S 20 SO 16/08 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 16/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der 1960 geborene Antragsteller (Ast.) bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 1.272,89 EUR. Er lebt von seiner Ehefrau und seinen 6 Kindern getrennt und wohnt zurzeit in einem Wohnwagen. Diesen muss er laut Ordnungsverfügung des Bauordnungsamtes des Antragsgegners (Ag.) vom 26.10.2007 räumen; die Beteiligten haben sich diesbezüglich vor dem Verwaltungsgericht B. am 08.01.2008 (3 L 416/07) dahingehend geeinigt, dass der Ast. den Rechtsbehelf gegen die Ordnungsverfügung zurücknimmt und der Ag. aus der Verfügung nicht vor dem 17.03.2008 vollstrecken wird.

Durch Mitwirkung des Ordnungsamtes des Ag. konnte dem Ast. eine Wohnung zur Verfügung gestellt werden, für die er auch bereits einen Wohnberechtigungsschein besitzt. Die Wohnung kann der Ast. ab 01.03.2008 anmieten. Der Vermieter verlangt hierfür die Zahlung einer Mietkaution von 675,00 EUR, zahlbar in drei Monatsraten je 225,00 EUR. Mit dem Vormieter der Wohnung traf der Ast. eine Vereinbarung dahingehend, dass er dessen Möbel (Waschmaschine, Ausstattung der Küche mit Spüle, Spülmaschine, E-Herd, Kühl/Gefrierkombination und Schränken, ein Bett im Schlafzimmer, die Ausstattung des Wohnzimmers mit Wohnzimmerschrank und Tisch sowie einer Couchgarnitur) zum Preis von 800,00 EUR übernimmt.

Am 20.02.2008 beantragte der Ast. bei dem Ag. die darlehensweise Übernahme der Mietkaution und der Kosten für die Übernahme der Möbel vom Vormieter. Der Ag. erklärte sich lediglich bereit, ein Darlehen für die Möbel in Höhe von 165,20 EUR zu gewähren und kündigte einen schriftlichen Bescheid darüber an.

Daraufhin hat der Ast. am 22.02.2008 beim Sozialgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er trägt vor, er habe nur 770,00 EUR zu seiner Verfügung, weil er Unterhalt zahlen müsse. Sein Lebensunterhalt sei damit zwar geregelt, jedoch habe er keinerlei Rücklagen, sondern erhebliche Schulden. Möglicherweise werde noch ein Privatinsolvenzverfahren eingeleitet. Er sei deshalb nicht in der Lage, die Kaution und die 800,00 EUR aufzubringen. Kredit erhalte er wegen seiner Überschuldung nicht. Ihm gehöre zwar ein hälftiger Grundbesitzanteil an dem Haus L. Str. 16; er könne zurzeit aber nicht verkaufen, weil alles wegen des Scheidungsverfahrens gesperrt sei. Es sei also eine Frage der Zeit, bis er wieder zu Geld komme; dann könne er seine Schulden begleichen. Zusätzlich zu den begehrten Sozialleistungen hat der Ast. am 25.02.2008 beim Ag. einen Antrag auf Eingliederungshilfe gestellt und - bevor darüber entschieden worden ist - den Eilantrag beim Sozialgericht entsprechend erweitert.

Der Antragsteller beantragt,

1.ihm für den Bezug der Wohnung in der L. Str. 5, in C., die Mietkaution in Höhe von 675,00 EUR, zahlbar in 3 Raten zu 225,00 EUR, und den Abstand für die Möbelüber- nahme vom Vormieter in Höhe von 800,00 EUR darlehensweise zu gewähren, 2.ihm Eingliederungshilfe bei der Wohnungsbeschaffung aufgrund seiner Behinderung zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

Er hat dem Ast. durch Bescheid vom 22.02.2008 für die Erstausstattung der Wohnung L. Str. 5 einschließlich Haushaltsgeräte eine einmalige Leistung in Höhe von 165,00 EUR als Darlehen bewilligt, jedoch die darlehensweise Übernahme der Kaution abgelehnt. In der Anlage zu dem Bescheid hat er in einer Bedarfsberechnung für die Monate Februar bis April 2008 den - fiktiven - Grundsicherungsbedarf dem berücksichtigungsfähigem Einkommen gegenübergestellt und ist zum Ergebnis gekommen, dass sich hieraus für Februar 2008 ein (darlehensweiser) Anspruch in Höhe von lediglich 165,20 EUR begründen lässt. Der Ag. weist darauf hin, dass der Ast. von seiner Erwerbsunfähigkeitsrente nicht nur 770,00 EUR zur Verfügung habe; der von ihm tatsächlich gezahlte Unterhalt belaufe sich nachweislich der von ihm vorgelegten Kontoaufstellung auf insgesamt 0,10 EUR monatlich für seine Frau und seine unterhaltsberechtigten Kinder. Der Ursprung der vom Ast. angesprochenen Schuldverpflichtungen liege in der Vergangenheit. Die Voraussetzungen für die Übernahme von Schulden, insbesondere die Berücksichtigung der sog. "eheprägenden Schulden" lägen nicht vor. Der Bedarf für die Kaution sei zunächst nur die erste Rate von 225,00 EUR, die Rahmen des Unterkunftsbedarfs berücksichtigt werde. Die Übernahme der Kosten für die Möbelübernahme komme als einmalige Leistung zwar grundsätzlich in Betracht, jedoch im Hinblick auf das zu berücksichtigende Einkommen nur in Höhe von 165,20 EUR. Der Antrag auf Eingliederungshilfe sei zuständigkeitshalber an den Kreis B. weitergeleitet worden.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Ast. muss glaubhaft machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO), dass ihm ein Anspruch auf die geltend gemachte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch) und dass das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren für ihn mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (Anordnungsgrund). Einstweilige Anordnungen kommen grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Beseitigung einer gegenwärtigen Notlage dringend geboten ist.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

Für den Antrag zu 1. (Übernahme der Mietkaution und der Kosten für die Möbelübernahme) fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch. Über die bewilligten 165,20 EUR ist der Ast. nicht hilfebedürftig, um gem. § 42 Satz 1 i.V.m. §§ 29 Abs. 1 Satz 7, 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII (weitere) Leistungen für Unterkunft und Erstausstattung für die Wohnung aus Mitteln der Sozialhilfe verlangen zu können. Der Ag. hat in der Anlage zum Bescheid vom 22.02.2008 den Bedarf des Ast. unter Berücksichtigung der (ersten) Rate für die geltend gemachte Kaution als Kosten der Unterkunft in Höhe von 225,00 EUR zutreffend mit 604,49 EUR ermittelt. Diesem Bedarf steht berücksichtigungsfähiges Einkommen 1.239,29 EUR gegenüber. Auch dieses Einkommen hat der Ag. in der Anlage zum Bescheid vom 22.02.2008 zutreffend aus der Erwerbsunfähigkeitsrente abzüglich eines Eigenbeitrags "Riesterrente" in Höhe von 33,50 EUR sowie eines Unterhaltsbeitrags von 0,10 EUR berechnet. Hieraus ergibt sich ein übersteigendes Einkommen von 634,80 EUR. Für die - vom Ag. grundsätzlich anerkannten - Erstausstattungskosten von 800,00 EUR verbleiben somit noch 165,20 EUR, die der Ag. dem Ast. durch den Bescheid vom 22.02.2008 bewilligt hat. Eine darüberhinausgehende Leistung der ersten Kautionsrate von 225,00 EUR komme nicht in Betracht, weil diese bereits im Rahmen des Unterkunftsbedarfs in die Rechnung eingeflossen sind. Auch die Bedarfsberechnung für die Monate März und April 2008, die ebenfalls als Anlage dem Bescheid vom 22.02.2008 beigefügt sind und in die zusätzlich zu den nun anfallenden Mietkosten aufgrund der vorgesehenen Anmietung der Wohnung Königsberger Str. 5 die beiden weiteren Kautionsraten von je 225,00 EUR eingeflossen sind, sind auf der Basis der aktuellen Einkommens- und Vermögenssituation nicht zu beanstanden.

Unabhängig davon hat der Ast. auch einen Anordnungsgrund nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Ausweislich der von ihm vorgelegten Kontenunterlagen steht sein Postbankkonto (Stand: 20.02.2008) mit 10,00 EUR im Plus. Spätestens am 29.02.2008 kann der Ast. über die nächste Rentenzahlung in Höhe von 1.272,89 EUR verfügen. Aus dieser Geldleistung, die für die Dauer von 7 Tagen seit der Gutschrift der Überweisung unpfändbar ist (vgl. § 55 Abs. 1 SGB I), kann der Ast. jedenfalls die erste Rate der Mietkaution von 225,00 EUR bezahlen, sodass er die Wohnung ab 01.03.2008 mieten kann. Von dem verbleibenden Rentenbetrag könnte der Ast., sofern er mit dem Vormieter keine andere Vereinbarung über die Kosten der Möbel erzielen kann, noch die fehlenden 634,80 EUR bezahlen. Soweit er geltend macht, noch anderweitige Schulden zu haben, sind diese von ihm nicht substanziiert worden und im Übrigen auch sozialhilferechtlich nicht berücksichtigungsfähig. Über die Unterhaltsforderungen seiner Ehefrau und seiner Kinder wird zurzeit noch vor dem Familiengericht gestritten; tatsächlich zahlt er zurzeit nur 0,10 EUR pro Monat.

Sollte der Ast. durch die Ausgaben für die Unterkunft und die Erstausstattung im März 2008 in eine Situation geraten, dass er nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, kann er sich erneut an den Antragsgegner wenden. Hierüber ist jedoch für den aktuellen Bedarfszeitraum Februar 2008 im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht zu entscheiden.

Hinsichtlich des Antrags zu 2. (Eingliederungshilfe) ist weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund ersichtlich. Der Ag. ist für diese Leistung nicht zuständig und hat den Antrag an den zuständigen Kreis Aachen weitergeleitet. Eine besondere Eilbedürftigkeit, die es rechtfertigt und notwendig macht, über diesen Antrag durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entscheiden, ist weder dargelegt noch nachvollziehbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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