Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 AS 304/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Zwangsvollstreckung des Antragsgegners aus dem Kosten-festsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Aachen vom 11.11.2013, S 11 AS 116/13, wird, soweit sie einen Betrag von 3,35 EUR zuzüg-lich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2013 übersteigt, bis zum endgültigen Abschluss des Verfahrens S 4 AS 263/14 vor dem Sozialgericht Aachen einstweilen eingestellt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.
Der am 00.00.0000 geborene Antragsgegner steht im laufenden Bezug von Leistun-gen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bei dem Antragsteller. Mit Bescheid vom 04.07.2013 erließ der Antragssteller einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in Höhe von 616,00 EUR gegenüber dem Antragsgegner. Am 10.08.2013 schloss der Antragsgegner mit der Bundesagentur für Arbeit, Regionaler Inkasso-Service (nachfolgend: BA), eine Ratenzahlungsvereinbarung. Im Rahmen der Ratenzahlungsvereinbarung berücksichtigte die BA Mahngebühren in Höhe von weiteren 3,35 EUR. Hierin verpflichtete sich der Antragsgegner monatliche Raten von 50,00 EUR zur Erstattung zu erbringen. Die Fälligkeit der ersten Raten wurde für den 20.09.2013 bestimmt. In der Ratenzahlungsvereinbarung wies die BA darauf hin, es handele sich bei ihrer Entscheidung nicht um eine Stundung im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 Bundeshaushaltsordnung. Aufrechnungs- bzw. Verrechnungsmöglichkeiten gemäß §§ 51, 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) bestünden unabhängig von der Ratenzahlungsvereinbarung. Hierzu erlasse der auf- bzw. verrechnende Leistungsträger einen Bescheid.
In dem Verfahren S 11 AS 116/13 vor dem Sozialgericht Aachen erkannte der An-tragsteller den in diesem Verfahren streitgegenständlichen Anspruch des Antrags-gegners an. Mit Schreiben vom 09.09.2013 erklärte der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner die Aufrechnung der von diesem geltend gemachten außergerichtli-chen Kosten in Höhe von 773,50 EUR mit einer Erstattungsforderung des Antragstellers in Höhe von 619,35 EUR auf. Am 17.09.2013 beantragte der Bevollmächtigte des Antragsgegners sodann die Kostenfestsetzung der dem Antragsgegner entstandenen außergerichtlichen Kosten. Mit Schreiben vom 26.09.2013 teilte der Antragsteller hierzu mit, aufgrund seiner Aufrechnung aus der Rückforderung sei der Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners erloschen. Der darüber hinausgehende Betrag von 154,15 EUR sei an den Antragsgegnerbevollmächtigten ausgezahlt worden. Gegen die Aufrechnung wandte der Antragsgegnerbevollmächtigte ein, die BA habe mit Schreiben vom 14.08.2013 dem Widerspruch des Antragsgegners im Hinblick auf die geltend gemachten Mahnkosten in Höhe von 3,35 EUR abgeholfen. Im Zeitpunkt der Aufrechnung habe eine Forderung nur in Höhe von 616,00 EUR bestanden. Diese sei zu diesem Zeitpunkt nicht fällig gewesen. Hintergrund sei die Ra-tenzahlungsvereinbarung. Zur weiteren Begründung verwies der Antragsgegner auf den Abhilfebescheid der BA vom 14.08.2013.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.11.2013 in dem Verfahren S 11 AS 116/13 verpflichtete das Sozialgericht Aachen den Antragsteller zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 773,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2013.
Hiergegen hat der Antragsteller am 27.02.2014 Klage vor dem Sozialgericht erhoben und zugleich die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 12.03.2014 hat die Gerichtsvollzieherin L. den Antragsteller unter Fristsetzung bis zum 27.03.2014 zur Zahlung eines Betrages von 705,30 EUR ein-schließlich Zinsen und Vollstreckungskosten in Höhe von 24,00 aufgefordert.
Der Antragsteller ist der Ansicht, die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbe-schluss sei in Höhe von 619,35 EUR infolge der Aufrechnung gemäß §§ 389,387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erloschen. Die Regelung des § 51 Abs. 1 SGB I sei nicht einschlägig. Der von dem Antragsgegner im Rahmen der Vollstreckung geltend gemachte Betrag sei kein Zahlungsanspruch, der sich auf einem Leistungsanspruch auf einmalige Zahlung oder laufende Zahlung nach einem der Bücher des Sozialgesetzbuches ergebe. Der Antragsgegnerbevollmächtigte habe in zwei Schreiben bestätigt, den Betrag von 154,15 EUR erhalten zu haben. Zur weiteren Begründung verweist der Antragsteller auf Schreiben des Antragsgegnerbevollmächtigten vom 13.09.2013 und 10.12.2013, wonach eine Zahlung in Höhe von 154,15 EUR bereits erfolgt sei.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Aachen vom 11.11.2013, S 11 AS 116/13, bis zum Ab-schluss des Verfahrens S 4 AS 236/14 vor dem Sozialgericht Aachen einstweilen einzustellen, hilfsweise die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 700,00 EUR abhängig zu machen.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, die in dem Kostenfestsetzungsbeschluss festge-stellte Forderung sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Aufgrund der geschlosse-nen Ratenzahlungsvereinbarung sei der Erstattungsanspruch des Antragstellers gestundet und deswegen im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung nicht fällig gewesen. Die im Rahmen der Aufrechnung erklärte Forderungshöhe von 619,35 EUR sei im Hinblick auf die durch die BA aufgehobenen Mahnkosten in Höhe von 3,35 EUR der Höhe nach unrichtig. Auch im Falle einer wirksamen Aufrechnung stünde der Zwangsvollstreckung die Zahlung der Raten in Höhe von 50,00 EUR aufgrund der Ratenzahlungsvereinbarung entgegen. Der Antragsgegner habe die erste Rate hieraus gezahlt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Antrags-gegners und die Gerichtsakten verwiesen, die dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
II.
Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist zulässig und aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Der Antrag ist als Antrag gemäß § 198 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 769 Zi-vilprozessordnung (ZPO) zulässig. Gemäß § 198 Abs. 1 SGG gilt für die Vollstre-ckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung, soweit sich aus dem SGG nichts anderes ergibt.
Gemäß § 769 ZPO kann das Prozessgericht auf Antrag anordnen, dass bis zum Er-lass des Urteils über die in den §§ 767, 768 ZPO bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt wird und das Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben sind.
Der Antragsteller hat am 27.02.2014 Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangs-vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.11.2013 erhoben. Die Vollstreckungsabwehrklage kann entsprechend § 767 ZPO beim Sozialgericht erho-ben werden, da es sich um ein Verfahren handelt, dass nicht dem Vollstreckungsgericht, sondern dem Prozessgericht zugewiesen ist (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Auflage, § 198 Rdnr. 5a und § 200 Rdnr. 5, mwN). Dies zugrunde gelegt ist das angerufene Sozialgericht auch für das Ersuchen im einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 769 ZPO zuständig.
Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang überwiegend begründet.
Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass gegen die im Wege der Zwangsvoll-streckung geltend gemachte Forderung in Höhe von 705,30 EUR Einwendungen im Sinne des § 767 ZPO bestehen. Denn er hat glaubhaft gemacht, dass die Forderung in dieser Höhe bereits vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses erloschen war.
Sofern sich die Zwangsvollstreckung aus einem Betrag in Höhe von 154,15 EUR bezieht, ergibt sich dies bereits aus dem Umstand, dass die Forderung nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung zwischenzeitlich durch Erfüllung erloschen ist. Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller zwei Schreiben des Antragsgegnerbevollmächtigten vom 13.09.2013 und 10.12.2013 vorgelegt, wonach der Antragsgegner bereits am 13.09.2013 einen Betrag in Höhe von 154,15 EUR auf den Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners in Höhe von 773,50 EUR gezahlt hat.
Auch im Hinblick auf die Teilforderung in Höhe von weiteren 616,00 EUR hat der Antragsteller das Bestehen von Einwendung glaubhaft gemacht, die der weiteren Geltendmachung der Forderung entgegenstehen. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist die Forderung des Antragsgegners (nachfolgend: Hauptforderung), die mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.11.2013 festgestellt wurde, durch die von dem Antragsteller erklärte Aufrechnung mit einer Erstattungsforderung (nachfolgend: Gegenforderung) in Höhe von 616,00 EUR erloschen. Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen. Dies ist hier der Fall. Allein durch die Aufrechnungserklärung sind gemäß § 387 BGB sowohl die Haupt- als auch die Gegenforderung erloschen, ohne dass es einer weiteren - sozialrechtlichen - Er-mächtigungsnorm hierfür bedurfte (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.07.2004, B 3 KR 21/03 R, Rdnr. 14 in: jurisweb). Die Forderungen stehen zudem in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Denn eine Betreibung der Rechtsanwaltskosten im eigenen Namen durch den Antragsgegnerbevollmächtigten, wie sie § 126 ZPO grundsätzlich ermöglicht, ist nicht erfolgt. Vielmehr betreibt der Antragsgegnerbevollmächtigte im Rahmen der Zwangsvollstreckung die Forderung des Antragsgegners aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Aachen.
Die mit der BA abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung stand der Aufrechnung nicht entgegen. Die Gegenforderung war trotz der Hauptforderung weiterhin fällig. Dem Schreiben der BA vom 10.08.2013 ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass es sich hierbei nicht um eine Stundungsvereinbarung im Sinne des § 59 Bundeshaushaltsordnung handeln sollte.
Schließlich widerspricht die Aufrechnung des Antragstellers auch nicht der Regelung des § 51 SGB I. Denn § 51 SGB I findet im vorliegenden Fall keine Anwendung. Voraussetzung hierfür wäre, dass es sich bei der Hauptforderung um eine einmalige und laufende Geldleistungen im Sinne der §§ 11, 18-29 SGB I handelt (vgl. BSG, a.a.O.; Pflüger in: jurisPK-SGB I, 2. Auflage 2011, § 51 Rdnr. 18). Um einen derartigen sozialrechtlichen Anspruch handelt es sich bei dem Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten gemäß § 193 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren nach der gebotenen summarischen Prüfung nicht. Dies zugrunde gelegt war der Antragsteller aufgrund der Ratenzahlungsvereinbarung auch nicht verpflichtet, die Aufrechnung durch Bescheid zu erklären. Denn der Ratenzahlungsvereinbarung vom 10.08.2013, die im Übrigen auch nicht von dem Antragsteller, sondern von der BA mit dem Antragsgegner abgeschlossen worden war, bezieht sich ausschließlich auf Auf- und Verrechnungsmöglichkeiten gemäß §§ 51, 52 SGB I.
Der Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung kann schließlich auch nicht entgegen gehalten werden, der Antragsgegner habe gemäß der Ratenzahlungsvereinbarung die Raten zunächst bedient. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass eine doppelte Zahlungsverpflichtung der Erstattungsforderung in Höhe von 616,00 EUR unzulässig wäre. Sofern der Antragsgegner indes nach Erlöschen der Gegenforderung durch Aufrechnung Raten hierauf gezahlt hat, steht ihm ein entsprechender Rückzahlungsanspruch zu. Die Wirksamkeit der Aufrechnung wird hiervon nicht berührt. Der Antragsgegner hat schließlich bislang nicht glaubhaft gemacht, die erste Rate sei vor dem Zugang der Aufrechnungserklärung vom 09.09.2013 gezahlt worden. Hiergegen spricht im Übrigen, dass nach der Ratenzahlungsvereinbarung die erste Rate am 20.09.2013 und damit über 10 Tage nach dem Schreiben des Antragstellers vom 09.09.2013 fällig war.
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung scheidet hingegen im Hinblick auf einen Teil der Forderung in Höhe von 3,35 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2013 aus. Hierzu hat der Antragsgegnerbevollmächtigte glaubhaft vorgetragen, es habe sich hierbei lediglich um Mahnkosten gehandelt, die von der zuständigen BA niedergeschlagen worden seien. Zur Glaubhaftmachung hat er auf einen Abhilfebescheid der BA vom 14.08.2013 verwiesen. Vor diesem Hintergrund kann nach der gebotenen summarischen Prüfung dahinstehen, ob die in die Aufrechnung einbezogenen Mahnkosten bereits dem Grunde nach einen Anspruch des Antragstellers darstellen oder einen Anspruch der mit der Einziehung der Forderung beauftragten BA.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Sie trägt dem Umstand Rech-nung, dass der Antragsgegner vorliegend weit überwiegend mit seinem Begehren erfolgreich war.
Rechtsfolgenbelehrung:
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Be-schluss vom 23.03.2009, L 12 B 3/09 AS ER).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.
Der am 00.00.0000 geborene Antragsgegner steht im laufenden Bezug von Leistun-gen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bei dem Antragsteller. Mit Bescheid vom 04.07.2013 erließ der Antragssteller einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in Höhe von 616,00 EUR gegenüber dem Antragsgegner. Am 10.08.2013 schloss der Antragsgegner mit der Bundesagentur für Arbeit, Regionaler Inkasso-Service (nachfolgend: BA), eine Ratenzahlungsvereinbarung. Im Rahmen der Ratenzahlungsvereinbarung berücksichtigte die BA Mahngebühren in Höhe von weiteren 3,35 EUR. Hierin verpflichtete sich der Antragsgegner monatliche Raten von 50,00 EUR zur Erstattung zu erbringen. Die Fälligkeit der ersten Raten wurde für den 20.09.2013 bestimmt. In der Ratenzahlungsvereinbarung wies die BA darauf hin, es handele sich bei ihrer Entscheidung nicht um eine Stundung im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 1 Bundeshaushaltsordnung. Aufrechnungs- bzw. Verrechnungsmöglichkeiten gemäß §§ 51, 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I) bestünden unabhängig von der Ratenzahlungsvereinbarung. Hierzu erlasse der auf- bzw. verrechnende Leistungsträger einen Bescheid.
In dem Verfahren S 11 AS 116/13 vor dem Sozialgericht Aachen erkannte der An-tragsteller den in diesem Verfahren streitgegenständlichen Anspruch des Antrags-gegners an. Mit Schreiben vom 09.09.2013 erklärte der Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner die Aufrechnung der von diesem geltend gemachten außergerichtli-chen Kosten in Höhe von 773,50 EUR mit einer Erstattungsforderung des Antragstellers in Höhe von 619,35 EUR auf. Am 17.09.2013 beantragte der Bevollmächtigte des Antragsgegners sodann die Kostenfestsetzung der dem Antragsgegner entstandenen außergerichtlichen Kosten. Mit Schreiben vom 26.09.2013 teilte der Antragsteller hierzu mit, aufgrund seiner Aufrechnung aus der Rückforderung sei der Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners erloschen. Der darüber hinausgehende Betrag von 154,15 EUR sei an den Antragsgegnerbevollmächtigten ausgezahlt worden. Gegen die Aufrechnung wandte der Antragsgegnerbevollmächtigte ein, die BA habe mit Schreiben vom 14.08.2013 dem Widerspruch des Antragsgegners im Hinblick auf die geltend gemachten Mahnkosten in Höhe von 3,35 EUR abgeholfen. Im Zeitpunkt der Aufrechnung habe eine Forderung nur in Höhe von 616,00 EUR bestanden. Diese sei zu diesem Zeitpunkt nicht fällig gewesen. Hintergrund sei die Ra-tenzahlungsvereinbarung. Zur weiteren Begründung verwies der Antragsgegner auf den Abhilfebescheid der BA vom 14.08.2013.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.11.2013 in dem Verfahren S 11 AS 116/13 verpflichtete das Sozialgericht Aachen den Antragsteller zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 773,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2013.
Hiergegen hat der Antragsteller am 27.02.2014 Klage vor dem Sozialgericht erhoben und zugleich die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 12.03.2014 hat die Gerichtsvollzieherin L. den Antragsteller unter Fristsetzung bis zum 27.03.2014 zur Zahlung eines Betrages von 705,30 EUR ein-schließlich Zinsen und Vollstreckungskosten in Höhe von 24,00 aufgefordert.
Der Antragsteller ist der Ansicht, die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbe-schluss sei in Höhe von 619,35 EUR infolge der Aufrechnung gemäß §§ 389,387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erloschen. Die Regelung des § 51 Abs. 1 SGB I sei nicht einschlägig. Der von dem Antragsgegner im Rahmen der Vollstreckung geltend gemachte Betrag sei kein Zahlungsanspruch, der sich auf einem Leistungsanspruch auf einmalige Zahlung oder laufende Zahlung nach einem der Bücher des Sozialgesetzbuches ergebe. Der Antragsgegnerbevollmächtigte habe in zwei Schreiben bestätigt, den Betrag von 154,15 EUR erhalten zu haben. Zur weiteren Begründung verweist der Antragsteller auf Schreiben des Antragsgegnerbevollmächtigten vom 13.09.2013 und 10.12.2013, wonach eine Zahlung in Höhe von 154,15 EUR bereits erfolgt sei.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Aachen vom 11.11.2013, S 11 AS 116/13, bis zum Ab-schluss des Verfahrens S 4 AS 236/14 vor dem Sozialgericht Aachen einstweilen einzustellen, hilfsweise die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 700,00 EUR abhängig zu machen.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, die in dem Kostenfestsetzungsbeschluss festge-stellte Forderung sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Aufgrund der geschlosse-nen Ratenzahlungsvereinbarung sei der Erstattungsanspruch des Antragstellers gestundet und deswegen im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung nicht fällig gewesen. Die im Rahmen der Aufrechnung erklärte Forderungshöhe von 619,35 EUR sei im Hinblick auf die durch die BA aufgehobenen Mahnkosten in Höhe von 3,35 EUR der Höhe nach unrichtig. Auch im Falle einer wirksamen Aufrechnung stünde der Zwangsvollstreckung die Zahlung der Raten in Höhe von 50,00 EUR aufgrund der Ratenzahlungsvereinbarung entgegen. Der Antragsgegner habe die erste Rate hieraus gezahlt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Antrags-gegners und die Gerichtsakten verwiesen, die dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
II.
Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist zulässig und aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Der Antrag ist als Antrag gemäß § 198 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 769 Zi-vilprozessordnung (ZPO) zulässig. Gemäß § 198 Abs. 1 SGG gilt für die Vollstre-ckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung, soweit sich aus dem SGG nichts anderes ergibt.
Gemäß § 769 ZPO kann das Prozessgericht auf Antrag anordnen, dass bis zum Er-lass des Urteils über die in den §§ 767, 768 ZPO bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt wird und das Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben sind.
Der Antragsteller hat am 27.02.2014 Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangs-vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.11.2013 erhoben. Die Vollstreckungsabwehrklage kann entsprechend § 767 ZPO beim Sozialgericht erho-ben werden, da es sich um ein Verfahren handelt, dass nicht dem Vollstreckungsgericht, sondern dem Prozessgericht zugewiesen ist (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Auflage, § 198 Rdnr. 5a und § 200 Rdnr. 5, mwN). Dies zugrunde gelegt ist das angerufene Sozialgericht auch für das Ersuchen im einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 769 ZPO zuständig.
Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang überwiegend begründet.
Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass gegen die im Wege der Zwangsvoll-streckung geltend gemachte Forderung in Höhe von 705,30 EUR Einwendungen im Sinne des § 767 ZPO bestehen. Denn er hat glaubhaft gemacht, dass die Forderung in dieser Höhe bereits vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses erloschen war.
Sofern sich die Zwangsvollstreckung aus einem Betrag in Höhe von 154,15 EUR bezieht, ergibt sich dies bereits aus dem Umstand, dass die Forderung nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung zwischenzeitlich durch Erfüllung erloschen ist. Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller zwei Schreiben des Antragsgegnerbevollmächtigten vom 13.09.2013 und 10.12.2013 vorgelegt, wonach der Antragsgegner bereits am 13.09.2013 einen Betrag in Höhe von 154,15 EUR auf den Kostenerstattungsanspruch des Antragsgegners in Höhe von 773,50 EUR gezahlt hat.
Auch im Hinblick auf die Teilforderung in Höhe von weiteren 616,00 EUR hat der Antragsteller das Bestehen von Einwendung glaubhaft gemacht, die der weiteren Geltendmachung der Forderung entgegenstehen. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung ist die Forderung des Antragsgegners (nachfolgend: Hauptforderung), die mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.11.2013 festgestellt wurde, durch die von dem Antragsteller erklärte Aufrechnung mit einer Erstattungsforderung (nachfolgend: Gegenforderung) in Höhe von 616,00 EUR erloschen. Voraussetzung dieses einseitigen Rechtsgeschäfts, mit dem die wechselseitige Tilgung zweier Forderungen bewirkt wird, ist gemäß § 387 BGB, dass sich zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung gegenseitige, gleichartige und fällige bzw. erfüllbare Forderungen gegenüberstehen. Dies ist hier der Fall. Allein durch die Aufrechnungserklärung sind gemäß § 387 BGB sowohl die Haupt- als auch die Gegenforderung erloschen, ohne dass es einer weiteren - sozialrechtlichen - Er-mächtigungsnorm hierfür bedurfte (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.07.2004, B 3 KR 21/03 R, Rdnr. 14 in: jurisweb). Die Forderungen stehen zudem in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Denn eine Betreibung der Rechtsanwaltskosten im eigenen Namen durch den Antragsgegnerbevollmächtigten, wie sie § 126 ZPO grundsätzlich ermöglicht, ist nicht erfolgt. Vielmehr betreibt der Antragsgegnerbevollmächtigte im Rahmen der Zwangsvollstreckung die Forderung des Antragsgegners aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Aachen.
Die mit der BA abgeschlossene Ratenzahlungsvereinbarung stand der Aufrechnung nicht entgegen. Die Gegenforderung war trotz der Hauptforderung weiterhin fällig. Dem Schreiben der BA vom 10.08.2013 ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass es sich hierbei nicht um eine Stundungsvereinbarung im Sinne des § 59 Bundeshaushaltsordnung handeln sollte.
Schließlich widerspricht die Aufrechnung des Antragstellers auch nicht der Regelung des § 51 SGB I. Denn § 51 SGB I findet im vorliegenden Fall keine Anwendung. Voraussetzung hierfür wäre, dass es sich bei der Hauptforderung um eine einmalige und laufende Geldleistungen im Sinne der §§ 11, 18-29 SGB I handelt (vgl. BSG, a.a.O.; Pflüger in: jurisPK-SGB I, 2. Auflage 2011, § 51 Rdnr. 18). Um einen derartigen sozialrechtlichen Anspruch handelt es sich bei dem Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten gemäß § 193 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren nach der gebotenen summarischen Prüfung nicht. Dies zugrunde gelegt war der Antragsteller aufgrund der Ratenzahlungsvereinbarung auch nicht verpflichtet, die Aufrechnung durch Bescheid zu erklären. Denn der Ratenzahlungsvereinbarung vom 10.08.2013, die im Übrigen auch nicht von dem Antragsteller, sondern von der BA mit dem Antragsgegner abgeschlossen worden war, bezieht sich ausschließlich auf Auf- und Verrechnungsmöglichkeiten gemäß §§ 51, 52 SGB I.
Der Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung kann schließlich auch nicht entgegen gehalten werden, der Antragsgegner habe gemäß der Ratenzahlungsvereinbarung die Raten zunächst bedient. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass eine doppelte Zahlungsverpflichtung der Erstattungsforderung in Höhe von 616,00 EUR unzulässig wäre. Sofern der Antragsgegner indes nach Erlöschen der Gegenforderung durch Aufrechnung Raten hierauf gezahlt hat, steht ihm ein entsprechender Rückzahlungsanspruch zu. Die Wirksamkeit der Aufrechnung wird hiervon nicht berührt. Der Antragsgegner hat schließlich bislang nicht glaubhaft gemacht, die erste Rate sei vor dem Zugang der Aufrechnungserklärung vom 09.09.2013 gezahlt worden. Hiergegen spricht im Übrigen, dass nach der Ratenzahlungsvereinbarung die erste Rate am 20.09.2013 und damit über 10 Tage nach dem Schreiben des Antragstellers vom 09.09.2013 fällig war.
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung scheidet hingegen im Hinblick auf einen Teil der Forderung in Höhe von 3,35 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2013 aus. Hierzu hat der Antragsgegnerbevollmächtigte glaubhaft vorgetragen, es habe sich hierbei lediglich um Mahnkosten gehandelt, die von der zuständigen BA niedergeschlagen worden seien. Zur Glaubhaftmachung hat er auf einen Abhilfebescheid der BA vom 14.08.2013 verwiesen. Vor diesem Hintergrund kann nach der gebotenen summarischen Prüfung dahinstehen, ob die in die Aufrechnung einbezogenen Mahnkosten bereits dem Grunde nach einen Anspruch des Antragstellers darstellen oder einen Anspruch der mit der Einziehung der Forderung beauftragten BA.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Sie trägt dem Umstand Rech-nung, dass der Antragsgegner vorliegend weit überwiegend mit seinem Begehren erfolgreich war.
Rechtsfolgenbelehrung:
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Be-schluss vom 23.03.2009, L 12 B 3/09 AS ER).
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