S 19 SO 84/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
19
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 19 SO 84/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 14.03.2011 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 06.03.2012 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers dem Grunde nach.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme eines Bewilligungsbescheides und die Rückforderung von Sozialhilfeleistungen.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger beantragte am 02.07.2008 als Bevollmächtigter seiner im Altenheim St. Josefshaus in Alsdorf untergebrachten Mutter J. F. (geb. 00.00.0000) Sozialhilfe für diese und versicherte im Antragsformular, dass keine Sparbücher oder sonstige Sparguthaben seiner Mutter bestehen. Mit Bescheid vom 10.09.2008 bewilligte die Beklagte der Mutter des Klägers Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten. Am 00.00.0000 verstarb die Mutter des Klägers. Erben sind der Kläger und sein Bruder F. (geb. 00.00.0000), dessen Aufenthaltsort unbekannt ist. Aufgrund einer von der Beklagten von Amts wegen durchgeführten Überprüfung des Vermögens der Verstorbenen ermittelte sie ein Girokonto bei der Sparkasse Aachen (Kto-Nr.: 0000000000) mit einem Guthaben in Höhe von 3.177,- Euro sowie ein Sparbuch bei der Sparkasse Aachen (Nr.: 0000000000) mit einem Guthaben in Höhe von 36,- Euro. Unter dem 23.11.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, bereits zu Lebzeiten seiner Mutter seien angesichts der vorhandenen Guthaben die Vermögensfreigrenzen überschritten worden, weshalb eine Rückforderung von Sozialhilfeleistungen ihm gegenüber in Betracht komme und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit "Rückforderungsbescheid" vom 14.03.2011 forderte die Beklagte vom Kläger an dessen Mutter geleistete Sozialhilfe in Höhe von 613,- Euro zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Vermögen der Hilfeempfängerin habe 613,- Euro über dem Freibetrag gelegen. Der Kläger habe als Bevollmächtigter seiner Mutter gewusst, dass er dazu verpflichtet gewesen sei, Änderungen in den Einkommens- und Vermögensverhältnissen zur Kenntnis zu bringen. Auf Vertrauen könne sich der Kläger daher nicht berufen, weil der die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Der Kläger legte am 04.04.2011 Widerspruch ein und führte aus, er selbst habe keine Sozialhilfeleistungen erhalten, weshalb eine Rückforderung ihm gegenüber ausscheiden müsse. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbe-scheid vom 06.03.2012 unter Vertiefung ihrer bisherigen Ausführungen zurück. Ergänzend führte sie aus, der Rückforderungsbescheid sei zutreffend an den Kläger als Erben seiner Mutter adressiert worden.

Hiergegen richtet sich die am 10.04.2012 erhobene Klage.

Der Kläger weist auf ein der Beklagten anlässlich der Rückforderung von übergeleiteten Unterhaltsansprüchen seiner verstorbenen Mutter ihm gegenüber unterbreitetes schriftliches Vergleichsangebot vom 31.01.2012 hin, das die Beklagte mit schriftlicher Erklärung vom gleichen Datum angenommen hat. Darin hatte der Kläger gegen Zahlung von 2.500,- Euro vorgeschlagen, dass "mit Zahlung dieses Betrages alle etwaigen gegenseitigen Ansprüche betreffend der Gewährung von Sozialhilfeleistungen zugunsten der verstorbenen Mutter [des Klägers] ihre Erledigung finden". Auch wegen dieser Vereinbarung sei eine Rückforderung gegenüber dem Kläger ausgeschlossen.

Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 14.03.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält an ihrer bisherigen Auffassung fest.

Das Gericht hat den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu den näheren Umständen der seinerzeitigen Antragstellung seiner Mutter angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02.11.2012 verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie rechtswidrig sind.

Die Rechtswidrigkeit folgt allerdings nicht bereits daraus, dass §§ 45 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) im vorliegenden Fall von § 102 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) verdrängt werden. Denn die Kostenersatzpflicht durch Erben bezieht sich allein auf die rechtmäßige Leistungserbringung (Nachweise bei Bieback, in: Grube/Wahrendirf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 102 Rdnr. 10). Die von der Beklagten zu Grunde gelegten Tatsachen unterstellt, ergäbe sich indessen eine rechtswidrige Erbringung von Sozialhilfeleistungen, weil einer Gewährung Vermögen der Mutter des Klägers in Form von Guthaben auf Girokonto bzw. Sparbuch entgegen gestanden hätte (§§ 19 Abs. 3, 61 ff. , 90 Abs. 1 SGB XII).

Die Rückforderung der der Mutter des Klägers gewährten Sozialhilfeleistungen ist jedoch bereits deshalb rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht gegeben sind. Denn der Bescheid vom 10.09.2008, mit dem der Mutter des Klägers seinerzeit Leistungen gewährt worden sind, ist von der Beklagten nicht aufgehoben worden und stellt damit weiter die Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der Sozialhilfeleistungen dar (§ 39 Abs. 2 SGB X). Eine Aufhebung dieses Bescheides ist von der Beklagten nicht ausdrücklich ausgesprochen worden. Bereits das Rubrum des Bescheides vom 14.03.2011 spricht hierfür; denn dieser Bescheid ist nicht als "Aufhebungs- und Erstattungsbescheid" überschrieben, sondern allein als "Rückforderungsbescheid". Aus dem Tenor des Bescheides vom 14.03.2011 folgt nichts anderes. Denn darin wird lediglich die Rückforderung der überzahlten Sozialhilfeleistungen in Höhe von 613,- Euro ausgesprochen. Wörtlich heißt es dort: "Hiermit setze ich den Rückforderungsbetrag für die zu Unrecht geleistete Sozialhilfe gemäß den §§ 45/50 SGB X in Höhe von 613,00 EUR fest". Auch im Widerspruchsbescheid vom 06.03.2011 wird eine Aufhebung des Bescheides vom 10.09.2008 nicht (ausdrücklich) ausgesprochen. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass die Entscheidungsgründe von Bescheiden zur Auslegung des Bescheidtenors heranzuziehen sind (näher LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01.10.1996 – L 11 Ka 24/96 = juris m.w.N.). Nach Auffassung der Kammer indessen ist dieser Weg nur gangbar, wenn ein interpretationsbedürftiger oder mehrdeutiger Bescheidtenor auszulegen ist. Die Gründe können indessen nicht zur Ergänzung eines im Bescheidtenor nicht ausgesprochenen Inhalts herangezogen werden.

Doch selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Begründung jedenfalls des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2012 ausreicht, um eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 10.09.2008 im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X herbeizuführen, erweisen sich die angegriffenen Bescheide als rechtswidrig. Zwar ist der Bescheid nicht schon allein deshalb rechtswidrig, weil er sich gegen den Kläger als Erben der verstorbenen Hilfeempfängerin richtet. Denn Adressat eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides kann nach dem Tod des Leistungsempfängers auch der Erbe sein, weil dieser gemäß §§ 1922, 1967 BGB in die Rechtsstellung des Erblassers einrückt (BSG, Urteil vom 17.12.1965 – 8 RV 749/64 = BSGE 24, 190 ff.; BSG, Urteil vom 15.09.1988 – 9/9a RV 32/86 = SozR 1300 § 45 Nr. 40; SG Aachen, Urteil vom 20.04.2007 – S 6 R 230/06). Im vorliegenden Fall indessen waren Erben der verstorbenen Hilfeempfängerin J. ihre Söhne, also der Kläger und sein offenbar verschollener Bruder F. Die Beklagte hätte also den als Rückforderungsbescheid bezeichneten Bescheid vom 14.03.2011 an den Kläger und seinen Bruder adressieren müssen. Dies gilt schon deshalb, weil der Nachlass – zu dem auch die Erstattungsforderung gehört, derer sich die Beklagte berühmt – gemeinschaftliches Vermögen der Erben wird (§ 2032 Abs. 1 BGB). Beschränkt sich die Beklagte aber, wie im vorliegenden Fall geschehen, aus Praktikabilitätsgründen (weil der Bruder des Klägers als Miterbe nicht auffindbar ist) auf eine isolierte Inanspruchnahme eines von mehreren Erben, so führt dies zur Rechtswidrigkeit des Rückforderungsbescheides. Dem lässt sich nicht entgegen halten, dass der derzeitige Wohnsitz des Bruders des Klägers unbekannt ist. Denn sie hätte ohne weiteres den als Rückforderungsbescheid bezeichneten Aufhebungsbescheid an die Erbengemeinschaft richten können und eine Bekanntgabe gegenüber dem Bruder des Klägers als Miterben über eine öffentliche Zustellung sicherstellen müssen.

Zu einer (weitergehenden) Rechtswidrigkeit führt es demgegenüber nicht, dass die Beklagte die falsche Rechtsgrundlage für die Aufhebung gewählt hat. Sie ist zwar unzutreffend von einer anfänglichen Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 10.09.2008 ausgegangen und hat die Rücknahme auf § 45 Abs. 1 SGB X gestützt. Indessen überschritt das Vermögen der Mutter des Klägers zu diesem Zeitpunkt noch nicht den Freibetrag nach § 90 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit b) der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Höhe von 2.600,00 Euro. Dies zeigen die von der Beklagten selbst durchgeführten Ermittlungen, die ein Guthaben auf dem besagten Girokonto bei der Sparkasse Aachen in Höhe von 959,65 Euro ergeben hatten (Bl. 31 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten). Folglich war der Bescheid vom 10.09.2008 nicht anfänglich rechtswidrig. Vielmehr haben sich die (tatsächlichen) Verhältnisse nach Erlass dieses Bescheides geändert. Damit ist § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X richtige Rechtsgrundlage, und nicht die von der Beklagten angeführte Vorschrift des § 45 Abs. 1 SGB X. Zwar lässt sich dieser Fehler nur im Rahmen einer Umdeutung nach § 43 Abs. 1 SGB X heilen, weil es sich um eine Veränderung der im Entscheidungssatz zum Ausdruck kommenden Regelung handelt (dazu BSG 29.6.2000 – B 11 AL 85/99 R = BSGE 87, 8 ff.) und nicht die bloße Begründung betroffen ist (sog. Nachschieben von Gründen, dazu etwa BSG 21.6.2011 – B 4 AS 22/10 R = SGb 2011, 455; BSG 24.2.2011 – B 14 AS 45/09 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 36, BSG 20.10.2005 – B 7a AL 18/05 R = BSGE 95, 176). Indessen ist die Umdeutung einer auf § 45 SGB X gestützten Entscheidung in eine auf § 48 SGB X zu stützende Entscheidung im Hinblick auf § 43 Abs. 3 SGB X unproblematisch (vgl. etwa BSG 27.8.1998 – B 8 KN 20/97 R = juris Rdnr. 35; BSG 26.8.1994 – 13 RJ 29/93 = juris Rdnr. 23; BSG 10.2.1993 – 9/9a RVs 5/91 = SozR 3-1300 § 48 Nr 25), und zwar selbst dann, wenn es sich um Fälle des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X handelt, bei denen im Gegensatz zu § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X und nur als Ausnahme zum in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Regelfall Ermessen auszuüben ist. Die Kammer lässt es an dieser Stelle ausdrücklich dahin stehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 SGB X erfüllt sind, insbesondere, ob die (materiellen) Voraussetzungen der zutreffenden Rechtsgrundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bzw. 4 SGB X vorliegen, weil sich die verstorbene Mutter des Klägers dessen schuldhaftes Verhalten analog § 278 BGB bzw. dessen Wissen analog § 166 BGB (näher hierzu Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X, § 48 Rdnr. 65 und 67) zurechnen lassen muss. Denn jedenfalls sind die angefochtenen Bescheide über die bereits aus o.g. Gründen folgende Rechtswidrigkeit hinaus auch wegen einer fehlerhaften Ermessensausübung rechtswidrig.

Hierbei geht die Kammer davon aus, dass es sich im vorliegenden Fall um einen atypischen Ausnahmefall handelt, bei dem im Gegensatz zu den in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X normierten Regelfällen Ermessen auszuüben ist (allgemein hierzu BSG 26.6.1986 – 7 Rar 126/84). Ob ein atypischer Fall vorliegt, ist anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Erforderlich ist für eine Atypik, dass die Umstände des Einzelfalles im Hinblick auf die mit der rückwirkenden Aufhebung verbundenen Nachteile von den in den Nummern 1 bis 4 angeführten Tatbeständen signifikant abweichen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.02.2006 – L 13 R 263/05). Dies ist hier der Fall. Zwar unterscheidet sich die hier zu beurteilende Konstellation von dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des SG Aachen vom 20.04.2007 (Az. S 6 R 230/06) zu Grunde lag. Denn in jenem Fall war der auf Erstattung von Sozialleistungen in Anspruch genommene Erbe nicht derjenige, dem schuldhaftes Verhalten vorgeworfen worden war. Gleichwohl weicht auch die hier zu beurteilende Konstellation von den in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X genannten Tatbeständen signifikant ab. Denn es wird nicht lediglich das Verhalten des Vertreters dem Leistungsempfänger zugerechnet, mit der Folge, dass der Leistungsempfänger bei schuldhaftem Vertreterhandeln die Konsequenzen tragen muss. Vielmehr haftet der Vertreter selbst, weil er hier zugleich Erbe der Leistungsempfängerin ist.

War demnach Ermessen auszuüben, so erweist sich die Ermessensausübung der Beklagten als fehlerhaft. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Ausübung von Ermessen lediglich einer eingeschränkten richterlichen Kontrolle unterliegt, § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Die Ausübung des Ermessens ist daher nur auf sog. Ermessensfehler (Ermessensüberschreitung, Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlgebrauch [zur Typologie etwa BSG, Urteil vom 14.12.1994 – 4 RA 42/94 = SozR 3-1200 § 39 Nr.1; BSG 18.3.2008 – B 2 U 1/07 R = SozR 4-2700 § 101 Nr. 1]) hin überprüfbar. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zwar erkannt, dass sie Ermessen auszuüben hatte, wie die Entscheidungsgründe der angefochtenen Bescheide zeigen. Auch hat sie nicht von einer Rechtsfolge Gebrauch gemacht, welche nicht von der (richtigen) Rechtsgrundlage des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X gedeckt war. Fälle des Ermessensnichtgebrauchs bzw. der Ermessensüberschreitung sind demnach nicht gegeben. Jedoch hat die Beklagte das ihr zustehende Ermessen in einer Weise ausgeübt, welche dem Zweck der Ermächtigung nicht gerecht wird, § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I). Denn die von ihr getroffene Interessenabwägung identifiziert nicht einzelfallbezogen die hier abzuwägenden Interessen, sondern beschränkt sich auf formelhafte Wendungen (dazu, dass dies zur Ermessensfeh-lerhaftigkeit führt, etwa BSG, Urteil vom 11.6.2003 – B 5 RJ 28/02 R = juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 14.11.1985 – 7 RAr 123/84 = juris Rdnr. 52; BSG, Urteil vom 23.9.1997 – 2 RU 44/96 = SozR 3-1300 § 50 Nr 20; BSG, Urteil vom 14.3.1996 – 7 RAr 84/94 = juris Rdnr. 29). Abgesehen davon, dass ein Bezug zum konkreten Fall fehlt, hat sie gewichtige Aspekte wie den, dass der Kläger überhaupt nur aufgrund seiner Stellung als Erbe seiner Mutter in Anspruch genommen wird, völlig außer Acht gelassen. Da in die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu treffende Abwägung sämtliche relevanten Verhältnisse des Einzelfalles einzustellen sind (dazu nur BSG, Urteil vom 14.11.1985 – 7 RAr 123/84 = BSGE 59,157 ff.; BSG, Urteil vom 17.10.1990 – 11 RAr 3/88 = SozR 3-1300 § 45 Nr 5), darf ein derart gewichtiger Belang nicht fehlen.

Angesichts dieser mehrfachen Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Bescheide lässt es die Kammer im weiteren dahin stehen, ob die Beklagte auch aufgrund der am 31.01.2012 getroffenen schriftlichen Vereinbarung gehindert war, den Kläger auf Erstattung von Sozialleistungen, welche seine Mutter erhalten hat, in Anspruch zu nehmen.

Waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben, liegen die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 SGB X für eine Erstattung der erbrachten Leistungen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Kammer sieht keinen Anlass, die Berufung zuzulassen. Denn das die getroffene Entscheidung basiert im Wesentlichen auf den Gegebenheiten des konkreten Falles. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, welche über den Fall hinaus Bedeutung erlangen (könnten) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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