Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KN 7/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 252/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) trägt die Beklagte. Die Gerichtskosten tragen die Beklagte und die Klägerin zu 2) je zur Hälfte. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Der Streitwert wird auf 846,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Teilnahme der Klägerin zu 2) am Haushaltsscheckverfahren.
Die Klägerinnen zu 1) und 2) sind niedergelassene Ärztinnen und betreiben als Gesellschafterinnen einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) eine Arztpraxis, in der die Angestellte A. L. als Arzthelferin versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Unter dem 23.01.2006 erklärten die Klägerinnen der Beklagten gegenüber, sie beabsichtigten, die Angestellte L. neben ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung im jeweiligen Privathaushalt als Betreuerin ihrer Kinder einzusetzen und beantragten für die Beschäftigung im Privathaushalt jeweils die Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren. Mit Bescheiden vom 21.06.2006 lehnte die Beklagte die Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren ab. Zur Begründung führte sie jeweils aus, es handele sich um eine Mehrfachbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber, da die Klägerinnen als Arbeitgeber der Gemeinschaftspraxis und (jeweils) als Arbeitgeber im Privathaushalt aufträten. Deshalb seien alle Beschäftigungen der Arbeitnehmerin L. zusammenzurechnen und das normale Beitrags- und Meldeverfahren durchzuführen. Das Haushaltsscheckverfahren finde keine Anwendung. Die Klägerin zu 1) legte unter dem 03.07.2006 und die Klägerin zu 2) am 24.07.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, die Angestellte L. sei bei der aus den Klägerinnen bestehenden Gesellschaft Bürgerlichen Rechts angestellt und jeweils bei den Klägerinnen als Privatpersonen, mithin handele es sich um zwei unterschiedliche Arbeitgeber, weil – wegen der inzwischen anerkannten Teilrechtsfähigkeit der GbR unterschiedliche Rechtssubjekte betroffen seien. Überdies werde die Angestellte L. im jeweiligen Privathaushalt mit lediglich 75,00 Euro pro Monat entlohnt, so dass selbst bei Addierung die maßgebliche Grenze von 400,00 Euro im Monat nicht überschritten werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2006 (zugestellt am 03.01.2007) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zu 1) unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurück. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zu 2) zurück.
Am 31.01.2007 hat die Klägerin zu 1) und am 30.04.2007 die Klägerin zu 2) Klage erhoben, die mit Beschluss vom 16.07.2007 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 31.03.2008 haben sich die Beklagte und die Klägerin zu 1) auf eine Teilnahme der Klägerin zu 1) am Haushaltsscheckverfahren geeinigt. Die Klägerin zu 2) hat ihre Klage unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aufrechterhalten.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2007 zu verurteilen, sie für die Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf Wortlaut und Entstehungsgeschichte von § 8 Abs. 2 SGB IV. Hieraus ergebe sich, dass neben der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung nur eine Nebentätigkeit versicherungsfrei ausgeübt werden könne. Da die Angestellte L. diese im Privathaushalt der Klägerin zu 1) ausübe, könne die Beschäftigung im Privathaushalt der Klägerin zu 2) nicht zum Haushaltsscheckverfahren zugelassen werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Nachdem die Klage der Klägerin zu 1) durch Annahme des Anerkenntnisses der Beklagten erledigt worden ist, § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), war in der Sache lediglich noch über die Klage der Klägerin zu 2) zu entscheiden.
Ihre Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Sie wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren.
Das Haushaltsscheckverfahren findet nach § 28a Abs. 7 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) nur Anwendung, wenn es sich um eine Beschäftigung im privaten Haushalt handelt und das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig 400 EUR im Monat nicht übersteigt. Die Vorschrift knüpft damit an eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV an, d.h. das Haushaltsscheckverfahren findet von vornherein nur Anwendung auf geringfügig entlohnte Beschäftigungen ausschliesslich in privaten Haushalten.
Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV jedoch – der nach § 8a Satz 1 SGB IV auch für geringfügige Beschäftigungen gilt, die ausschliesslich im Privathaushalt ausgeübt werden – sind geringfügig entlohnte Beschäftigungen mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung mit nicht geringfügigen Beschäftigungen zusammenzurechnen. Aufgrund der Zusammenrechnung unterliegen dann auch die geringfügigen Beschäftigungen der vollen Versicherungspflicht in der Kranken,- Renten- und Pflegeversicherung (vgl. nur Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 58. Ergänzungslieferung 2008, § 8 SGB IV Rdnr. 28). Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV jedoch bleibt eine geringfügig entlohnte Beschäftigung versicherungsfrei, mit anderen Worten: Nur eine neben der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigung ist versicherungsfrei (allgemeine Ansicht, siehe nur: Seewald, a.a.O., § 8 SGB IV Rdnr. 28a; Rittweger, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), Beck scher Online-Kommentar zum Sozialrecht, Stand: 01.09.2008, § 8 SGB IV Rdnr. 14; von Maydell/Ruland/Becker (Hrsg.), Sozialrechtshandbuch, 4. Auflage 2008, § 17 Rdnr. 24; Kazmierczak, NZS 2003, 186 (188); Lüdtke, in: LPK-SGB IV, 2007, § 8 Rdnr. 26) und damit fähig, am Haushaltsscheckverfahren teilzunehmen. Alle weiteren neben der Hauptbeschäftigung und der ersten geringfügigen Beschäftigung ausgeübten geringfügigen Beschäftigungen sind damit – unabhängig von der Höhe des erzielten Arbeitsentgeltes – mit der Hauptbeschäftigung zusammenzurechnen und unterliegen der vollen Versicherungspflicht in der Kranken,- Renten- und Pflegeversicherung.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben besteht für die von der Angestellten L. im Privathaushalt der Klägerin zu 2) ausgeübte geringfügige Beschäftigung volle Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Denn die Angestellte L. übt neben ihrer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung bei der aus den Klägerinnen bestehenden Gesellschaft Bürgerlichen Rechts bereits im Privathaushalt der Klägerin zu 1) eine geringfügige Beschäftigung aus. Handelt es sich aber um die zweite neben einer Hauptbeschäftigung ausgeübte geringfügige Beschäftigung, wird die Tätigkeit der Angestellten L. im Privathaushalt der Klägerin zu 2) mit der Hauptbeschäftigung der Angestellten L. zusammengerechnet und unterliegt damit der vollen Versicherungspflicht.
Soweit die Klägerin zu 2) geltend macht, auch weitere geringfügig entlohnte Beschäftigungen seien versicherungsfrei, solange die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auch nach Zusammenrechnung des Arbeitsentgeltes aus diesen Beschäftigungen nicht überschritten werde, so ist diese Interpretation von § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV nicht gedeckt. Eine derart weitgehende Auslegung von § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV widerspricht dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift ("mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nummer 1", Hervorhebung hinzugefügt).
Auch in den Gesetzesmaterialien findet sich für die Argumentation der Klägerin zu 2) keine Stütze. § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV ist durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt geändert worden. Indessen war der entscheidende Passus ("mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nummer 1") im Gesetzentwurf noch nicht enthalten (siehe Entwurf eines Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 05.11.2002, BT-Drs. 15/26, S. 10 und 23), sondern ist erst im Vermittlungsausschuss vorgeschlagen worden (Beschlussempfehlung zum Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 17.12.2002, BT-Drs. 15/202, S. 3). Eine Begründung für diese Änderung aber ist den Gesetzematerialien nicht zu entnehmen.
Systematische Überlegungen bestätigen das hier gewonnene Ergebnis. Denn auch § 5 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) verweist auf § 8 Abs. 2 SGB IV. Dies kann nur bedeuten, dass in der Gesetzlichen Rentenversicherung nur Personen versicherungsfrei sind, die eine geringfügige Beschäftigung neben einer nicht geringfügigen, versicherungspflichtigen Beschäftigung ausüben, nicht aber solche Personen, die über eine geringfügige Bechäftigung hinaus neben der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung weitere geringfügige Beschäftigungen ausüben.
Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung läßt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Zwar war es Sinn und Zweck der Neufassung von § 8 SGB IV, durch den Anreiz der Versicherungsfreiheit die Beschäftigung der Sozialversicherung zu melden und derartige Beschäftigungen damit "aus der Illegalität herauszuführen" (siehe Gesetzentwurf, a.a.O., BT-Drs. 15/26, S. 23). Diesem Gesetzeszweck aber hat der Gesetzgeber bereits dadurch Rechnung getragen, dass eine geringfügige Beschäftigung nicht der Zusammenrechnung unterliegt. Zwar mag man argumentieren, dass eine Versicherungsfreiheit auch weiterer geringfügiger Beschäftigungen (soweit sie bei Zusammenrechnung nicht die Grenze von 400 EUR übersteigen) neben der Hauptbeschäftigung den Anreiz zur Meldung der geringfügigen Beschäftigungen noch vergrößern würde. Angesichts der eindeutigen Fassung der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV aber hält die Kammer diesen Weg für kaum gangbar. Denn eine derartige Auslegung würde eine teleologische Erweiterung der Vorschrift über ihren klaren Wortlaut hinaus bedeuten, was mit den überkommenen Methoden der Gesetzesauslegung unvereinbar wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie berücksichtigt, dass im Hinblick auf die in der Sache erledigte Klage der Klägerin zu 1) noch eine Kostenentscheidung zu treffen war und berücksichtigt, dass die Klägerin zu 1) im Verhältnis zur Beklagten voll obsiegt hat.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Angesichts der geringen Entlohnung der Angestellten L. im Privathaushalt der Klägerinnen hält die Kammer die Zugrundelegung des Regelstreitwertes des § 52 GKG für unangemessen. Unter Rückgriff auf die Berechnung der Beklagten vom 09.05.2008 hat sie daher den Wert zu Grunde gelegt, der sich für die Klägerinnen in den Kalenderjahren 2006, 2007 und 2008 aus der erstrebten Privilegierung durch das Haushaltsscheckverfahren gegenüber einer vollen Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung ergeben hätte. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird hierzu auf das Sitzungsprotokoll vom 19.09.2008 Bezug genommen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten zuletzt noch über die Teilnahme der Klägerin zu 2) am Haushaltsscheckverfahren.
Die Klägerinnen zu 1) und 2) sind niedergelassene Ärztinnen und betreiben als Gesellschafterinnen einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) eine Arztpraxis, in der die Angestellte A. L. als Arzthelferin versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Unter dem 23.01.2006 erklärten die Klägerinnen der Beklagten gegenüber, sie beabsichtigten, die Angestellte L. neben ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung im jeweiligen Privathaushalt als Betreuerin ihrer Kinder einzusetzen und beantragten für die Beschäftigung im Privathaushalt jeweils die Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren. Mit Bescheiden vom 21.06.2006 lehnte die Beklagte die Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren ab. Zur Begründung führte sie jeweils aus, es handele sich um eine Mehrfachbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber, da die Klägerinnen als Arbeitgeber der Gemeinschaftspraxis und (jeweils) als Arbeitgeber im Privathaushalt aufträten. Deshalb seien alle Beschäftigungen der Arbeitnehmerin L. zusammenzurechnen und das normale Beitrags- und Meldeverfahren durchzuführen. Das Haushaltsscheckverfahren finde keine Anwendung. Die Klägerin zu 1) legte unter dem 03.07.2006 und die Klägerin zu 2) am 24.07.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, die Angestellte L. sei bei der aus den Klägerinnen bestehenden Gesellschaft Bürgerlichen Rechts angestellt und jeweils bei den Klägerinnen als Privatpersonen, mithin handele es sich um zwei unterschiedliche Arbeitgeber, weil – wegen der inzwischen anerkannten Teilrechtsfähigkeit der GbR unterschiedliche Rechtssubjekte betroffen seien. Überdies werde die Angestellte L. im jeweiligen Privathaushalt mit lediglich 75,00 Euro pro Monat entlohnt, so dass selbst bei Addierung die maßgebliche Grenze von 400,00 Euro im Monat nicht überschritten werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2006 (zugestellt am 03.01.2007) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zu 1) unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurück. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zu 2) zurück.
Am 31.01.2007 hat die Klägerin zu 1) und am 30.04.2007 die Klägerin zu 2) Klage erhoben, die mit Beschluss vom 16.07.2007 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 31.03.2008 haben sich die Beklagte und die Klägerin zu 1) auf eine Teilnahme der Klägerin zu 1) am Haushaltsscheckverfahren geeinigt. Die Klägerin zu 2) hat ihre Klage unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens aufrechterhalten.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2007 zu verurteilen, sie für die Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf Wortlaut und Entstehungsgeschichte von § 8 Abs. 2 SGB IV. Hieraus ergebe sich, dass neben der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung nur eine Nebentätigkeit versicherungsfrei ausgeübt werden könne. Da die Angestellte L. diese im Privathaushalt der Klägerin zu 1) ausübe, könne die Beschäftigung im Privathaushalt der Klägerin zu 2) nicht zum Haushaltsscheckverfahren zugelassen werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Nachdem die Klage der Klägerin zu 1) durch Annahme des Anerkenntnisses der Beklagten erledigt worden ist, § 101 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), war in der Sache lediglich noch über die Klage der Klägerin zu 2) zu entscheiden.
Ihre Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Sie wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Teilnahme am Haushaltsscheckverfahren.
Das Haushaltsscheckverfahren findet nach § 28a Abs. 7 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) nur Anwendung, wenn es sich um eine Beschäftigung im privaten Haushalt handelt und das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig 400 EUR im Monat nicht übersteigt. Die Vorschrift knüpft damit an eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV an, d.h. das Haushaltsscheckverfahren findet von vornherein nur Anwendung auf geringfügig entlohnte Beschäftigungen ausschliesslich in privaten Haushalten.
Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV jedoch – der nach § 8a Satz 1 SGB IV auch für geringfügige Beschäftigungen gilt, die ausschliesslich im Privathaushalt ausgeübt werden – sind geringfügig entlohnte Beschäftigungen mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung mit nicht geringfügigen Beschäftigungen zusammenzurechnen. Aufgrund der Zusammenrechnung unterliegen dann auch die geringfügigen Beschäftigungen der vollen Versicherungspflicht in der Kranken,- Renten- und Pflegeversicherung (vgl. nur Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 58. Ergänzungslieferung 2008, § 8 SGB IV Rdnr. 28). Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV jedoch bleibt eine geringfügig entlohnte Beschäftigung versicherungsfrei, mit anderen Worten: Nur eine neben der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigung ist versicherungsfrei (allgemeine Ansicht, siehe nur: Seewald, a.a.O., § 8 SGB IV Rdnr. 28a; Rittweger, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (Hrsg.), Beck scher Online-Kommentar zum Sozialrecht, Stand: 01.09.2008, § 8 SGB IV Rdnr. 14; von Maydell/Ruland/Becker (Hrsg.), Sozialrechtshandbuch, 4. Auflage 2008, § 17 Rdnr. 24; Kazmierczak, NZS 2003, 186 (188); Lüdtke, in: LPK-SGB IV, 2007, § 8 Rdnr. 26) und damit fähig, am Haushaltsscheckverfahren teilzunehmen. Alle weiteren neben der Hauptbeschäftigung und der ersten geringfügigen Beschäftigung ausgeübten geringfügigen Beschäftigungen sind damit – unabhängig von der Höhe des erzielten Arbeitsentgeltes – mit der Hauptbeschäftigung zusammenzurechnen und unterliegen der vollen Versicherungspflicht in der Kranken,- Renten- und Pflegeversicherung.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben besteht für die von der Angestellten L. im Privathaushalt der Klägerin zu 2) ausgeübte geringfügige Beschäftigung volle Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Denn die Angestellte L. übt neben ihrer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung bei der aus den Klägerinnen bestehenden Gesellschaft Bürgerlichen Rechts bereits im Privathaushalt der Klägerin zu 1) eine geringfügige Beschäftigung aus. Handelt es sich aber um die zweite neben einer Hauptbeschäftigung ausgeübte geringfügige Beschäftigung, wird die Tätigkeit der Angestellten L. im Privathaushalt der Klägerin zu 2) mit der Hauptbeschäftigung der Angestellten L. zusammengerechnet und unterliegt damit der vollen Versicherungspflicht.
Soweit die Klägerin zu 2) geltend macht, auch weitere geringfügig entlohnte Beschäftigungen seien versicherungsfrei, solange die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auch nach Zusammenrechnung des Arbeitsentgeltes aus diesen Beschäftigungen nicht überschritten werde, so ist diese Interpretation von § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV nicht gedeckt. Eine derart weitgehende Auslegung von § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV widerspricht dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift ("mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nummer 1", Hervorhebung hinzugefügt).
Auch in den Gesetzesmaterialien findet sich für die Argumentation der Klägerin zu 2) keine Stütze. § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV ist durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt geändert worden. Indessen war der entscheidende Passus ("mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nummer 1") im Gesetzentwurf noch nicht enthalten (siehe Entwurf eines Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 05.11.2002, BT-Drs. 15/26, S. 10 und 23), sondern ist erst im Vermittlungsausschuss vorgeschlagen worden (Beschlussempfehlung zum Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 17.12.2002, BT-Drs. 15/202, S. 3). Eine Begründung für diese Änderung aber ist den Gesetzematerialien nicht zu entnehmen.
Systematische Überlegungen bestätigen das hier gewonnene Ergebnis. Denn auch § 5 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) verweist auf § 8 Abs. 2 SGB IV. Dies kann nur bedeuten, dass in der Gesetzlichen Rentenversicherung nur Personen versicherungsfrei sind, die eine geringfügige Beschäftigung neben einer nicht geringfügigen, versicherungspflichtigen Beschäftigung ausüben, nicht aber solche Personen, die über eine geringfügige Bechäftigung hinaus neben der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung weitere geringfügige Beschäftigungen ausüben.
Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung läßt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Zwar war es Sinn und Zweck der Neufassung von § 8 SGB IV, durch den Anreiz der Versicherungsfreiheit die Beschäftigung der Sozialversicherung zu melden und derartige Beschäftigungen damit "aus der Illegalität herauszuführen" (siehe Gesetzentwurf, a.a.O., BT-Drs. 15/26, S. 23). Diesem Gesetzeszweck aber hat der Gesetzgeber bereits dadurch Rechnung getragen, dass eine geringfügige Beschäftigung nicht der Zusammenrechnung unterliegt. Zwar mag man argumentieren, dass eine Versicherungsfreiheit auch weiterer geringfügiger Beschäftigungen (soweit sie bei Zusammenrechnung nicht die Grenze von 400 EUR übersteigen) neben der Hauptbeschäftigung den Anreiz zur Meldung der geringfügigen Beschäftigungen noch vergrößern würde. Angesichts der eindeutigen Fassung der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV aber hält die Kammer diesen Weg für kaum gangbar. Denn eine derartige Auslegung würde eine teleologische Erweiterung der Vorschrift über ihren klaren Wortlaut hinaus bedeuten, was mit den überkommenen Methoden der Gesetzesauslegung unvereinbar wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie berücksichtigt, dass im Hinblick auf die in der Sache erledigte Klage der Klägerin zu 1) noch eine Kostenentscheidung zu treffen war und berücksichtigt, dass die Klägerin zu 1) im Verhältnis zur Beklagten voll obsiegt hat.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Angesichts der geringen Entlohnung der Angestellten L. im Privathaushalt der Klägerinnen hält die Kammer die Zugrundelegung des Regelstreitwertes des § 52 GKG für unangemessen. Unter Rückgriff auf die Berechnung der Beklagten vom 09.05.2008 hat sie daher den Wert zu Grunde gelegt, der sich für die Klägerinnen in den Kalenderjahren 2006, 2007 und 2008 aus der erstrebten Privilegierung durch das Haushaltsscheckverfahren gegenüber einer vollen Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung ergeben hätte. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird hierzu auf das Sitzungsprotokoll vom 19.09.2008 Bezug genommen.
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