Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 12 SB 584/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 28.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2013 wird aufgehoben soweit ein GdB von weniger als 40 festgestellt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu 1/3.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 30 streitig.
Das Versorgungsamt Aachen stellte bei dem am 00.00.0000 geborenen Kläger mit Bescheid vom 10.03.2000 aufgrund einer Anpassungsstörung bei narzisstischer Persönlichkeit mit depressiver Symptomatik und Kombinationskopfschmerzsyndrom einen GdB von 40 fest.
Im Januar 2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung eines höheren GdB. Im Verwaltungsverfahren wertete der ärztliche Dienst des Beklagten einen Befundbericht der E sowie Entlassungsberichte der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B vom 17.10.2007, 19.12.2007, 18.04.2008, 02.05.2008, 29.09.2008 und 21.02.2009 aus und kam zu der Einschätzung der GdB des Klägers sei wegen seelischen Beeinträchtigungen mit körperlichen Beschwerden und chronischer Schmerzkrankheit mit 50 zu bewerten. Mit Bescheid vom 20.04.2009 stellte der Rechtsvorgänger des Beklagten, der Kreis B, beim Kläger ab dem 26.01.2009 einen GdB von 50 fest.
Im Juli 2012 führte der Beklagte eine Nachprüfung beim Kläger durch. In diesem Zusammenhang wertete der ärztliche Dienst des Beklagten zunächst Entlassungsberichte der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B vom 18.01.2010, 04.11.2010, 10.08.2011, 30.11.2011, einen Arztbericht des Orthopäden Dr. I aus März 2012, einen Befundbericht der E sowie eine Selbstauskunft des Klägers betreffend die Behandlung eines bekannten Diabetes mellitus aus. Er kam hierbei zu der Einschätzung, der GdB des Klägers sei insgesamt nur noch mit 30 zu bewerten. Die psychischen Beeinträchtigungen hätten sich gebessert. Hinzu gekommen sei eine Funktionsstörung der Wirbelsäule, die allerdings lediglich einen GdB von 10 bedinge. Der mit Metformin behandelte Diabetes sowie ein Bluthochdruck rechtfertigten keinen GdB.
Mit Schreiben vom 20.08.2012 hörte der Beklagte den Kläger hinsichtlich der beabsichtigten Absenkung des GdB an. Mit Schreiben vom 11.09.2012 und 13.11.2012 führte der Kläger aus, er halte Absenkung für nicht zutreffend.
Der Beklagte holte daraufhin einen weiteren Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B vom 04.12.2012 ein und wertete diesen durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie M aus, die zu der Einschätzung kam, der psychische Zustand des Klägers habe sich gebessert und stabilisiert. Er sei mit einem GdB von 30 zutreffend zu beschreiben.
Mit Schreiben vom 31.01.2013 hörte der Beklagte den Kläger erneut an. Am 13.03.2013 ging ein weiterer Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B vom 12.02.2013 beim Beklagten ein.
Mit Bescheid vom 28.03.2013 stellte der Beklagte den GdB des Klägers mit 30 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 04.04.2013 Widerspruch ein, welcher nach erneuter Stellungnahme des ärztlichen Dienstes durch die Bezirksregierung N mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Am 11.06.2013 hat der Kläger Klage erhoben.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Neurologen und Psychiaters M, welches dieser nach Untersuchung des Klägers am 24.08. und 27.08.2013 gegenüber dem Gericht erstattet hat.
Der Kläger hat, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte vertreten, das Gutachten überzeuge ihn nicht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.05.2014 hat der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, beantragt,
den Bescheid vom 28.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2013 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in seinen Rechten verletzt, da diese rechtswidrig sind. Der Beklagte hätte den GdB des Klägers lediglich auf 40 absenken dürfen, da nur insoweit eine Besserung des gesundheitlichen Zustands eingetreten ist.
Rechtsgrundlage des Bescheides vom 28.03.2013 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Bei den Feststellungsbescheiden nach § 69 Abs. 1 und 2 SGB IX handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (BSG Urteil vom 12.11.1996 – 9 RVs 5/95 = juris; BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 6/12 R = juris Rn. 30; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011- L 6 (7) SB 135/06 = juris Rn. 20 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 19.09.2000 – B 9 SB 3/00 R = juris). Eine Aufhebung ist dabei nur "insoweit" zulässig, als eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O.; BSG Urteil vom 19.09.2000, a.a.O.). Eine wesentliche Änderung ist anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustandes eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Funktionsbeeinträchtigungen allein ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB stellen keine wesentliche Änderung dar (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O. unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 24.06.1998 – B 9 SB 18/97 R = juris). Handelt es sich bei den anerkannten Behinderungen um solche, bei denen der GdB wegen der Art der Erkrankung höher festgesetzt wurde, als es die tatsächlich nachweisbaren Funktionseinschränkungen erfordern, liegt eine Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X auch dann vor, wenn für die den Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde liegenden Erkrankungen die sogenannte Heilungsbewährung abgelaufen ist (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O.). Ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten ist, muss im Rahmen einer gegen einen Herabsetzungsbescheid gerichteten Anfechtungsklage durch einen Vergleich der Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses des letzten bindend gewordenen Bescheides mit denjenigen zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung der Beklagten ermittelt werden. Bei einer derartigen Neufeststellung handelt es sich nicht um eine reine Fortschreibung des im letzten maßgeblichen Bescheid festgestellten GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der verschiedenen aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011- L 6 (7) SB 135/06 = juris Rn. 21 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 19.09.2000, - B 9 SB 3/00 R - = juris; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 18.06.2002, - L 6 SB 142/00 = juris). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur Überzeugung der Kammer fest, dass im Gesundheitszustand des Klägers im Vergleich zu den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 20.04.2009 zugrunde gelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist. So waren die psychischen Beeinträchtigungen des Kläger zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung im April 2009 gravierender als dies zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides bzw. des Widerspruchsbescheides – und nur auf diesen Zeitpunkt kommt es im Rahmen eines Anfechtungsklage an – der Fall war. Der Kläger hatte 2007 einen Suizidversuch unternommen und war seitdem in kurzen zeitlichen Abständen stationär zur Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B. In den entsprechenden Entlassungsberichten vom 17.10.2007, 19.12.2007, 18.04.2008, 02.05.2008, 29.09.2008 und 21.02.2009 finden sich, jedenfalls für das Jahr 2007 Angaben über schwere depressive Episoden mit psychotischen Symptomen. Zudem war der Suizidversuch des Klägers zu berücksichtigen. Unter Therapie war es seinerzeit freilich schon zu Besserungen gekommen, so dass in den folgenden Jahren regelmäßig eine mittelgradige depressive Episode von der Klinik diagnostiziert wurde. Allerdings gab der Kläger im Februar 2009 noch seltene akustische Halluzinationen an und beschrieb dezent paranoide Ideen. Unter Berücksichtigung der ebenfalls – bereits seit Jahren bestehenden – Schmerzerkrankung, insbesondere litt und leidet der Kläger unter einer Kopfschmerzsymptomatik, war seinerzeit die Feststellung eines GdB von 50 gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zutreffend. Das psychische Leiden des Klägers hat sich zum hier maßgeblichen Zeitpunkt indes gebessert. Dies zeigen schon die Schilderungen der zeitnah erstellen Entlassungsberichte der Uniklinik. Zwar ist der Kläger dort – worauf die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat – weiterhin in regelmäßigen Abständen in stationärer Behandlung. Allerdings finden sich in den Berichten seit 2011 keine Hinweise mehr auf psychotische Elemente beim Kläger. Halluzinatorisches Erleben wird ausdrücklich verneint. Im Bericht vom 12.02.2013 geht die Klinik von einer nur noch leichten depressiven Episode aus. Hier, dies steht zur Überzeugung der Kammer fest, zeigt sich durchaus eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers im Hinblick auf die depressive Komponente. Diese Besserung, die auch angehalten hat, beschreibt auch der der Psychiater und Neurologe M in seinem Gutachten. Die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik beschreibt in ihrem Bericht vom 12.02.2013, dass der Kläger von Sozialkontakten und Aktivitäten, die er motiviert wahrnehme, um auf seine Stabilisierung hinzuarbeiten, profitiere, auch wenn die Belastbarkeit stark eingeschränkt sei. Entsprechende Aktivitäten schildert er auch dem Gutachter. So gab er diesem gegenüber an, er mache im Haushalt alles selber, sei vollkommen selbständig, putze, sauge, koche usw. Allerdings falle ihm diese Tätigkeit oft schwer. Er mache auch gerne Holzarbeiten, male Aquarelle und mache Spielzeug für Kinder, welches er gerne verschenke. Insgesamt sei er ein "Hobbyfritze" und habe keine Langeweile, außer in Phasen einer Antriebsminderung. Neben der Familie, die ebenfalls weitgehend in B wohne, habe er soziale Kontakte zu einem ehemaligen Kollegen, der in seiner Nähe wohne. An ausgewählten öffentlichen Veranstaltungen nehme er teil, er sei noch angebunden an die ortsansässige evangelische Gemeinde, zur Kirche gehe er allerdings selten. Er nehme darüber hinaus das Angebot der Kontakt- und Beratungsstelle "Triangel" in B wahr. Dort werde gemeinsam gekocht und auch gegessen. Auch an sonstigen gemeinschaftlichen Aktivitäten nehme er in gewissem Umfang teil. Einmal in der Woche suche er auch die psychiatrische Institutsambulanz auf, um dort zwei Stunden ergotherapeutisch zu arbeiten. Urlaub mache er keinen mehr, was er sehr vermisse. Er habe aber einen Lieblingsort im deutsch-niederländischen Grenzgebiet, P, wo er gerne spazieren gehen, fotografiere und auch immer wieder gerne ein Lokal aufsuche. Allerdings, und hierauf legte der Kläger gegenüber dem Gutachter wert, sei alles letztlich tagesformabhängig. Auf diesen Aspekt wies auch die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hin. Aufgrund der vorliegenden Arzt- und Befundberichte sowie den Feststellungen des Gutachters M, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass unter Berücksichtigung der beim Kläger vorliegenden somatoformen Schmerzstörung (ICD 10 F 45.4) mit rezidivierender depressiver Störung (ICD 10 F 33.0) und Persönlichkeit mit zwanghaft/anankastischen und narzisstischen Zügen (ICD 10 F 65.0) schwerere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdB von mindestens 50 bedingen würden, keinesfalls vorliegen. Beim Kläger liegen vielmehr – und dies schließt die Kammer nicht nur aus den Feststellungen des Gutachters M, sondern ausdrücklich auch aus denen der behandelnden Klinik – aufgrund der oben genannten Beeinträchtigungen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor, die einen Bewertungsspielraum von 30 bis 40 eröffnen. Betrachtete man das gegenüber dem Gutachter geschilderte Sozial- und Aktivitätsniveau isoliert, so wäre in der Tat, wie vom Gutachter M, vorgeschlagen, der GdB für das seelische Leiden, unter besonderer Berücksichtigung der Schmerzproblematik, mit 30 zu bewerten. Soweit der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, hiergegen eingewandt hat, der Kläger mache die gegenüber dem Gutachter angegebenen Aktivitäten nicht ständig, sondern teilweise sehr selten, so ist dies nach Auffassung der Kammer vom Gutachter durchaus gesehen und berücksichtigt worden. An diversen Stellen des Gutachtens hat er darauf hingewiesen, dass der Kläger deutlich gemacht habe, seine Aktivitäten seien tagesformabhängig. Dies ist für die Kammer auch unmittelbar nachvollziehbar. Allerdings wird deutlich, dass der Kläger durchaus noch in der Lage ist, viele der Sachen, die ihm schwerfallen, letztlich doch durchzuführen. Gleichwohl ist die Kammer der Auffassung, dass – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits seit langer Zeit unter der Schmerzerkrankung leidet und der Tatsache, dass bereits vor der Dekompensation des psychischen Zustandes seit 1997 eine GdB von 40 beim Kläger festgestellt worden war – eine Absenkung des GdB auf weniger als 40 dem Beschwerdebild des Klägers nicht hinreichend Rechnung trägt. Der beim Kläger bestehende Diabetes mellitus Typ 2 wurde zum hier maßgeblichen Zeitpunkt mit Metformin behandelt. Hierbei handelt es sich einen Wirkstoff, der regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann (vgl. hierzu etwa Lüllmann/Mohr/Hein, Pharmakologie und Toxikologie, 17. Aufl. 2010, S. 446; Biesalski/Bischoff/Puchstein, Ernährungsmedizin 4. Aufl. 2010, 517), weswegen der GdB hierfür gemäß Teil B Ziffer 15.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (2. VersMedVÄndV) vom 14.07.2010 (BGBl. I, 928) mit 0 zu bewerten ist. Bei der Untersuchung durch den Gutachter M wurde der Blutdruck mit 140/90 ermittelt. Der beim Kläger bekannte Bluthochdruck wird mit Delix® (Wirkstoffe: Hydrochlorothiazid und Ramipril) behandelt. Organbeteiligungen oder wesentliche Leistungsbeeinträchtigungen sind nicht objektviert, weswegen ein GdB von mehr als 10 gemäß Teil B Ziffer 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nicht in Betracht kommt.
Die beim Kläger diagnostizierte Fettstoffwechselstörung bedingt gemäß Teil B Ziffer 15.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze keinen GdB, da Folgeerkrankungen bislang nicht objektiviert sind.
Die beim Kläger bekannten rezidivierenden Gastritiden bedingen gemäß Teil B Ziffer 10.2 keinen GdB, allenfalls könnte hier ein GdB von 10 in Ansatz gebracht werden.
Für den Bereich der Wirbelsäule kann gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze weiterhin ein GdB von 10 in Ansatz gebracht werden, wenngleich die Untersuchung bei Herrn M eine weitgehend freie Beweglichkeit der Wirbelsäule ergeben hat.
Auf der Grundlage der genannten Einzel-GdB-Werte ist bei dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitpunkt nach § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 40 zu bilden.
§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
Im vorliegenden Fall steht die psychische Beeinträchtigung und hierbei insbesondere die Schmerzerkrankung absolut im Vordergrund. Diese ist mit 40 zu bewerten und bildet auch den Gesamt-Grad der Behinderung. Die weitere Feststellung eines GdB von 50 scheidet aus. Wie oben dargelegt, konnte eine wesentliche Besserung des gesundheitlichen Zustandes des Klägers festgestellt werden. Eine Vergleichbarkeit mit dem Zustand 2009, der eine Bewertung mit 50 erforderliche machte, ist, wie ausführlich begründet, nicht mehr gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 30 streitig.
Das Versorgungsamt Aachen stellte bei dem am 00.00.0000 geborenen Kläger mit Bescheid vom 10.03.2000 aufgrund einer Anpassungsstörung bei narzisstischer Persönlichkeit mit depressiver Symptomatik und Kombinationskopfschmerzsyndrom einen GdB von 40 fest.
Im Januar 2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung eines höheren GdB. Im Verwaltungsverfahren wertete der ärztliche Dienst des Beklagten einen Befundbericht der E sowie Entlassungsberichte der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B vom 17.10.2007, 19.12.2007, 18.04.2008, 02.05.2008, 29.09.2008 und 21.02.2009 aus und kam zu der Einschätzung der GdB des Klägers sei wegen seelischen Beeinträchtigungen mit körperlichen Beschwerden und chronischer Schmerzkrankheit mit 50 zu bewerten. Mit Bescheid vom 20.04.2009 stellte der Rechtsvorgänger des Beklagten, der Kreis B, beim Kläger ab dem 26.01.2009 einen GdB von 50 fest.
Im Juli 2012 führte der Beklagte eine Nachprüfung beim Kläger durch. In diesem Zusammenhang wertete der ärztliche Dienst des Beklagten zunächst Entlassungsberichte der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B vom 18.01.2010, 04.11.2010, 10.08.2011, 30.11.2011, einen Arztbericht des Orthopäden Dr. I aus März 2012, einen Befundbericht der E sowie eine Selbstauskunft des Klägers betreffend die Behandlung eines bekannten Diabetes mellitus aus. Er kam hierbei zu der Einschätzung, der GdB des Klägers sei insgesamt nur noch mit 30 zu bewerten. Die psychischen Beeinträchtigungen hätten sich gebessert. Hinzu gekommen sei eine Funktionsstörung der Wirbelsäule, die allerdings lediglich einen GdB von 10 bedinge. Der mit Metformin behandelte Diabetes sowie ein Bluthochdruck rechtfertigten keinen GdB.
Mit Schreiben vom 20.08.2012 hörte der Beklagte den Kläger hinsichtlich der beabsichtigten Absenkung des GdB an. Mit Schreiben vom 11.09.2012 und 13.11.2012 führte der Kläger aus, er halte Absenkung für nicht zutreffend.
Der Beklagte holte daraufhin einen weiteren Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B vom 04.12.2012 ein und wertete diesen durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie M aus, die zu der Einschätzung kam, der psychische Zustand des Klägers habe sich gebessert und stabilisiert. Er sei mit einem GdB von 30 zutreffend zu beschreiben.
Mit Schreiben vom 31.01.2013 hörte der Beklagte den Kläger erneut an. Am 13.03.2013 ging ein weiterer Entlassungsbericht der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B vom 12.02.2013 beim Beklagten ein.
Mit Bescheid vom 28.03.2013 stellte der Beklagte den GdB des Klägers mit 30 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 04.04.2013 Widerspruch ein, welcher nach erneuter Stellungnahme des ärztlichen Dienstes durch die Bezirksregierung N mit Widerspruchsbescheid vom 14.05.2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Am 11.06.2013 hat der Kläger Klage erhoben.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Neurologen und Psychiaters M, welches dieser nach Untersuchung des Klägers am 24.08. und 27.08.2013 gegenüber dem Gericht erstattet hat.
Der Kläger hat, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte vertreten, das Gutachten überzeuge ihn nicht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.05.2014 hat der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, beantragt,
den Bescheid vom 28.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2013 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in seinen Rechten verletzt, da diese rechtswidrig sind. Der Beklagte hätte den GdB des Klägers lediglich auf 40 absenken dürfen, da nur insoweit eine Besserung des gesundheitlichen Zustands eingetreten ist.
Rechtsgrundlage des Bescheides vom 28.03.2013 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Bei den Feststellungsbescheiden nach § 69 Abs. 1 und 2 SGB IX handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (BSG Urteil vom 12.11.1996 – 9 RVs 5/95 = juris; BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 6/12 R = juris Rn. 30; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011- L 6 (7) SB 135/06 = juris Rn. 20 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 19.09.2000 – B 9 SB 3/00 R = juris). Eine Aufhebung ist dabei nur "insoweit" zulässig, als eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O.; BSG Urteil vom 19.09.2000, a.a.O.). Eine wesentliche Änderung ist anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustandes eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Funktionsbeeinträchtigungen allein ohne Auswirkung auf den Gesamt-GdB stellen keine wesentliche Änderung dar (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O. unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 24.06.1998 – B 9 SB 18/97 R = juris). Handelt es sich bei den anerkannten Behinderungen um solche, bei denen der GdB wegen der Art der Erkrankung höher festgesetzt wurde, als es die tatsächlich nachweisbaren Funktionseinschränkungen erfordern, liegt eine Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X auch dann vor, wenn für die den Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde liegenden Erkrankungen die sogenannte Heilungsbewährung abgelaufen ist (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011, a.a.O.). Ob eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten ist, muss im Rahmen einer gegen einen Herabsetzungsbescheid gerichteten Anfechtungsklage durch einen Vergleich der Verhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses des letzten bindend gewordenen Bescheides mit denjenigen zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung der Beklagten ermittelt werden. Bei einer derartigen Neufeststellung handelt es sich nicht um eine reine Fortschreibung des im letzten maßgeblichen Bescheid festgestellten GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der verschiedenen aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.01.2011- L 6 (7) SB 135/06 = juris Rn. 21 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 19.09.2000, - B 9 SB 3/00 R - = juris; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 18.06.2002, - L 6 SB 142/00 = juris). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur Überzeugung der Kammer fest, dass im Gesundheitszustand des Klägers im Vergleich zu den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 20.04.2009 zugrunde gelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist. So waren die psychischen Beeinträchtigungen des Kläger zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung im April 2009 gravierender als dies zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides bzw. des Widerspruchsbescheides – und nur auf diesen Zeitpunkt kommt es im Rahmen eines Anfechtungsklage an – der Fall war. Der Kläger hatte 2007 einen Suizidversuch unternommen und war seitdem in kurzen zeitlichen Abständen stationär zur Behandlung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums B. In den entsprechenden Entlassungsberichten vom 17.10.2007, 19.12.2007, 18.04.2008, 02.05.2008, 29.09.2008 und 21.02.2009 finden sich, jedenfalls für das Jahr 2007 Angaben über schwere depressive Episoden mit psychotischen Symptomen. Zudem war der Suizidversuch des Klägers zu berücksichtigen. Unter Therapie war es seinerzeit freilich schon zu Besserungen gekommen, so dass in den folgenden Jahren regelmäßig eine mittelgradige depressive Episode von der Klinik diagnostiziert wurde. Allerdings gab der Kläger im Februar 2009 noch seltene akustische Halluzinationen an und beschrieb dezent paranoide Ideen. Unter Berücksichtigung der ebenfalls – bereits seit Jahren bestehenden – Schmerzerkrankung, insbesondere litt und leidet der Kläger unter einer Kopfschmerzsymptomatik, war seinerzeit die Feststellung eines GdB von 50 gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zutreffend. Das psychische Leiden des Klägers hat sich zum hier maßgeblichen Zeitpunkt indes gebessert. Dies zeigen schon die Schilderungen der zeitnah erstellen Entlassungsberichte der Uniklinik. Zwar ist der Kläger dort – worauf die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat – weiterhin in regelmäßigen Abständen in stationärer Behandlung. Allerdings finden sich in den Berichten seit 2011 keine Hinweise mehr auf psychotische Elemente beim Kläger. Halluzinatorisches Erleben wird ausdrücklich verneint. Im Bericht vom 12.02.2013 geht die Klinik von einer nur noch leichten depressiven Episode aus. Hier, dies steht zur Überzeugung der Kammer fest, zeigt sich durchaus eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes des Klägers im Hinblick auf die depressive Komponente. Diese Besserung, die auch angehalten hat, beschreibt auch der der Psychiater und Neurologe M in seinem Gutachten. Die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik beschreibt in ihrem Bericht vom 12.02.2013, dass der Kläger von Sozialkontakten und Aktivitäten, die er motiviert wahrnehme, um auf seine Stabilisierung hinzuarbeiten, profitiere, auch wenn die Belastbarkeit stark eingeschränkt sei. Entsprechende Aktivitäten schildert er auch dem Gutachter. So gab er diesem gegenüber an, er mache im Haushalt alles selber, sei vollkommen selbständig, putze, sauge, koche usw. Allerdings falle ihm diese Tätigkeit oft schwer. Er mache auch gerne Holzarbeiten, male Aquarelle und mache Spielzeug für Kinder, welches er gerne verschenke. Insgesamt sei er ein "Hobbyfritze" und habe keine Langeweile, außer in Phasen einer Antriebsminderung. Neben der Familie, die ebenfalls weitgehend in B wohne, habe er soziale Kontakte zu einem ehemaligen Kollegen, der in seiner Nähe wohne. An ausgewählten öffentlichen Veranstaltungen nehme er teil, er sei noch angebunden an die ortsansässige evangelische Gemeinde, zur Kirche gehe er allerdings selten. Er nehme darüber hinaus das Angebot der Kontakt- und Beratungsstelle "Triangel" in B wahr. Dort werde gemeinsam gekocht und auch gegessen. Auch an sonstigen gemeinschaftlichen Aktivitäten nehme er in gewissem Umfang teil. Einmal in der Woche suche er auch die psychiatrische Institutsambulanz auf, um dort zwei Stunden ergotherapeutisch zu arbeiten. Urlaub mache er keinen mehr, was er sehr vermisse. Er habe aber einen Lieblingsort im deutsch-niederländischen Grenzgebiet, P, wo er gerne spazieren gehen, fotografiere und auch immer wieder gerne ein Lokal aufsuche. Allerdings, und hierauf legte der Kläger gegenüber dem Gutachter wert, sei alles letztlich tagesformabhängig. Auf diesen Aspekt wies auch die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hin. Aufgrund der vorliegenden Arzt- und Befundberichte sowie den Feststellungen des Gutachters M, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass unter Berücksichtigung der beim Kläger vorliegenden somatoformen Schmerzstörung (ICD 10 F 45.4) mit rezidivierender depressiver Störung (ICD 10 F 33.0) und Persönlichkeit mit zwanghaft/anankastischen und narzisstischen Zügen (ICD 10 F 65.0) schwerere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten, die gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze einen GdB von mindestens 50 bedingen würden, keinesfalls vorliegen. Beim Kläger liegen vielmehr – und dies schließt die Kammer nicht nur aus den Feststellungen des Gutachters M, sondern ausdrücklich auch aus denen der behandelnden Klinik – aufgrund der oben genannten Beeinträchtigungen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor, die einen Bewertungsspielraum von 30 bis 40 eröffnen. Betrachtete man das gegenüber dem Gutachter geschilderte Sozial- und Aktivitätsniveau isoliert, so wäre in der Tat, wie vom Gutachter M, vorgeschlagen, der GdB für das seelische Leiden, unter besonderer Berücksichtigung der Schmerzproblematik, mit 30 zu bewerten. Soweit der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, hiergegen eingewandt hat, der Kläger mache die gegenüber dem Gutachter angegebenen Aktivitäten nicht ständig, sondern teilweise sehr selten, so ist dies nach Auffassung der Kammer vom Gutachter durchaus gesehen und berücksichtigt worden. An diversen Stellen des Gutachtens hat er darauf hingewiesen, dass der Kläger deutlich gemacht habe, seine Aktivitäten seien tagesformabhängig. Dies ist für die Kammer auch unmittelbar nachvollziehbar. Allerdings wird deutlich, dass der Kläger durchaus noch in der Lage ist, viele der Sachen, die ihm schwerfallen, letztlich doch durchzuführen. Gleichwohl ist die Kammer der Auffassung, dass – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits seit langer Zeit unter der Schmerzerkrankung leidet und der Tatsache, dass bereits vor der Dekompensation des psychischen Zustandes seit 1997 eine GdB von 40 beim Kläger festgestellt worden war – eine Absenkung des GdB auf weniger als 40 dem Beschwerdebild des Klägers nicht hinreichend Rechnung trägt. Der beim Kläger bestehende Diabetes mellitus Typ 2 wurde zum hier maßgeblichen Zeitpunkt mit Metformin behandelt. Hierbei handelt es sich einen Wirkstoff, der regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann (vgl. hierzu etwa Lüllmann/Mohr/Hein, Pharmakologie und Toxikologie, 17. Aufl. 2010, S. 446; Biesalski/Bischoff/Puchstein, Ernährungsmedizin 4. Aufl. 2010, 517), weswegen der GdB hierfür gemäß Teil B Ziffer 15.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (2. VersMedVÄndV) vom 14.07.2010 (BGBl. I, 928) mit 0 zu bewerten ist. Bei der Untersuchung durch den Gutachter M wurde der Blutdruck mit 140/90 ermittelt. Der beim Kläger bekannte Bluthochdruck wird mit Delix® (Wirkstoffe: Hydrochlorothiazid und Ramipril) behandelt. Organbeteiligungen oder wesentliche Leistungsbeeinträchtigungen sind nicht objektviert, weswegen ein GdB von mehr als 10 gemäß Teil B Ziffer 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nicht in Betracht kommt.
Die beim Kläger diagnostizierte Fettstoffwechselstörung bedingt gemäß Teil B Ziffer 15.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze keinen GdB, da Folgeerkrankungen bislang nicht objektiviert sind.
Die beim Kläger bekannten rezidivierenden Gastritiden bedingen gemäß Teil B Ziffer 10.2 keinen GdB, allenfalls könnte hier ein GdB von 10 in Ansatz gebracht werden.
Für den Bereich der Wirbelsäule kann gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze weiterhin ein GdB von 10 in Ansatz gebracht werden, wenngleich die Untersuchung bei Herrn M eine weitgehend freie Beweglichkeit der Wirbelsäule ergeben hat.
Auf der Grundlage der genannten Einzel-GdB-Werte ist bei dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitpunkt nach § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 40 zu bilden.
§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
Im vorliegenden Fall steht die psychische Beeinträchtigung und hierbei insbesondere die Schmerzerkrankung absolut im Vordergrund. Diese ist mit 40 zu bewerten und bildet auch den Gesamt-Grad der Behinderung. Die weitere Feststellung eines GdB von 50 scheidet aus. Wie oben dargelegt, konnte eine wesentliche Besserung des gesundheitlichen Zustandes des Klägers festgestellt werden. Eine Vergleichbarkeit mit dem Zustand 2009, der eine Bewertung mit 50 erforderliche machte, ist, wie ausführlich begründet, nicht mehr gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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