S 4 (15,23,27) AS 70/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 (15,23,27) AS 70/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 112/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 22.02.2006 in Form der Änderungsbescheide vom 10.03.2006, 06.04.2006, 10.07.2006 und 23.06.2006 und des Bescheides vom 23.08.2006 in Form der Änderungsbe- scheide vom 23.11.2006 und 20.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbeschei- des vom 27.03.2007 verurteilt, den Klägern in dem Zeitraum vom 01.03.2006 bis 28.02.2007 Kosten der Unterkunft in Höhe von 580,00 EUR inklusive Be triebskosten zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt 10 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Tatbestand:

Die Kläger begehren höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Unterkunftskosten.

Die 1971 geborene Klägerin zu 1), ihr 1972 geborener Ehemann, der Kläger zu 2) sowie deren gemeinsame, minderjährige Kinder, die Kläger zu 3) bis 5) leben in einem im Eigentum der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) stehenden Einfamilienhaus in Düren.

Nach der Trennung der Eheleute im Juli 2005, bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 1) und den Klägern zu 3) bis 5) für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 28.02.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1170,75 EUR. Für das im Eigentum der Kläger stehende Haus waren monatliche Schuldzinsen und Betriebskosten von 813,40 EUR, ab Januar 2006 in Höhe von 875,22 EUR zu zahlen, die als Kosten der Unterkunft (KdU) berücksichtigt wurden. Mit Schreiben vom 11.08.2005 teilte der Beklagte ihnen mit, die in den KdU enthaltenen und von ihm bisher berücksichtigten "Mietkosten" in Höhe von 813,40 EUR lägen über der für ihre Haushaltsgröße angemessenen Mietobergrenze. Als Anlage zu diesem Schreiben war eine Tabelle beigefügt, die als Höchstmiete für einen Vier-Personen-Haushalt einen Betrag von 505,00 EUR und für einen Fünf-Personen-Haushalt einen Betrag von 580,00 EUR aufwies. Mit Schreiben vom 31.10.2005 teilte die Klägerin zu 1) dem Beklagten mit, dass ihr eine Senkung der Unterkunftskosten nicht möglich sei. Einen Wohnungswechsel könne sie nur vornehmen, wenn sie das Haus verkaufe, was mit erheblichen finanziellen Verlusten einherginge. Eine Untervermietung sei auch nicht möglich, da das Haus der Kläger nicht über freie, vermietbare Räume verfüge. Mit Bescheid vom 22.02.2006 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1) für den Folgezeitraum vom 01.03.2006 bis 31.08.2006 monatlich 710,40 EUR. KdU wurden nunmehr nur noch in Höhe von 505,00 EUR berücksichtigt.

Mit Änderungsbescheid vom 10.03.2006 berechnete der Beklagte den Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1) neu in Höhe von 640,40 EUR unter Anrechnung des Einkommens der Kläger. Gegen die Bescheide vom 22.02.2006 und 10.03.2006 legte die Klägerin zu 1) am 14.03.2006 Widerspruch ein und begründete diesen u. a. damit, dass die tatsächlichen KdU zu zahlen seien, da das Haus nicht veräußerbar sei. Zudem seien im vorliegenden Fall für mindestens ein Jahr die tatsächlichen KdU zu zahlen, da dies dem Trennungsjahr der Eheleute entspreche und in dieser Zeit die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) prüfen könnten, ob sie wieder zueinander fänden. Am 09.03.2006 hatte die Klägerin zu 1) erfolglos einen Makler-Alleinauftrag für die betroffene Immobilie in Auftrag gegeben.

Mit Änderungsbescheid vom 06.04.2006 bewilligte der Beklagte für den Monat März 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 656,52 EUR, mit weiterem Änderungsbescheid vom 10.07.2006 bewilligte er SGB-II Leistungen für den Monat Juni 2006 in Höhe von 649,58 EUR, mit Änderungsbescheid vom 23.06.2006 bewilligte er für den Monat Juli 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 640,40 EUR. Die Änderungsbescheide ergingen infolge wechselnden Einkommens der Klägerin zu 1) unter Zugrundelegung der KdU aus dem Bescheid vom 22.02.2006. Gegen den Änderungsbescheid vom 10.07.2006 legte die Klägerin zu 1) am 09.08.2006 Widerspruch ein.

Am 01.08.2006 kehrte der Kläger zu 2) in die eheliche Wohnung zurück. Mit Bewilligungsbescheid vom 23.08.2006 gewährte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis zum 28.02.2007 in Höhe von 1.208,40 EUR monatlich. Hierbei berücksichtigte er bei der Berechnung der KdU eine Höchstmiete für einen Fünf-Personen-Haushalt nach Rückkehr des Klägers zu 2) in Höhe von 580,00 EUR. Auch gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 11.09.2006 Widerspruch ein. Gegen die weiteren Änderungsbescheide vom 23.11.2006, mit dem für den Monat Dezember 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1.208,40 EUR bewilligt wurden, sowie vom 20.12.2006, worin den Klägern SGB II-Leistungen in Höhe von 1.090,00 EUR bewilligt wurden, legten diese jeweils Widerspruch am 06.12.2006 bzw. 31.01.2007 ein. Auch die Änderungsbescheide vom 23.11.2006 und 20.12.2006 erfolgten wegen wechselndem Einkommen der Kläger ohne Abänderung der Entscheidung zu den KdU.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2007 wies der Beklagte die Widersprüche der Kläger gegen die einzelnen Bescheide in den Bewilligungszeiträumen vom 01.03.2006 bis zum 28.02.2007 als unbegründet zurück. Es sei nicht glaubhaft, dass bei der in dem Maklerauftrag angegebenen Wohnfläche von 185 m² kein Zimmer zur Untervermietung frei gemacht werden könne. Für den Zeitraum, in dem der Kläger zu 2) nicht in der gemeinsamen Immobilie gewohnt habe, seien 90 m² Wohnfläche für die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1) angemessen gewesen. Dies ergebe bei einem für die Stadt Düren ermittelten m²-Preis inklusive Betriebskosten von 5,61 EUR den berücksichtigten Betrag für KdU in Höhe von 505,00 EUR. Für den Zeitraum, in denen fünf Personen die Immobilie bewohnt hätten, sei eine Wohnfläche von 105 m² angemessen gewesen. Unter Berücksichtigung des m²-Preis inklusive Betriebskosten von 5,61 EUR ergäben sich KdU von 580,00 EUR. In den streitgegenständlichen Bewilligungszeiträumen hätten ausreichend Wohnungen zu diesen Preisen auf dem Wohnungsmarkt in Düren zur Verfügung gestanden.

Hiergegen richtet sich die am 25.04.2007 eingereichte Klage.

Die Kläger sind der Ansicht, einen Anspruch auf die tatsächlichen KdU in Höhe von 813,40 EUR zu haben. Das soziale Umfeld der Kläger sei zu berücksichtigen, so dass ein Verweis auf Wohnungen, die sich etwa in 13 km entfernten Stadtteilen befänden, nicht zulässig sei. Im Rahmen der Umschuldung konnten die Kläger die monatliche Belastung nach Ablauf der streitgegenständlichen Bewilligungszeiträume auf 662,00 EUR senken.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22.02.2006 in Form der Änderungsbescheide vom 10.03.2006, 06.04.2006, 10.07.2006, und 23.06.2006 und den Bescheid vom 23.08.2006 in Form der Änderungsbescheide vom 23.11.2006 und 20.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2007 aufzuheben und ihnen die tatsächlichen Wohnkosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Der Beklagte hat im Rahmen des Klageverfahrens für das Jahr 2007 Wohnungsangebote aus dem Stadtgebiet Düren für Wohnungen für Fünf-Personen-Haushalte vorgelegt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die der Kammer vorgelegen haben und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Die angegriffenen Bescheide sind teilweise rechtswidrig und die Kläger daher teilweise in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Die Kläger haben im streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 580,00 EUR. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Nach § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Satz 2 als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Die Angemessenheit der Aufwendungen bestimmt sich nach dem Produkt aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße, dem Wohnungsstandard und der nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Miete pro m². Dabei müssen nicht beide Faktoren (Wohnungsgröße, Wohnungsstandard – ausgedrückt durch m²-Preis) je für sich betrachtet "angemessen" sein, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je m²) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (sogenannte "Produkttheorie", vgl. Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.02.2009, Az. B 4 AS 30/08 Rdn. 13; BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R, Rdn. 20).

Dabei kann zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche auf die Werte in den landesrechtlichen Vorschriften zu § 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen – Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R, Rdn. 19; Urteil vom 19.02.2009, Az.: B 4 AS 30/08 Rdn. 18). Für vier Personen wäre hiernach grundsätzlich eine Wohnungsgröße von 90 m² angemessen und für jede weitere Person weitere 15 m². Für eine Bedarfsgemeinschaft bestehend aus fünf Personen wären demnach 105 m² angemessen. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 5 WoBindG i. V. m. § 27 Wohnraumfördergesetz i. V. m. Ziffer 5.71 c der nordrhein-westfälischen Verwaltungsvorschriften zum WoBindG. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) (vgl. LSG NRW, Urteil vom 09.01.2008, Az. L 12 AS 77/06).

Die Kammer folgt hingegen nicht der abweichenden Auffassung des 9. Senats des LSG NRW (Beschluss vom 26.02.2007, Az.: L 9 B 184/06 AS), der auf die um 2 m² höher liegenden Wohnraumförderbestimmung des Landes abgestellt hat. Diese Bestimmungen regeln die Wohnflächengrößen von Neubauten. Bei der Frage der Angemessenheit einer Wohnung für Empfänger existenzsichernder Leistungen sind die Regelungen zur Belegung von Sozialwohnungen, mithin die in den Verwaltungsvorschriften zum WoBindG geregelten m²-Richtwerte für den Wohnungsberechtigungsschein, sachnäher als die Vorschriften zum Bau von Sozialwohnungen (SG Aachen, Urteil vom 17.03.2009, Az.: S 11 AS 157/08 m. w. N.).

In den Bewilligungszeiträumen vom 01.09.2006 bis 28.02.2007 lebten die Kläger zu fünf Personen in der streitgegenständlichen Immobilie. Abstrakt angemessen ist nach dem Vorgenannten hier eine m²-Fläche von 105 m². Im August 2006 kehrte der Kläger zu 2) in die gemeinsame Ehewohnung zurück, so dass auch im Monat August 2006 anstelle einer m²-Fläche von 90 m² eine solche von 105 m² als angemessen anzusehen ist. Auch für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis zum 31.07.2006 sind 105 m² als angemessen zu bewerten, wenngleich der Kläger zu 2) nach Trennung der Eheleute am 17.07.2005 in diesem Zeitraum nicht in der gemeinsamen ehelichen Wohnung lebte.

Denn in diesem Zeitraum war mit einer Rückkehr des Klägers zu 2) in die eheliche Wohnung zu rechnen. Eine Reduzierung der Wohnungsgröße in diesem Zeitraum auf 90 m² hätte im vorliegenden Fall einen nochmaligen, weiteren Umzug nach Rückkehr des Klägers zu 2) in eine dann 105 m² große Ehewohnung zur Folge gehabt, was weder mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot noch mit der gesetzgeberischen Zielsetzung des sogenannten Trennungsjahres im Einklang steht. Dies entnimmt die Kammer der Wertung des § 1566 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), welcher das Scheitern der Ehe erst nach Ablauf einer Trennung von einem Jahr unwiderlegbar vermutet. Die Regelung, die die Zerrütungsvermutung der Eheleute annimmt und vor einer übereilten Scheidung vorbeugen soll (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Auflage, § 1566 Rdn. 2), führt dazu, dass regelmäßig das Stellen eines Scheidungsantrags, die anschließende Scheidung und damit die endgültige Trennung der Eheleute nicht vor Ablauf dieses Jahres erfolgen kann. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass vor Ablauf des Trennungsjahres eine mögliche Rückkehr des getrennt lebenden Ehegatten in die eheliche Wohnung möglich sein muss. Die Reduzierung der Wohnkosten auf ein Maß für eine endgültig getrennt lebende Familie kann in diesem Zeitraum daher nicht gefordert werden. Der Kläger zu 2) kehrte im August 2006 in die eheliche Wohnung zurück, so dass eine endgültige Trennung der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) nicht stattfand, mit der Folge, dass auch während der vorübergehenden Trennung im Bewilligungszeitraum vom 01.03.2006 bis zum 31.08.2006 eine Wohnungsgröße von 105 m² angemessen war.

In einem weiteren Schritt ist zu ermitteln, welche Miete für eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen (vgl. Urteil des BSG vom 19.02.2009, Az.: B 4 AS 30/08 Rdn. 24). Zur Ermittlung dieser Miethöhe ist – sofern vorhanden – auf den örtlichen Mietspiegel und nicht auf die Wohngeldtabelle abzustellen, da Mietspiegel die örtlichen Verhältnisse genauer wiedergeben als die Wohngeldtabelle (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R, Rdn. 23, SG Aachen, a. a. O.). Zur Berechnung dieser sich aus dem Mietspiegel ergebenden Methode hat die Kammer Mittelwerte aus den verschiedenen Baualtersgruppen einer Wohnung mit einfacher bis durchschnittlicher Ausstattung unter Berücksichtigung der einfachen und mittleren Wohnlage gebildet und von den so ermittelten Werten wiederum einen Mittelwert gebildet (so auch SG Aachen, a. a. O.). Wenngleich nach der Rechtsprechung des BSG lediglich Wohnungen im "unteren Mietpreisniveau" zu berücksichtigen sind (vgl. zuletzt Urteil des BSG vom 19.02.2009, Az.: B 4 AS 30/08 Rdn. 25), wird durch Berücksichtigung auch der Werte für Wohnungen in mittlerer Wohnlage dem Umstand Rechnung getragen, dass diese Gruppe das am Markt am häufigsten vertretene Segment ausmacht. Wohnungen in guter Wohnlage finden hingegen bei der Berechnung der Miethöhe gleichermaßen wie Wohnungen ab dem Baujahr 2003 keine Berücksichtigung, da es sich hierbei um Wohnungen handelt, die den von der Rechtsprechung des BSG geforderten Wohnungen im "unteren Mietpreisniveau" nicht widerspiegeln. Für Wohnungen in den Gebieten Düren-Innenstadt, Düren-Süd, Düren-Ost, Düren-Nord, Birgel, Birkesdorf, Gürzenich, Lendersdorf, Mariaweiler, Niederau und Rölsdorf ergeben sich folgende m²-Werte/EUR aus dem Mietspiegel (Stand August 2007):

Baualter, einfache Wohnlage, einfache Ausstattung und mittlere Ausstattung - bis 1948: 2,6 - 3,1 und 3 - 3,9 - 1949 bis 1960: 2,8 – 3,3 und 3,7 - 4,3 - 1961 bis 1971: 3,0 - 3,5 und 3,8 - 4,6 - 1972 bis 1982: 4,0 - 4,9 - 1983 bis 1992: 4,2 - 5,2 - 1993 bis 2002: 4,3 - 5,5 Baualter, mittlere Wohnlage, einfache Ausstattung und mittlere Ausstattung - bis 1948: 2,6 - 3,1 und 3,7 - 4,2 - 1949 bis 1960: 3,2 - 3,6 und 4,0 - 4,5 - 1961 bis 1971: 3,3 - 3,7 und 4,1 - 4,9 - 1972 bis 1982: 4,2 - 5,2 - 1983 bis 1992: 4,4 - 5,5 - 1993 bis 2002: 4,6 – 5,8

Durchschnitt gesamt: 4,23 EUR/m²

Dies ergibt eine angemessene monatliche Grundmiete in Düren im vorliegenden Fall von 444,15 EUR (4,23 EUR - 105 m²). Hinzu treten noch monatliche Betriebskosten von 117,67 EUR, so dass eine Bruttokaltmiete von 561,82 EUR konkret angemessen wäre. Der Beklagte übernimmt jedoch stets eine Bruttokaltmiete von 580,00 EUR bei einem Fünf-Personenhaushalt und einem Gebäude ab dem Baujahr 1992. Hieran ist sie festzuhalten.

Einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 875,22 EUR haben die Kläger nicht, denn es war ihnen weder unmöglich noch unzumutbar die Kosten der Unterkunft nach der Aufforderung zur Kostensenkung des Beklagten mit Schreiben vom 11.08.2005 zu senken. Dieses Hinweisschreiben gibt ausweislich der anliegenden Tabelle die angemessene Bruttokaltmiete für einen Vier-Personen-Haushalt mit 505,00 EUR an. Tatsächlich angemessen wäre jedoch eine Bruttokaltmiete von 580,00 EUR gewesen. Der Beklagte hat demnach nicht die maßgebliche Referenzmiete angegeben. Führen diese Angaben dazu, dass der Hilfeempfänger mit den "falschen" Parametern oder auf dem "falschen" Wohnungsmarkt sucht und er auf Grund dessen keine Wohnung zur angegebenen Referenzmiete finden kann, bleibt der Grundsicherungsträger auf Grund des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zur Übernahme auch zu hoher KdU verpflichtet, bis der Irrtum des Hilfeempfängers oder die Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen auf sonstige Weise beseitigt ist (vgl. Urteil des BSG vom 19.02.2009, Az.: B 4 AS 30/08 Rdn. 38). Ein solcher Fall ist nach Auffassung der Kammer hier jedoch nicht anzunehmen.

Denn die Kläger haben sich vor und während der streitgegenständlichen Zeiträume nicht um die Reduzierung der KdU auf das angemessene Maß bemüht. Dass eine solche möglich war, ergibt sich bereits daraus, dass nach Ablauf der streitgegenständlichen Bewilligungszeiträume eine Umschuldung erfolgte und die monatliche Belastung auf 660,00 EUR gesenkt werden konnte. Eine Untervermietung der im Eigentum der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) stehenden dreistöckigen Immobilie wurde, wie aus dem Schreiben der Klägerin zu 1) vom 31.10.2005 und ihren Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2009 ausgeschlossen. Soweit vorgetragen wurde, dass ein Umzug in eine angemessene Wohnung nur bei Veräußerung der Immobilie möglich gewesen wäre, bleibt hierbei die Möglichkeit unberücksichtigt, dass eine Vermietung der klägerischen Immobilie und Anmietung einer angemessenen Wohnung wie z. B. im Falle eines berufsbedingten Umzugs möglich gewesen wäre. Die Kläger haben nicht konkret dargelegt, dass es keinen Wohnraum zu der maßgeblichen Referenzmiete gab. Dies gilt für die Kläger als Eigentümer eines Einfamilienhauses gleichermaßen wie für Mieter eine unangemessenen Mietwohnung. Der Beklagte hat für das Jahr 2007 Listen über angemessene Wohnungsangebote vorgelegte und darauf hingewiesen, dass auch im Jahr 2006 ausreichend freie Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt verfügbar waren. Konkrete Wohnungsangebote für das Jahr 2006 wurden hingegen nicht vorgelegt. Das BSG (vgl. Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 18/06 R, Rdn. 22) fordert grundsätzlich, dass eine als abstrakt angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anzumieten sein muss. Insoweit ist jedoch davon auszugehen, dass bei der konkreten Angemessenheitsprüfung eine wechselseitige Darlegungslast besteht (SG Aachen, a. a. O., SG Duisburg, Urteil vom 25.10.2007, Az.: S 27 AS 240/06; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21.03.2006, Az.: L 9 AS 124/05 ER). Ein Hilfebedürftiger, der die Übernahme einer unangemessen hohen Miete für eine Wohnung begehrt, ist verpflichtet, substantiiert darzulegen, dass eine andere bedarfsgerechte und angemessene Unterkunft auf dem örtlichen Wohnungsmarkt trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht vorhanden war. Erst wenn der Hilfebedürftige dies darlegt, besteht auf Seiten des Hilfeträgers die Pflicht, seinerseits darzulegen, dass angemessener Wohnraum entgegen dem Vortrag des Hilfebedürftigen zur Verfügung stand (SG Duisburg, a. a. O.; SG Aachen, a. a. O.). Es kann demnach dahin stehen, ob für den hypothetischen Fall der Wohnungssuche, ein Umzug ausnahmsweise unzumutbar gewesen wäre, weil dies zu einem Schulwechsel der Kläger zu 3) bis 5) geführt haben könnte. Ungeachtet der Tatsache, dass die Schulen der Kläger zu 3) bis 5) an den Stadtbusverkehr gut angeschlossen sind, ist maßgeblich, ob eine tatsächlich durchgeführte Wohnungssuche erfolglos bleiben musste, weil keine bedarfsgerechten Wohnungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt zur Verfügung standen. Mangels Wohnungssuche oder sonstiger Kostensenkungsbemühungen der Kläger bestand seitens des Beklagten eine solche Darlegungslast nicht.

Die Kostentscheidung ergibt sich auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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