S 13 KR 249/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 249/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 316/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Übernahme der Kosten für einen Hubschraubertransport in Höhe von 19.632,50 EUR.

Der 0000 geborene Kläger, Diplom-Bauingenieur, war zuletzt auch als Dolmetscher, Übersetzer und Sozialarbeiter tätig. Er leidet an fortgeschrittenem Morbus Bechterew. 1972 wurde ihm eine Hüft-Totalendoprothese (TEP) rechts, 1976 eine Hüft-TEP links eingesetzt, jeweils in der LVR-Klinik für Orthopädie in Viersen. Im September 1990, im Februar 1991 und im Dezember 2007 unterzog sich der Kläger Hüft-TEP-Revisionsoperationen jeweils in der HELIOS ENDO-Klinik in Hamburg.

Am 22.01.2014 (Mittwoch) erlitt der Kläger einen Bruch des linken Oberschenkelknochenschaftes und der linken Hüftprothese. Nachdem er sich unter starken Schmerzen noch zwei Tage zuhause aufgehalten hatte, wurde er am Abend des 24.01.2014 (Freitag) notfallmäßig mit Rettungstransportwagen in das Krankenhaus Düren eingeliefert. Am Morgen des 25.01.2014 (Samstag) äußerten der Kläger und seine beiden Söhne die Verlegung in die HELIOS ENDO-Klinik in Hamburg zur dortigen Operation im Hinblick auf die seinerzeit durchgeführten Vorbehandlungen. Nach Aufklärung durch die Ärzte des Krankenhaus Düren, dass die Operation nach ihrer Einschätzung auch in Düren erfolgen könne, da man dort auf "solche großen Endoprothesen-Revisionseingriffe spezialisiert" sei (Stellungnahme des Krankenhaus Düren vom 30.06.2014), dass mit einem Transport ein hohes Risiko verbunden seien und dass lebensbedrohliche Komplikationen möglich seien, bestanden der Kläger und seine Söhne gleichwohl auf einer Verlegung; die Söhne unterschrieben eine Erklärung hinsichtlich der Übernahme der Transportkosten mittels Hubschrauber. Eine Verordnung über Krankenbeförderung (Transportschein) wurde seitens der Ärzte des Krankenhaus Düren nicht ausgestellt.

Am 25.01.2014 wurde der Kläger mit einem Hubschrauber von Düren nach Hamburg und von der dortigen Landestelle mittels Rettungstransportwagen in die HELIOS ENDO-Klinik transportiert. Für den Hubschraubertransport stellte die ADAC Luftrettung gGmbH am 31.01.2014 dem Kläger 19.632,50 EUR in Rechnung; diese Forderung ist (noch) nicht beglichen. Die Stadt Hamburg stellte dem Kläger mit Gebührenbescheid vom 04.02.2014 für den Transport in Hamburg 335,00 EUR in Rechnung. Der Kläger reichte die Rechnungen mit Stellungnahme des Krankenhauses Düren und der HELIOS ENDO-Klinik zur Abrechnung bei der Beklagten ein.

Die Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten des Transportes vom Krankenhaus Düren zur HELIOS ENDO-Klinik in Hamburg durch Bescheid vom 11.03.2014 ab mit der Begründung, es habe sich bei der Klinik in Hamburg nicht um die nächsterreichbare geeignete Behandlungsstätte gehandelt; die Verlegung sei nicht ärztlich angeordnet worden, sondern auf eigenen Wunsch erfolgt.

Dagegen erhob der Kläger am 26.03.2014 Widerspruch. Er legte eine Bescheinigung des Chefarztes der chirurgischen Orthopädie der HELIOS-ENDO-Klinik, Dr. Q., vom 19.03.2014 vor. Darin heißt es: "Die operative Versorgung der Fraktur mit gleichzeitigem Austausch der gebrochenen zementierten Langschaftendoprothese musste aufgrund der Komplexität des Falles zwingend in einer Spezialklinik erfolgen. Nur in einer solchen Einrichtung, in der endoprothetische Revisionseingriffe besonderer Schwierigkeitsgrade zum Standard gehören, ist es möglich, Operationen dieser Art mit adäquat geringem Operationsrisiko zu bewältigen. Das Krankenhaus Düren erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Die Verlegung in ein für diesen Eingriff geeignetes Krankenhaus war daher aus meiner Sicht zweifelsfrei erforderlich." Der Kläger behauptete, die Unterschriften seiner Söhne bezüglich der Kosten seien unter der Zwangslage im Vorfeld des Hubschraubertransportes erfolgt; die Ärzte des Krankenhauses Düren hätten ihn auf jeden Fall dort operieren wollen, und zwar unter Hinzuziehung eines pensionierten Arztes; dieser Entschlossenheit der Ärzte habe man nur durch die Verpflichtung einer Kostenübernahme bezüglich des Hubschraubertransportes entkommen können. Der Kläger hält die Einschätzung des Krankenhauses Düren, den bei ihm notwendigen Eingriff durchführen zu können und darauf spezialisiert zu sein, für "Imponiergehabe" und "Selbstüberschätzung"; das dortige Endoprothesenzentrum sei im Januar 2013 gegründet und seit Juni 2014 zertifiziert.

Die Beklagte holte zunächst eine Stellungnahme des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein; Dr. P. führte in seiner Stellungnahme vom 22.04.2014 aus, dass sicherlich die nächstgelegene Uniklinik Köln eine Revisionsprothese wechseln könne; im vorliegenden Fall sei jedoch aufgrund der Anbindung des Patienten die Betreuung in der HELIOS ENDO-Klinik vollkommen nachvollziehbar gewesen. Daraufhin holte die Beklagte eine Stellungnahme des Krankenhauses Düren vom 30.06.2014 ein, die sodann dem MDK zur erneuten Stellungnahme vorgelegt wurde. Dieser kam am 18.07.2014 zum Ergebnis, es habe keine zwingende medizinische Indikation zur Verlegung nach Hamburg bestanden, weil die Behandlung auch in der aufnehmenden Klinik hätte durchgeführt werden können.

Gestützt hierauf wie die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 17.09.2014 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 03.10.2014 Klage auf Übernahme der Kosten des Hubschraubertransportes erhoben. Er behauptet, entgegen der Darstellung der Beklagten habe es sich bei dem Krankenhaus Düren nicht um die nächsterreichbare und geeignete Behandlungsstätte gehandelt; dieses Krankenhaus wäre mit der erforderlichen Revisionsoperation "objektiv überfordert" gewesen. Während es sich bei der HELIOS ENDO-Klinik um eine Spezialklinik mit jahrzehntelanger Implantationserfahrung handele, die zuletzt im Jahre 2013 ca. 5.400 Implantationen durchgeführt habe, seien im Krankenhaus Düren im Jahre 2012 lediglich 55 entsprechende Eingriffe durchgeführt worden; zudem sei das Krankenhaus Düren erst Mitte 2014 als Endoprothesenzentrum anerkannt worden. Auch wenn die Unikliniken Köln oder Aachen grundsätzlich zu einer noch angemessenen Versorgung in der Lage gewesen wären, hätten alle Unterlagen der zuvor durchgeführten Versorgungen in Hamburg gelegen. Der Kläger behauptet weiter, dass die von der HELIOS ENDO-Klinik Hamburg durchgeführte Behandlung weder durch das Krankenhaus Düren noch durch die Unikliniken Köln oder Aachen hätten erfolgen können; er hat dies unter Beweis gestellt durch Einholung eines Gutachtens von dem Chefarzt der Orthopädie der HELIOS ENDO-Klinik.

Daraufhin hat das Gericht auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von Dr. Q. eingeholt. Wegen der Beweisfragen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Beweisanordnung vom 12.01.2015 und das Gutachten vom 23.03.2015 verwiesen. Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.03.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2014 zu verurteilen, ihn von der Forderung der ADAC-Luftrettung gGmbH gemäß Rechnung vom 31.01.2014 in Höhe von 19.632,50 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Transport mit dem Rettungshubschrauber von Düren nach Hamburg sei nicht aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig gewesen, da die notwendige Behandlung auch im Krankenhaus Düren hätte erfolgen können. Dieses Krankenhaus verfüge in seiner chirurgischen Klinik über ein zertifiziertes Endoprothesenzentrum der Maximalversorgung und damit sowohl über die technischen als auch die personellen, fachlichen, qualitativen und logistischen Möglichkeiten, um einen Behandlungserfolg beim Kläger sicherzustellen. Dass das Krankenhaus fachlich nicht in der Lage gewesen sei, die notwendige Revisionsoperation beim Kläger durchzuführen, sei nicht bewiesen. Die Verlegung sei auf eigenen Wunsch des Klägers erfolgt mit dem Argument, er sei bereits dort operiert worden und habe zu dieser Klinik ein Vertrauensverhältnis aufgebaut. Einem Anspruch auf Übernahme der Hubschraubertransportkosten stehe entgegen, dass es sich bei der HELIOS ENDO-Klinik nicht um die nächsterreichbare Behandlungsstätte gehandelt habe und es im Übrigen auch an der notwendigen ärztlichen Verordnung für den Transport mangele. Es sei nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), ihren Versicherten die zur Bewältigung jedweder Entfernung notwendige Transportleistung zu finanzieren, um in den Genuss der subjektiv bestmöglichen medizinischen Behandlung zu kommen. Zwar sei aus Patientensicht der Wunsch nach Optimalversorgung nachvollziehbar und die HELIOS ENDO-Klinik ohne Zweifel hochspezialisiert, jedoch habe auch das Krankenhaus Düren oder eine andere nähergelegene Klinik die Operation "lege artis" durchführen können; die HELIOS ENDO-Klinik habe kein Alleinstellungsmerkmal in der Qualität der Versorgung. Ausweislich der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie stünden den Patienten in Deutschland 332 zertifizierte Endoprothetikzentren sowie Endoprothetikzentren der Maximalversorgung zur Verfügung (www.endocert.de).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGB beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Freistellung von der Forderung der ADAC Luftrettung gGmbH in Höhe von 19.632,50 EUR für den Hubschraubertransport am 25.01.2014 von Düren nach Hamburg.

Als Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Kosten des Hubschraubertransportes, der für den Fall, dass der Versicherte die Kosten noch nicht getragen hat, ein Anspruch auf Freistellung von der Forderung des Leistungserbringers gleichgestellt ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.09.2014 – B 1 KR 11/13 R), kommt allein § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Betracht. Der Krankentransport stellt nach § 60 SGB V grundsätzlich eine Naturalleistung dar. Dass bei bestimmten in § 60 Abs. 3 SGB V genannten Verkehrsmitteln mangels vertraglicher Beziehungen keine unmittelbare Abrechnung der Krankenkassen mit dem Leistungserbringer in Betracht kommt, rechtfertigt nicht den Schluss, der Naturalleistungsgrundsatz sei bei Krankenfahrten generell außer Kraft gesetzt (BSG, Urteil vom 02.11.2007 – B 1 KR 11/07 R – m.w.N.). Ein Naturalleistungsanspruch nach § 60 SGB V kam für den Kläger jedoch von Anfang an nicht in Frage, denn der Hubschraubertransport am 25.01.2014 war schon durchgeführt worden, als die Beklagte mit der Angelegenheit befasst wurde.

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative SGB V ist eine Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei dem Transport um eine unaufschiebbare Leistung handelte. Möglicherweise hätte der Kläger noch am Freitagabend oder am Samstagmorgen die Beklagte zur Abklärung von Operationsmöglichkeiten, wenn nicht im Krankenhaus Düren, dann in einer nahe gelegenen Klinik, z.B. den Unikliniken Köln oder Aachen, einschalten können. Die Voraussetzung des § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative SGB V sind aber jedenfalls deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger von der Beklagten den Hubschraubertransport von Düren nach Hamburg nicht als Naturalleistung beanspruchen konnte.

Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung – hier: Transport des Klägers von Düren nach Hamburg – zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 12.11.2007 – B 1 KR 11/07 R – m.w.N.). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Beklagte musste dem Kläger nicht den Hubschraubertransport zur Verlegung vom Krankenhaus Düren in die HELIOS ENDO-Klinik in Hamburg gewähren, weil der Transport nicht aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig war. Die notwendige stationäre Krankenhausbehandlung hätte – davon ist die Kammer aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme überzeugt – auch im Krankenhaus Düren oder den Unikliniken Köln oder Aachen durchgeführt werden können.

Versicherte haben grundsätzlich nur Anspruch auf Behandlung in zugelassenen und damit planungskonformen Krankenhäusern (§ 29 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Über ihre Leistungen und die Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region informiert das Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte (§ 39 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, dass Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlungen beachten. Dementsprechend bestimmt § 73 Abs. 4 Satz 3 und 4 SGB V, dass in der (vertragsärztlichen) Verordnung von Krankenhausbehandlung in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben sind. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 SGB V ist zur berücksichtigen. Während § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V den Grundsatz der freien Arztwahl unter den für die vertragsärztliche Versorgung zugelassenen oder gleichgestellten Leistungserbringern statuiert, gibt es eine entsprechende ausdrückliche Regelung für den Krankenhausbereich nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Regelungen der §§ 39 Abs. 2 und 76 Abs. 2 SGB V zur Tragung von Mehrkosten durch Versicherte, wenn sie nicht den nächsterreichbaren, sondern einen entfernteren Leistungserbringer in Anspruch nehmen. Diese Vorschrift reduzieren vielmehr die Möglichkeit, Fahrkosten zu weiter entfernt liegenden Leistungserbringern zu beanspruchen (BSG, Urteil vom 02.11.2007 – B 1 KR 11 /07 R).

An diese Regelungskonzeption knüpft § 60 SGB V für die Gewährung von Fahrkosten an und führt sie fort. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V übernehmen die Krankenkassen (als Naturalleistung) die Kosten für Fahrten, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkassen notwendig sind. Dies gilt auch für die Kosten eines Transports per Hubschrauber, denn welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB V nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall. Entscheidend für den Leistungsanspruch ist allein die medizinische Notwendigkeit des Transports. Für die Verlegung von einem Krankenhaus in ein anderes Krankenhaus bestimmt § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V, dass die notwendigen Kosten nur übernommen werden, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist. Die Fahrkostenübernahme nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V setzt somit voraus, dass die "erforderliche Krankenhausbehandlung" (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V) nicht am Ausgangspunkt, sondern nur am Zielort der Verlegung verfügbar war (vgl. BSG, a.a.O.), im Fall des Klägers also gerade nur in Hamburg, nicht aber in Düren. Dies war hier nicht der Fall, sodass auch der Hubschraubertransport nicht aus medizinischen Gründen erforderlich war. Denn begehrt ein in ein Krankenhaus aufgenommener Versicherter die Verlegung in ein anderes Krankenhaus, obwohl er im Aufnahmekrankenhaus die "erforderliche Krankenhausbehandlung" (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V) erhalten kann, hat seine Krankenkasse die Fahrkosten für die Verlegung nicht zu tragen (BSG a.a.O.).

Der Kläger hätte auch im Krankenhaus Düren, in dem er am 24.01.2014 aufgenommen worden war, nach den Regeln der ärztlichen Kunst ("lege artis") operiert werden können. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der Stellungnahme des Chefarztes der chirurgischen Klinik I des Krankenhaus Düren, Dr. C., vom 30.06.2014. Danach fand am 24.01.2014 eine Röntgenuntersuchung der linken Hüfte und des linken Oberschenkels statt; diese Untersuchungen ergaben einen Bruch des linken Femurs an der proximalen ¼-Grenze mit Bruch des Hüft-Prothesenschafts bei einliegender Langschaft-Wechselprothese links; es zeigte sich ein Achsknick von ca. 50&61616;. Der Chefarzt der chirurgischen Klinik des Krankenhauses Düren stellte dem Kläger in Anwesenheit seiner leitenden Oberärztin dar, dass die nunmehr notwendige Operation im Krankenhaus Düren durchgeführt werden könne und dass diese Klinik für solchen großen Endoprothesen-Revisionseingriffe spezialisiert sei. Dr. Q. hat im Gutachten vom 23.03.2015 bestätigt, dass die Ärzte des Krankenhauses Düren die Versorgung der Fraktur "lege artis" hätten durchführen können. Soweit er davon ausgeht, dass die Dürener Ärzte "in Ermangelung entsprechenden Spezialinstrumentariums nicht in der Lage gewesen wären, die Schaftendoprothese knochensubstanzschonend" zu entfernen, handelt es sich um eine bloße Vermutung, die durch nichts bewiesen ist. Ausweislich der Liste der zertifizierten Kliniken, die von EndoCert, einer Initiative der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, erstellt worden ist, handelt es sich beim Krankenhaus Düren um ein seit Juni 2014 zertifiziertes Endoprothetikzentrum der Maximalversorgung. Dieselbe Zertifizierung haben seit Oktober 2012 das Universitätsklinikum Aachen und seit Juni 2013 die Uniklinik Köln. Die HELIOS ENDO-Klinik Hamburg ist in dieser EndoCert-Liste zertifizierter Kliniken nicht aufgeführt. Die Behauptung von Dr. Q. im Gutachten vom 23.03.2015, dass mit Ausnahme der HELIOS ENDO-Klinik keine der weiteren neun in der Beweisanordnung aufgeführten Kliniken eine besondere Expertise in der Revisionschirurgie des Hüftgelenkes habe, entbehrt jeglichen Nachweises. Allein die genannten Fallzahlen besagen nichts über die Qualität der Versorgung. So ergibt sich beispielsweise aus der vom Sachverständigen zitierten so genannten "Weißen Liste" zwar eine Weiterempfehlungsrate für das Krankenhaus Düren 79 % gegenüber 93 % für die HELIOS ENDO-Klinik; jedoch erfüllt das Krankenhaus Düren nach dieser Liste bei dem Behandlungsanlass "erneute Operation, Wechsel bzw. Entfernung eines künstlichen Hüftgelenks" alle Kriterien für den Bereich der gesetzlichen Qualitätssicherung, während die HELIOS ENDO-Klinik nur fünf von sechs Kriterien erfüllt. Der Sachverständige Dr. Q. hat eingeräumt, dass die HELIOS ENDO-Klinik nicht die einzige Klinik war, die die Versorgung des im Januar 2014 eingetretenen Bruchs der Schaftendoprothese des Klägers "lege artis" durchführen konnte. Für seine weitere Annahme, dass die HELIOS ENDO-Klinik mit hoher Wahrscheinlichkeit die einzige Klinik in Deutschland war, der es gelingen konnte, den Schaft ohne weitere Schwächung der distalen Verankerung zu vollziehen, fehlt jeglicher Nachweis. Da das Krankenhaus Düren wie eine Vielzahl nahegelegener Kliniken ein zertifiziertes Endoprothesenzentrum der Maximalversorgung ist, waren dessen Krankenhausärzte – davon ist die Kammer überzeugt – auch in der Lage, die seinerzeit erforderliche Krankenhausbehandlung durchzuführen. Der Kläger war nicht gehindert, seinem Wunsch entsprechend die Operation im Krankenhaus seines Vertrauens, nämlich der HELIOS ENDO-Klinik durchführen zu lassen. Die Krankenkasse hat offenbar auch die dort angefallenen Krankenhausbehandlungskosten übernommen. Jedoch begründet dieses Wunsch- und Wahlrecht keinen Anspruch auf Übernahme nicht erforderlicher Mehrkosten, hier insbesondere der Hubschraubertransportkosten in Höhe von 19.632,50 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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