Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 1/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung hat und deshalb ab 01.09.2007 höhere Leistungen der Sozialhilfe beanspruchen kann.
Der am 00.00.1963 geborene Kläger leidet an einer atopischen Dermatitis (Neurodermitis), multiplen Allergien und einer reaktiven depressiven Verstimmung. Er bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und ergänzend hierzu von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung (GSi) bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Für die Zeit vom 01.09.2003 bis 31.08.2007 bewilligte der Beklagte einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Der Kläger wandte sich seinerzeit gegen die Höhe des Mehrbedarfszuschlags. Seine darauf gerichtete Klage wies das Sozialgericht Aachen nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachten von dem Internisten Dr. K. durch Urteil vom 23.05.2007 ab (S 19 SO 24/05) ab. Im anschließenden Berufungsverfahren (L 9 SO 21/07) hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ein weiteres Gutachten von Dr. Internisten und Ernährungsmediziner Dr. N. vom 08.07/ 08.09.2008 eingeholt. Daraufhin nahm der Kläger am 20.02.2009 die Berufung zurück.
Bereits am 17.08.2007 hatte der Kläger beim Beklagten die Weitergewährung des Mehrbedarfszuschlags ab 01.09.2007 beantragt. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 19.10.2007 ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 06.12.2007 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 07.01.2008 Klage erhoben. Er trägt vor, seine Hauterkrankung habe sich wesentlich verschlimmert.
Der Kläger beantragt dem Sinne seines schriftsätzlichen Vorbringens nach,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19.10.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2007 zu verurteilen, ihm ab dem 01.09.2007 weiterhin Leistungen wegen Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verbleibt bei seiner in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Zur Begründung verweist er auf eine ärztliche Stellungnahme der Gesundheitsamtsärztin Dr. O. vom 17.09.2007, in der diese festgestellt hat, dass das Hautbild bei einer Neurodermitiserkrankung häufig durch eine so genannte "Auslassdiät" d.h. Weglassen bestimmter Nahrungsmittel positiv beeinflusst wird; Mehrkosten entstünden durch diese Art der Ernährung nicht.
Mit Schreiben vom 26.03.2009 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakte S 19 SO 24/05, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
II.
Gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erhöhte Sozialhilfeleistungen wegen Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung.
Nach § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Der Kläger bedarf jedoch keiner Ernährung, deren Kosten über den üblichen Bedarf hinausgehen. Dies folgt aus den Gutachten von Dr. K. und Dr. N., die vom Sozialgericht im Verfahren S 19 SO 24/05 und vom LSG NRW im Verfahren L 9 SO 21/07 eingeholt worden sind. Der Internist und Ernährungsmediziner Dr. O. hat ausgeführt, dass der Kläger aufgrund einiger vermuteter Nahrungsmittelallergien eine Kost nach diätetisch ökotrophologischer Beratung bezüglich allergesierender Nahrungsmittel zu sich nehmen sollte. Eine Umstellung der Ernährung sei ihm durchaus zumutbar. Ein Bedarf über den üblichen Bedarf hinaus bestehe dadurch jedoch nicht. Zu diesem Ergebnis ist auch der Sachverständige Dr. K. gekommen. Soweit der Kläger den Verzehr von Nahrungsmitteln mit über 6000 Kalorien pro Tag geltend macht, sind nach Auffassung beider Sachverständiger keine medizinischen Gründe erkennbar, dass der Kläger auf diese Nahrungsmittel in den angegebenen Mengen angewiesen ist. Das Gutachten von Dr. K. datiert aus Februar 2007, das Gutachten von Dr. N. wurde im Sommer 2008 erstellt. Es besteht für die Kammer keine Veranlassung, den medizinischen Sachverhalt durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aufzuklären. Dies gilt umso mehr, als nach den neuen "Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 01.10.2008 bei einer Neurodermitis regelmäßig eine "Vollkost" angezeigt und in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen ist. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins können im Regelfall zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs im Sinne des § 30 Abs. 5 SGB XII herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/11 b AS 3/07 R). Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs sind stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist (BSG, Urteile vom 27.02.2008 -B 14/7 b AS 32/06 R und B 14/7 b AS 64/06 R). Im Fall des Klägers wurde der medizinische Sachverhalt umfassend und ausreichend durch die beiden Gutachten von Dr. K. und Dr. N. aufgeklärt. Nach diesen Gutachten steht fest, dass ein Mehrbedarf für Kosten aufwändige Ernährung beim Kläger medizinisch nicht begründet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 193 SGG.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung hat und deshalb ab 01.09.2007 höhere Leistungen der Sozialhilfe beanspruchen kann.
Der am 00.00.1963 geborene Kläger leidet an einer atopischen Dermatitis (Neurodermitis), multiplen Allergien und einer reaktiven depressiven Verstimmung. Er bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und ergänzend hierzu von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung (GSi) bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Für die Zeit vom 01.09.2003 bis 31.08.2007 bewilligte der Beklagte einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Der Kläger wandte sich seinerzeit gegen die Höhe des Mehrbedarfszuschlags. Seine darauf gerichtete Klage wies das Sozialgericht Aachen nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachten von dem Internisten Dr. K. durch Urteil vom 23.05.2007 ab (S 19 SO 24/05) ab. Im anschließenden Berufungsverfahren (L 9 SO 21/07) hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ein weiteres Gutachten von Dr. Internisten und Ernährungsmediziner Dr. N. vom 08.07/ 08.09.2008 eingeholt. Daraufhin nahm der Kläger am 20.02.2009 die Berufung zurück.
Bereits am 17.08.2007 hatte der Kläger beim Beklagten die Weitergewährung des Mehrbedarfszuschlags ab 01.09.2007 beantragt. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 19.10.2007 ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 06.12.2007 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 07.01.2008 Klage erhoben. Er trägt vor, seine Hauterkrankung habe sich wesentlich verschlimmert.
Der Kläger beantragt dem Sinne seines schriftsätzlichen Vorbringens nach,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19.10.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2007 zu verurteilen, ihm ab dem 01.09.2007 weiterhin Leistungen wegen Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verbleibt bei seiner in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Zur Begründung verweist er auf eine ärztliche Stellungnahme der Gesundheitsamtsärztin Dr. O. vom 17.09.2007, in der diese festgestellt hat, dass das Hautbild bei einer Neurodermitiserkrankung häufig durch eine so genannte "Auslassdiät" d.h. Weglassen bestimmter Nahrungsmittel positiv beeinflusst wird; Mehrkosten entstünden durch diese Art der Ernährung nicht.
Mit Schreiben vom 26.03.2009 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Gerichtsakte S 19 SO 24/05, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
II.
Gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erhöhte Sozialhilfeleistungen wegen Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung.
Nach § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Der Kläger bedarf jedoch keiner Ernährung, deren Kosten über den üblichen Bedarf hinausgehen. Dies folgt aus den Gutachten von Dr. K. und Dr. N., die vom Sozialgericht im Verfahren S 19 SO 24/05 und vom LSG NRW im Verfahren L 9 SO 21/07 eingeholt worden sind. Der Internist und Ernährungsmediziner Dr. O. hat ausgeführt, dass der Kläger aufgrund einiger vermuteter Nahrungsmittelallergien eine Kost nach diätetisch ökotrophologischer Beratung bezüglich allergesierender Nahrungsmittel zu sich nehmen sollte. Eine Umstellung der Ernährung sei ihm durchaus zumutbar. Ein Bedarf über den üblichen Bedarf hinaus bestehe dadurch jedoch nicht. Zu diesem Ergebnis ist auch der Sachverständige Dr. K. gekommen. Soweit der Kläger den Verzehr von Nahrungsmitteln mit über 6000 Kalorien pro Tag geltend macht, sind nach Auffassung beider Sachverständiger keine medizinischen Gründe erkennbar, dass der Kläger auf diese Nahrungsmittel in den angegebenen Mengen angewiesen ist. Das Gutachten von Dr. K. datiert aus Februar 2007, das Gutachten von Dr. N. wurde im Sommer 2008 erstellt. Es besteht für die Kammer keine Veranlassung, den medizinischen Sachverhalt durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aufzuklären. Dies gilt umso mehr, als nach den neuen "Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 01.10.2008 bei einer Neurodermitis regelmäßig eine "Vollkost" angezeigt und in der Regel ein krankheitsbedingt erhöhter Ernährungsaufwand zu verneinen ist. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins können im Regelfall zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs im Sinne des § 30 Abs. 5 SGB XII herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/11 b AS 3/07 R). Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs sind stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist (BSG, Urteile vom 27.02.2008 -B 14/7 b AS 32/06 R und B 14/7 b AS 64/06 R). Im Fall des Klägers wurde der medizinische Sachverhalt umfassend und ausreichend durch die beiden Gutachten von Dr. K. und Dr. N. aufgeklärt. Nach diesen Gutachten steht fest, dass ein Mehrbedarf für Kosten aufwändige Ernährung beim Kläger medizinisch nicht begründet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 193 SGG.
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