erreichen könnten.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.07.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2014 zu verpflichten, die Kosten für eine integrativen Hortplatz für das Schuljahr 2014/2015 zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Nach ihrem Vortrag bestehe bei der Klägerin das Erfordernis, ihre Betreuung nach dem Schulunterricht und (teilweise) in den Ferienzeiten abzusichern. Um Kontakte zu anderen Kindern zu pflegen, besuchte die Klägerin bislang einen integrativen Hort. Ein gesetzlicher Betreuungsanspruch bestehe aufgrund der Vollendung des 14. Lebensjahres nicht mehr (§ 3 Abs. 2 KiFöG). Der Anspruch richte sich gemäß § 3 Abs. 4 KiFöG gegen den örtlichen Träger der Jugendhilfe. Damit sei der Beklagte nicht für die Sicherung einer erforderlichen Betreuung in der begehrten integrativen Kindertagesstätte zuständig. Die von der Klägerin begehrte Verpflichtung des Beklagten, ihr Sachleistung für den Besuch der integrativen Kindertagesstätte zu gewähren oder alternativ die Kosten der Betreuung in der Tageseinrichtung zu übernehmen, sei rechtlich nicht herzuleiten, da der gesetzliche Betreuungsanspruch gegenüber dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus Altersgründen nicht mehr bestehe. Auch ist der Beklagten nicht dafür zuständig, der Klägerin ein Betreuungsangebot in der Förderschule zur Verfügung zu stellen. Nach § 8 Abs. 6 SchulG unterbreiten Förderschulen für geistig Behinderte Ganztagsangebote. Der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sei nicht Träger der Fördererschule ... für das CJD ... Der Beklagte sei zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe. Bei der im Antrag begehrten Betreuung nach der Schule und während der Ferien handele es sich nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe. Die bloße Betreuung der Klägerin während der Abwesenheit der eigentlichen Betreuungspersonen(en) lasse sich nicht unter den in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII genannten Maßnahmen einordnen. Die im Leistungskatalog konkret benannten Leistungen haben die Eingliederung des behinderten Menschen in dem für ihn altersbedingt relevanten Teil der Gesellschaft zum Ziel: Ermöglichung des Schulbesuchs, Ermöglichung einer Berufsausbildung, Ermöglichung eines Studiums, Eingliederung ins Arbeitsleben usw. Angebote zur Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher am Nachmittag und während der Schulferien mit dem Ziel, Berufs- und Familienleben zu vereinbaren, seien keine Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl. Beschluss SG Magdeburg vom 27.06.2014, S 22 SO 17/14 ER). Auch werde durch den Schulbesuch der Klägerin bereits wesentliche Bereiche ihrer gesellschaftlichen Teilhabe gedeckt. So bestehe Kontakt zu Gleichaltrigen, der Erwerb lebenspraktischer Fähigkeiten mit dem Ziel einer größtmöglichen Selbstständigkeit werde geschult, kulturelle Teilhabe durch Schulausflug sei gewährleistet.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Kammer konnte auf Grund des vorliegenden Einverständnisses der Prozessbeteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin hat kein Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe entsprechend der Übernahme der Kosten für einen integrativen Hortplatz für das Schuljahr 2014/2015. Denn der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 16.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch besteht unter Berücksichtigung des zu beachtenden sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes nicht. Daraus folgt, dass im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 2 SGB XII regelmäßig solche Leistungen vom Sozialhilfeträger nicht verlangt werden können, die gesetzlich vom Schulträger zu erfüllen sind. Dass ein dort vorgebrachter Anspruch nicht realisierbar gewesen und der Sozialhilfeträger deshalb trotz des Nachranggrundsatzes zuständig geblieben ist, kann nach dem ausgebliebenen Vorbringen, hinsichtlich des Leistungsbegehrens gegenüber dem Schulträger erfolglos geblieben zu sein, nicht angenommen werden. Der Schulträger ist wegen der ihm nach den schulrechtlichen Vorschriften obliegenden Pflicht, sozialpädagogischen Förderbedarf, der bei der Klägerin wegen ihrer geistigen Behinderung unverkennbar gegeben ist, aus seinen Mitteln abzudecken, von der Erfüllung dieser Pflicht im Hinblick auf die frühere Leistungsgewährung auch nicht entbunden. Geistig - in einem Ausmaß wie die Klägerin - behinderte Schulkinder sind nicht in der Lage, ihren Tag selbst zu strukturieren und sich zu organisieren; sie müssen dazu angeleitet werden. Grundsätzlich gehört sie hiernach dem Kreis der in § 12 Ziff. 1 EGHVO genannten Leistungsberechtigten an, die Eingliederungshilfe zu einer angemessenen Schulbildung beanspruchen können. Sie hat - bei entsprechendem Bedarf - einen Anspruch auf Hilfen, soweit sie erforderlich und geeignet sind, ihr den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Unter Berücksichtigung des hier zu beachtenden sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes hat der Beklagten zutreffend hervorgehoben, dass bei Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung in erster Linie der Schulträger eintrittspflichtig ist (unter Hinweis auf die Kommentierung bei Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, Sozialhilfe, Kommentar, 4. Aufl., Rdnr. 40 zu § 54 SGB XII). Sozialhilfe (hier: Eingliederungshilfe) kann nicht be-ansprucht werden, wenn ein anderer Leistungsträger (hier: der Schulträger) vorrangig eintrittspflichtig ist. Es ist zwar denkbar, dass der Schulträger den ihm obliegenden schulischen Aufgaben nicht hinreichend nachgekommen ist; selbst wenn die begehrte Hilfe vom zuständigen Schulträger danach tatsächlich nicht geleistet wurde, war die Klägerin gehalten, ihren Förderungs- und Betreuungsanspruch gegenüber der Schulverwaltung zu verfolgen. Die Klägerin war nicht gehindert, einen entsprechenden Leistungsanspruch gegenüber dem Schulträger geltend zu machen. Dass sie dies unter-lassen hat, beruht auf Entschlüssen in ihrer Verantwortungssphäre, die sie nicht dem Beklagten anlasten kann. Die nachmittägliche Betreuung der Klägerin im integrativen Hort der Kindertagesstätte ist nicht erforderlich und geeignet, ihr den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu erleichtern - oder diesen sogar erst zu ermöglichen. Im Sinne der vorgenannten Vorschriften umfasst Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung nach § 12 Ziff. 1 EGHVO auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Bei geistig und seelisch zurückgebliebenen Kindern und Jugendlichen wird der Begriff der Schulbildung sehr weit gefasst, wobei die Art der Behinderung nicht außer Acht gelassen werden kann und § 4 SGB IX zu berücksichtigen ist. Allerdings ist im SGB XII eine Definition nicht enthalten, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist. Wahrendorf (a. a. O., Rdnr. 33 zu § 54 SGB XII) umschreibt den Begriff als eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung (vgl. § 12 Ziff. 2 EGHVO). Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung muss dieses Ziel verfolgen. Der Erreichung dieses Ziels muss durch unterstützende Hilfe seitens der Sozialhilfe Rechnung getragen werden, indem beispielsweise Nachhilfeunterricht gewährt oder ein Integrationshelfer zur Verfügung gestellt wird. Da der Begriff der Schulbildung bei geistig behinderten Kindern und Jugendlichen weit zu verstehen ist, kann dazu auch der Besuch eines Horts zählen, sofern dort Maßnahmen erfolgen, die den Schulbesuch erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen, wie beispielsweise die Hausaufgabenbetreuung im Wege einer Anleitung, Hilfestellung und Kontrolle der Hausaufgabenerledigung. Das liegt im vorliegenden Fall jedoch nicht vor, da es nur um die Betreuung der Klägerin in den Nachmittagsstunden geht. Auch besteht ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen der Eingliederungshilfe -hier: fehlende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in der Gemeinschaft am Nachmittag - gemäß §§ 53 und 54 SGB XII nicht. Die Eingliederungshilfe ist immer eine Maßnahme mit einem konkreten Ziel und konkreten Leistungsinhalten. Der § 54 SGB XII benennt solche konkrete Maßnahmen der Eingliederungshilfe. Daneben verweist § 54 SGB XII auf die einschlägigen Teilhaberegelungen SGB IX. Ausgehend von diesen Leistungs Inhalten ist festzustellen, dass es sich bei der begehrten Betreuung nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe handelt. Die Betreuung der Klägerin während der Abwesenheit der eigentlichen Betreuungspersonen lässt sich nicht unter den in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII genannten Maßnahmen einordnen. Die im Leistungskatalog konkret benannten Leistungen haben die Eingliederung des behinderten Menschen in dem für ihn altersbedingt relevanten Teilgesellschaft zum Ziel: Ermöglichung des Schulbesuchs, Ermöglichung einer Berufsausbildung, Ermöglichung eines Studiums, Eingliederung ins Arbeitsleben usw. auch die in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nicht konkret genannten Leistungen der Eingliederungshilfe müssen dem zuvor ganz konkret die Eingliederung des behinderten Menschen in die Gesellschaft zum Ziel haben. Auch der offene Leistungskatalog des § 55 Abs. 2 SGB IX, der konkrete Maßnahmen der gesellschaftlichen Teilhabe benennt, enthält keine Betreuungsleistungen für behinderte Menschen, die der ständigen Aufsicht und Versorgung bedürfen. Angebote zur Betreuung behinderter Kinder und Jugendlicher am Nachmittag und während der Schulferien mit dem Ziel, Berufs- und Familienleben zu vereinbaren, sind keine Leistungen der Ein-gliederungshilfe.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 193 Abs.1 SGG.
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