Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 266/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1060/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung und Erstattung von Leistungen in Höhe von 11.352,94 Euro für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 22.05.2006.
Die 00.00.0000 geborene Klägerin steht seit dem 01.01.2005 im laufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Sie wohnt seither als Untermieterin in der Wohnung ihrer Eltern in B. Die Mutter der Klägerin verstarb im Mai 2005.
Bei Antragstellung im Jahr 2004 gab die Klägerin im Antragsformular an, weder sie selbst, noch ihre Eltern würden über Vermögen von mehr als 4.850,00 Euro verfügen. Bei den Fortzahlungsanträgen gab sie jeweils an, es seien keine Veränderungen eingetreten.
Im Rahmen eines Datenabgleichs beim Bundesamt für Finanzen erhielt der Beklagte Ende 2005 Kenntnis davon, dass die Klägerin im Jahr 2004 Kapitalerträge 2004 gehabt hatte. Auf eine Kontenauskunft teilte die Bank B dem Beklagten im Januar 2006 mit, die Klägerin verfüge dort über ein Guthaben in Höhe von ca. 10.800 Euro. Hierzu teilte die Klägerin auf Nachfrage des Beklagten Anfang Mai 2006 mit, sie verfüge über ein Sparbuch mit ca. 3.000 Euro Guthaben (Kontonummer 000000001) sowie über eine Lebensversicherung bei der Q-Versicherung. Über weitere Gelder verfüge sie nicht. Hierauf bewilligte der Beklagte die Leistungen weiter.
Im Jahr 2007 erhielt der Beklagte sodann Kenntnis von den Kapitalerträgen der Klägerin für das Jahr 2005. Nach entsprechender Aufforderung durch den Beklagten wies die Klägerin die Kapitalerträge durch Vorlage der Zinsbescheinigung nach, aus der sich ergab, dass sie über zwei weitere Sparbücher verfügt hatte, nämlich eines, das im Mai 2006 über ein Guthaben von 7.990,31 Euro verfügt hatte und nach Abhebung dieses Betrages im Mai 2006 aufgelöst wurde (Kontonummer 000000000), sowie über ein weiteres, das im Juni 2005 bei einem Kontostand von ca. 13.500 Euro auf den Vater der Klägerin umgeschrieben wurde und auf das im Mai 2006 6.460,00 Euro eingezahlt wurden (Kontonummer 00000001).
Mit Bescheid vom 09.02.2009 hob der Beklagte hierauf nach weiteren Ermittlungen bei der Bank B und Anhörung der Klägerin im März 2008 die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 22.05.2006 in Höhe von insgesamt 11.376,36 Euro auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe in diesem Zeitraum über Vermögen verfügt, das vorrangig einzusetzen gewesen sei. Dieses Vermögen sei am 22.05.2006 fiktiv verbraucht gewesen. Dagegen legte die Klägerin am 19.02.2009 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2010 unter geringfügiger Verringerung der Erstattungsforderung auf 11.352,94 Euro zurückgewiesen wurde.
Hiergegen richtet sich die am 05.03.2010 erhobene Klage.
Die Klägerin trägt vor, bei den Geldern auf den Sparbüchern habe es sich größtenteils nicht um ihr eigenes Vermögen gehandelt, sondern vielmehr um Geld, das ihre Mutter aus Rente und Pflegegeld für sie zur Altersvorsorge angespart habe, da sie nur eine geringe Rente zu erwarten habe. Hiervon habe sie keine Kenntnis gehabt. Sie habe sich auch nicht um die Gelder gekümmert. Insoweit habe sie darüber auch nicht verfügen können.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 09.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf die tragenden Gründe der angefochtenen Bescheide. Er ist insbesondere der Auffassung, dass die Klägerin Inhaber aller Spareinlagen gewesen sei, so dass es sich auch um ihr eigenes Vermögen gehandelt habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Karl R ... Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Verhandlungstermins verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da diese rechtmäßig sind.
Grundlage für die Aufhebung der für den streitgegenständlichen Zeitraum ergangenen Bewilligungsbescheide vom 06.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 09.06.2005, vom 10.08.2005 und vom 16.02.2006 ist § 45 Abs. 1, Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III). Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht begründet hat, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 der Norm zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist gemäß Satz 2 in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte jedoch nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Die Entscheidung über die Rücknahme eines Bewilligungsbescheids über Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II steht dabei bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht im Ermessen der Behörde, sondern ist zwingend, § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, § 330 Abs. 1 SGB III.
Nach diesen Grundsätzen ist die Aufhebung der Bewilligungsbescheide rechtmäßig erfolgt. Der Beklagte kann die Erstattung des Betrages in Höhe von 11.376,36 Euro verlangen.
1.
Die Bewilligungsbescheide waren von Anfang an rechtswidrig, da die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig war.
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst zwar nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II aber grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az. B 4 AS 29/07 R; Urteil vom 30.7.2008, Az. B 14 AS 26/07 R).
Die Klägerin verfügte im streitgegenständlichen Zeitraum zur Überzeugung der Kammer über eigenes Vermögen, das die in § 12 Abs. 2 SGB II vorgesehenen Freibeträge überstieg, so dass Hilfebedürftigkeit nicht vorlag. Sie verfügte am Stichtag 01.01.2005 über Vermögen in Form von Spareinlagen auf den Sparbüchern Kontonummern 000000000, 000000001 und 000000002 in Höhe von insgesamt 21.569,28 Euro. Abzüglich des Freibetrags aus § 12 Abs. 2 Nr.1 SGB II in der 2005 geltenden Fassung in Höhe von (47 Lebensjahren x 200,00 Euro =) 9.400,00 Euro und des weiteren Freibetrags aus § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 Euro ergibt sich ein zu berücksichtigendes Vermögen der Klägerin in Höhe von 11.419,28 Euro. Damit war die Klägerin aber nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II.
Die Kammer ist dabei nach dem Inhalt der Verwaltungsakte, dem Vortrag der Klägerin und der Vernehmung des Zeugen R. der Überzeugung, dass es sich bei den Spareinlagen um das eigene Vermögen der Klägerin gehandelt hat. Den Vortrag der Klägerin, es habe sich größtenteils nicht um Gelder gehandelt, die ihr zugestanden bzw. zur Verfügung gestanden hätten, hält die Kammer nicht für überzeugend.
Dabei ist das Guthaben auf dem Sparbuch 000000000 (am 01.01.2005: 2.728,36 Euro) unstreitig der Klägerin zuzuordnen. Dies hat die Klägerin bereits seit 2006 auch nie anders dargestellt.
Die Klägerin war aber auch forderungsberechtigt in Bezug auf die Spareinlagen auf den Sparbüchern 000000001 und 000000002 (Guthaben am 01.01.2005: 6.672,13 Euro bzw. 12.168,79 Euro). Dies folgt nicht bereits daraus, dass die Klägerin Kontoinhaberin war, denn allein die Tatsache, dass ein Konto auf einen bestimmten Namen geführt wird schließt nicht aus, dass das jeweilige Recht am Sparguthaben auch einem Dritten zustehen kann. Einen Rechtsgrundsatz, der Hilfebedürftige müsse sich am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen, lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24.05.2006, Az. B 11a AL 7/05 R m.w.N.). Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen.
Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren zunächst vorgetragen, sie habe von diesen beiden Sparbüchern nichts gewusst. Dies überzeugt die Kammer nicht, denn ausweislich der im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskunft bei der Bank hat die Klägerin selbst diese beiden Konten gemäß Unterschrift 1996 bzw. 2004 eröffnet und bei einem Sparbuch sogar ein Kennwort vereinbart. Insoweit hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Sachverhalt dann auch so dargestellt, dass es sich bei den Spareinlagen um Gelder der im Mai 2005 verstorbenen Mutter gehandelt habe, insbesondere Rente und Pflegegeld, welches diese für die Altersvorsorge der Klägerin habe ansparen wollen. Auch aus diesem Vortrag kann die Kammer aber nicht folgern, dass die Gelder nicht dem Vermögen der Klägerin zuzuordnen waren. Es handelte sich bei den Spareinlagen insbesondere nicht um eigenes Vermögen ausschließlich der Mutter, welches die Klägerin zu ihren eigenen Gunsten treuhänderisch auf eigenen Konten verwaltet hat. Eine solche Konstruktion lässt sich zwar dem Vortrag der Klägerin entnehmen wenn sie ausführt, die Gelder seien nur für den Fall der eigenen Altersvorsorge gedacht gewesen. Eine Treuhand käme dann dergestalt in Betracht, dass die Klägerin nach außen als Inhaberin der Forderung auftrat, nach innen aber mit der Maßgabe gebunden war, dass es sich um eine Forderung der Mutter handelte, die die Klägerin erst zur Alterssicherung dienen sollte. Wegen der Manipulationsmöglichkeiten und Missbrauchsgefahren, die mit verdeckten Treuhandverhältnissen typischerweise verbunden sind, ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen. Das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein. Einkommen und Vermögenswerte können nach diesem Grundsatz nur dann als einer anderen Person zuzurechnendes Treugut und somit als nicht zum Kreis des scheinbaren Inhabers gehörende Werte qualifiziert werden, wenn Treugeber und Treuhänder - bezogen auf das jeweilige Treugut - nachweislich einen Treuhandvertrag geschlossen haben, die Beweggründe für die Treuhandkonstruktion nachvollziehbar sind, das Treugut nachweislich vom Treugeber stammt und etwaige Transaktionen, Zahlungsströme, Kontobewegungen u. ä. lückenlos belegbar sind (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.06.2009, Az. L 1 AS 31/08). Treuhandverhältnisse unter nahen Angehörigen sind dabei nur anzuerkennen, wenn der Treuhandvertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist (vgl. Bundesssozialgericht, Urteil vom 24.05.2006, Az. B 11a AL 7/05 R; Urteil vom 13.09.2006, Az. B 11a AL 13/06 R). Nach diesen Maßstäben kann die Kammer aber keine solche Treuhandkonstruktion erkennen. Bereits die Herkunft der monatlichen Einzahlungen ist nicht klar. Den Vortrag der Klägerin, es habe sich ausschließlich um Einkünfte der Mutter gehandelt, vermag die Kammer nicht vollständig nachzuvollziehen, denn auch nach dem Tod der Mutter sind auf das Konto 0000000002 weiter monatliche Spar-Raten in Höhe von 51,64 Euro geflossen. Die Klägerin konnte insoweit nicht erklären, woher diese Raten kamen. Ob es sich also auch vorher ausschließlich um Gelder Mutter gehandelt hat, steht damit bereits nicht fest und ist äußerst zweifelhaft. Weiter ist dem Konto 00000001 im August 2004 ein Betrag in Höhe von 12.126 Euro zugeflossen. Hierbei handelte es sich nach dem Vortrag der Klägerin um einen aufgelösten Sparvertrag, und damit ebenfalls gerade nicht um Gelder der Mutter, sondern um eigene Gelder. Dann kann aber insoweit kein Treuhandverhältnis angenommen werden. Gegen eine tatsächlich bestehende treuhänderische Bindung spricht zudem, dass die Gelder nach dem streitgegenständlichen Zeitraum teilweise verbraucht worden sind, und zwar ausdrücklich vom Vater der Klägerin, dem Zeugen R. Zudem sind auch keine Absprachen bezüglich eines Treuhandverhältnisses erkennbar, weder aus dem Vortrag der Klägerin, noch aus der Aussage des Zeugen R. Eine etwaige anfängliche Abtretung der Spareinlagen an andere Personen ist ebenfalls nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass die Klägerin selbst Inhaberin der Forderung gegen die Bank war, auch wenn die Ansparungen jedenfalls teilweise von der Mutter zu ihren Gunsten vorgenommen worden sind.
An der Vermögensinhaberschaft der Klägerin vermag zur Überzeugung der Kammer auch nichts die Umschreibung des Sparbuchs 000000001 im Juni 2005 auf den Zeugen R und die Auflösung des Sparbuchs 000000002 im Mai 2006 zu ändern. Die Kammer ist der Überzeugung, dass die Spareinlagen weiter der Klägerin zustanden. Denn weder die Klägerin, noch der Zeuge Steinhauer konnten die Beweggründe hierfür schlüssig erklären. So hat der Zeuge ausgesagt, die Umschreibung sei 2005 erfolgt, weil das Geld ihm selbst zur Verfügung stehen sollte, dies sei für ihn heute jedoch nicht mehr ganz nachzuvollziehen. Für die Kammer ist nicht erkennbar, wieso das Geld auf dem Konto 000000001 dem Zeugen ab Juni 2005 zur Verfügung stehen sollte, wenn dies vorher nicht notwendig war. Eine wesentliche Änderung seiner Einkommensverhältnisse hat nicht stattgefunden. Auch einen Zusammenhang mit dem Tod der Mutter hat die Klägerin nicht vorgetragen. Ein solcher ist auch nicht erkennbar, denn die Klägerin hatte ja schon vorher selbst die Sparbücher auf ihren Namen geführt, so dass eine Umschreibung wegen des Todes der Mutter nicht erforderlich gewesen wäre. Es ist auch kein Rechtsgrund erkennbar, der Anlass für die Umschreibung war, wie etwa eine Abtretung. Die Klägerin hat ausdrücklich vorgetragen, es seien keine Absprachen im Zuge der Umschreibung erfolgt. Nicht nachvollziehbar für die Kammer ist auch die Auflösung des Sparbuchs 000000002 im Mai 2006. Den diesbezüglichen Vortrag, die Abhebung von 7.990,31 Euro am 02.05.2006 und Einzahlung von 6.460,00 Euro auf das Konto 000000001, sowie die anschließende Auflösung des Sparbuchs 000000002 sei im Zusammenhang mit der Beerdigung der Mutter erfolgt, ist nicht überzeugend. Denn der Zeuge R hat ausgesagt, das Geld für die Beerdigung seiner Frau habe er sich bei seiner Schwester geliehen und in mehreren Raten zurückgezahlt, die er selbst angespart habe. Damit fehlt aber ein erkennbarer inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Abhebung vom sodann aufgelösten Konto und der Beerdigung, weil keine Gelder ausgeglichen werden musste. Die Einzahlung auf das umgeschriebene Konto ist in der Folgezeit bis November 2007 auch dort verblieben, ohne dass es zu einer Abhebung zum Ausgleich der Beerdigungskosten gekommen ist. Außerdem fehlt es an dem zeitlichen Zusammenhang, weil die Abhebung erst ein Jahr nach der Beerdigung der Mutter getätigt wurde. Ein anderer Rechtsgrund für die Umschichtung des Geldes ist nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Die Kammer sieht allein einen zeitlichen Zusammenhang mit dem ersten Schreiben des Beklagten, in dem es um die Zinseinkünfte und damit um das Vermögen der Klägerin ging. Hierzu wurde ein erstes Schreiben Anfang Mai versandt. Für die Kammer liegt daher die Annahme nahe, dass es sich bei der Überweisung auf das Sparbuch 000000001 um ein reines Scheingeschäft im Sinne von § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gehandelt hat. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten lassen wollen. Dies wäre aber der Fall, wenn die Klägerin ihr Sparguthaben auf den Zeugen umgeschrieben hat, nur um damit das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Vermögen (scheinbar) zu mindern. Die Kammer geht daher bei beiden Sparbüchern davon aus, dass es sich weiter um eigene Forderungen der Klägerin gehandelt hat. Für die Inhaberschaft der Klägerin an den Spareinlagen spricht auch die Tatsache, dass Freistellungsaufträge erteilt worden sind. Dies hat die Klägerin zwar nach eigenem Vortrag nicht selbst gemacht, nach den Erkenntnissen der Kammer ist die Erteilung von Freistellungsaufträgen jedoch nur durch den Kontoinhaber möglich. Die Klägerin hatte auch durchgängig Zugriff auf die Sparbücher, so dass sie auch durchgängig gegenüber der Bank die Auszahlung an sich hätte verlangen können, § 808 Abs. 1 BGB.
Hiernach sind zur Überzeugung der Kammer die Spareinlagen auf den genannten Sparbüchern unter Abzug des Freibetrags als Vermögen der Klägerin im Sinne von § 12 SGB II zu werten. Damit war die Klägerin nicht hilfebedürftig.
2.
Die von Beginn an rechtswidrigen Bewilligungsentscheidungen sind nach § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 330 Abs. 2 SGB III ohne Ausübung von Ermessen zu Recht aufgehoben worden. Auf Vertrauen kann sich die Klägerin nicht berufen, weil die Verwaltungsakte auf Angaben beruhen, die die Begünstigte jedenfalls grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).
Die Klägerin hat bei Antragstellung und in den Folgeanträgen angegeben, dass sie nicht über Vermögen von mehr als 4.850,00 Euro verfüge. Diese Angabe bezog sich ausdrücklich auch auf die in Abschnitt III. des Antragsformulars genannten weiteren Angehörigen, wo die Klägerin ihre Eltern angegeben hat. Damit hat die Klägerin aber jedenfalls unter Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße unvollständige Angaben gemacht, denn sie war Inhaberin von Vermögen in Höhe von über 21.000 Euro. Dieses Geld war auf den ihr bekannten, von ihr selbst eingerichteten Konten zugänglich. Die Klägerin war auch im Besitz dieser Sparbücher, so dass sie sich jedenfalls vor der Vermögensangabe hätte vergewissern müssen, wie hoch die Spareinlage dort tatsächlich war. Insofern hat sie die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, sie sei davon ausgegangen, es habe sich gar nicht um ihr eigenes Geld gehandelt, hat sie grob fahrlässig gehandelt, denn dann hätte sie bei Kenntnis der Sparbücher angeben müssen, dass ihre Eltern über ein erhebliches Sparguthaben verfügten. Dies hat sie aber auch ausdrücklich verneint. Die Klägerin war nach dem Eindruck, den die Kammer von ihr in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, auch ohne Weiteres in der Lage, die Bedeutung und die Reichweite der Angaben in dem Antragsformular zu erkennen.
Der Beklagte hat die Bewilligungsbescheide auch gemäß § 45 Abs. 4 SGB X innerhalb der Frist von einem Jahr ab Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen zurückgenommen. Die Anhörung erfolgte im März 2008, hierauf hat die Klägerin noch weitere Unterlagen zu den Sparbüchern vorgelegt.
3.
Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind die erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben ist. Da die Bewilligungsbescheide vom 06.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 09.06.2005, vom 10.08.2005 und vom 16.02.2006 zu Recht aufgehoben worden sind und die Auszahlung der Leistungen jedenfalls im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 22.05.2006 zu Unrecht erfolgt ist, kann der Beklagte die Klägerin zu Recht auf die Erstattung von insgesamt 11.352,94 Euro in Anspruch nehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Berufung ist zulässig, da die Berufungssumme von 750,00 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) erreicht wird.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung und Erstattung von Leistungen in Höhe von 11.352,94 Euro für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 22.05.2006.
Die 00.00.0000 geborene Klägerin steht seit dem 01.01.2005 im laufenden Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Sie wohnt seither als Untermieterin in der Wohnung ihrer Eltern in B. Die Mutter der Klägerin verstarb im Mai 2005.
Bei Antragstellung im Jahr 2004 gab die Klägerin im Antragsformular an, weder sie selbst, noch ihre Eltern würden über Vermögen von mehr als 4.850,00 Euro verfügen. Bei den Fortzahlungsanträgen gab sie jeweils an, es seien keine Veränderungen eingetreten.
Im Rahmen eines Datenabgleichs beim Bundesamt für Finanzen erhielt der Beklagte Ende 2005 Kenntnis davon, dass die Klägerin im Jahr 2004 Kapitalerträge 2004 gehabt hatte. Auf eine Kontenauskunft teilte die Bank B dem Beklagten im Januar 2006 mit, die Klägerin verfüge dort über ein Guthaben in Höhe von ca. 10.800 Euro. Hierzu teilte die Klägerin auf Nachfrage des Beklagten Anfang Mai 2006 mit, sie verfüge über ein Sparbuch mit ca. 3.000 Euro Guthaben (Kontonummer 000000001) sowie über eine Lebensversicherung bei der Q-Versicherung. Über weitere Gelder verfüge sie nicht. Hierauf bewilligte der Beklagte die Leistungen weiter.
Im Jahr 2007 erhielt der Beklagte sodann Kenntnis von den Kapitalerträgen der Klägerin für das Jahr 2005. Nach entsprechender Aufforderung durch den Beklagten wies die Klägerin die Kapitalerträge durch Vorlage der Zinsbescheinigung nach, aus der sich ergab, dass sie über zwei weitere Sparbücher verfügt hatte, nämlich eines, das im Mai 2006 über ein Guthaben von 7.990,31 Euro verfügt hatte und nach Abhebung dieses Betrages im Mai 2006 aufgelöst wurde (Kontonummer 000000000), sowie über ein weiteres, das im Juni 2005 bei einem Kontostand von ca. 13.500 Euro auf den Vater der Klägerin umgeschrieben wurde und auf das im Mai 2006 6.460,00 Euro eingezahlt wurden (Kontonummer 00000001).
Mit Bescheid vom 09.02.2009 hob der Beklagte hierauf nach weiteren Ermittlungen bei der Bank B und Anhörung der Klägerin im März 2008 die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 22.05.2006 in Höhe von insgesamt 11.376,36 Euro auf. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe in diesem Zeitraum über Vermögen verfügt, das vorrangig einzusetzen gewesen sei. Dieses Vermögen sei am 22.05.2006 fiktiv verbraucht gewesen. Dagegen legte die Klägerin am 19.02.2009 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2010 unter geringfügiger Verringerung der Erstattungsforderung auf 11.352,94 Euro zurückgewiesen wurde.
Hiergegen richtet sich die am 05.03.2010 erhobene Klage.
Die Klägerin trägt vor, bei den Geldern auf den Sparbüchern habe es sich größtenteils nicht um ihr eigenes Vermögen gehandelt, sondern vielmehr um Geld, das ihre Mutter aus Rente und Pflegegeld für sie zur Altersvorsorge angespart habe, da sie nur eine geringe Rente zu erwarten habe. Hiervon habe sie keine Kenntnis gehabt. Sie habe sich auch nicht um die Gelder gekümmert. Insoweit habe sie darüber auch nicht verfügen können.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 09.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.02.2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf die tragenden Gründe der angefochtenen Bescheide. Er ist insbesondere der Auffassung, dass die Klägerin Inhaber aller Spareinlagen gewesen sei, so dass es sich auch um ihr eigenes Vermögen gehandelt habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Karl R ... Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Verhandlungstermins verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da diese rechtmäßig sind.
Grundlage für die Aufhebung der für den streitgegenständlichen Zeitraum ergangenen Bewilligungsbescheide vom 06.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 09.06.2005, vom 10.08.2005 und vom 16.02.2006 ist § 45 Abs. 1, Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III). Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht begründet hat, soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 der Norm zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist gemäß Satz 2 in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte jedoch nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Die Entscheidung über die Rücknahme eines Bewilligungsbescheids über Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II steht dabei bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht im Ermessen der Behörde, sondern ist zwingend, § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II, § 330 Abs. 1 SGB III.
Nach diesen Grundsätzen ist die Aufhebung der Bewilligungsbescheide rechtmäßig erfolgt. Der Beklagte kann die Erstattung des Betrages in Höhe von 11.376,36 Euro verlangen.
1.
Die Bewilligungsbescheide waren von Anfang an rechtswidrig, da die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig war.
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Eine Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen erfolgt durch das SGB II selbst zwar nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II aber grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008, Az. B 4 AS 29/07 R; Urteil vom 30.7.2008, Az. B 14 AS 26/07 R).
Die Klägerin verfügte im streitgegenständlichen Zeitraum zur Überzeugung der Kammer über eigenes Vermögen, das die in § 12 Abs. 2 SGB II vorgesehenen Freibeträge überstieg, so dass Hilfebedürftigkeit nicht vorlag. Sie verfügte am Stichtag 01.01.2005 über Vermögen in Form von Spareinlagen auf den Sparbüchern Kontonummern 000000000, 000000001 und 000000002 in Höhe von insgesamt 21.569,28 Euro. Abzüglich des Freibetrags aus § 12 Abs. 2 Nr.1 SGB II in der 2005 geltenden Fassung in Höhe von (47 Lebensjahren x 200,00 Euro =) 9.400,00 Euro und des weiteren Freibetrags aus § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 Euro ergibt sich ein zu berücksichtigendes Vermögen der Klägerin in Höhe von 11.419,28 Euro. Damit war die Klägerin aber nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II.
Die Kammer ist dabei nach dem Inhalt der Verwaltungsakte, dem Vortrag der Klägerin und der Vernehmung des Zeugen R. der Überzeugung, dass es sich bei den Spareinlagen um das eigene Vermögen der Klägerin gehandelt hat. Den Vortrag der Klägerin, es habe sich größtenteils nicht um Gelder gehandelt, die ihr zugestanden bzw. zur Verfügung gestanden hätten, hält die Kammer nicht für überzeugend.
Dabei ist das Guthaben auf dem Sparbuch 000000000 (am 01.01.2005: 2.728,36 Euro) unstreitig der Klägerin zuzuordnen. Dies hat die Klägerin bereits seit 2006 auch nie anders dargestellt.
Die Klägerin war aber auch forderungsberechtigt in Bezug auf die Spareinlagen auf den Sparbüchern 000000001 und 000000002 (Guthaben am 01.01.2005: 6.672,13 Euro bzw. 12.168,79 Euro). Dies folgt nicht bereits daraus, dass die Klägerin Kontoinhaberin war, denn allein die Tatsache, dass ein Konto auf einen bestimmten Namen geführt wird schließt nicht aus, dass das jeweilige Recht am Sparguthaben auch einem Dritten zustehen kann. Einen Rechtsgrundsatz, der Hilfebedürftige müsse sich am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen, lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24.05.2006, Az. B 11a AL 7/05 R m.w.N.). Vielmehr sind alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen.
Die Klägerin hat im Verwaltungsverfahren zunächst vorgetragen, sie habe von diesen beiden Sparbüchern nichts gewusst. Dies überzeugt die Kammer nicht, denn ausweislich der im Verwaltungsverfahren eingeholten Auskunft bei der Bank hat die Klägerin selbst diese beiden Konten gemäß Unterschrift 1996 bzw. 2004 eröffnet und bei einem Sparbuch sogar ein Kennwort vereinbart. Insoweit hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Sachverhalt dann auch so dargestellt, dass es sich bei den Spareinlagen um Gelder der im Mai 2005 verstorbenen Mutter gehandelt habe, insbesondere Rente und Pflegegeld, welches diese für die Altersvorsorge der Klägerin habe ansparen wollen. Auch aus diesem Vortrag kann die Kammer aber nicht folgern, dass die Gelder nicht dem Vermögen der Klägerin zuzuordnen waren. Es handelte sich bei den Spareinlagen insbesondere nicht um eigenes Vermögen ausschließlich der Mutter, welches die Klägerin zu ihren eigenen Gunsten treuhänderisch auf eigenen Konten verwaltet hat. Eine solche Konstruktion lässt sich zwar dem Vortrag der Klägerin entnehmen wenn sie ausführt, die Gelder seien nur für den Fall der eigenen Altersvorsorge gedacht gewesen. Eine Treuhand käme dann dergestalt in Betracht, dass die Klägerin nach außen als Inhaberin der Forderung auftrat, nach innen aber mit der Maßgabe gebunden war, dass es sich um eine Forderung der Mutter handelte, die die Klägerin erst zur Alterssicherung dienen sollte. Wegen der Manipulationsmöglichkeiten und Missbrauchsgefahren, die mit verdeckten Treuhandverhältnissen typischerweise verbunden sind, ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ein strenger Maßstab anzulegen. Das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss eindeutig erkennbar sein. Einkommen und Vermögenswerte können nach diesem Grundsatz nur dann als einer anderen Person zuzurechnendes Treugut und somit als nicht zum Kreis des scheinbaren Inhabers gehörende Werte qualifiziert werden, wenn Treugeber und Treuhänder - bezogen auf das jeweilige Treugut - nachweislich einen Treuhandvertrag geschlossen haben, die Beweggründe für die Treuhandkonstruktion nachvollziehbar sind, das Treugut nachweislich vom Treugeber stammt und etwaige Transaktionen, Zahlungsströme, Kontobewegungen u. ä. lückenlos belegbar sind (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.06.2009, Az. L 1 AS 31/08). Treuhandverhältnisse unter nahen Angehörigen sind dabei nur anzuerkennen, wenn der Treuhandvertrag und seine tatsächliche Durchführung in allen wesentlichen Punkten dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist (vgl. Bundesssozialgericht, Urteil vom 24.05.2006, Az. B 11a AL 7/05 R; Urteil vom 13.09.2006, Az. B 11a AL 13/06 R). Nach diesen Maßstäben kann die Kammer aber keine solche Treuhandkonstruktion erkennen. Bereits die Herkunft der monatlichen Einzahlungen ist nicht klar. Den Vortrag der Klägerin, es habe sich ausschließlich um Einkünfte der Mutter gehandelt, vermag die Kammer nicht vollständig nachzuvollziehen, denn auch nach dem Tod der Mutter sind auf das Konto 0000000002 weiter monatliche Spar-Raten in Höhe von 51,64 Euro geflossen. Die Klägerin konnte insoweit nicht erklären, woher diese Raten kamen. Ob es sich also auch vorher ausschließlich um Gelder Mutter gehandelt hat, steht damit bereits nicht fest und ist äußerst zweifelhaft. Weiter ist dem Konto 00000001 im August 2004 ein Betrag in Höhe von 12.126 Euro zugeflossen. Hierbei handelte es sich nach dem Vortrag der Klägerin um einen aufgelösten Sparvertrag, und damit ebenfalls gerade nicht um Gelder der Mutter, sondern um eigene Gelder. Dann kann aber insoweit kein Treuhandverhältnis angenommen werden. Gegen eine tatsächlich bestehende treuhänderische Bindung spricht zudem, dass die Gelder nach dem streitgegenständlichen Zeitraum teilweise verbraucht worden sind, und zwar ausdrücklich vom Vater der Klägerin, dem Zeugen R. Zudem sind auch keine Absprachen bezüglich eines Treuhandverhältnisses erkennbar, weder aus dem Vortrag der Klägerin, noch aus der Aussage des Zeugen R. Eine etwaige anfängliche Abtretung der Spareinlagen an andere Personen ist ebenfalls nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass die Klägerin selbst Inhaberin der Forderung gegen die Bank war, auch wenn die Ansparungen jedenfalls teilweise von der Mutter zu ihren Gunsten vorgenommen worden sind.
An der Vermögensinhaberschaft der Klägerin vermag zur Überzeugung der Kammer auch nichts die Umschreibung des Sparbuchs 000000001 im Juni 2005 auf den Zeugen R und die Auflösung des Sparbuchs 000000002 im Mai 2006 zu ändern. Die Kammer ist der Überzeugung, dass die Spareinlagen weiter der Klägerin zustanden. Denn weder die Klägerin, noch der Zeuge Steinhauer konnten die Beweggründe hierfür schlüssig erklären. So hat der Zeuge ausgesagt, die Umschreibung sei 2005 erfolgt, weil das Geld ihm selbst zur Verfügung stehen sollte, dies sei für ihn heute jedoch nicht mehr ganz nachzuvollziehen. Für die Kammer ist nicht erkennbar, wieso das Geld auf dem Konto 000000001 dem Zeugen ab Juni 2005 zur Verfügung stehen sollte, wenn dies vorher nicht notwendig war. Eine wesentliche Änderung seiner Einkommensverhältnisse hat nicht stattgefunden. Auch einen Zusammenhang mit dem Tod der Mutter hat die Klägerin nicht vorgetragen. Ein solcher ist auch nicht erkennbar, denn die Klägerin hatte ja schon vorher selbst die Sparbücher auf ihren Namen geführt, so dass eine Umschreibung wegen des Todes der Mutter nicht erforderlich gewesen wäre. Es ist auch kein Rechtsgrund erkennbar, der Anlass für die Umschreibung war, wie etwa eine Abtretung. Die Klägerin hat ausdrücklich vorgetragen, es seien keine Absprachen im Zuge der Umschreibung erfolgt. Nicht nachvollziehbar für die Kammer ist auch die Auflösung des Sparbuchs 000000002 im Mai 2006. Den diesbezüglichen Vortrag, die Abhebung von 7.990,31 Euro am 02.05.2006 und Einzahlung von 6.460,00 Euro auf das Konto 000000001, sowie die anschließende Auflösung des Sparbuchs 000000002 sei im Zusammenhang mit der Beerdigung der Mutter erfolgt, ist nicht überzeugend. Denn der Zeuge R hat ausgesagt, das Geld für die Beerdigung seiner Frau habe er sich bei seiner Schwester geliehen und in mehreren Raten zurückgezahlt, die er selbst angespart habe. Damit fehlt aber ein erkennbarer inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Abhebung vom sodann aufgelösten Konto und der Beerdigung, weil keine Gelder ausgeglichen werden musste. Die Einzahlung auf das umgeschriebene Konto ist in der Folgezeit bis November 2007 auch dort verblieben, ohne dass es zu einer Abhebung zum Ausgleich der Beerdigungskosten gekommen ist. Außerdem fehlt es an dem zeitlichen Zusammenhang, weil die Abhebung erst ein Jahr nach der Beerdigung der Mutter getätigt wurde. Ein anderer Rechtsgrund für die Umschichtung des Geldes ist nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Die Kammer sieht allein einen zeitlichen Zusammenhang mit dem ersten Schreiben des Beklagten, in dem es um die Zinseinkünfte und damit um das Vermögen der Klägerin ging. Hierzu wurde ein erstes Schreiben Anfang Mai versandt. Für die Kammer liegt daher die Annahme nahe, dass es sich bei der Überweisung auf das Sparbuch 000000001 um ein reines Scheingeschäft im Sinne von § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gehandelt hat. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten lassen wollen. Dies wäre aber der Fall, wenn die Klägerin ihr Sparguthaben auf den Zeugen umgeschrieben hat, nur um damit das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Vermögen (scheinbar) zu mindern. Die Kammer geht daher bei beiden Sparbüchern davon aus, dass es sich weiter um eigene Forderungen der Klägerin gehandelt hat. Für die Inhaberschaft der Klägerin an den Spareinlagen spricht auch die Tatsache, dass Freistellungsaufträge erteilt worden sind. Dies hat die Klägerin zwar nach eigenem Vortrag nicht selbst gemacht, nach den Erkenntnissen der Kammer ist die Erteilung von Freistellungsaufträgen jedoch nur durch den Kontoinhaber möglich. Die Klägerin hatte auch durchgängig Zugriff auf die Sparbücher, so dass sie auch durchgängig gegenüber der Bank die Auszahlung an sich hätte verlangen können, § 808 Abs. 1 BGB.
Hiernach sind zur Überzeugung der Kammer die Spareinlagen auf den genannten Sparbüchern unter Abzug des Freibetrags als Vermögen der Klägerin im Sinne von § 12 SGB II zu werten. Damit war die Klägerin nicht hilfebedürftig.
2.
Die von Beginn an rechtswidrigen Bewilligungsentscheidungen sind nach § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 330 Abs. 2 SGB III ohne Ausübung von Ermessen zu Recht aufgehoben worden. Auf Vertrauen kann sich die Klägerin nicht berufen, weil die Verwaltungsakte auf Angaben beruhen, die die Begünstigte jedenfalls grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).
Die Klägerin hat bei Antragstellung und in den Folgeanträgen angegeben, dass sie nicht über Vermögen von mehr als 4.850,00 Euro verfüge. Diese Angabe bezog sich ausdrücklich auch auf die in Abschnitt III. des Antragsformulars genannten weiteren Angehörigen, wo die Klägerin ihre Eltern angegeben hat. Damit hat die Klägerin aber jedenfalls unter Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße unvollständige Angaben gemacht, denn sie war Inhaberin von Vermögen in Höhe von über 21.000 Euro. Dieses Geld war auf den ihr bekannten, von ihr selbst eingerichteten Konten zugänglich. Die Klägerin war auch im Besitz dieser Sparbücher, so dass sie sich jedenfalls vor der Vermögensangabe hätte vergewissern müssen, wie hoch die Spareinlage dort tatsächlich war. Insofern hat sie die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, sie sei davon ausgegangen, es habe sich gar nicht um ihr eigenes Geld gehandelt, hat sie grob fahrlässig gehandelt, denn dann hätte sie bei Kenntnis der Sparbücher angeben müssen, dass ihre Eltern über ein erhebliches Sparguthaben verfügten. Dies hat sie aber auch ausdrücklich verneint. Die Klägerin war nach dem Eindruck, den die Kammer von ihr in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, auch ohne Weiteres in der Lage, die Bedeutung und die Reichweite der Angaben in dem Antragsformular zu erkennen.
Der Beklagte hat die Bewilligungsbescheide auch gemäß § 45 Abs. 4 SGB X innerhalb der Frist von einem Jahr ab Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen zurückgenommen. Die Anhörung erfolgte im März 2008, hierauf hat die Klägerin noch weitere Unterlagen zu den Sparbüchern vorgelegt.
3.
Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind die erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben ist. Da die Bewilligungsbescheide vom 06.12.2004 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 09.06.2005, vom 10.08.2005 und vom 16.02.2006 zu Recht aufgehoben worden sind und die Auszahlung der Leistungen jedenfalls im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 22.05.2006 zu Unrecht erfolgt ist, kann der Beklagte die Klägerin zu Recht auf die Erstattung von insgesamt 11.352,94 Euro in Anspruch nehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Berufung ist zulässig, da die Berufungssumme von 750,00 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) erreicht wird.
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