S 13 KG 2/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KG 2/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 KG 3/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für das Kind T. für die Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010.

Die Klägerin ist italienische Staatsangehörige, verheiratet und hat zwei Kinder, den 0000 geborenen Sohn B. und die am 00.00.0000 geborene Tochter T. Der Ehemann der Klägerin war von September 2007 bis September 2010 bei der Nato-Airbase in Geilenkirchen tätig. Dort hatte die ganze Familie von Oktober 2007 bis zur Rückkehr nach Italien ihren Wohnsitz. Der Sohn B. wurde zwei Schuljahre (2007 bis 2009) zu Hause mittels Fernunterricht nach italienischem Schulsystem über die staatliche Mittelschule in Novara unterrichtet; zu den Examina reiste die Familie jeweils nach Italien; danach war B. auf einer Schule in Maastricht, wohin er täglich fuhr. Im November 2009 bewilligte die Beklagte Kindergeld für B. von Oktober 2007 bis September 2010.

Am 16.12.2009 beantragte die Klägerin Kindergeld für die Tochter T ... Sie trug vor, die Tochter sei aufgrund mangelnder deutscher Sprachkenntnisse Schülerin im Selbststudium und wolle im Juli 2010 in Italien nach dem dortigen Schulsystem ihr Examen ablegen; im September 2008 habe sie die Zulassung für die Klasse IV und im Mai 2009 durch Ablegen eines Vorexamens die Zulassung zum endgültigen Examen erhalten. Die beiden Prüfungen im September 2008 und Mai 2009 hätten in Italien stattgefunden; nur zu diesem Zweck sei die Familie dorthin gefahren.

Durch Bescheid vom 25.02.2010 lehnte die Beklagte den Kindergeldantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Tochter T. könne, weil sie das 18. Lebensjahr vollendet habe, nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BKGG berücksichtigt werden; es liege jedoch keine Schulausbildung im Sinne dieser Vorschrift vor, das heißt die Vermittlung von Wissen in einer schulischen Einrichtung; es fehle bei einem Selbststudium an der erforderlichen Einbindung in eine schulische Mindestorganisation.

Dagegen legte die Klägerin am 04.03.2010 Widerspruch ein: Mangels ausreichender Deutschkenntnisse könne ihre Tochter in Deutschland weder eine Schule besuchen noch eine Berufsausbildung beginnen; sie betreibe das Selbststudium nicht allein, sondern werde via Internet von ihrer Tutorin Prof. D. C. die Lehrerin an der LICEO SOCIALE "Castelli", der Schule, die T. auch schon besucht habe, bevor sie nach Deutschland gekommen sei, betreut. Im Bedarfsfall reise sie nach Italien. Als Studienliteratur benutze sie feste Lernprogramme. Sie sei nach dem italienischen Schulsystem verpflichtet, im Juni 2010 an dieser Schule ihren Abschluss zu machen.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.03.2010 mit ergänzender und vertiefender Begründung zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 09.04.2010 Klage erhoben. Sie hat u.a. drei Schulbescheinigungen vorgelegt. In einer ersten Schulbescheinigung vom 22.10.2009 bescheinigt die Schule, dass T. im Prüfungszeitraum des Schuljahres 2007/2008 – damals im Besitz der Versetzung in die Klasse III – vom 01.09. bis 05.09. als externe Kandidatin an den Eignungsprüfungen für die Klasse V teilgenommen habe; sie sei für die Klasse V nicht geeignet, erhalte aber die Eignung für die Klasse IV. In einer weiteren Bescheinigung vom 22.10.2009 bescheinigte die Schule, dass T. als externe Kandidatin für die abschließenden staatlichen Prüfungen der Unterrichtskurse für die Sekundarstufe II des Schuljahres 2008/2009 – damals im Besitz der Eignung für die Klasse IV – vom 18.05. bis 22.05.2009 an den Vorprüfungen teilgenommen habe und von der Prüfungskommission zur staatlichen Prüfung zugelassen worden sei.

Nach dem Ende der Tätigkeit des Ehemanns der Klägerin in Deutschland im September 2010 ist die Familie wieder nach Italien zurückgekehrt. Die Klägerin hat danach eine weitere Schulbescheinigung vom 15.10.2010 vorgelegt; darin bescheinigt die Schule im wesentlichen das Gleiche wie in der zweiten Schulbescheinigung vom 22.10.2009; ergänzend wird darin bescheinigt, dass das fünfjährige Studium am "Liceo Sociale" mit dem Diploma Magistrale abschließt; im Weiteren ist der Studienverlaufsplan für die fünf Schuljahre aufgelistet. Erstmals im September 2010 teilte die Klägerin mit, dass das Ende der Gymnasialausbildung nunmehr für Juni 2011 geplant sei; mit diesem Abschluss sei ihre Tochter berechtigt, ein Universitätsstudium in Fachrichtung Lehramt vorzunehmen; ab Oktober 2010 werde sie wieder im ordnungsgemäßen Schulbetrieb weiter ausgebildet. Auf Anfrage des Gerichts hat die Klägerin weder ein Zeugnis für das Schuljahr 2009/2010 noch eine Bescheinigung über das tatsächliche Studieren in diesem Schuljahr vorgelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Tochter T. habe im streitbefangenen Zeitraum die Schule in Italien wie eine "Fernschule" besucht; sie habe ein Selbststudium absolviert und sei via Internet von einer Lehrerin in Italien begleitet und kontrolliert worden; der Fernunterricht habe eine stetige und regelmäßige Ausbildung gewährleistet; diese habe nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit der Tochter gelegen. Es handele sich um eine fünfjährige Gymnasialausbildung. Die Klägerin meint, dass sich aus der Schulbescheinigung vom 15.10.2010 ergebe, dass ihre Tochter ordnungsgemäß am Schulbetrieb teilgenommen habe. Die Klägerin meinte, ihre Tochter habe seit 2007 die Schule so besucht, dass sie die Prüfungen geschafft habe; dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn sie nicht am Schulunterricht teilgenommen hätte.

Die Klägerin beantragt

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.02.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2010 zu verurteilen, ihr Kindergeld für dieTochter T. für die Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Sie verweist auf ihre Dienstanweisungen DA 63.3.2.1; nach deren Absatz 2 sei für eine Schulausbildung die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung (auch Fernschulen) kennzeichnet. Dies setze voraus, dass die Schülerin in einer schulischen Mindestorganisation eingebunden sei, die eine dauernde Lernkontrolle ermögliche. Die Ausbildung dürfe nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit der Schülerin liegen. Hänge die Dauer oder Intensität der Ausbildung von der Entscheidung oder Selbstverantwortung der Schülerin ab, liege eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Ernsthaftigkeit anhand geeigneter Nachweise (Bescheinigungen über das regelmäßige Einreichen von Hausarbeiten zur Korrektur, Bescheinigung über den Fortgang der Ausbildung) belegt werde. Solche Nachweise hätten für den streitbefangenen Zeitraum für T. nicht vorgelegt werden können und lägen auch ab Oktober 2007 nicht vor. Zeugenaussagen von Familienmitgliedern ersetzten solche Nachweise nicht. Die private Vorbereitung des Kindes T. auf die Aufnahmeprüfung für eine höhere Klasse sei keine Berufsausbildung, weil es an der Einbindung in eine schulische Mindestorganisation fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat für die geltend gemachte Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010 keinen Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter T ...

Die Klägerin gehörte in diesem Zeitraum als Ehegatte eines Mitglieds der Truppe eines Nato-Mitgliedstaates mit Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates und Wohnsitz in Deutschland gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zum Kreis der Anspruchsberechtigten für (sozialrechtliches) Kindergeld. Ihre Tochter T. konnte jedoch für einen Anspruch auf Kindergeld nicht berücksichtigt werden, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits das 18. Lebensjahr vollendet hatte und keine der Verlängerungstatbestände des § 2 Abs. 2 und 3 BKGG erfüllte, insbesondere nicht die hier allein in Betracht kommende Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2. a) BKGG. Denn sie wurde in der streitbefangenen Zeit nicht "für einen Beruf ausgebildet". Der Begriff der Berufsausbildung umfasst jede Ausbildung zu einem künftigen Beruf. Dazu gehört auch die Schulausbildung. In Berufsausbildung findet sich, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft darauf vorbereitet. Einzubeziehen sind alle Maßnahmen, die dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen dienen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufes geeignet sind (BFH, Urteil vom 18.03.2009 – III R 26/06 – für die gleichlautende Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2.a) EStG). Die Tochter T. befand sich jedoch im streitigen Zeitpunkt nicht in einer Schulausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne. Unter einer Schulausbildung ist in der Regel der Besuch öffentlicher oder privater allgemeinbildender oder weiterführender Schulen zu verstehen, wenn der Unterricht nach staatlich genehmigten Lehrplänen für öffentliche Schulen gestaltet wird (BSG, Urteil vom 22.11.1994 – 10 RKg 3/93). In der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) wird näher beschrieben, was Schulausbildung ausmacht. Kennzeichnend für eine Schulausbildung ist danach die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung (auch Fernschulen). Dies setzt voraus, dass der Schüler in einer schulischen Mindestorganisation eingebunden ist, die eine gewisse dauernde Lehrkontrolle ermöglicht. Die Ausbildung darf nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit des Schülers liegen. Außerdem muss ein gewisser Kontakt und Austausch zwischen dem Schüler und dem Lehrern bestehen. Hängt die Dauer und die Intensität der Ausbildung von der Entscheidung und Selbstverantwortung des Schülers ab, liegt eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Ernsthaftigkeit anhand geeigneter Nachweise (Bescheinigung über regelmäßige Einreichung von Hausarbeiten zur Korrektur bei der Fernschule, Bescheinigung über Fortgang) belegt wird (DA 63.3.2.1, Abs. 2).

Die Kammer zweifelt nicht an, dass die Tochter der Klägerin seit 2007 während ihres Aufenthaltes in Deutschland im Wege des Fernunterrichts am Schulunterricht der Schule in Italien teilgenommen und sich auf das dortige Abitur vorbereitet hat. Die Kammer ist jedoch nicht davon überzeugt, dass ein solcher Unterricht mit der Intensität, wie sie für eine kindergeldrechtliche Anerkennung notwendig wäre, auch in der streitbefangenen Zeit von Dezember 2009 bis September 2010 stattgefunden hat. Bei großzügiger Auslegung der einschlägigen Kindergeldbestimmungen und der dazu ergangenen finanz- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die Tochter der Klägerin bis zum Abschluss des Schuljahres 2008/2009 in Berufs-/Schulausbildung war. Denn sie hat durch Schulbescheinigungen nachgewiesen, dass sie im September 2008 bzw. Mai 2009 an Prüfungen im Anschluss an die Klassen III und IV zwecks Zulassung zur jeweils nächsten Klasse IV bzw. V teilgenommen hat. Daraus kann gefolgert werden, dass sie sich auf diese Prüfungen in der Zeit davor hat vorbereiten müssen und dies kontinuierlich – im Wege eines kontrollierten Fernstudiums – getan hat. Dagegen liegen für die – hier allein streitige – Zeit vom 16.12. 2009 bis 30.09.2010 keine Nachweise vor, um eine Überzeugung der Kammer zu begründen, dass sich die Tochter auch in dieser Zeit ernsthaft und nachhaltig auf das Ausbildungsziel vorbereitet hat. Die Klägerin hat lediglich eine Schulbescheinigung vorgelegt, dass die Tochter im Schuljahr 2008/2009 als externer Prüfling zu dem abschließenden Staatsexamen zugelassen worden ist. Die Klägerin hat jedoch weder Nachweise über den Verlauf des Fernunterrichts im – nach dem Studienplan letzten – fünften Schuljahr 2009/2010 vorgelegt (z.B. Bescheinigungen über Hausarbeiten und Klausuren oder solche Arbeiten selbst), noch hat sie ein Zeugnis über den Abschluss der Klasse V vorgelegt. Ein solches Zeugnis über eine im Jahre 2010 abgelegte Prüfung im Anschluss an die letzte Klasse V hätte für die Kammer Rückschlüsse auf eine dazu notwendige und durchgeführte Vorbereitung im Schuljahr 2009/2010 ermöglicht. Ohne derartige Nachweise, insbesondere ein irgendwie geartetes Schuljahresabschlusszeugnis 2010 ist ein solcher Rückschluss jedoch nicht möglich und der Nachweis einer kindergeldrechtlich anerkennungsfähigen Schulausbildung nicht geführt. Denn es wäre ebenso gut möglich, dass die Tochter in diesem Schuljahr weniger intensiv gelernt hat. Es gibt keinerlei Belege außer den Darlegungen der anspruchsstellenden Klägerin über Art, Umfang und Intensität des behaupteten Fernstudiums in der streitigen Zeit; einen Erfolgsnachweis fehlt ganz.

Nach der vorgelegten Auskunft der Schule beträgt die Ausbildung am "Liceo Sociale" fünf Jahre. Wenn die Tochter T. ausweislich der vorgelegten Schulbescheinigungen im September 2008 die Zulassung für die Klasse IV (Schuljahr 2008/2009) und im Mai 2009 die Zulassung für das Abschlussexamen, dem das Schuljahr 2009/2010 als fünftes Schuljahr vorgeschaltet wäre, erhalten hat, hätte sie, wie die Klägerin auch im Verwaltungs- und vorverfahren wiederholt angegeben hat – im Jahre 2010 ("Juni 2010") den Schulabschluss (Abitur) erreichen müssen. Dies ist jedoch offenbar nicht der Fall gewesen. Denn nach ihrer Rückkehr nach Italien hat T. im Oktober 2010 den Schulbetrieb wieder aufgenommen; und die Klägerin hat nunmehr – abweichend von ihrem früheren Vortrag – mitgeteilt, T. werde erst im Juni bzw. Juli 2011 die Gymnasialausbildung beenden (Schriftsatz vom 21.09.2010 bzw. 24.05.2011).

Da die Klägerin als (potenziell) Kindergeldberechtigte die Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs trägt, geht es zu ihren Lasten, wenn sie nicht den Nachweis erbringt, dass sich die Tochter T. auch im maßgeblichen Zeitraum in Berufs-/Schulausbildung befunden hat (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast auch: FG München, Urteil vom 27.02.2008 – 10 K 931/07).

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung um Gelegenheit gebeten hat, zu dem Schriftsatz der Beklagten vom 23.05.2011 noch Stellung nehmen zu können, konnte die Kammer entscheiden, ohne den Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen. Zum Einen beinhaltet der Schriftsatz nur die Wiederholung der bereits mehrfach dargelegten Rechtsauffassung der Beklagten, zum Anderen hat der Bevollmächtigte den Schriftsatz nicht erst am Tag der mündlichen Verhandlung erhalten; und schließlich hatte er in der mündlichen Verhandlung selbst ausreichend Gelegenheit, zu dem Schriftsatzinhalt Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für das Kind T. für die Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010.

Die Klägerin ist italienische Staatsangehörige, verheiratet und hat zwei Kinder, den 0000 geborenen Sohn B. und die am 00.00.0000 geborene Tochter T. Der Ehemann der Klägerin war von September 2007 bis September 2010 bei der Nato-Airbase in Geilenkirchen tätig. Dort hatte die ganze Familie von Oktober 2007 bis zur Rückkehr nach Italien ihren Wohnsitz. Der Sohn B. wurde zwei Schuljahre (2007 bis 2009) zu Hause mittels Fernunterricht nach italienischem Schulsystem über die staatliche Mittelschule in Novara unterrichtet; zu den Examina reiste die Familie jeweils nach Italien; danach war B. auf einer Schule in Maastricht, wohin er täglich fuhr. Im November 2009 bewilligte die Beklagte Kindergeld für B. von Oktober 2007 bis September 2010.

Am 16.12.2009 beantragte die Klägerin Kindergeld für die Tochter T ... Sie trug vor, die Tochter sei aufgrund mangelnder deutscher Sprachkenntnisse Schülerin im Selbststudium und wolle im Juli 2010 in Italien nach dem dortigen Schulsystem ihr Examen ablegen; im September 2008 habe sie die Zulassung für die Klasse IV und im Mai 2009 durch Ablegen eines Vorexamens die Zulassung zum endgültigen Examen erhalten. Die beiden Prüfungen im September 2008 und Mai 2009 hätten in Italien stattgefunden; nur zu diesem Zweck sei die Familie dorthin gefahren.

Durch Bescheid vom 25.02.2010 lehnte die Beklagte den Kindergeldantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Tochter T. könne, weil sie das 18. Lebensjahr vollendet habe, nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BKGG berücksichtigt werden; es liege jedoch keine Schulausbildung im Sinne dieser Vorschrift vor, das heißt die Vermittlung von Wissen in einer schulischen Einrichtung; es fehle bei einem Selbststudium an der erforderlichen Einbindung in eine schulische Mindestorganisation.

Dagegen legte die Klägerin am 04.03.2010 Widerspruch ein: Mangels ausreichender Deutschkenntnisse könne ihre Tochter in Deutschland weder eine Schule besuchen noch eine Berufsausbildung beginnen; sie betreibe das Selbststudium nicht allein, sondern werde via Internet von ihrer Tutorin Prof. D. C. die Lehrerin an der LICEO SOCIALE "Castelli", der Schule, die T. auch schon besucht habe, bevor sie nach Deutschland gekommen sei, betreut. Im Bedarfsfall reise sie nach Italien. Als Studienliteratur benutze sie feste Lernprogramme. Sie sei nach dem italienischen Schulsystem verpflichtet, im Juni 2010 an dieser Schule ihren Abschluss zu machen.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.03.2010 mit ergänzender und vertiefender Begründung zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 09.04.2010 Klage erhoben. Sie hat u.a. drei Schulbescheinigungen vorgelegt. In einer ersten Schulbescheinigung vom 22.10.2009 bescheinigt die Schule, dass T. im Prüfungszeitraum des Schuljahres 2007/2008 – damals im Besitz der Versetzung in die Klasse III – vom 01.09. bis 05.09. als externe Kandidatin an den Eignungsprüfungen für die Klasse V teilgenommen habe; sie sei für die Klasse V nicht geeignet, erhalte aber die Eignung für die Klasse IV. In einer weiteren Bescheinigung vom 22.10.2009 bescheinigte die Schule, dass T. als externe Kandidatin für die abschließenden staatlichen Prüfungen der Unterrichtskurse für die Sekundarstufe II des Schuljahres 2008/2009 – damals im Besitz der Eignung für die Klasse IV – vom 18.05. bis 22.05.2009 an den Vorprüfungen teilgenommen habe und von der Prüfungskommission zur staatlichen Prüfung zugelassen worden sei.

Nach dem Ende der Tätigkeit des Ehemanns der Klägerin in Deutschland im September 2010 ist die Familie wieder nach Italien zurückgekehrt. Die Klägerin hat danach eine weitere Schulbescheinigung vom 15.10.2010 vorgelegt; darin bescheinigt die Schule im wesentlichen das Gleiche wie in der zweiten Schulbescheinigung vom 22.10.2009; ergänzend wird darin bescheinigt, dass das fünfjährige Studium am "Liceo Sociale" mit dem Diploma Magistrale abschließt; im Weiteren ist der Studienverlaufsplan für die fünf Schuljahre aufgelistet. Erstmals im September 2010 teilte die Klägerin mit, dass das Ende der Gymnasialausbildung nunmehr für Juni 2011 geplant sei; mit diesem Abschluss sei ihre Tochter berechtigt, ein Universitätsstudium in Fachrichtung Lehramt vorzunehmen; ab Oktober 2010 werde sie wieder im ordnungsgemäßen Schulbetrieb weiter ausgebildet. Auf Anfrage des Gerichts hat die Klägerin weder ein Zeugnis für das Schuljahr 2009/2010 noch eine Bescheinigung über das tatsächliche Studieren in diesem Schuljahr vorgelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Tochter T. habe im streitbefangenen Zeitraum die Schule in Italien wie eine "Fernschule" besucht; sie habe ein Selbststudium absolviert und sei via Internet von einer Lehrerin in Italien begleitet und kontrolliert worden; der Fernunterricht habe eine stetige und regelmäßige Ausbildung gewährleistet; diese habe nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit der Tochter gelegen. Es handele sich um eine fünfjährige Gymnasialausbildung. Die Klägerin meint, dass sich aus der Schulbescheinigung vom 15.10.2010 ergebe, dass ihre Tochter ordnungsgemäß am Schulbetrieb teilgenommen habe. Die Klägerin meinte, ihre Tochter habe seit 2007 die Schule so besucht, dass sie die Prüfungen geschafft habe; dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn sie nicht am Schulunterricht teilgenommen hätte.

Die Klägerin beantragt

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.02.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2010 zu verurteilen, ihr Kindergeld für dieTochter T. für die Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Sie verweist auf ihre Dienstanweisungen DA 63.3.2.1; nach deren Absatz 2 sei für eine Schulausbildung die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung (auch Fernschulen) kennzeichnet. Dies setze voraus, dass die Schülerin in einer schulischen Mindestorganisation eingebunden sei, die eine dauernde Lernkontrolle ermögliche. Die Ausbildung dürfe nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit der Schülerin liegen. Hänge die Dauer oder Intensität der Ausbildung von der Entscheidung oder Selbstverantwortung der Schülerin ab, liege eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Ernsthaftigkeit anhand geeigneter Nachweise (Bescheinigungen über das regelmäßige Einreichen von Hausarbeiten zur Korrektur, Bescheinigung über den Fortgang der Ausbildung) belegt werde. Solche Nachweise hätten für den streitbefangenen Zeitraum für T. nicht vorgelegt werden können und lägen auch ab Oktober 2007 nicht vor. Zeugenaussagen von Familienmitgliedern ersetzten solche Nachweise nicht. Die private Vorbereitung des Kindes T. auf die Aufnahmeprüfung für eine höhere Klasse sei keine Berufsausbildung, weil es an der Einbindung in eine schulische Mindestorganisation fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat für die geltend gemachte Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010 keinen Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter T ...

Die Klägerin gehörte in diesem Zeitraum als Ehegatte eines Mitglieds der Truppe eines Nato-Mitgliedstaates mit Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates und Wohnsitz in Deutschland gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zum Kreis der Anspruchsberechtigten für (sozialrechtliches) Kindergeld. Ihre Tochter T. konnte jedoch für einen Anspruch auf Kindergeld nicht berücksichtigt werden, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits das 18. Lebensjahr vollendet hatte und keine der Verlängerungstatbestände des § 2 Abs. 2 und 3 BKGG erfüllte, insbesondere nicht die hier allein in Betracht kommende Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2. a) BKGG. Denn sie wurde in der streitbefangenen Zeit nicht "für einen Beruf ausgebildet". Der Begriff der Berufsausbildung umfasst jede Ausbildung zu einem künftigen Beruf. Dazu gehört auch die Schulausbildung. In Berufsausbildung findet sich, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft darauf vorbereitet. Einzubeziehen sind alle Maßnahmen, die dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen dienen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufes geeignet sind (BFH, Urteil vom 18.03.2009 – III R 26/06 – für die gleichlautende Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2.a) EStG). Die Tochter T. befand sich jedoch im streitigen Zeitpunkt nicht in einer Schulausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne. Unter einer Schulausbildung ist in der Regel der Besuch öffentlicher oder privater allgemeinbildender oder weiterführender Schulen zu verstehen, wenn der Unterricht nach staatlich genehmigten Lehrplänen für öffentliche Schulen gestaltet wird (BSG, Urteil vom 22.11.1994 – 10 RKg 3/93). In der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) wird näher beschrieben, was Schulausbildung ausmacht. Kennzeichnend für eine Schulausbildung ist danach die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung (auch Fernschulen). Dies setzt voraus, dass der Schüler in einer schulischen Mindestorganisation eingebunden ist, die eine gewisse dauernde Lehrkontrolle ermöglicht. Die Ausbildung darf nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit des Schülers liegen. Außerdem muss ein gewisser Kontakt und Austausch zwischen dem Schüler und dem Lehrern bestehen. Hängt die Dauer und die Intensität der Ausbildung von der Entscheidung und Selbstverantwortung des Schülers ab, liegt eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Ernsthaftigkeit anhand geeigneter Nachweise (Bescheinigung über regelmäßige Einreichung von Hausarbeiten zur Korrektur bei der Fernschule, Bescheinigung über Fortgang) belegt wird (DA 63.3.2.1, Abs. 2).

Die Kammer zweifelt nicht an, dass die Tochter der Klägerin seit 2007 während ihres Aufenthaltes in Deutschland im Wege des Fernunterrichts am Schulunterricht der Schule in Italien teilgenommen und sich auf das dortige Abitur vorbereitet hat. Die Kammer ist jedoch nicht davon überzeugt, dass ein solcher Unterricht mit der Intensität, wie sie für eine kindergeldrechtliche Anerkennung notwendig wäre, auch in der streitbefangenen Zeit von Dezember 2009 bis September 2010 stattgefunden hat. Bei großzügiger Auslegung der einschlägigen Kindergeldbestimmungen und der dazu ergangenen finanz- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die Tochter der Klägerin bis zum Abschluss des Schuljahres 2008/2009 in Berufs-/Schulausbildung war. Denn sie hat durch Schulbescheinigungen nachgewiesen, dass sie im September 2008 bzw. Mai 2009 an Prüfungen im Anschluss an die Klassen III und IV zwecks Zulassung zur jeweils nächsten Klasse IV bzw. V teilgenommen hat. Daraus kann gefolgert werden, dass sie sich auf diese Prüfungen in der Zeit davor hat vorbereiten müssen und dies kontinuierlich – im Wege eines kontrollierten Fernstudiums – getan hat. Dagegen liegen für die – hier allein streitige – Zeit vom 16.12. 2009 bis 30.09.2010 keine Nachweise vor, um eine Überzeugung der Kammer zu begründen, dass sich die Tochter auch in dieser Zeit ernsthaft und nachhaltig auf das Ausbildungsziel vorbereitet hat. Die Klägerin hat lediglich eine Schulbescheinigung vorgelegt, dass die Tochter im Schuljahr 2008/2009 als externer Prüfling zu dem abschließenden Staatsexamen zugelassen worden ist. Die Klägerin hat jedoch weder Nachweise über den Verlauf des Fernunterrichts im – nach dem Studienplan letzten – fünften Schuljahr 2009/2010 vorgelegt (z.B. Bescheinigungen über Hausarbeiten und Klausuren oder solche Arbeiten selbst), noch hat sie ein Zeugnis über den Abschluss der Klasse V vorgelegt. Ein solches Zeugnis über eine im Jahre 2010 abgelegte Prüfung im Anschluss an die letzte Klasse V hätte für die Kammer Rückschlüsse auf eine dazu notwendige und durchgeführte Vorbereitung im Schuljahr 2009/2010 ermöglicht. Ohne derartige Nachweise, insbesondere ein irgendwie geartetes Schuljahresabschlusszeugnis 2010 ist ein solcher Rückschluss jedoch nicht möglich und der Nachweis einer kindergeldrechtlich anerkennungsfähigen Schulausbildung nicht geführt. Denn es wäre ebenso gut möglich, dass die Tochter in diesem Schuljahr weniger intensiv gelernt hat. Es gibt keinerlei Belege außer den Darlegungen der anspruchsstellenden Klägerin über Art, Umfang und Intensität des behaupteten Fernstudiums in der streitigen Zeit; einen Erfolgsnachweis fehlt ganz.

Nach der vorgelegten Auskunft der Schule beträgt die Ausbildung am "Liceo Sociale" fünf Jahre. Wenn die Tochter T. ausweislich der vorgelegten Schulbescheinigungen im September 2008 die Zulassung für die Klasse IV (Schuljahr 2008/2009) und im Mai 2009 die Zulassung für das Abschlussexamen, dem das Schuljahr 2009/2010 als fünftes Schuljahr vorgeschaltet wäre, erhalten hat, hätte sie, wie die Klägerin auch im Verwaltungs- und vorverfahren wiederholt angegeben hat – im Jahre 2010 ("Juni 2010") den Schulabschluss (Abitur) erreichen müssen. Dies ist jedoch offenbar nicht der Fall gewesen. Denn nach ihrer Rückkehr nach Italien hat T. im Oktober 2010 den Schulbetrieb wieder aufgenommen; und die Klägerin hat nunmehr – abweichend von ihrem früheren Vortrag – mitgeteilt, T. werde erst im Juni bzw. Juli 2011 die Gymnasialausbildung beenden (Schriftsatz vom 21.09.2010 bzw. 24.05.2011).

Da die Klägerin als (potenziell) Kindergeldberechtigte die Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs trägt, geht es zu ihren Lasten, wenn sie nicht den Nachweis erbringt, dass sich die Tochter T. auch im maßgeblichen Zeitraum in Berufs-/Schulausbildung befunden hat (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast auch: FG München, Urteil vom 27.02.2008 – 10 K 931/07).

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung um Gelegenheit gebeten hat, zu dem Schriftsatz der Beklagten vom 23.05.2011 noch Stellung nehmen zu können, konnte die Kammer entscheiden, ohne den Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen. Zum Einen beinhaltet der Schriftsatz nur die Wiederholung der bereits mehrfach dargelegten Rechtsauffassung der Beklagten, zum Anderen hat der Bevollmächtigte den Schriftsatz nicht erst am Tag der mündlichen Verhandlung erhalten; und schließlich hatte er in der mündlichen Verhandlung selbst ausreichend Gelegenheit, zu dem Schriftsatzinhalt Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für das Kind T. für die Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010.

Die Klägerin ist italienische Staatsangehörige, verheiratet und hat zwei Kinder, den 0000 geborenen Sohn B. und die am 00.00.0000 geborene Tochter T. Der Ehemann der Klägerin war von September 2007 bis September 2010 bei der Nato-Airbase in Geilenkirchen tätig. Dort hatte die ganze Familie von Oktober 2007 bis zur Rückkehr nach Italien ihren Wohnsitz. Der Sohn B. wurde zwei Schuljahre (2007 bis 2009) zu Hause mittels Fernunterricht nach italienischem Schulsystem über die staatliche Mittelschule in Novara unterrichtet; zu den Examina reiste die Familie jeweils nach Italien; danach war B. auf einer Schule in Maastricht, wohin er täglich fuhr. Im November 2009 bewilligte die Beklagte Kindergeld für B. von Oktober 2007 bis September 2010.

Am 16.12.2009 beantragte die Klägerin Kindergeld für die Tochter T ... Sie trug vor, die Tochter sei aufgrund mangelnder deutscher Sprachkenntnisse Schülerin im Selbststudium und wolle im Juli 2010 in Italien nach dem dortigen Schulsystem ihr Examen ablegen; im September 2008 habe sie die Zulassung für die Klasse IV und im Mai 2009 durch Ablegen eines Vorexamens die Zulassung zum endgültigen Examen erhalten. Die beiden Prüfungen im September 2008 und Mai 2009 hätten in Italien stattgefunden; nur zu diesem Zweck sei die Familie dorthin gefahren.

Durch Bescheid vom 25.02.2010 lehnte die Beklagte den Kindergeldantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Tochter T. könne, weil sie das 18. Lebensjahr vollendet habe, nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BKGG berücksichtigt werden; es liege jedoch keine Schulausbildung im Sinne dieser Vorschrift vor, das heißt die Vermittlung von Wissen in einer schulischen Einrichtung; es fehle bei einem Selbststudium an der erforderlichen Einbindung in eine schulische Mindestorganisation.

Dagegen legte die Klägerin am 04.03.2010 Widerspruch ein: Mangels ausreichender Deutschkenntnisse könne ihre Tochter in Deutschland weder eine Schule besuchen noch eine Berufsausbildung beginnen; sie betreibe das Selbststudium nicht allein, sondern werde via Internet von ihrer Tutorin Prof. D. C. die Lehrerin an der LICEO SOCIALE "Castelli", der Schule, die T. auch schon besucht habe, bevor sie nach Deutschland gekommen sei, betreut. Im Bedarfsfall reise sie nach Italien. Als Studienliteratur benutze sie feste Lernprogramme. Sie sei nach dem italienischen Schulsystem verpflichtet, im Juni 2010 an dieser Schule ihren Abschluss zu machen.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.03.2010 mit ergänzender und vertiefender Begründung zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 09.04.2010 Klage erhoben. Sie hat u.a. drei Schulbescheinigungen vorgelegt. In einer ersten Schulbescheinigung vom 22.10.2009 bescheinigt die Schule, dass T. im Prüfungszeitraum des Schuljahres 2007/2008 – damals im Besitz der Versetzung in die Klasse III – vom 01.09. bis 05.09. als externe Kandidatin an den Eignungsprüfungen für die Klasse V teilgenommen habe; sie sei für die Klasse V nicht geeignet, erhalte aber die Eignung für die Klasse IV. In einer weiteren Bescheinigung vom 22.10.2009 bescheinigte die Schule, dass T. als externe Kandidatin für die abschließenden staatlichen Prüfungen der Unterrichtskurse für die Sekundarstufe II des Schuljahres 2008/2009 – damals im Besitz der Eignung für die Klasse IV – vom 18.05. bis 22.05.2009 an den Vorprüfungen teilgenommen habe und von der Prüfungskommission zur staatlichen Prüfung zugelassen worden sei.

Nach dem Ende der Tätigkeit des Ehemanns der Klägerin in Deutschland im September 2010 ist die Familie wieder nach Italien zurückgekehrt. Die Klägerin hat danach eine weitere Schulbescheinigung vom 15.10.2010 vorgelegt; darin bescheinigt die Schule im wesentlichen das Gleiche wie in der zweiten Schulbescheinigung vom 22.10.2009; ergänzend wird darin bescheinigt, dass das fünfjährige Studium am "Liceo Sociale" mit dem Diploma Magistrale abschließt; im Weiteren ist der Studienverlaufsplan für die fünf Schuljahre aufgelistet. Erstmals im September 2010 teilte die Klägerin mit, dass das Ende der Gymnasialausbildung nunmehr für Juni 2011 geplant sei; mit diesem Abschluss sei ihre Tochter berechtigt, ein Universitätsstudium in Fachrichtung Lehramt vorzunehmen; ab Oktober 2010 werde sie wieder im ordnungsgemäßen Schulbetrieb weiter ausgebildet. Auf Anfrage des Gerichts hat die Klägerin weder ein Zeugnis für das Schuljahr 2009/2010 noch eine Bescheinigung über das tatsächliche Studieren in diesem Schuljahr vorgelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Tochter T. habe im streitbefangenen Zeitraum die Schule in Italien wie eine "Fernschule" besucht; sie habe ein Selbststudium absolviert und sei via Internet von einer Lehrerin in Italien begleitet und kontrolliert worden; der Fernunterricht habe eine stetige und regelmäßige Ausbildung gewährleistet; diese habe nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit der Tochter gelegen. Es handele sich um eine fünfjährige Gymnasialausbildung. Die Klägerin meint, dass sich aus der Schulbescheinigung vom 15.10.2010 ergebe, dass ihre Tochter ordnungsgemäß am Schulbetrieb teilgenommen habe. Die Klägerin meinte, ihre Tochter habe seit 2007 die Schule so besucht, dass sie die Prüfungen geschafft habe; dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn sie nicht am Schulunterricht teilgenommen hätte.

Die Klägerin beantragt

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.02.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2010 zu verurteilen, ihr Kindergeld für dieTochter T. für die Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Sie verweist auf ihre Dienstanweisungen DA 63.3.2.1; nach deren Absatz 2 sei für eine Schulausbildung die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung (auch Fernschulen) kennzeichnet. Dies setze voraus, dass die Schülerin in einer schulischen Mindestorganisation eingebunden sei, die eine dauernde Lernkontrolle ermögliche. Die Ausbildung dürfe nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit der Schülerin liegen. Hänge die Dauer oder Intensität der Ausbildung von der Entscheidung oder Selbstverantwortung der Schülerin ab, liege eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Ernsthaftigkeit anhand geeigneter Nachweise (Bescheinigungen über das regelmäßige Einreichen von Hausarbeiten zur Korrektur, Bescheinigung über den Fortgang der Ausbildung) belegt werde. Solche Nachweise hätten für den streitbefangenen Zeitraum für T. nicht vorgelegt werden können und lägen auch ab Oktober 2007 nicht vor. Zeugenaussagen von Familienmitgliedern ersetzten solche Nachweise nicht. Die private Vorbereitung des Kindes T. auf die Aufnahmeprüfung für eine höhere Klasse sei keine Berufsausbildung, weil es an der Einbindung in eine schulische Mindestorganisation fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat für die geltend gemachte Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010 keinen Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter T ...

Die Klägerin gehörte in diesem Zeitraum als Ehegatte eines Mitglieds der Truppe eines Nato-Mitgliedstaates mit Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates und Wohnsitz in Deutschland gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zum Kreis der Anspruchsberechtigten für (sozialrechtliches) Kindergeld. Ihre Tochter T. konnte jedoch für einen Anspruch auf Kindergeld nicht berücksichtigt werden, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits das 18. Lebensjahr vollendet hatte und keine der Verlängerungstatbestände des § 2 Abs. 2 und 3 BKGG erfüllte, insbesondere nicht die hier allein in Betracht kommende Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2. a) BKGG. Denn sie wurde in der streitbefangenen Zeit nicht "für einen Beruf ausgebildet". Der Begriff der Berufsausbildung umfasst jede Ausbildung zu einem künftigen Beruf. Dazu gehört auch die Schulausbildung. In Berufsausbildung findet sich, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft darauf vorbereitet. Einzubeziehen sind alle Maßnahmen, die dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen dienen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufes geeignet sind (BFH, Urteil vom 18.03.2009 – III R 26/06 – für die gleichlautende Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2.a) EStG). Die Tochter T. befand sich jedoch im streitigen Zeitpunkt nicht in einer Schulausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne. Unter einer Schulausbildung ist in der Regel der Besuch öffentlicher oder privater allgemeinbildender oder weiterführender Schulen zu verstehen, wenn der Unterricht nach staatlich genehmigten Lehrplänen für öffentliche Schulen gestaltet wird (BSG, Urteil vom 22.11.1994 – 10 RKg 3/93). In der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) wird näher beschrieben, was Schulausbildung ausmacht. Kennzeichnend für eine Schulausbildung ist danach die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung (auch Fernschulen). Dies setzt voraus, dass der Schüler in einer schulischen Mindestorganisation eingebunden ist, die eine gewisse dauernde Lehrkontrolle ermöglicht. Die Ausbildung darf nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit des Schülers liegen. Außerdem muss ein gewisser Kontakt und Austausch zwischen dem Schüler und dem Lehrern bestehen. Hängt die Dauer und die Intensität der Ausbildung von der Entscheidung und Selbstverantwortung des Schülers ab, liegt eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Ernsthaftigkeit anhand geeigneter Nachweise (Bescheinigung über regelmäßige Einreichung von Hausarbeiten zur Korrektur bei der Fernschule, Bescheinigung über Fortgang) belegt wird (DA 63.3.2.1, Abs. 2).

Die Kammer zweifelt nicht an, dass die Tochter der Klägerin seit 2007 während ihres Aufenthaltes in Deutschland im Wege des Fernunterrichts am Schulunterricht der Schule in Italien teilgenommen und sich auf das dortige Abitur vorbereitet hat. Die Kammer ist jedoch nicht davon überzeugt, dass ein solcher Unterricht mit der Intensität, wie sie für eine kindergeldrechtliche Anerkennung notwendig wäre, auch in der streitbefangenen Zeit von Dezember 2009 bis September 2010 stattgefunden hat. Bei großzügiger Auslegung der einschlägigen Kindergeldbestimmungen und der dazu ergangenen finanz- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die Tochter der Klägerin bis zum Abschluss des Schuljahres 2008/2009 in Berufs-/Schulausbildung war. Denn sie hat durch Schulbescheinigungen nachgewiesen, dass sie im September 2008 bzw. Mai 2009 an Prüfungen im Anschluss an die Klassen III und IV zwecks Zulassung zur jeweils nächsten Klasse IV bzw. V teilgenommen hat. Daraus kann gefolgert werden, dass sie sich auf diese Prüfungen in der Zeit davor hat vorbereiten müssen und dies kontinuierlich – im Wege eines kontrollierten Fernstudiums – getan hat. Dagegen liegen für die – hier allein streitige – Zeit vom 16.12. 2009 bis 30.09.2010 keine Nachweise vor, um eine Überzeugung der Kammer zu begründen, dass sich die Tochter auch in dieser Zeit ernsthaft und nachhaltig auf das Ausbildungsziel vorbereitet hat. Die Klägerin hat lediglich eine Schulbescheinigung vorgelegt, dass die Tochter im Schuljahr 2008/2009 als externer Prüfling zu dem abschließenden Staatsexamen zugelassen worden ist. Die Klägerin hat jedoch weder Nachweise über den Verlauf des Fernunterrichts im – nach dem Studienplan letzten – fünften Schuljahr 2009/2010 vorgelegt (z.B. Bescheinigungen über Hausarbeiten und Klausuren oder solche Arbeiten selbst), noch hat sie ein Zeugnis über den Abschluss der Klasse V vorgelegt. Ein solches Zeugnis über eine im Jahre 2010 abgelegte Prüfung im Anschluss an die letzte Klasse V hätte für die Kammer Rückschlüsse auf eine dazu notwendige und durchgeführte Vorbereitung im Schuljahr 2009/2010 ermöglicht. Ohne derartige Nachweise, insbesondere ein irgendwie geartetes Schuljahresabschlusszeugnis 2010 ist ein solcher Rückschluss jedoch nicht möglich und der Nachweis einer kindergeldrechtlich anerkennungsfähigen Schulausbildung nicht geführt. Denn es wäre ebenso gut möglich, dass die Tochter in diesem Schuljahr weniger intensiv gelernt hat. Es gibt keinerlei Belege außer den Darlegungen der anspruchsstellenden Klägerin über Art, Umfang und Intensität des behaupteten Fernstudiums in der streitigen Zeit; einen Erfolgsnachweis fehlt ganz.

Nach der vorgelegten Auskunft der Schule beträgt die Ausbildung am "Liceo Sociale" fünf Jahre. Wenn die Tochter T. ausweislich der vorgelegten Schulbescheinigungen im September 2008 die Zulassung für die Klasse IV (Schuljahr 2008/2009) und im Mai 2009 die Zulassung für das Abschlussexamen, dem das Schuljahr 2009/2010 als fünftes Schuljahr vorgeschaltet wäre, erhalten hat, hätte sie, wie die Klägerin auch im Verwaltungs- und vorverfahren wiederholt angegeben hat – im Jahre 2010 ("Juni 2010") den Schulabschluss (Abitur) erreichen müssen. Dies ist jedoch offenbar nicht der Fall gewesen. Denn nach ihrer Rückkehr nach Italien hat T. im Oktober 2010 den Schulbetrieb wieder aufgenommen; und die Klägerin hat nunmehr – abweichend von ihrem früheren Vortrag – mitgeteilt, T. werde erst im Juni bzw. Juli 2011 die Gymnasialausbildung beenden (Schriftsatz vom 21.09.2010 bzw. 24.05.2011).

Da die Klägerin als (potenziell) Kindergeldberechtigte die Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs trägt, geht es zu ihren Lasten, wenn sie nicht den Nachweis erbringt, dass sich die Tochter T. auch im maßgeblichen Zeitraum in Berufs-/Schulausbildung befunden hat (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast auch: FG München, Urteil vom 27.02.2008 – 10 K 931/07).

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung um Gelegenheit gebeten hat, zu dem Schriftsatz der Beklagten vom 23.05.2011 noch Stellung nehmen zu können, konnte die Kammer entscheiden, ohne den Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen. Zum Einen beinhaltet der Schriftsatz nur die Wiederholung der bereits mehrfach dargelegten Rechtsauffassung der Beklagten, zum Anderen hat der Bevollmächtigte den Schriftsatz nicht erst am Tag der mündlichen Verhandlung erhalten; und schließlich hatte er in der mündlichen Verhandlung selbst ausreichend Gelegenheit, zu dem Schriftsatzinhalt Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) für das Kind T. für die Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010.

Die Klägerin ist italienische Staatsangehörige, verheiratet und hat zwei Kinder, den 0000 geborenen Sohn B. und die am 00.00.0000 geborene Tochter T. Der Ehemann der Klägerin war von September 2007 bis September 2010 bei der Nato-Airbase in Geilenkirchen tätig. Dort hatte die ganze Familie von Oktober 2007 bis zur Rückkehr nach Italien ihren Wohnsitz. Der Sohn B. wurde zwei Schuljahre (2007 bis 2009) zu Hause mittels Fernunterricht nach italienischem Schulsystem über die staatliche Mittelschule in Novara unterrichtet; zu den Examina reiste die Familie jeweils nach Italien; danach war B. auf einer Schule in Maastricht, wohin er täglich fuhr. Im November 2009 bewilligte die Beklagte Kindergeld für B. von Oktober 2007 bis September 2010.

Am 16.12.2009 beantragte die Klägerin Kindergeld für die Tochter T ... Sie trug vor, die Tochter sei aufgrund mangelnder deutscher Sprachkenntnisse Schülerin im Selbststudium und wolle im Juli 2010 in Italien nach dem dortigen Schulsystem ihr Examen ablegen; im September 2008 habe sie die Zulassung für die Klasse IV und im Mai 2009 durch Ablegen eines Vorexamens die Zulassung zum endgültigen Examen erhalten. Die beiden Prüfungen im September 2008 und Mai 2009 hätten in Italien stattgefunden; nur zu diesem Zweck sei die Familie dorthin gefahren.

Durch Bescheid vom 25.02.2010 lehnte die Beklagte den Kindergeldantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die Tochter T. könne, weil sie das 18. Lebensjahr vollendet habe, nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BKGG berücksichtigt werden; es liege jedoch keine Schulausbildung im Sinne dieser Vorschrift vor, das heißt die Vermittlung von Wissen in einer schulischen Einrichtung; es fehle bei einem Selbststudium an der erforderlichen Einbindung in eine schulische Mindestorganisation.

Dagegen legte die Klägerin am 04.03.2010 Widerspruch ein: Mangels ausreichender Deutschkenntnisse könne ihre Tochter in Deutschland weder eine Schule besuchen noch eine Berufsausbildung beginnen; sie betreibe das Selbststudium nicht allein, sondern werde via Internet von ihrer Tutorin Prof. D. C. die Lehrerin an der LICEO SOCIALE "Castelli", der Schule, die T. auch schon besucht habe, bevor sie nach Deutschland gekommen sei, betreut. Im Bedarfsfall reise sie nach Italien. Als Studienliteratur benutze sie feste Lernprogramme. Sie sei nach dem italienischen Schulsystem verpflichtet, im Juni 2010 an dieser Schule ihren Abschluss zu machen.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.03.2010 mit ergänzender und vertiefender Begründung zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 09.04.2010 Klage erhoben. Sie hat u.a. drei Schulbescheinigungen vorgelegt. In einer ersten Schulbescheinigung vom 22.10.2009 bescheinigt die Schule, dass T. im Prüfungszeitraum des Schuljahres 2007/2008 – damals im Besitz der Versetzung in die Klasse III – vom 01.09. bis 05.09. als externe Kandidatin an den Eignungsprüfungen für die Klasse V teilgenommen habe; sie sei für die Klasse V nicht geeignet, erhalte aber die Eignung für die Klasse IV. In einer weiteren Bescheinigung vom 22.10.2009 bescheinigte die Schule, dass T. als externe Kandidatin für die abschließenden staatlichen Prüfungen der Unterrichtskurse für die Sekundarstufe II des Schuljahres 2008/2009 – damals im Besitz der Eignung für die Klasse IV – vom 18.05. bis 22.05.2009 an den Vorprüfungen teilgenommen habe und von der Prüfungskommission zur staatlichen Prüfung zugelassen worden sei.

Nach dem Ende der Tätigkeit des Ehemanns der Klägerin in Deutschland im September 2010 ist die Familie wieder nach Italien zurückgekehrt. Die Klägerin hat danach eine weitere Schulbescheinigung vom 15.10.2010 vorgelegt; darin bescheinigt die Schule im wesentlichen das Gleiche wie in der zweiten Schulbescheinigung vom 22.10.2009; ergänzend wird darin bescheinigt, dass das fünfjährige Studium am "Liceo Sociale" mit dem Diploma Magistrale abschließt; im Weiteren ist der Studienverlaufsplan für die fünf Schuljahre aufgelistet. Erstmals im September 2010 teilte die Klägerin mit, dass das Ende der Gymnasialausbildung nunmehr für Juni 2011 geplant sei; mit diesem Abschluss sei ihre Tochter berechtigt, ein Universitätsstudium in Fachrichtung Lehramt vorzunehmen; ab Oktober 2010 werde sie wieder im ordnungsgemäßen Schulbetrieb weiter ausgebildet. Auf Anfrage des Gerichts hat die Klägerin weder ein Zeugnis für das Schuljahr 2009/2010 noch eine Bescheinigung über das tatsächliche Studieren in diesem Schuljahr vorgelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Tochter T. habe im streitbefangenen Zeitraum die Schule in Italien wie eine "Fernschule" besucht; sie habe ein Selbststudium absolviert und sei via Internet von einer Lehrerin in Italien begleitet und kontrolliert worden; der Fernunterricht habe eine stetige und regelmäßige Ausbildung gewährleistet; diese habe nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit der Tochter gelegen. Es handele sich um eine fünfjährige Gymnasialausbildung. Die Klägerin meint, dass sich aus der Schulbescheinigung vom 15.10.2010 ergebe, dass ihre Tochter ordnungsgemäß am Schulbetrieb teilgenommen habe. Die Klägerin meinte, ihre Tochter habe seit 2007 die Schule so besucht, dass sie die Prüfungen geschafft habe; dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn sie nicht am Schulunterricht teilgenommen hätte.

Die Klägerin beantragt

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.02.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2010 zu verurteilen, ihr Kindergeld für dieTochter T. für die Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung. Sie verweist auf ihre Dienstanweisungen DA 63.3.2.1; nach deren Absatz 2 sei für eine Schulausbildung die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung (auch Fernschulen) kennzeichnet. Dies setze voraus, dass die Schülerin in einer schulischen Mindestorganisation eingebunden sei, die eine dauernde Lernkontrolle ermögliche. Die Ausbildung dürfe nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit der Schülerin liegen. Hänge die Dauer oder Intensität der Ausbildung von der Entscheidung oder Selbstverantwortung der Schülerin ab, liege eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Ernsthaftigkeit anhand geeigneter Nachweise (Bescheinigungen über das regelmäßige Einreichen von Hausarbeiten zur Korrektur, Bescheinigung über den Fortgang der Ausbildung) belegt werde. Solche Nachweise hätten für den streitbefangenen Zeitraum für T. nicht vorgelegt werden können und lägen auch ab Oktober 2007 nicht vor. Zeugenaussagen von Familienmitgliedern ersetzten solche Nachweise nicht. Die private Vorbereitung des Kindes T. auf die Aufnahmeprüfung für eine höhere Klasse sei keine Berufsausbildung, weil es an der Einbindung in eine schulische Mindestorganisation fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat für die geltend gemachte Zeit vom 16.12.2009 bis 30.09.2010 keinen Anspruch auf Kindergeld für ihre Tochter T ...

Die Klägerin gehörte in diesem Zeitraum als Ehegatte eines Mitglieds der Truppe eines Nato-Mitgliedstaates mit Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates und Wohnsitz in Deutschland gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 BKGG zum Kreis der Anspruchsberechtigten für (sozialrechtliches) Kindergeld. Ihre Tochter T. konnte jedoch für einen Anspruch auf Kindergeld nicht berücksichtigt werden, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits das 18. Lebensjahr vollendet hatte und keine der Verlängerungstatbestände des § 2 Abs. 2 und 3 BKGG erfüllte, insbesondere nicht die hier allein in Betracht kommende Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2. a) BKGG. Denn sie wurde in der streitbefangenen Zeit nicht "für einen Beruf ausgebildet". Der Begriff der Berufsausbildung umfasst jede Ausbildung zu einem künftigen Beruf. Dazu gehört auch die Schulausbildung. In Berufsausbildung findet sich, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft darauf vorbereitet. Einzubeziehen sind alle Maßnahmen, die dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen dienen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufes geeignet sind (BFH, Urteil vom 18.03.2009 – III R 26/06 – für die gleichlautende Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2.a) EStG). Die Tochter T. befand sich jedoch im streitigen Zeitpunkt nicht in einer Schulausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne. Unter einer Schulausbildung ist in der Regel der Besuch öffentlicher oder privater allgemeinbildender oder weiterführender Schulen zu verstehen, wenn der Unterricht nach staatlich genehmigten Lehrplänen für öffentliche Schulen gestaltet wird (BSG, Urteil vom 22.11.1994 – 10 RKg 3/93). In der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) wird näher beschrieben, was Schulausbildung ausmacht. Kennzeichnend für eine Schulausbildung ist danach die Vermittlung von Wissen an einer schulischen Einrichtung (auch Fernschulen). Dies setzt voraus, dass der Schüler in einer schulischen Mindestorganisation eingebunden ist, die eine gewisse dauernde Lehrkontrolle ermöglicht. Die Ausbildung darf nicht überwiegend in der Gestaltungsfreiheit des Schülers liegen. Außerdem muss ein gewisser Kontakt und Austausch zwischen dem Schüler und dem Lehrern bestehen. Hängt die Dauer und die Intensität der Ausbildung von der Entscheidung und Selbstverantwortung des Schülers ab, liegt eine Ausbildung nur dann vor, wenn die Ernsthaftigkeit anhand geeigneter Nachweise (Bescheinigung über regelmäßige Einreichung von Hausarbeiten zur Korrektur bei der Fernschule, Bescheinigung über Fortgang) belegt wird (DA 63.3.2.1, Abs. 2).

Die Kammer zweifelt nicht an, dass die Tochter der Klägerin seit 2007 während ihres Aufenthaltes in Deutschland im Wege des Fernunterrichts am Schulunterricht der Schule in Italien teilgenommen und sich auf das dortige Abitur vorbereitet hat. Die Kammer ist jedoch nicht davon überzeugt, dass ein solcher Unterricht mit der Intensität, wie sie für eine kindergeldrechtliche Anerkennung notwendig wäre, auch in der streitbefangenen Zeit von Dezember 2009 bis September 2010 stattgefunden hat. Bei großzügiger Auslegung der einschlägigen Kindergeldbestimmungen und der dazu ergangenen finanz- und sozialgerichtlichen Rechtsprechung kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass die Tochter der Klägerin bis zum Abschluss des Schuljahres 2008/2009 in Berufs-/Schulausbildung war. Denn sie hat durch Schulbescheinigungen nachgewiesen, dass sie im September 2008 bzw. Mai 2009 an Prüfungen im Anschluss an die Klassen III und IV zwecks Zulassung zur jeweils nächsten Klasse IV bzw. V teilgenommen hat. Daraus kann gefolgert werden, dass sie sich auf diese Prüfungen in der Zeit davor hat vorbereiten müssen und dies kontinuierlich – im Wege eines kontrollierten Fernstudiums – getan hat. Dagegen liegen für die – hier allein streitige – Zeit vom 16.12. 2009 bis 30.09.2010 keine Nachweise vor, um eine Überzeugung der Kammer zu begründen, dass sich die Tochter auch in dieser Zeit ernsthaft und nachhaltig auf das Ausbildungsziel vorbereitet hat. Die Klägerin hat lediglich eine Schulbescheinigung vorgelegt, dass die Tochter im Schuljahr 2008/2009 als externer Prüfling zu dem abschließenden Staatsexamen zugelassen worden ist. Die Klägerin hat jedoch weder Nachweise über den Verlauf des Fernunterrichts im – nach dem Studienplan letzten – fünften Schuljahr 2009/2010 vorgelegt (z.B. Bescheinigungen über Hausarbeiten und Klausuren oder solche Arbeiten selbst), noch hat sie ein Zeugnis über den Abschluss der Klasse V vorgelegt. Ein solches Zeugnis über eine im Jahre 2010 abgelegte Prüfung im Anschluss an die letzte Klasse V hätte für die Kammer Rückschlüsse auf eine dazu notwendige und durchgeführte Vorbereitung im Schuljahr 2009/2010 ermöglicht. Ohne derartige Nachweise, insbesondere ein irgendwie geartetes Schuljahresabschlusszeugnis 2010 ist ein solcher Rückschluss jedoch nicht möglich und der Nachweis einer kindergeldrechtlich anerkennungsfähigen Schulausbildung nicht geführt. Denn es wäre ebenso gut möglich, dass die Tochter in diesem Schuljahr weniger intensiv gelernt hat. Es gibt keinerlei Belege außer den Darlegungen der anspruchsstellenden Klägerin über Art, Umfang und Intensität des behaupteten Fernstudiums in der streitigen Zeit; einen Erfolgsnachweis fehlt ganz.

Nach der vorgelegten Auskunft der Schule beträgt die Ausbildung am "Liceo Sociale" fünf Jahre. Wenn die Tochter T. ausweislich der vorgelegten Schulbescheinigungen im September 2008 die Zulassung für die Klasse IV (Schuljahr 2008/2009) und im Mai 2009 die Zulassung für das Abschlussexamen, dem das Schuljahr 2009/2010 als fünftes Schuljahr vorgeschaltet wäre, erhalten hat, hätte sie, wie die Klägerin auch im Verwaltungs- und vorverfahren wiederholt angegeben hat – im Jahre 2010 ("Juni 2010") den Schulabschluss (Abitur) erreichen müssen. Dies ist jedoch offenbar nicht der Fall gewesen. Denn nach ihrer Rückkehr nach Italien hat T. im Oktober 2010 den Schulbetrieb wieder aufgenommen; und die Klägerin hat nunmehr – abweichend von ihrem früheren Vortrag – mitgeteilt, T. werde erst im Juni bzw. Juli 2011 die Gymnasialausbildung beenden (Schriftsatz vom 21.09.2010 bzw. 24.05.2011).

Da die Klägerin als (potenziell) Kindergeldberechtigte die Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs trägt, geht es zu ihren Lasten, wenn sie nicht den Nachweis erbringt, dass sich die Tochter T. auch im maßgeblichen Zeitraum in Berufs-/Schulausbildung befunden hat (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast auch: FG München, Urteil vom 27.02.2008 – 10 K 931/07).

Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung um Gelegenheit gebeten hat, zu dem Schriftsatz der Beklagten vom 23.05.2011 noch Stellung nehmen zu können, konnte die Kammer entscheiden, ohne den Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen. Zum Einen beinhaltet der Schriftsatz nur die Wiederholung der bereits mehrfach dargelegten Rechtsauffassung der Beklagten, zum Anderen hat der Bevollmächtigte den Schriftsatz nicht erst am Tag der mündlichen Verhandlung erhalten; und schließlich hatte er in der mündlichen Verhandlung selbst ausreichend Gelegenheit, zu dem Schriftsatzinhalt Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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