Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 85/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 205/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Ganzkörperstraffung (Bodylift), einer Oberschenkelstraffung sowie einer Brust- und Oberarmstraffung.
Der am 00.00.00 geborene Kläger wog im Jahre 2006 140 kg bei einer Körpergröße von 183 cm (Body-Mass-Index [BMI]: 41,8). Nach einer im November 2006 erlittenen Lungenembolie begann er eine Gewichtsreduktion; durch sportliche Betätigung und Ernährungsumstellung senkte er sein Körpergewicht auf 73 kg und hält dieses konstant. Durch die Gewichtsabnahme kam es laut ärztlichem Attest des behandelnden Hausarztes zur "Ausbildung von störenden Bindegewebsüberhängen an Bauch, Brust und Oberarmen".
Am 25.01.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten ein Ganzkörperstraffung (Bodylift) nach Lockwood mit anschließender Oberschenkel- sowie Brust- und Oberarmstraffung. Er legte dazu eine befürwortende Bescheinigung von Dr. S., Chefarzt der Klinik für plastische Chirurgie des Dreifaltigkeits-Krankenhauses Wesseling, vom 14.12.2007 vor.
In einem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 19.03.2008 kam Dr. N. zum Ergebnis, es liege kein krankheitswerter Befund und keine körperliche Entstellung vor; die beantragte Maßnahme zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung könne nicht befürwortet werden.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 08.04.2008 ab.
Dagegen legte der Kläger am 29.04.2008 Widerspruch ein; er verwies auf unangenehme Empfindungen, sich vor der eigenen Freundin zu entkleiden, oder bei Besuchen in Schwimmbädern oder Saunen. Er legte ein Schreiben seiner Freundin vor, in der diese die belastenden Empfindungen des Klägers im Sexualleben sowie bei Strand- oder Schwimmbadbesuchen bestätigte; sie wies darauf hin, dass der Kläger allein wegen seiner Hygienemaßnahmen keine Ekzeme und Nässe unter den hängenden Hautstellen habe.
Nach Einholung einer weiteren MDK-Stellungnahme wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18.07.2008 zurück.
Die dagegen am 02.09.2008 erhobene Klage (S 15 KR 51/08) nahm der Kläger zurück, weil sie nicht fristgerecht erhoben worden war.
Am 13.10.2008 beantragte der Kläger - gestützt auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - die Überprüfung des Bescheides vom 08.04.2008 auf seine Richtigkeit.
Durch Bescheid vom 26.11.2008 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 08.04.2008 unter Bezugnahme auf das MDK-Prüfungsergebnis ab. Den dagegen am 18.12.2008 eingelegten Widerspruch wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 30.04.2009, dem Kläger bekannt gegeben am 06.05.2009, zurück.
Dagegen hat der Kläger am 05.06.2009 Klage erhoben. Er weist daraufhin, dass - anders als der MDK - das Dreifaltigkeits-Krankenhaus Wesseling die Indikation zu den Straffungsmaßnahmen bejaht habe. Außerdem seien die psychologischen Faktoren völlig außer Acht gelassen worden; diese Komponente spiele eine große Rolle, da ihn die Entstellung seines Körpers stark körperlich und seelisch belaste. Der Kläger hat Fotografien überreicht, die den Zustand und das Aussehen seines Körpers wiedergeben.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2009 sowie des Bescheides vom 08.04.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2008 zu verurteilen, ihm eine Ganzkörperstraffungs-(Bodylift-)Operation mit anschließender Oberschenkelstraffung und kombinierterBrust- und Oberarmstraffung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat zurecht die beantragten Operationen im Bescheid vom 08.04.2008 und Widerspruchsbescheid vom 18.07.2008 abgelehnt und die Rücknahme dieser bestandskräftigen Bescheide gem. § 44 SGB X versagt. Die Beklagte hat das Recht richtig angewandt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Körperstraffungsoperationen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt also eine "Krankheit" voraus. Damit wird in der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 28.02.2008 - B 1 KR 19/07 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 14 m.w.N.).
Die beim Kläger infolge der Reduzierung des Körpergewichts von 140 kg auf 70 kg entstandenen Hautlappenüberschüsse, im Bauchbereich im Sinne einer so genannten "Fettschürze", können schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil damit keine körperliche Fehlfunktion verbunden ist. Eine Regelwidrigkeit ließe sich allenfalls im Hinblick auf durch die überhängende Bauchdecke hervorgerufene Hautreizungen begründen. Derartige Hautveränderungen (Ekzem/Rötung) treten beim Kläger jedoch nicht ständig und unbehandelbar auf. Seine Freundin hat in ihrer ausführlichen Stellungnahme im Vorverfahren dargelegt, dass der Kläger aufgrund seiner Hygiene dafür Sorge trägt, dass sich kein Ekzem und keine Nässe unter den Hautfalten bildet. Selbst wenn sich jedoch - insbesondere in der warmen Jahreszeit durch vermehrtes Schwitzen - Hautveränderungen einstellen würden, wäre die Durchführung einer fachdermatologischen Behandlung (zunächst) vorrangig, um einen etwaigen krankhaften Hautbefund wieder zu normalisieren.
Soweit der Kläger und sein Hausarzt eine psychische Belastung ("störend", "unangenehme Empfindungen") durch die erschlaffte Haut geltend macht, vermag dies einen operativen Eingriff ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2004 und 28.02.2008, a.a.O.) ist derartigen Belastungen nicht mit chirurgischen Eingriffen in eine an sich gesunde Körpersubstanz, sondern mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu begegnen (ebenso in Bezug auf eine Bauchdeckenplastik: LSG NRW, Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/04; speziell in Bezug auf eine Bodylift-(Hautstraffungs-)Operation: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04).
Die Leistungspflicht der Beklagten lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Kläger wegen einer äußerlichen Entstellung als behandlungsbedürftig anzusehen und die begehrten Hautstraffungsoperationen durchzuführen wären. Die Kammer konnte sich aufgrund der vom Kläger vorgelegten Fotografien davon überzeugen, dass die überschüssige Haut weder im Bereich der Brust, der Oberarme und der Oberschenkel noch im Bereich des Bauches entstellend sind. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Annormalität. Vielmehr - so das BSG (Urteil vom 28.02.2008, a.a.O.) - "muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist ... Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt".
Nach diesen Maßstäben sind nach Überzeugung der Kammer die überschüssige Haut im Bereich der Brust- der Oberarme und der Oberschenkel und insbesondere auch die Hautfalten im Bereich des Bauches des Klägers nicht entstellend. Die Bauchhautfalte bildet zwar eine Schürze, kann jedoch durch weite Kleidung bedeckt werden. In diesem Körperbereich des Klägers wirkt die Haut wie die eines Mannes im fortgeschrittenem Alter. Ein solcher Hautzustand ist jedoch keinesfalls entstellend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Ganzkörperstraffung (Bodylift), einer Oberschenkelstraffung sowie einer Brust- und Oberarmstraffung.
Der am 00.00.00 geborene Kläger wog im Jahre 2006 140 kg bei einer Körpergröße von 183 cm (Body-Mass-Index [BMI]: 41,8). Nach einer im November 2006 erlittenen Lungenembolie begann er eine Gewichtsreduktion; durch sportliche Betätigung und Ernährungsumstellung senkte er sein Körpergewicht auf 73 kg und hält dieses konstant. Durch die Gewichtsabnahme kam es laut ärztlichem Attest des behandelnden Hausarztes zur "Ausbildung von störenden Bindegewebsüberhängen an Bauch, Brust und Oberarmen".
Am 25.01.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten ein Ganzkörperstraffung (Bodylift) nach Lockwood mit anschließender Oberschenkel- sowie Brust- und Oberarmstraffung. Er legte dazu eine befürwortende Bescheinigung von Dr. S., Chefarzt der Klinik für plastische Chirurgie des Dreifaltigkeits-Krankenhauses Wesseling, vom 14.12.2007 vor.
In einem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 19.03.2008 kam Dr. N. zum Ergebnis, es liege kein krankheitswerter Befund und keine körperliche Entstellung vor; die beantragte Maßnahme zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung könne nicht befürwortet werden.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 08.04.2008 ab.
Dagegen legte der Kläger am 29.04.2008 Widerspruch ein; er verwies auf unangenehme Empfindungen, sich vor der eigenen Freundin zu entkleiden, oder bei Besuchen in Schwimmbädern oder Saunen. Er legte ein Schreiben seiner Freundin vor, in der diese die belastenden Empfindungen des Klägers im Sexualleben sowie bei Strand- oder Schwimmbadbesuchen bestätigte; sie wies darauf hin, dass der Kläger allein wegen seiner Hygienemaßnahmen keine Ekzeme und Nässe unter den hängenden Hautstellen habe.
Nach Einholung einer weiteren MDK-Stellungnahme wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18.07.2008 zurück.
Die dagegen am 02.09.2008 erhobene Klage (S 15 KR 51/08) nahm der Kläger zurück, weil sie nicht fristgerecht erhoben worden war.
Am 13.10.2008 beantragte der Kläger - gestützt auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - die Überprüfung des Bescheides vom 08.04.2008 auf seine Richtigkeit.
Durch Bescheid vom 26.11.2008 lehnte die Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 08.04.2008 unter Bezugnahme auf das MDK-Prüfungsergebnis ab. Den dagegen am 18.12.2008 eingelegten Widerspruch wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 30.04.2009, dem Kläger bekannt gegeben am 06.05.2009, zurück.
Dagegen hat der Kläger am 05.06.2009 Klage erhoben. Er weist daraufhin, dass - anders als der MDK - das Dreifaltigkeits-Krankenhaus Wesseling die Indikation zu den Straffungsmaßnahmen bejaht habe. Außerdem seien die psychologischen Faktoren völlig außer Acht gelassen worden; diese Komponente spiele eine große Rolle, da ihn die Entstellung seines Körpers stark körperlich und seelisch belaste. Der Kläger hat Fotografien überreicht, die den Zustand und das Aussehen seines Körpers wiedergeben.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2009 sowie des Bescheides vom 08.04.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2008 zu verurteilen, ihm eine Ganzkörperstraffungs-(Bodylift-)Operation mit anschließender Oberschenkelstraffung und kombinierterBrust- und Oberarmstraffung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat zurecht die beantragten Operationen im Bescheid vom 08.04.2008 und Widerspruchsbescheid vom 18.07.2008 abgelehnt und die Rücknahme dieser bestandskräftigen Bescheide gem. § 44 SGB X versagt. Die Beklagte hat das Recht richtig angewandt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Körperstraffungsoperationen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung setzt also eine "Krankheit" voraus. Damit wird in der Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 28.02.2008 - B 1 KR 19/07 R = SozR 4-2500 § 27 Nr. 14 m.w.N.).
Die beim Kläger infolge der Reduzierung des Körpergewichts von 140 kg auf 70 kg entstandenen Hautlappenüberschüsse, im Bauchbereich im Sinne einer so genannten "Fettschürze", können schon deshalb nicht als behandlungsbedürftige Krankheit bewertet werden, weil damit keine körperliche Fehlfunktion verbunden ist. Eine Regelwidrigkeit ließe sich allenfalls im Hinblick auf durch die überhängende Bauchdecke hervorgerufene Hautreizungen begründen. Derartige Hautveränderungen (Ekzem/Rötung) treten beim Kläger jedoch nicht ständig und unbehandelbar auf. Seine Freundin hat in ihrer ausführlichen Stellungnahme im Vorverfahren dargelegt, dass der Kläger aufgrund seiner Hygiene dafür Sorge trägt, dass sich kein Ekzem und keine Nässe unter den Hautfalten bildet. Selbst wenn sich jedoch - insbesondere in der warmen Jahreszeit durch vermehrtes Schwitzen - Hautveränderungen einstellen würden, wäre die Durchführung einer fachdermatologischen Behandlung (zunächst) vorrangig, um einen etwaigen krankhaften Hautbefund wieder zu normalisieren.
Soweit der Kläger und sein Hausarzt eine psychische Belastung ("störend", "unangenehme Empfindungen") durch die erschlaffte Haut geltend macht, vermag dies einen operativen Eingriff ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 19.10.2004 und 28.02.2008, a.a.O.) ist derartigen Belastungen nicht mit chirurgischen Eingriffen in eine an sich gesunde Körpersubstanz, sondern mit Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu begegnen (ebenso in Bezug auf eine Bauchdeckenplastik: LSG NRW, Urteil vom 08.05.2008 - L 5 KR 91/07; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2006 - L 5 KR 65/05; Sächsisches LSG, Urteil vom 23.03.2005 - L 1 KR 24/04 und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004 - L 11 KR 896/04; speziell in Bezug auf eine Bodylift-(Hautstraffungs-)Operation: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04).
Die Leistungspflicht der Beklagten lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Kläger wegen einer äußerlichen Entstellung als behandlungsbedürftig anzusehen und die begehrten Hautstraffungsoperationen durchzuführen wären. Die Kammer konnte sich aufgrund der vom Kläger vorgelegten Fotografien davon überzeugen, dass die überschüssige Haut weder im Bereich der Brust, der Oberarme und der Oberschenkel noch im Bereich des Bauches entstellend sind. Um eine Entstellung annehmen zu können, genügt nicht jede körperliche Annormalität. Vielmehr - so das BSG (Urteil vom 28.02.2008, a.a.O.) - "muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist ... Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein: Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen, etwa die Ausbildung eines sechsten Fingers an einer Hand. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt".
Nach diesen Maßstäben sind nach Überzeugung der Kammer die überschüssige Haut im Bereich der Brust- der Oberarme und der Oberschenkel und insbesondere auch die Hautfalten im Bereich des Bauches des Klägers nicht entstellend. Die Bauchhautfalte bildet zwar eine Schürze, kann jedoch durch weite Kleidung bedeckt werden. In diesem Körperbereich des Klägers wirkt die Haut wie die eines Mannes im fortgeschrittenem Alter. Ein solcher Hautzustand ist jedoch keinesfalls entstellend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
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