S 23 (10) AS 88/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 23 (10) AS 88/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 77/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 17/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
1 ...Die Klage wird abgewiesen. 2.Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig sind die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung (LUH) sowie die Erstattung von Umzugskosten.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin zu 1) lebt zusammen mit ihrer 14 jährigen Tochter, der Klägerin zu 2) und steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende –.

Zunächst wohnten die Kläger - damals noch zusammen mit dem Sohn der Klägerin zu 1) - auf der. Die dortige Wohnung der Kläger war 100 qm groß. Die Miete betrug 581,24 Euro. Mit Schreiben vom 24.01.2005 wies die damals zuständige die Kläger darauf hin, dass diese Wohnung unangemessen teuer sei. Für den damals noch aus 3 Personen bestehenden Haushalt sei eine Brutto-Kaltmiete von 390,00 Euro angemessen. Nachdem die Zuständigkeit für SGB II Leistungen auf den Beklagten zu 1) übergegangen war, wies auch dieser mit Schreiben vom 01.02.2005 auf die unangemessen hohen Kosten der Wohnung hin. In diesem Schreiben wurde den Klägern weiter mitgeteilt, dass im Falle eines Umzugs in eine Wohnung zu einem angemessenen Preis unter der Voraussetzung einer vorherigen Zusicherung die Umzugskosten übernommen werden könnten.

Am 16.03.2005 sprach die Klägerin zu 1) beim Beklagten zu 2) vor und teilte mit, dass sie - nunmehr nur noch mit der Klägerin zu 2) - auf die A. ziehen wolle. Ausweislich einer von der Klägerin zu 1) bereits damals vorgelegten Bescheinigung des Vermieters dieser Wohnung hat diese eine Fläche von 76,3 qm. Die Miete beträgt 517,29 Euro. Darin enthalten ist eine Netto-Kaltmiete von 325,80 Euro, eine Nebenkostenpauschale von 66,49 Euro, Heizkosten von 70,00 Euro, Warmwasserkosten von 10,00 Euro und Kosten für eine Garage in Höhe von 45,00 Euro. Die Wohnung ist ausweislich des Mietvertrages öffentlich gefördert, so dass ein Wohnberechtigungsschein erforderlich ist. Der Beklagte zu 2) teilte der Klägerin zu 1) mit, dass diese Wohnung unangemessen teuer sei. Für die Kläger komme lediglich eine Höchstmiete von 365,00 Euro brutto-kalt als Erstattungsbetrag in Betracht. Diese Belehrung wurde schriftlich festgehalten und von der Klägerin zu 1) unterschrieben. Gleichwohl bezogen die Kläger die Wohnung zum 01.05.2005. Dabei fielen Kosten für einen Leihwagen in Höhe von 1206,40 Euro an.

Einen am 12.04.2005 gestellten Antrag der Kläger auf Übernahme der Umzugskosten lehnte der Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 27.04.2005 ab, da der Umzug in eine unangemessen teure Wohnung erfolgt sei. Hiergegen legten die Kläger am 09.05.2005 Widerspruch ein. Die Umzugskosten seien zu ersetzen, da der Umzug durch den Beklagten zu 1) veranlasst worden sei. Die Behauptung, die Kosten der neuen Wohnung seien unangemessen, treffe nicht zu. Entscheidend sei, dass die Kläger die Miete gesenkt hätten.

Mit Bescheid vom 13.05.2005 bewilligte der Beklagte zu 2) den Klägern Leistungen für den Zeitraum Mai bis Oktober 2005 unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 365,00 Euro brutto-kalt, sowie Heizkosten von 80,00 Euro abzüglich eines Warmwasseranteils von 10,00 Euro, zusammen 435,00 Euro. Da die Wohnung angemietet worden sei, obwohl keine Zusicherung erteilt worden sei, könne nur der angemessene Betrag erstattet werden. Der Beklagte zu 2) erließ für den genannten Bewilligungszeitraum weitere Bescheide am 24.05., 23.06., 22.07., 23.08. und 23.09., in denen ebenfalls nur der zuvor genannte Betrag für LUH genannt wurde. Gegen diese Bescheide legten die Kläger am 23.06.2005, 04.08.2005, 26.08.2005, 21.09.2005 und 12.10.2005 Widersprüche ein. Die Angemessenheit der Wohnung sei schon deshalb gegeben, da die Wohnung öffentlich gefördert sei. Insofern werde auf den Beschluss des Sozialgerichtes – SG – Dortmund vom 08.02.2005 (S 33 AS 14/05 ER) verwiesen. Mit Schreiben vom 22.08.2005 erklärte der Beklagte zu 2), dass er den Widerspruch vom 23.06.2005 auch als fristgerechten Widerspruch gegen den Verwaltungsakt vom 13.05.2005 ansehe.

Im Hinblick auf die Ablehnung der Umzugskosten erließ der am 20.07.2005 (zugegangen beim Prozessbevollmächtigten der Kläger am 25.07.2005) einen ablehnenden Widerspruchsbescheid. Am 23.11.2005 erließ er des Weiteren einen ablehnenden Widerspruchsbescheid im Hinblick auf die Widersprüche gegen die Höhe der LUH. Der von den Klägern angeführte Beschluss des SG Dortmund sei hier nicht einschlägig, da in dem dort zu Grunde liegenden Fall die Größe der Wohnung angemessen gewesen sei.

Gegen diese Widerspruchsbescheide wenden sich die Kläger mit Klagen vom 25.08.2005 und 09.12.2005, die das Gericht nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 13.04.2006 verbunden hat.

Die Kläger tragen vor, ihre neue Wohnung sei schon deshalb angemessen, da es sich um öffentlich geförderten Wohnraum handele. Weiter sei das von den Beklagten herangezogene Wohngeldgesetz für die Bestimmung der Angemessenheit der LUH nicht geeignet. Die Warmmiete der neuen Wohnung übersteige den erstattungsfähigen Betrag lediglich um 27,21 Euro und damit um weniger als 10%. Insofern hätten die Beklagten Ermessen ausüben müssen. Außerdem habe das SG Aachen in seinem Urteil vom 16.11.2005 (S 11 AS 70/05) entschieden, dass Alleinerziehenden mit Kindern ein weiterer Raum zugebilligt werden müsse. Deshalb sei im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass für die Kläger 75 qm angemessen seien.

Die Kläger beantragen,

1.den Bürgermeister der Stadt unter Abänderung der Verwaltungsakte vom 13.05., 24.05., 23.06., 22.07., 23.08. und 23.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2005 zu verurteilen, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft für Mai bis Oktober 2005 zu gewähren,

2.den Bürgermeister der Gemeinde unter Aufhebung des Verwaltungsaktes vom 27.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2005 zu verurteilen, Umzugskosten in Höhe von 1206,40 Euro zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Die neue Wohnung der Kläger sei zu groß. Den besonderen Bedürfnissen von Alleinerziehenden sei bereits in hinreichender Weise durch den entsprechenden Mehrbedarf nach § 21 SGB II Rechnung getragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Zulässigkeit der Klage steht im Hinblick auf den Antrag zu 1) nicht entgegen, dass die Kläger Widerspruch gegen den insoweit maßgeblichen Bescheid vom 24.05.2005 erst am 23.06.2005 und damit nicht mehr innerhalb der Monatsfrist nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG eingelegt haben. Denn der Landrat des Kreises E hat als zuständige Widerspruchsbehörde trotzdem sachlich über den Widerspruch entschieden und damit die Fristverletzung geheilt (vgl. hierzu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, 2005, § 84 Rdnr. 7).

Die Klage ist aber unbegründet, da die Kläger durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert sind. Diese sind rechtmäßig. Die Kläger haben weder einen Anspruch auf höhere LUH, noch auf Erstattung der Umzugskosten.

Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten gemäß §§ 19 Satz 1 Nr. 1, 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II LUH in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind die tatsächlichen Aufwendungen so lange als Bedarf zu berücksichtigen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Der Begriff der Angemessenheit wird im SGB II nicht definiert. Die nach § 27 Nr. 2 SGB II zu diesem Zweck vorgesehene Verordnung ist bislang noch nicht erlassen worden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das von diesen zur Bestimmung des Begriffes der Angemessenheit herangezogene Wohngeldgesetz (WoGG) im Regelfall nicht geeignet, den Begriff der Angemessenheit zu konkretisieren. Die vielfach gegen die Anwendung des WoGG vorgetragenen Bedenken (vgl. Hessisches Landessozialgericht - LSG - , Beschluss vom 28.03.2006, L 7 AS 122/05 ER; SG Bayreuth, Urteil vom 23.06.2006, S 4 AS 535/05; SG Konstanz, Gerichtsbescheid vom 03.05.2006, S 9 AS 2353/05; SG Osnabrück, Urteil vom 05.05.2005, S 22 AS 295/05 sowie SG Aachen, Urteil vom 10.08.2006, S 9 AS 48/06) wurden zwischenzeitlich durch das Bundessozialgericht - BSG - bestätigt. Danach ist "nicht von vornherein und pauschal auf die Werte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz" zurückzugreifen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Terminbericht Nr. 58/06). Die im konkreten Fall als angemessen anzusehenden Kosten von Unterkunft und Heizung ergeben sich vielmehr aus dem Produkt einer von der Zahl der Personen abhängigen, abstrakt zu bestimmenden Quadratmeterzahl und einem nach den örtlichen Verhältnissen zu bestimmenden Quadratmeterpreis. Die Bestimmung der als angemessen anzusehenden Quadratmeterzahl erfolgt unter Bezugnahme auf die Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz. Die Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises erfolgt unter Zuhilfenahme des örtlichen Mietspiegels, wobei auf einen Wohnungsstandard im unteren Marktsegment abzustellen ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.08.2005, L 19 B 28/05 AS ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 24.04.2006, L 9 AS 39/06 ER und jetzt auch BSG, a.a.O.; vgl. weiter zur Bestimmung der angemessenen LUH LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.08.2005, L 19 B 21/05 AS ER).

Gemäß Ziffer 5.71 der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz (vgl. Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, Nr. 23 vom 10.05.2002, Seite 400) stehen einem Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen - wie im vorliegenden Fall - 60 qm zu.

Nach dem von den Klägern zitierten Urteil der 11. Kammer des Sozialgerichts Aachen vom 16.11.2005 (S 11 AS 70/05) sind jedoch Ausnahmen von den Vorgaben der Ziffer 5.71 der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz möglich. Diese sehen in Ziffer 5.72 einen zusätzlichen Raum bzw. eine zusätzliche Wohnfläche von 15 qm für bestimmte Sonderfälle vor, unter anderem für Alleinerziehende mit Kindern ab vollendetem sechstem Lebensjahr. Wenn für die Bestimmung des Angemessenheitsbegriffs in § 22 SGB II die Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz herangezogen würden, so die 11. Kammer in dem genannten Urteil, so müssten neben den Regelangaben in Ziffer 5.71 auch die Ausnahmen nach Ziffer 5.72 zur Anwendung kommen. Dafür spreche weiter, dass die in Ziffer 5.72 berücksichtige besondere Situation von Alleinerziehenden auch im SGB II anerkannt sei, das in § 21 Abs. 3 SGB II einen entsprechenden Mehrbedarf zuerkenne. Die Übernahme dieser Ausnahmevorschrift in das SGB II sei auch insofern gerechtfertigt, als sich die Situation eines Ehepaares mit einem Kind von der eines Alleinerziehenden mit zwei Kindern unterscheide. Während das Ehepaar in einer 3-Zimmer-Wohnung, wie sie Ziffer 5.71 der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz für einen 3-Personen-Haushalt vorsieht, über ein Wohn-, ein Schlaf- und ein Kinderzimmer verfüge, sei der Alleinerziehende in einer solchen Wohnung gezwungen, entweder beide Kinder in einem Raum unterzubringen oder auf das Wohnzimmer zu verzichten. Diese Überlegung könne, so die Kläger, auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Würden sie auf eine 2-Zimmer-Wohnung verwiesen, müssten sie entweder auf ein eigenes Zimmer für die Klägerin zu 2) oder auf ein Wohnzimmer verzichten.

Die Kammer schließt sich der von den Klägern angeführten Rechtsprechung – jedenfalls für den hier vorliegenden Fall eines Alleinerziehenden mit einem Kind – nicht an. Werden für eine alleinerziehende Person mit einem Kind drei Wohnräume für notwendig gehalten, dann bedeutet dies letztlich nicht nur die Anerkennung eines einzelnen Zimmers für ein Kind, sondern darüber hinaus die Anerkennung eines "Rechts auf ein Wohnzimmer". Denn dem hier unterstellten Bedürfnis eines Kindes auf ein eigenes Zimmer könnte auch in einer Wohnung mit zwei Wohnräumen Rechnung getragen werden. Wird aber durch Anerkennung eines weiteren Raumes im vorliegenden Fall letztlich ein "Recht auf ein Wohnzimmer" stipuliert, so führt dies zu Wertungswidersprüchen im Vergleich mit der für einen Alleinstehenden als angemessen angesehenen Wohnfläche. Nach Ziffer 5.71 der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz steht einem Alleinstehenden nämlich nur eine Wohnfläche von 45 qm zu, was einer Wohnung mit einem Wohnraum entsprechen soll. Wird nun einem Alleinerziehenden mit einem Kind neben einem eigenen Raum für das Kind auch ein Wohnzimmer zuerkannt, so stellt sich die Frage, warum dann nicht auch der Alleinstehende ein "Recht auf ein Wohnzimmer" haben soll. Die Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz sehen ein solches aber nicht vor.

Problematisch erscheint des Weiteren die Grundannahme der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz, dass eine 45 qm große Wohnung über einen Wohnraum, eine 60 qm große Wohnung über 2 Wohnräume usw. verfügen soll. Auch wenn dies im Regelfall so sein sollte, so gibt es doch Wohnungen, die bei gleicher Quadratmeterfläche über einen weiteren Raum verfügen. Jedenfalls bestehen Zweifel daran, dass über den Angemessenheitsbegriff des § 22 SGB II ein Anspruch auf eine bestimmte Zahl von Wohnräumen gegeben sein soll. Dagegen spricht auch die so genannte Produkttheorie, die bei der Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach ganz überwiegender Ansicht zur Anwendung kommen soll (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O. und jetzt auch BSG, a.a.O.). Danach kommt es - wie bereits beschrieben - letztlich nicht auf die einzelnen Faktoren der Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft an, sondern eben auf das Produkt dieser Berechnung. Die Hilfebedürftigen haben dadurch die Möglichkeit, beispielsweise eine größere, dafür aber weniger günstig gelegene Wohnung anzumieten, solange nur der Preis nicht die Angemessenheitsgrenze überschreitet. Auf diese Weise wird den Hilfebedürftigen ein Spielraum eröffnet, der dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB II niedergelegten Grundsatz der Eigenverantwortung entspricht.

Die demnach maßgeblichen 60 qm sind zu multiplizieren mit einem Quadratmeterpreis von 4,48 Euro. Ausgehend davon, dass Hilfebedürftige auf Wohnungen im unteren Preissegment zu verweisen sind, ermittelt die Kammer den angemessenen Quadratmeterpreis, indem auf den Mindestquadratmeterpreis für eine Wohnung mittlerer Ausstattung in mittlerer Wohnlage 30% der Preisspanne zum höchsten Quadratmeterpreis aufgeschlagen werden (vgl. auch SG Aachen, Urteil vom 25.09.2006, S 23 (15) AS 145/05). Der Mietspiegel für die Stadt E sieht insofern eine Spanne von 3,70 Euro bis 6,30 Euro vor. 30% der Differenz von 3,70 Euro zu 6,30 Euro (2,60 Euro) sind 0,78 Euro, so dass der maßgebliche Wert 4,48 Euro beträgt.

Werden zu dem Produkt (268,80 Euro) die tatsächlichen Nebenkosten (ohne Kosten der Warmwasseraufbereitung und der Garage) von 66,49 Euro hinzugerechnet, so ergibt sich eine Brutto-Kaltmiete von 335,29 Euro. Dieser Betrag liegt sogar noch unter dem von dem Beklagten zu 2) angesetzten Betrag von 365,00 Euro.

Der Unangemessenheit der Wohnung steht weiter nicht entgegen, dass es sich dabei um eine öffentlich geförderte Wohnung handelt, deren Bezug einen Wohnberechtigungsschein erfordert. Wie der Beklagte zu 2) zutreffend ausführt, steht dem insbesondere nicht der Beschluss des Sozialgerichtes Dortmund vom 08.02.2005 (S 33 AS 14/05 ER) entgegen. Denn im dortigen Fall hatte das Gericht zunächst festgestellt, dass die Wohnfläche angemessen sei. Erst in einem zweiten Schritt wurde für diese als angemessen groß angesehene Wohnung festgestellt, dass dann auch auf Grund der öffentlichen Förderung der Preis als angemessen anzusehen sei. Im vorliegenden Fall überschreitet dagegen die Wohnung mit 76,3 qm die als angemessen angesehene Fläche von 60 qm deutlich. Darüber hinaus bestehen Bedenken dagegen, dass die öffentliche Förderung einer Wohnung tatsächlich maßgeblich für die Bestimmung der Angemessenheit im Sinne des SGB II sein soll. Denn die Wohnraumförderung hat als Zielgruppe einen größeren bzw. anderen Kreis von Personen als das SGB II. Dies ergibt sich aus § 1 Wohnraumförderungsgesetz - WoFG - und den für den Erwerb eines Wohnberechtigungsscheines nach § 5 Wohnungsbindungsgesetz - WoBindG - und § 27 WoFG maßgeblichen Einkommensgrenzen, die deutlich über den Bedarfssätzen des SGB II liegen (vgl. §§ 9,20 ff. WoFG).

Der Beklagte zu 2) war auch berechtigt, unmittelbar ab Einzug der Kläger in ihre neue Wohnung nur noch den angemessenen Betrag zu zahlen. Dem steht § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht im Wege. Die dort vorgesehene vorübergehende Tragung der tatsächlichen Kosten ist für den Fall vorgesehen, dass der Hilfebedürftige einen Umzug aus einer unangemessen teuren Wohnung plant und zur Suche einer angemessen großen Wohnung Zeit benötigt. Würde diese Frist durch einen Umzug ohne Zustimmung des zuständigen Leistungsträgers von Neuem zu laufen beginnen, so könnte der Hilfebedürftige durch entsprechend häufige Umzüge eine Reduzierung der Kosten auf einen angemessenen Betrag dauerhaft verhindern.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass innerhalb von E kein Wohnraum zu dem als angemessen anzusehenden Preis vorhanden gewesen wäre. Dafür spricht bereits die von dem Beklagten zu 2) im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegte umfangreiche Liste mit Wohnungsangeboten aus Düren, die zum Teil auch Drei-Zimmer-Wohnungen umfassen. Zwar beziehen sich diese Angebote auf den Zeitraum März bis Mai 2006. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Situation im Jahr zuvor grundlegend anders gewesen sein sollte.

Des Weiteren besteht kein Anspruch auf Erstattung der Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Denn es fehlt schon an der vorherigen Zusicherung durch den kommunalen Träger. Dabei kann hier unentschieden bleiben, ob eine vorherige Zustimmung ausnahmsweise entbehrlich sein kann (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.04.2006, L 20 B 79/06 AS ER). Denn weitere Voraussetzung für die Übernahme von Umzugskosten ist die Angemessenheit der Kosten der neuen Wohnung (vgl. SG Lüneburg, Beschluss vom 28.03.2006, S 25 AS 145/06 ER; SG Düsseldorf, Beschluss vom 08.11.2006, S 28 AS 273/06 ER; SG Aachen, Urteil vom 06.10.2006, S 8 AS 51/06; offen gelassen in LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.01.2006, L 13 AS 4740/05 ER-B). Wie bereits oben gezeigt, ist die neue Wohnung hier gerade nicht angemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Nach Verbindung der Klagen ist der Wert beider Klageansprüche gemäß § 202 SGG i.V.m. § 5 Zivilprozeßordnung (ZPO) zusammenzurechnen (vgl. Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 113 Rdnr. 4 i.V.m. § 144 Rdnr. 16).
Rechtskraft
Aus
Saved