S 8 U 71/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 U 71/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 U 240/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine privatärztliche ambulante und stationäre Behandlungen.

Der am 00.00.00 geborene Kläger ist bei der IKK N. gesetzlich krankenversichert. Er leidet an asbestbedingten Lungenveränderungen mit Funktionsstörungen, die die Beklagte mit Bescheid vom 12.03.2009 als BK Nr. 4103 anerkannt hat. Zugleich gewährte sie Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v.H. für die Zeit ab dem 13.03.2008. Auf den am 26.03.2009 eingelegten Widerspruch hin datierte die Beklagte mit Bescheid vom 25.09.2009 den Versicherungsfall auf den 23.11.2002 zurück und setzte die MdE neu fest (50 v.H. ab dem 12.05.2009).

Am 27.03.2009 beantragte der Kläger die Erstattung der Honorarforderungen aus insgesamt 13 verschiedene Arztrechnungen (aus dem Zeitraum vom 08.09.2008 bis zum 26.03.2009) i.H.v. zusammen 3.799,08 Euro sowie von Fahrtkosten (i.H.v. 594,30 Euro) und Kosten für den Betrieb eines Sauerstoffkonzentrators (Strom, sterilisiertes Wasser, Feinfilter und Reinigungsmittel i.H.v. 659.- Euro). Am 04.06.2009 beantragte der Kläger weiterhin die Übernahme der mit den Rechnungen vom 06.03.2009 und 28.05.2009 geltend gemachten Honorarforderung des Internisten Priv.-Doz. Dr. M. für am 19.02., 23.02.2009 erbrachte Leistungen i.H.v. 384,20 Euro.

Mit Bescheid vom 04.06.2009 lehnte die Beklagte die Anträge mit der Begründung ab, das Honorar für Wahlleistungen wie die privatärztliche Behandlung sei weder voll noch anteilig zu übernehmen. Eine Kostenzusage sei nicht erteilt worden, zumal fraglich sei, ob die Behandlung wegen der Folgen des Versicherungsfalls erfolgt sei.

Seinen am 07.07.2009 eingelegte Widerspruch begründete der Kläger damit, die Beklagte habe kein Ermessen ausgeübt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 24.09.2009 (zugegangen am 28.09.2009) zurück. Sie führte aus, sie habe der IKK Nordrhein als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die entstandenen Kosten erstattet. Einen Anspruch auf die nicht vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung abgedeckten Leistungen bestehe indes auch nach Unfallversicherungsrecht nicht.

Hiergegen richtet sich die am 28.10.2009 erhobene Klage.

Der Kläger führt aus, die Beklagte habe in einem Merkblatt erklärt, sie trage die Kosten der ärztlichen Behandlungen. Außerdem sei die Beklagte verpflichtet, mit allen geeigneten Mitteln die Auswirkungen einer Berufskrankheit zu mildern; hierzu gehöre auch eine privatärztliche Behandlung. Schließlich sei es Sache der - insoweit für die Beklagte handelnden - Ärzte gewesen, ihn darauf hinzuweisen, dass die Vergütungen für Wahlleistungen nicht erstattet würden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.06.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2009 zu verurteilen, an ihn 4.183,82 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt ergänzend aus, dem entsprechenden Hinweis im Merkblatt für Empfänger von Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung könne keine Äußerung von solcher Tragweite entnommen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Ergebnisses der gerichtlichen Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch die angegriffenen Entscheidungen nicht beschwert i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die Heilbehandlung.

1.) Gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der §§ 27 ff. SGB VII Anspruch auf Heilbehandlung. Die Heilbehandlung wird nach § 26 Abs. 4 Satz 2 SGB VII grundsätzlich als Dienst- oder Sachleistung zur Verfügung gestellt. Die Möglichkeit zur Selbstbeschaffung mit anschließenden Anspruch auf Erstattung der hierfür aufgewandten Kosten besteht grundsätzlich nicht (hierzu und zum Folgenden Ricke, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 26 SGB VII, Rn. 5, 6). Ausnahmen gelten - abgesehen von den gesetzlich anders geregelten Fällen - bei Unaufschiebbarkeit der Behandlung und Nichtbereitstellung durch den Versicherungsträger analog § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) sowie im Fall von Selbstbeschaffung infolge Unkenntnis des Versicherten vom Bestehen der Versicherung.

2.) Keiner der beiden Fälle ist hier verwirklicht.

a) Ein Erstattungsanspruch analog § 13 Abs. 3 SGB V besteht nicht. Er setzt voraus, dass der Versicherungsträger entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig hat erbringen können oder die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Es fehlt indes schon an der Unaufschiebbarkeit der Leistungen, deren Kosten nunmehr geltend gemacht werden. Der Kläger ist - wie unstreitig ist - gesetzlich krankenversichert bei der IKK Nordrhein. Er konnte mithin Leistungen der Heilbehandlung als Dienst- und Sachleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen. Diese Konstellation hatte für den Kläger sogar den Vorteil, überhaupt nicht mit Erstattungsfragen belastet zu werden, denn der Ausgleich hatte im Verhältnis zwischen der Beklagten und der IKK Nordrhein stattzufinden. Ein unaufschiebbares Bedürfnis nach der Versorgung mit Leistungen, die über den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen, ist hingegen nicht ersichtlich. Es ist insbesondere weder dargetan noch ersichtlich, dass eine der Leistungen, um deren Kosten es geht, ihrer Art nach aufgrund Systemversagen, Systemstörungen oder Versorgungslücken nicht vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst wären.

b) Auch ein Erstattungsanspruch wegen Selbstbeschaffung infolge Unkenntnis des Versicherten vom Bestehen der Versicherung liegt nicht vor. Von einer solchen Unkenntnis kann im vorliegenden Fall schon deswegen nicht gesprochen werden, weil der Kläger mit Schreiben vom 01.04.2008 von dem auf ärztliche Anzeige hin eingeleiteten Verwaltungsverfahren in Kenntnis gesetzt worden ist.

3.) Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus einer vermeintlichen Zusage der Beklagten in Gestalt des zitierten Hinweises aus dem Merkblatt für Empfänger von Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Ganz abgesehen davon, dass der überwiegende Teil der Behandlungen bereits vor der Anerkennung des Versicherungsfalles und mithin vor der Rentenberechtigung in Anspruch genommen worden ist, lässt sich dem Hinweis nicht hinreichend konkret entnehmen, dass der Verletzte sich ohne vorherige Absprache mit dem Versicherungsträger auf dessen Kosten privatärztlich behandeln lassen könnte.

4.) Auch aus dem Vortrag des Klägers, die Ärzte hätten ihn auf die drohenden Schwierigkeiten bei der Erstattung der Vergütung für Wahlleistung hinweisen müssen, ergibt sich nichts anderes. Es erscheint der Kammer äußerst unwahrscheinlich, dass der Kläger von verschiedenen Ärzten behandelt worden ist, ohne dass zuvor sein Versichertenstatus abgefragt worden sein soll.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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