Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 12 SB 153/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte 2008 erstmalig einen Antrag auf Feststellung eines GdB. Hierbei gab er an, er leide unter einer rezidivierenden depressiven Störung, einer Agoraphobie mit Panikstörung, einer akuten Belastungsreaktion, einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit, einer sekundären bilateralen Gonarthrose und einer benignen Prostatahyperplasie.
Mit Bescheid vom 04.02.2009 stellte der Beklagte bei dem Kläger aufgrund einer psychischen Beeinträchtigung einen GdB von 30 fest. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb - nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens der Frau Dr. I durch den Beklagten – erfolglos. In dem daraufhin vor dem Sozialgericht B geführten Klageverfahren (S 17 SB 244/09) erging am 22.02.2011 zunächst ein für den Kläger günstiges Urteil, in dem der GdB mit 50 festgestellt wurde. Auf die durch den Beklagten eingelegte Berufung hin verglichen sich die Beteiligten, nach Einholung eines weiteren Gutachtens, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht M am 06.03.2013 auf die Feststellung eines GdB von 40 ab Antragstellung. Unter dem 14.03.2013 erging der entsprechende Umsetzungsbescheid.
Am 22.07.2013 stellte der Kläger einen Änderungsantrag. Zur Begründung gab er an, er leide unter einem chronischen Schmerzsyndrom, Schlafstörungen, einer postsomatischen Belastungsstörung und einer komplexen Depression. Der Beklagte holte Befundberichte des behandelnden Psychiaters T des Allgemeinmediziners Dr. Q sowie des Urologen Dr. Q1 ein und wertete zusammen mit einem für die BG ETEM erstellten psychosomatisch- psychotraumatologischen Gutachten des Priv.-Doz. Dr. G aus Mai 2012 sowie radiologischen Arztberichten aus den Jahren 2007, 2008 und 2013 durch seinen ärztlichen Dienst aus.
Der ärztliche Dienst des Beklagten kam zu der Einschätzung, für die psychische Beeinträchtigung sei weiterhin einen GdB von 40 in Ansatz zu bringen. Bestehende Fraktionsstörungen der Wirbelsäule, der unteren Gliedmaße und der Harn- und Geschlechtsorgane bedingten allesamt einen GdB von jeweils 10, so dass insgesamt weiterhin von einem GdB von 40 auszugehen sei.
Mit Bescheid vom 16.10.2013 lehnte der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB ab.
Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, am 23.10.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien beim Kläger mit einem GdB von 40 nicht hinreichend berücksichtigt.
Nach erneuter Stellungnahme des ärztlichen Dienstes wies die Bezirksregierung N mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der am 20.02.2014 erhobenen Klage. Zu deren Begründung führte er aus, die bei ihm vorliegenden Beschwerden hatten sich seit 2013 weiter verschlechtert.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Rehabilitationswesen Dr. E, sowie - auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - eines Gutachtens seines behandelnden Arztes, des Facharztes für Psychiatrie T. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, zu den Gutachten schriftlich Stellung zu nehmen. Auf Aufforderung des Gerichts hat der Gutachter Dr. E zum Gutachten des Kollegen T im Februar 2015 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.
Der Kläger hat schließlich ein für die BG ETEM im September 2014 erstelltes neurologisches Gutachten des Chefarztes der neurologischen Klinik der Klinikum P GmbH Prof. Dr. C zu den Akten gereicht.
Der Kläger hat, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, im Termin zur mündlichen Verhandlung am eine 21.04.2015 beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 21.01.2014 zu verurteilen, den GdB des Klägers mit 50 zu bewerten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und nimmt überdies Bezug auf die Ausführungen seines ärztlichen Beraters im Gerichtsverfahren
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Verfahrensakte SG Aachen S 17 SB 244/09 sowie die Gerichtsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu.
Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen.
Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei dem Kläger vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 40 rechtfertigen.
Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unter
1. einer anderen andauernden Persönlichkeitsänderung nach Verlust- und Kränkungserlebnis 2. einer atypischen Depression 3. Tinnitus aurium 4. Gonarthrose 5. Z.n. Prostatektomie 6. Funktionsstörung der Wirbelsäule
Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie der Gutachten des Dr. E, des Herrn T und des Prof. Dr. C fest.
Soweit der Gutachter T abweichend von den oben genannten Ziffern 1 und 2 eine erneute schwere depressive Episode im Rahmen einer chronifizierten depressiven Entwicklung auf eine extreme psychische Traumatisierung (F 33.2 G), eine Agoraphobie mit Panikstörung (F 40.01 G) und eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F 62.1 G) diagnostiziert, ist dies nicht überzeugend. Zum einen entspricht die ICD 10-Kodierung schon teilweise nicht den Vorgaben. Die vom Gutachter T genannte "andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" ist nach ICD 10 nicht – wie vom Gutachter vorgenommen nach F 62.1 sondern nach F 62.0 zu kodieren. F 62.1 meint demgegenüber "Andauernde Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit". Welche Diagnose der Gutachter nun meint, bleibt offen – eines der zahlreichen Ungenauigkeiten und Fehler in dem Gutachten des Herrn T.
In den Befundberichten im Verwaltungsverfahren hatte der Gutachter T die Diagnose F 62.1 noch zutreffend bezeichnet. Dr. E weist zu Recht darauf hin, dass jedenfalls die Voraussetzungen für die Annahme von F 62.0 nicht vorliegen. Für diese gilt nach ICD 10 Folgendes:
"Eine andauernde, wenigstens über zwei Jahre bestehende Persönlichkeitsänderung kann einer Belastung katastrophalen Ausmaßes folgen. Die Belastung muss extrem sein, dass die Vulnerabilität der betreffenden Person als Erklärung für die tief greifende Auswirkung auf die Persönlichkeit nicht in Erwägung gezogen werden muss. Die Störung ist durch eine feindliche oder misstrauische Haltung gegenüber der Welt, durch sozialen Rückzug, Gefühle der Leere oder Hoffnungslosigkeit, ein chronisches Gefühl der Anspannung wie bei ständigem Bedrohtsein und Entfremdungsgefühl, gekennzeichnet. Eine posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) kann dieser Form der Persönlichkeitsänderung vorausgegangen sein. Persönlichkeitsänderungen nach: andauerndem Ausgesetztsein lebensbedrohlicher Situationen, etwa als Opfer von Terrorismus andauernder Gefangenschaft mit unmittelbarer Todesgefahr Folter Katastrophen Konzentrationslagererfahrungen"
Die für die Annahme dieser Diagnosen erforderlichen Extrembelastungen liegen beim Kläger auch nach Auffassung der Kammer nicht vor. Hierauf hatte auch Priv.-Doz. Dr. G in seinem Gutachten aus 2012 (Seite 21 f.) zutreffend hingewiesen.
Auch sind zur Überzeugung der Kammer die diagnostischen Leitlinien für die Annahme von F 62.1 nicht erfüllt. Der Kläger sieht sich nach Auffassung der Kammer, die insoweit der überzeugenden Argumentation des Dr. E folgt, sich nicht etwa durch eine vorangegangene Krankheit stigmatisiert sondern leidet unter den Folgen eine Kündigung und den damit verbundenen Konsequenzen.
Nach Auffassung der Kammer ist es im Ergebnis für die Frage des GdB freilich unerheblich, worauf die anhaltende Persönlichkeitsänderung beruht, maßgeblich sind letztlich ihre Auswirkungen (dazu unten). Nach Auffassung der Kammer sind in dem Gutachten des Herrn T auch die Voraussetzungen für die Annahme einer schweren Depressiven Episode nicht hinreichend objektiviert. Das Gleiche gilt für die benannte Agoraphobie mit Panikstörung (auch dazu unten).
Insgesamt steht das Gutachten des Herrn T – dies ist für die Kammer offensichtlich – nicht auf dem Boden der Versorgungsmedizinischen Grundsätze und ist – was die sozialmedizinische Bewertung angeht – damit weitgehend unbrauchbar. Insoweit verweist die Kammer darauf, dass Herr T die Bewertung des GdB für das Funktionssystem Psyche auf einzelne Diagnosen aufspaltet, diese allesamt mit einem Einzel-GdB von 50 bewertet und auch den GdB für die Psyche nach Teil B Ziffer 3.7 mit 50 bewertet. Unabhängig davon, dass dieses Vorgehen auf der Grundlage der Versorgungmedizinischen Verordnung nach Auffassung der Kammer schon methodisch nicht überzeugt, findet sich auch keine überzeugende Begründung für die in Ansatz gebrachten Werte.
Die Kammer vermisst in dem Gutachten des Herrn T auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem vom Kläger geschilderten Leistungsvortrag. Dies mag für die sachgerechte Behandlung des Klägers geboten sein für die ordnungsgemäße Erstellung eines Gutachtens ist es indes erforderlich, zu versuchen, die subjektiven Angaben des Probanden zu objektivieren und kritisch zu hinterfragen (vgl. dazu allgemein Schneider/Frister/Olzen, Begutachtung psychischer Störungen, 3. Aufl. 2015, S. 2 ff.; Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 5. Aufl. 2009, S. 27 f; Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl., 2011, S 63).
Auch überzeugt schon der Ansatzpunkt des Gutachters nicht. Herr T führt in einer an das Gericht gerichteten Einleitung aus, er habe auf eine erneute umfassende Anamneseerhebung verzichtet, da ihm die vom Kläger berichteten Umstände hinreichend bekannt seien. Er werde nur auf die aus seiner Sicht maßgeblichen Unterschiede zu anderen Gutachten eingehen. Damit entzieht sich das Gutachten schon einer objektiven Überprüfbarkeit, da für das Gericht nicht im Ansatz nachvollziehbar ist, was konkret der Gutachter seinen Feststellungen zugrunde legt. Ein solches Vorgehen ist nicht lege artis.
Schließlich ist das Gutachten in seinem Aufbau nicht stringent, es werden klar zu trennende Aspekte (Anamnese und Befunde) vermischt und es sind zahlreiche Ungereimtheiten und Ungenauigkeiten enthalten (dazu im Einzelnen unten).
1. Für das Funktionssystem der Psyche ist gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 40 in Ansatz zu bringen.
Der Kläger leidet im Wesentlichen unter einer andauernden Persönlichkeitsänderung sowie unter Einschränkungen entsprechend einem mittelgradig depressiven Störungsbild, wobei bereits seit längerem stärker behindernde Störungen mit wesentliche Einschränkungen der Erlebnis und Gestaltungsfähigkeit objektiviert sind. Im Rahmen der Untersuchung bei Dr. E erschien der Kläger zeitlich, örtlich zur Personen zu Situation ausreichend orientiert. Hinweise für eine Störung der Wahrnehmung oder der Aufmerksamkeit fanden sich nicht. Der Gedankengang war formal geordnet und inhaltlich unauffällig. Ebenso zeigten sich im klinischen Bild keine Hinweise für Störungen der Konzentrationsfähigkeit. Der Kläger war in der Lage, dem Gespräch zu folgen. Er verlor nicht den roten Faden. Auch in Bezug auf Merkfähigkeit und Gedächtnis ergaben sich in der Untersuchung keine Hinweise für Einschränkungen. Das psychomotorische Ausdrucksverhalten erschien vermindert. Die Stimmung des Klägers war deprimiert, bedrückt, niederschlagen, nicht ratsuchend. Es fand sich kein im Tagesablauf nachvollziehbarer Interessenverlust. Es zeigte sich eine Freudlosigkeit. Die emotionale Ausdrucks und Schwingungsfähigkeit war leicht eingeengt. Es bestanden Insuffizienzgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit. Schuld- oder Verarmungsgefühle konnten nicht eruiert werden. Der Antrieb war arm, aber nicht typisch gehemmt mit vorzeitiger Ermüdbarkeit.
Der Gutachter nahm verschiedene testpsychologische Untersuchungen vor. Im Rahmen der Montgomery-Asberg-Depressionsskala, erreichte der Kläger 26 von 60 möglichen Punkten, was in der Fremdbeurteilung einer mittelgradigen Depression entsprach. In der mittels Beck-Depressions-Inventar (BDI) erhobenen Selbstbeurteilung erreichte der Kläger 51 von 63 möglichen Punkten, was einer schwer ausgeprägten Depressivität entspricht. Hier zeigte sich somit eine erhebliche Diskrepanz zwischen Fremd- und Selbstbeurteilung. Darüber hinaus führte der Gutachter den Mehrfachwahl-Wortschatz-Test-B durch, der zur Messung des allgemeinen Intelligenzniveaus, erstellt wurde. Hierbei reichte der Kläger 16 von 37 möglichen Punkten. Danach bestünde beim Kläger eine niedrige prämorbide kristalline Intelligenz (IQ 83). Dieses Testergebnis entspricht nach Auffassung des Gutachters Dr. E nicht dem Wert, der nach erreicht dem Schul und Bildungsniveau zu erwarten wäre. So hatte der Kläger im Rahmen der biografischen Anamnese angegeben, er habe das kaufmännische Abitur abgelegt. Im Anschluss sei er zum Großhandelskaufmann ausgebildet worden. Später habe er an der Fachhochschule Elektrotechnik und Produktionstechnik studiert und das Studium mit einem Ingenieurexamen abgeschlossen. Im Anschluss habe er bis zu seiner Kündigung eine leitende Arbeitsstelle innegehabt.
Der Kläger gab gegenüber dem Gutachter Dr. E im Übrigen an, er habe Panik und könne nicht unter Menschen gehen. Diese Panik habe er auch im Wartezimmer. Auf die Frage, ob er schon mal probiert habe unter Menschen zu gehen, habe er ausgeführt, dass dies weder wolle noch möge. Er habe kein Vertrauen. Lediglich seiner Familie und dem behandelnden Psychiater T vertraue er. Letzterer vermittele ihm den Glauben, dass es besser gehen könne. Er fühle sich durch die ganzen gutachterlichen Untersuchungen schlecht. Er habe nicht viel Lust und Interesse. Er habe durch die Kündigung enorme finanzielle Probleme und Schwierigkeiten erlitten. Er sei in den vergangenen Jahren nicht zu Schwankungen in seinem Befinden gekommen. Er fühle sich immer gleich schlecht. Er habe auch Selbstmordgedanken und wolle alles hinter sich lassen.
Die vom Kläger insoweit gemachten Angaben wurden vom Gutachter Dr. E kritisch hinterfragt. Hierzu bestand nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund einiger Ungereimtheiten auch durchaus Anlass. So gab der Kläger gegen über dem Gutachter Dr. E im Rahmen der Befragung zur aktuellen Behandlungssituation an, er nehme täglich 60 mg Citalopram ein. Auch am Untersuchung Tag und am Tag zuvor habe er das Medikament eingenommen. Nachdem dem Kläger zur Durchführung einer laborchemischen Untersuchung zum Nachweis des Präparats Citalopram im Blutserum Blut abgenommen worden war, erklärte der Kläger, er habe das Präparat auf Anraten seines HNO Arztes aufgrund seines Ohrengeräuschs seit vier Wochen nicht eingenommen. Letztere Begründung erschien dem Gutachter nach Rücksprache mit dem behandelnden HNO Arzt und der Tatsache einer bereits abgeschlossenen Infusionstherapie nicht plausibel. Der Kläger muss sich auch nach Auffassung der Kammer insoweit fragen lassen, aus welchem Grund er die Tatsache, dass er das Psychopharmakon bereits seit Wochen nicht eingenommen hat, dem Gutachter zunächst nicht mitgeteilt hat, sondern es erst einräumt, nachdem das Fehlen drohte durch objektive Verfahren offenkundig zu werden.
Auch das Ergebnis des - mitarbeitsabhängigen - Mehrfachwahl-Wortschatz-Test-B war im Hinblick auf das erreichte Schul- und Bildungsniveau nicht schlüssig. Schließlich stand das Ausmaß der vom Kläger geschilderten Beschwerden Nichtübereinstimmung mit einer entsprechenden Inanspruchnahme therapeutischer Hilfe.
Vor diesem Hintergrund geht die Kammer, mit dem Gutachter Dr. E, davon aus, dass die vom Kläger beklagten Beschwerden, körperlichen und seelischen Symptome und Einschränkungen in der Erlebnisgestaltungsfähigkeit, nicht vollständig in dem von ihm beklagten Ausmaß vorlagen, dass vielmehr hier von einer Aggravation auszugehen ist. Ob es sich bei der Aggravation um eine bewusstseinsnahe oder bewusstseinsferne – und damit ihrerseits pathologische – handelt, ist freilich offen (vgl. dazu Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, S. 66; zu den Schwierigkeiten der Abgrenzung vgl. Hausotter, Neurologische Begutachtung, 2006, S 158). Nach Auffassung der Kammer sprechen jedoch durchaus Aspekte für das Vorliegen bewusstseinsnaher Komponenten, insbesondere vor dem Hintergrund des vom Kläger in den verschiedenen Begutachtungssituation – nachvollziehbar – dargelegten, auch klaren finanziellen Interesses, an der Feststellung eines GdB von 50.
In diesem Zusammenhang hat der Kammervorsitzende bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass ihm in der Vorbereitung aufgefallen war, dass seit 2015 ein Herr T den Posten des Trainers der 1. Handball-Damenmannschaft des T SV übernommen hat (vgl. http://www.n.de/forum/mrh/hbl/mhm/view/teams.php?Liga=59&Team=766;http://www.stolberger-sv.de/data/index.php?option=com content&task=view&id=1663&Itemid=2.). Ob es sich hierbei um den Kläger handelt konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit der Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht geklärt werden. Frappierend ist aber die Namensgleichheit, die räumliche Nähe zum Wohnort des Klägers sowie die Tatsache, dass es sich um eine Handballmannschaft handelt, da der Kläger nach eigenen Angaben früher profimäßig selbst Handball gespielt hat. Sollte es sich hierbei tatsächlich um den Kläger handeln, dürfte wohl von einer weiteren erheblichen Verbesserung des gesundheitlichen Zustands auszugehen sein. Vor dem Hintergrund, dass dies jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung sich nicht letztlich verifizieren ließ, ist dies für die vorliegende Entscheidung freilich ohne Bedeutung.
Auf der Grundlage des Gutachtens des Dr. E und auch der Feststellungen in den Gutachten des Dr. G ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger in der Lage ist, sich selbst zu versorgen. Er war auch in seiner Kontaktfähigkeit gegenüber dem Gutachter nicht beeinträchtigt. Dass er für sich oder andere gefährlichen Dinge unternimmt, ist nicht objektiviert. Er kann auch familiäre Kontakte aufrecht erhalten. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit Probleme mit seiner Ehefrau, basierend auf einem von ihm geschilderten Alkoholabusus, gehabt hat, so ist das Verhältnis offensichtlich derzeit nicht zerrüttet. Jedenfalls hat sie den Kläger zum Termin bei Dr. E begleitet. Zum Termin bei Herrn T am 01.12.2014 war seine Tochter dabei. Der Kläger schilderte nachvollziehbar Einschränkungen in Teilbereichen des Lernens und der Wissensanwendung sowie der Übernahme von Aufgaben und Anforderungen (vgl. zu Letzterem freilich oben). Es sind aber – auch unter Berücksichtigung der weitmaschigen fachärztlichen Behandlung - schwere Störungen im Sinne mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten beim Kläger keinesfalls gegeben. Vielmehr ist der Bewertungsspielraum von 30-40 eröffnet. Ihr ist nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung auch der in der Vergangenheit eingeholten Gutachten sowie letztlich auch den Feststellungen des Prof. Dr. C, ein GdB von 40 weiterhin angemessen. Soweit der Gutachter T hier einen höheren GdB in Ansatz bringt, kann dies nicht überzeugen. Das Gutachten leidet insgesamt – wie oben bereits dargelegt – an erheblichen Mängeln. Es liest sich – insbesondere im ersten Teil - insgesamt mehr als Apologie des Behandlers als lege artis erstelltes Gutachten. Insbesondere fällt auf, dass Herr T über weite Teile des Gutachtens kaum eine klare aktuelle Beschreibung der seiner Ansicht nach vorliegenden Beeinträchtigungen liefert, sondern sich auf alte Untersuchungen und Gutachten bezieht. Im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung gibt der Gutachter an, der Kläger habe im Mehrfachwahl-Wortschatz-Test-B einen Wert erreicht, der einer normalen geistig-intellektuellen Leistungsfähigkeit entsprechen. Leider gibt der Gutachter hierbei den konkret ermittelten Wert nicht an, was insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Ergebnis dieses Tests bei Dr. E einen auffällig niedrigen Wert ergeben hatte und der Gutachter T in anderen Testungen die Werte jeweils angegeben hat, verwundert. Hinsichtlich der übrigen testpsychologischen Untersuchungen fällt auf, dass nicht erkennbar ist, dass der Gutachter die von ihm ermittelten Werte kritisch hinterfragt hätte. Auch vermischt Herr T die Feststellung vom Kläger geklagter Beschwerden mit der Erhebung von Befunden, worauf Dr. E in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.02.2015 zutreffend hinweist. Herr T hinterfragt auch nicht die Feststellung des Klägers im Rahmen der Anamnese vom 01.12.2014, er habe kaum mehr Appetit. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung hatte der Kläger gegenüber Herrn T noch angeben, sein Gewicht sei mit 82 kg seit Monaten konstant. Hinsichtlich der von Herrn T gestellten Diagnose einer Agoraphobie mit Panikstörung ist darauf zu verweisen, dass der Kläger auch gegenüber dem Gutachter Dr. E geschildert hatte, er habe im Wartezimmer Panik verspürt. Ein körperliches Pendant fand sich hier indes bei der Untersuchung durch Dr. E nicht. Der Puls war mit 56/min normal, der Blutdruck mit 110/40 mmHg ebenfalls. Im Gutachten T werden entsprechende Werte nicht erhoben.
Mit dem Gutachter T berücksichtigt die Kammer bei dieser Einschätzung durchaus, dass der Kläger vor der Kündigung im Jahr 2002 ein ausgeglichener, tatkräftiger und kreativer Mensch war. Hier sind zweifellos nicht unerhebliche Einbußen festzustellen. Allerdings – wie bereits mehrfach ausgeführt – rechtfertigen diese keinen GdB von 50 für die psychischen Beeinträchtigungen.
2. Für das Funktionssystem der unteren Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinische Grundsätze ein GdB von höchstens 10 in Ansatz zu bringen. Der Kläger hat im Rahmen der Klageschrift angegeben, insbesondere eine zwischenzeitlich aufgetretene und fortbestehende Gonarthrose rechtfertige die Feststellung eines höheren GdB als den bislang vom Beklagten in Ansatz gebrachten GdB von 10.
Durch ein Röntgen des rechten Kniegelenks wurde im Januar 2013 eine gering ausgeprägte Gonarthrose diagnostisch gesichert. Die vom Kläger seinerzeit geklagten Beschwerden seien eher als fibulare Insertionstendopathie oder (weniger wahrscheinlich) als Außenmeniskusläsion zu deuten. Im Rahmen der gutachterlichen Untersuchungen nahm der Kläger keinen Bezug auf etwaige wesentliche Beschwerden im Bereich der unteren Extremitäten. Auch gegenüber Prof. Dr. C werden aktuelle Beschwerden in diesem Bereich nicht geschildert. Der Gutachter beschreibt dort lediglich einen leicht verwackelten Knie-Hacke-Versuch. Dr. E stellte ebenfalls fest, dass die großen Gelenke frei beweglich waren. Gang und Stand waren sicher. Insgesamt sind besondere Einschränkungen der Beweglichkeit der unteren Extremitäten nicht objektiviert, so dass ein höherer GdB als 10 keinesfalls gerechtfertigt erscheint.
3. Das Gleiche gilt für das Funktionssystem der Wirbelsäule. Auch hier sind wesentliche Funktionsbeeinträchtigungen nicht objektiviert. In der Vergangenheit waren immer wieder rezidivierende Cervikalgien beschrieben worden, ohne dass dabei wesentliche Funktionsbeeinträchtigungen der Halswirbelsäule objektiviert worden wären. Auch im Bereich der übrigen Wirbelsäule sind gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze wesentliche Beeinträchtigungen nicht objektiviert. Der Tonus und die Trophik der Muskulatur werden von Dr. E als unauffällig beschrieben. Arm- und Beinhalteversuch zeigten beide keine Absinktendenz, Störungen der Oberflächen- oder Tiefensensibilität im Bereich des Rumpfes und der Extremitäten wurden vom Kläger nicht angegeben. Die Zeichen nach Lasègue waren negativ. Auch im Gutachten des Dr. C zeigten sich keine Besonderheiten. Ein höherer GdB als der bisher in Ansatz gebrachte von 10 kommt damit nicht in Betracht.
4. Bei dem Kläger ist überdies bei rezidivierender Prostatitis ein Zustand nach Prostatahyperplasie und Prostataadenomektomie 2009 sowie Adenomektomie 2009 objektiviert. Im Befundbericht von August 2013 legte der behandelnde Urologe dar, dass der Kläger zuletzt im Oktober 2012 vorstellig geworden war. Damals beschrieb er keine wesentlichen obstruktiven Miktionsbeschwerden bei jedoch leichter Belastungsinkontinenz. Gegenüber dem Gutachter T gab der Kläger an, er leide unter einer Dranginkontinenz. Nachts müsse er ein bis zweimal, je nach Flüssigkeitsaufnahme urinieren. So jedenfalls die erste Angabe unter der Rubrik Nykturie auf Seite 13 des Gutachtens. Fast unmittelbar darunter wird unter Nykturie bis drei Mal in der Nacht angegeben. Solche Abweichungen sind für die Kammer nicht verständlich und nach hiesiger Auffassung Ausdruck der insgesamt oberflächlichen Bearbeitung des Gutachtenauftrags. Dies umso mehr als gegenüber dem Gutachter E lediglich angeben worden war, er leide darunter, dass beim Husten oder Tragen Tropfen von Urin in die Hose gingen. Gemäß Teil B Ziffer 13.5 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze kommt für die Entfernung der Prostata ein GdB von höchstens 10 und gemäß Teil B Ziffer 12.2.4 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze für die leichte Belastungsinkontinenz ein GdB von ebenfalls keinesfalls mehr als 10 in Betracht.
5. Schließlich gibt der Kläger seit Langem ein Ohrgeräusch an. So gab er gegenüber Dr. G in seinem Gutachten 2012 an, er leide seit zwei Jahren unter einem hochfrequenten Ton auf dem rechten Ohr, der normalerweise nur für einige Minuten präsent sei. Dass er diesbezüglich in Behandlung sei gab er damals nicht an. Auch im Rahmen des Verwaltungs- und Klageverfahrens hat der Kläger nicht angegeben, in HNO-ärztlicher Behandlung zu sein. Gegenüber dem HNO-Arzt Dr. X, den der Kläger am 17.04.2014 erstmalig aufsuchte, gab er an, er leide seit einem Jahr an einem Ohrgeräusch, hauptsächlich rechts mehr als links mit Hörminderung. Der erhobene HNO-Befund war beidseits unauffällig. Ein durchgeführtes Audiogramm und eine Impedanzaudiometrie ergaben eine Innenohrschwerhörigkeit rechts mehr als links. Zur Behandlung des Tinnitus habe er Pentoxifyllin verschrieben. Dr. E beschreibt in seinem Gutachten, dass auch er eine Hörminderung des Klägers feststellen konnte. Diese beschränkte sich indes weitgehend darauf, dass beidseits das Fingerreiben nicht gehört wurde. Eine Verständigung in Zimmerlautstärke war möglich. Hörgeräte wurden nicht getragen. Für die Hörminderung ist gemäß Teil B Ziffer 5 ein GdB von mehr als 10 nicht objektiviert. Diese wird für das Funktionssystem der Ohren auch nicht gemäß Teil B Ziffer 5.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze durch den Tinnitus erhöht, lassen sich doch erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen nicht objektivieren.
Auch darüber hinaus sind Beeinträchtigungen, die geeignet wären, einen GdB von mindestens 10 zu begründen nicht objektiviert.
Ausgehend von den objektivierten Beeinträchtigungen ist bei dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum nach § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 40 in Ansatz zu bringen.
§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
Im vorliegenden Fall ist als allein führender GdB derjenige für die objektivierten psychischen Beeinträchtigungen heranzuziehen. Dieser GdB ist – wie oben ausführlich dargelegt –mit 40 zu bewerten. Die übrigen Beeinträchtigungen bedingen – im Übrigen auch nach Auffassung des Vertrauensarztes Herrn T - allesamt einen GdB von höchstens 10 und sind – weder für sich noch in ihrer Gesamtheit – geeignet, den GdB zu erhöhen.
Eine Erhöhung des Gesamt-GdB, insbesondere die Feststellung des begehrten GdB von 50, kommt derzeit nach Auffassung der Kammer damit nicht in Betracht.
Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit Personen, die etwa unter schweren psychischen Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten leiden, ist nach Auffassung der Kammer nicht objektiviert.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte 2008 erstmalig einen Antrag auf Feststellung eines GdB. Hierbei gab er an, er leide unter einer rezidivierenden depressiven Störung, einer Agoraphobie mit Panikstörung, einer akuten Belastungsreaktion, einer andauernden Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit, einer sekundären bilateralen Gonarthrose und einer benignen Prostatahyperplasie.
Mit Bescheid vom 04.02.2009 stellte der Beklagte bei dem Kläger aufgrund einer psychischen Beeinträchtigung einen GdB von 30 fest. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb - nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens der Frau Dr. I durch den Beklagten – erfolglos. In dem daraufhin vor dem Sozialgericht B geführten Klageverfahren (S 17 SB 244/09) erging am 22.02.2011 zunächst ein für den Kläger günstiges Urteil, in dem der GdB mit 50 festgestellt wurde. Auf die durch den Beklagten eingelegte Berufung hin verglichen sich die Beteiligten, nach Einholung eines weiteren Gutachtens, im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht M am 06.03.2013 auf die Feststellung eines GdB von 40 ab Antragstellung. Unter dem 14.03.2013 erging der entsprechende Umsetzungsbescheid.
Am 22.07.2013 stellte der Kläger einen Änderungsantrag. Zur Begründung gab er an, er leide unter einem chronischen Schmerzsyndrom, Schlafstörungen, einer postsomatischen Belastungsstörung und einer komplexen Depression. Der Beklagte holte Befundberichte des behandelnden Psychiaters T des Allgemeinmediziners Dr. Q sowie des Urologen Dr. Q1 ein und wertete zusammen mit einem für die BG ETEM erstellten psychosomatisch- psychotraumatologischen Gutachten des Priv.-Doz. Dr. G aus Mai 2012 sowie radiologischen Arztberichten aus den Jahren 2007, 2008 und 2013 durch seinen ärztlichen Dienst aus.
Der ärztliche Dienst des Beklagten kam zu der Einschätzung, für die psychische Beeinträchtigung sei weiterhin einen GdB von 40 in Ansatz zu bringen. Bestehende Fraktionsstörungen der Wirbelsäule, der unteren Gliedmaße und der Harn- und Geschlechtsorgane bedingten allesamt einen GdB von jeweils 10, so dass insgesamt weiterhin von einem GdB von 40 auszugehen sei.
Mit Bescheid vom 16.10.2013 lehnte der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB ab.
Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, am 23.10.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien beim Kläger mit einem GdB von 40 nicht hinreichend berücksichtigt.
Nach erneuter Stellungnahme des ärztlichen Dienstes wies die Bezirksregierung N mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2014 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der am 20.02.2014 erhobenen Klage. Zu deren Begründung führte er aus, die bei ihm vorliegenden Beschwerden hatten sich seit 2013 weiter verschlechtert.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Rehabilitationswesen Dr. E, sowie - auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - eines Gutachtens seines behandelnden Arztes, des Facharztes für Psychiatrie T. Den Beteiligten ist Gelegenheit gegeben worden, zu den Gutachten schriftlich Stellung zu nehmen. Auf Aufforderung des Gerichts hat der Gutachter Dr. E zum Gutachten des Kollegen T im Februar 2015 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben.
Der Kläger hat schließlich ein für die BG ETEM im September 2014 erstelltes neurologisches Gutachten des Chefarztes der neurologischen Klinik der Klinikum P GmbH Prof. Dr. C zu den Akten gereicht.
Der Kläger hat, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte, im Termin zur mündlichen Verhandlung am eine 21.04.2015 beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 16.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 21.01.2014 zu verurteilen, den GdB des Klägers mit 50 zu bewerten.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und nimmt überdies Bezug auf die Ausführungen seines ärztlichen Beraters im Gerichtsverfahren
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, die Verfahrensakte SG Aachen S 17 SB 244/09 sowie die Gerichtsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu.
Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen.
Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die bei dem Kläger vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht die Feststellung eines GdB von mehr als 40 rechtfertigen.
Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unter
1. einer anderen andauernden Persönlichkeitsänderung nach Verlust- und Kränkungserlebnis 2. einer atypischen Depression 3. Tinnitus aurium 4. Gonarthrose 5. Z.n. Prostatektomie 6. Funktionsstörung der Wirbelsäule
Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, sowie der Gutachten des Dr. E, des Herrn T und des Prof. Dr. C fest.
Soweit der Gutachter T abweichend von den oben genannten Ziffern 1 und 2 eine erneute schwere depressive Episode im Rahmen einer chronifizierten depressiven Entwicklung auf eine extreme psychische Traumatisierung (F 33.2 G), eine Agoraphobie mit Panikstörung (F 40.01 G) und eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F 62.1 G) diagnostiziert, ist dies nicht überzeugend. Zum einen entspricht die ICD 10-Kodierung schon teilweise nicht den Vorgaben. Die vom Gutachter T genannte "andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" ist nach ICD 10 nicht – wie vom Gutachter vorgenommen nach F 62.1 sondern nach F 62.0 zu kodieren. F 62.1 meint demgegenüber "Andauernde Persönlichkeitsänderung nach psychischer Krankheit". Welche Diagnose der Gutachter nun meint, bleibt offen – eines der zahlreichen Ungenauigkeiten und Fehler in dem Gutachten des Herrn T.
In den Befundberichten im Verwaltungsverfahren hatte der Gutachter T die Diagnose F 62.1 noch zutreffend bezeichnet. Dr. E weist zu Recht darauf hin, dass jedenfalls die Voraussetzungen für die Annahme von F 62.0 nicht vorliegen. Für diese gilt nach ICD 10 Folgendes:
"Eine andauernde, wenigstens über zwei Jahre bestehende Persönlichkeitsänderung kann einer Belastung katastrophalen Ausmaßes folgen. Die Belastung muss extrem sein, dass die Vulnerabilität der betreffenden Person als Erklärung für die tief greifende Auswirkung auf die Persönlichkeit nicht in Erwägung gezogen werden muss. Die Störung ist durch eine feindliche oder misstrauische Haltung gegenüber der Welt, durch sozialen Rückzug, Gefühle der Leere oder Hoffnungslosigkeit, ein chronisches Gefühl der Anspannung wie bei ständigem Bedrohtsein und Entfremdungsgefühl, gekennzeichnet. Eine posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) kann dieser Form der Persönlichkeitsänderung vorausgegangen sein. Persönlichkeitsänderungen nach: andauerndem Ausgesetztsein lebensbedrohlicher Situationen, etwa als Opfer von Terrorismus andauernder Gefangenschaft mit unmittelbarer Todesgefahr Folter Katastrophen Konzentrationslagererfahrungen"
Die für die Annahme dieser Diagnosen erforderlichen Extrembelastungen liegen beim Kläger auch nach Auffassung der Kammer nicht vor. Hierauf hatte auch Priv.-Doz. Dr. G in seinem Gutachten aus 2012 (Seite 21 f.) zutreffend hingewiesen.
Auch sind zur Überzeugung der Kammer die diagnostischen Leitlinien für die Annahme von F 62.1 nicht erfüllt. Der Kläger sieht sich nach Auffassung der Kammer, die insoweit der überzeugenden Argumentation des Dr. E folgt, sich nicht etwa durch eine vorangegangene Krankheit stigmatisiert sondern leidet unter den Folgen eine Kündigung und den damit verbundenen Konsequenzen.
Nach Auffassung der Kammer ist es im Ergebnis für die Frage des GdB freilich unerheblich, worauf die anhaltende Persönlichkeitsänderung beruht, maßgeblich sind letztlich ihre Auswirkungen (dazu unten). Nach Auffassung der Kammer sind in dem Gutachten des Herrn T auch die Voraussetzungen für die Annahme einer schweren Depressiven Episode nicht hinreichend objektiviert. Das Gleiche gilt für die benannte Agoraphobie mit Panikstörung (auch dazu unten).
Insgesamt steht das Gutachten des Herrn T – dies ist für die Kammer offensichtlich – nicht auf dem Boden der Versorgungsmedizinischen Grundsätze und ist – was die sozialmedizinische Bewertung angeht – damit weitgehend unbrauchbar. Insoweit verweist die Kammer darauf, dass Herr T die Bewertung des GdB für das Funktionssystem Psyche auf einzelne Diagnosen aufspaltet, diese allesamt mit einem Einzel-GdB von 50 bewertet und auch den GdB für die Psyche nach Teil B Ziffer 3.7 mit 50 bewertet. Unabhängig davon, dass dieses Vorgehen auf der Grundlage der Versorgungmedizinischen Verordnung nach Auffassung der Kammer schon methodisch nicht überzeugt, findet sich auch keine überzeugende Begründung für die in Ansatz gebrachten Werte.
Die Kammer vermisst in dem Gutachten des Herrn T auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem vom Kläger geschilderten Leistungsvortrag. Dies mag für die sachgerechte Behandlung des Klägers geboten sein für die ordnungsgemäße Erstellung eines Gutachtens ist es indes erforderlich, zu versuchen, die subjektiven Angaben des Probanden zu objektivieren und kritisch zu hinterfragen (vgl. dazu allgemein Schneider/Frister/Olzen, Begutachtung psychischer Störungen, 3. Aufl. 2015, S. 2 ff.; Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 5. Aufl. 2009, S. 27 f; Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl., 2011, S 63).
Auch überzeugt schon der Ansatzpunkt des Gutachters nicht. Herr T führt in einer an das Gericht gerichteten Einleitung aus, er habe auf eine erneute umfassende Anamneseerhebung verzichtet, da ihm die vom Kläger berichteten Umstände hinreichend bekannt seien. Er werde nur auf die aus seiner Sicht maßgeblichen Unterschiede zu anderen Gutachten eingehen. Damit entzieht sich das Gutachten schon einer objektiven Überprüfbarkeit, da für das Gericht nicht im Ansatz nachvollziehbar ist, was konkret der Gutachter seinen Feststellungen zugrunde legt. Ein solches Vorgehen ist nicht lege artis.
Schließlich ist das Gutachten in seinem Aufbau nicht stringent, es werden klar zu trennende Aspekte (Anamnese und Befunde) vermischt und es sind zahlreiche Ungereimtheiten und Ungenauigkeiten enthalten (dazu im Einzelnen unten).
1. Für das Funktionssystem der Psyche ist gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 40 in Ansatz zu bringen.
Der Kläger leidet im Wesentlichen unter einer andauernden Persönlichkeitsänderung sowie unter Einschränkungen entsprechend einem mittelgradig depressiven Störungsbild, wobei bereits seit längerem stärker behindernde Störungen mit wesentliche Einschränkungen der Erlebnis und Gestaltungsfähigkeit objektiviert sind. Im Rahmen der Untersuchung bei Dr. E erschien der Kläger zeitlich, örtlich zur Personen zu Situation ausreichend orientiert. Hinweise für eine Störung der Wahrnehmung oder der Aufmerksamkeit fanden sich nicht. Der Gedankengang war formal geordnet und inhaltlich unauffällig. Ebenso zeigten sich im klinischen Bild keine Hinweise für Störungen der Konzentrationsfähigkeit. Der Kläger war in der Lage, dem Gespräch zu folgen. Er verlor nicht den roten Faden. Auch in Bezug auf Merkfähigkeit und Gedächtnis ergaben sich in der Untersuchung keine Hinweise für Einschränkungen. Das psychomotorische Ausdrucksverhalten erschien vermindert. Die Stimmung des Klägers war deprimiert, bedrückt, niederschlagen, nicht ratsuchend. Es fand sich kein im Tagesablauf nachvollziehbarer Interessenverlust. Es zeigte sich eine Freudlosigkeit. Die emotionale Ausdrucks und Schwingungsfähigkeit war leicht eingeengt. Es bestanden Insuffizienzgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit. Schuld- oder Verarmungsgefühle konnten nicht eruiert werden. Der Antrieb war arm, aber nicht typisch gehemmt mit vorzeitiger Ermüdbarkeit.
Der Gutachter nahm verschiedene testpsychologische Untersuchungen vor. Im Rahmen der Montgomery-Asberg-Depressionsskala, erreichte der Kläger 26 von 60 möglichen Punkten, was in der Fremdbeurteilung einer mittelgradigen Depression entsprach. In der mittels Beck-Depressions-Inventar (BDI) erhobenen Selbstbeurteilung erreichte der Kläger 51 von 63 möglichen Punkten, was einer schwer ausgeprägten Depressivität entspricht. Hier zeigte sich somit eine erhebliche Diskrepanz zwischen Fremd- und Selbstbeurteilung. Darüber hinaus führte der Gutachter den Mehrfachwahl-Wortschatz-Test-B durch, der zur Messung des allgemeinen Intelligenzniveaus, erstellt wurde. Hierbei reichte der Kläger 16 von 37 möglichen Punkten. Danach bestünde beim Kläger eine niedrige prämorbide kristalline Intelligenz (IQ 83). Dieses Testergebnis entspricht nach Auffassung des Gutachters Dr. E nicht dem Wert, der nach erreicht dem Schul und Bildungsniveau zu erwarten wäre. So hatte der Kläger im Rahmen der biografischen Anamnese angegeben, er habe das kaufmännische Abitur abgelegt. Im Anschluss sei er zum Großhandelskaufmann ausgebildet worden. Später habe er an der Fachhochschule Elektrotechnik und Produktionstechnik studiert und das Studium mit einem Ingenieurexamen abgeschlossen. Im Anschluss habe er bis zu seiner Kündigung eine leitende Arbeitsstelle innegehabt.
Der Kläger gab gegenüber dem Gutachter Dr. E im Übrigen an, er habe Panik und könne nicht unter Menschen gehen. Diese Panik habe er auch im Wartezimmer. Auf die Frage, ob er schon mal probiert habe unter Menschen zu gehen, habe er ausgeführt, dass dies weder wolle noch möge. Er habe kein Vertrauen. Lediglich seiner Familie und dem behandelnden Psychiater T vertraue er. Letzterer vermittele ihm den Glauben, dass es besser gehen könne. Er fühle sich durch die ganzen gutachterlichen Untersuchungen schlecht. Er habe nicht viel Lust und Interesse. Er habe durch die Kündigung enorme finanzielle Probleme und Schwierigkeiten erlitten. Er sei in den vergangenen Jahren nicht zu Schwankungen in seinem Befinden gekommen. Er fühle sich immer gleich schlecht. Er habe auch Selbstmordgedanken und wolle alles hinter sich lassen.
Die vom Kläger insoweit gemachten Angaben wurden vom Gutachter Dr. E kritisch hinterfragt. Hierzu bestand nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund einiger Ungereimtheiten auch durchaus Anlass. So gab der Kläger gegen über dem Gutachter Dr. E im Rahmen der Befragung zur aktuellen Behandlungssituation an, er nehme täglich 60 mg Citalopram ein. Auch am Untersuchung Tag und am Tag zuvor habe er das Medikament eingenommen. Nachdem dem Kläger zur Durchführung einer laborchemischen Untersuchung zum Nachweis des Präparats Citalopram im Blutserum Blut abgenommen worden war, erklärte der Kläger, er habe das Präparat auf Anraten seines HNO Arztes aufgrund seines Ohrengeräuschs seit vier Wochen nicht eingenommen. Letztere Begründung erschien dem Gutachter nach Rücksprache mit dem behandelnden HNO Arzt und der Tatsache einer bereits abgeschlossenen Infusionstherapie nicht plausibel. Der Kläger muss sich auch nach Auffassung der Kammer insoweit fragen lassen, aus welchem Grund er die Tatsache, dass er das Psychopharmakon bereits seit Wochen nicht eingenommen hat, dem Gutachter zunächst nicht mitgeteilt hat, sondern es erst einräumt, nachdem das Fehlen drohte durch objektive Verfahren offenkundig zu werden.
Auch das Ergebnis des - mitarbeitsabhängigen - Mehrfachwahl-Wortschatz-Test-B war im Hinblick auf das erreichte Schul- und Bildungsniveau nicht schlüssig. Schließlich stand das Ausmaß der vom Kläger geschilderten Beschwerden Nichtübereinstimmung mit einer entsprechenden Inanspruchnahme therapeutischer Hilfe.
Vor diesem Hintergrund geht die Kammer, mit dem Gutachter Dr. E, davon aus, dass die vom Kläger beklagten Beschwerden, körperlichen und seelischen Symptome und Einschränkungen in der Erlebnisgestaltungsfähigkeit, nicht vollständig in dem von ihm beklagten Ausmaß vorlagen, dass vielmehr hier von einer Aggravation auszugehen ist. Ob es sich bei der Aggravation um eine bewusstseinsnahe oder bewusstseinsferne – und damit ihrerseits pathologische – handelt, ist freilich offen (vgl. dazu Widder/Gaidzik, Begutachtung in der Neurologie, 2. Aufl. 2011, S. 66; zu den Schwierigkeiten der Abgrenzung vgl. Hausotter, Neurologische Begutachtung, 2006, S 158). Nach Auffassung der Kammer sprechen jedoch durchaus Aspekte für das Vorliegen bewusstseinsnaher Komponenten, insbesondere vor dem Hintergrund des vom Kläger in den verschiedenen Begutachtungssituation – nachvollziehbar – dargelegten, auch klaren finanziellen Interesses, an der Feststellung eines GdB von 50.
In diesem Zusammenhang hat der Kammervorsitzende bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass ihm in der Vorbereitung aufgefallen war, dass seit 2015 ein Herr T den Posten des Trainers der 1. Handball-Damenmannschaft des T SV übernommen hat (vgl. http://www.n.de/forum/mrh/hbl/mhm/view/teams.php?Liga=59&Team=766;http://www.stolberger-sv.de/data/index.php?option=com content&task=view&id=1663&Itemid=2.). Ob es sich hierbei um den Kläger handelt konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung mit der Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht geklärt werden. Frappierend ist aber die Namensgleichheit, die räumliche Nähe zum Wohnort des Klägers sowie die Tatsache, dass es sich um eine Handballmannschaft handelt, da der Kläger nach eigenen Angaben früher profimäßig selbst Handball gespielt hat. Sollte es sich hierbei tatsächlich um den Kläger handeln, dürfte wohl von einer weiteren erheblichen Verbesserung des gesundheitlichen Zustands auszugehen sein. Vor dem Hintergrund, dass dies jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung sich nicht letztlich verifizieren ließ, ist dies für die vorliegende Entscheidung freilich ohne Bedeutung.
Auf der Grundlage des Gutachtens des Dr. E und auch der Feststellungen in den Gutachten des Dr. G ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger in der Lage ist, sich selbst zu versorgen. Er war auch in seiner Kontaktfähigkeit gegenüber dem Gutachter nicht beeinträchtigt. Dass er für sich oder andere gefährlichen Dinge unternimmt, ist nicht objektiviert. Er kann auch familiäre Kontakte aufrecht erhalten. Auch wenn der Kläger in der Vergangenheit Probleme mit seiner Ehefrau, basierend auf einem von ihm geschilderten Alkoholabusus, gehabt hat, so ist das Verhältnis offensichtlich derzeit nicht zerrüttet. Jedenfalls hat sie den Kläger zum Termin bei Dr. E begleitet. Zum Termin bei Herrn T am 01.12.2014 war seine Tochter dabei. Der Kläger schilderte nachvollziehbar Einschränkungen in Teilbereichen des Lernens und der Wissensanwendung sowie der Übernahme von Aufgaben und Anforderungen (vgl. zu Letzterem freilich oben). Es sind aber – auch unter Berücksichtigung der weitmaschigen fachärztlichen Behandlung - schwere Störungen im Sinne mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten beim Kläger keinesfalls gegeben. Vielmehr ist der Bewertungsspielraum von 30-40 eröffnet. Ihr ist nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung auch der in der Vergangenheit eingeholten Gutachten sowie letztlich auch den Feststellungen des Prof. Dr. C, ein GdB von 40 weiterhin angemessen. Soweit der Gutachter T hier einen höheren GdB in Ansatz bringt, kann dies nicht überzeugen. Das Gutachten leidet insgesamt – wie oben bereits dargelegt – an erheblichen Mängeln. Es liest sich – insbesondere im ersten Teil - insgesamt mehr als Apologie des Behandlers als lege artis erstelltes Gutachten. Insbesondere fällt auf, dass Herr T über weite Teile des Gutachtens kaum eine klare aktuelle Beschreibung der seiner Ansicht nach vorliegenden Beeinträchtigungen liefert, sondern sich auf alte Untersuchungen und Gutachten bezieht. Im Rahmen der testpsychologischen Untersuchung gibt der Gutachter an, der Kläger habe im Mehrfachwahl-Wortschatz-Test-B einen Wert erreicht, der einer normalen geistig-intellektuellen Leistungsfähigkeit entsprechen. Leider gibt der Gutachter hierbei den konkret ermittelten Wert nicht an, was insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Ergebnis dieses Tests bei Dr. E einen auffällig niedrigen Wert ergeben hatte und der Gutachter T in anderen Testungen die Werte jeweils angegeben hat, verwundert. Hinsichtlich der übrigen testpsychologischen Untersuchungen fällt auf, dass nicht erkennbar ist, dass der Gutachter die von ihm ermittelten Werte kritisch hinterfragt hätte. Auch vermischt Herr T die Feststellung vom Kläger geklagter Beschwerden mit der Erhebung von Befunden, worauf Dr. E in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20.02.2015 zutreffend hinweist. Herr T hinterfragt auch nicht die Feststellung des Klägers im Rahmen der Anamnese vom 01.12.2014, er habe kaum mehr Appetit. Im Rahmen der körperlichen Untersuchung hatte der Kläger gegenüber Herrn T noch angeben, sein Gewicht sei mit 82 kg seit Monaten konstant. Hinsichtlich der von Herrn T gestellten Diagnose einer Agoraphobie mit Panikstörung ist darauf zu verweisen, dass der Kläger auch gegenüber dem Gutachter Dr. E geschildert hatte, er habe im Wartezimmer Panik verspürt. Ein körperliches Pendant fand sich hier indes bei der Untersuchung durch Dr. E nicht. Der Puls war mit 56/min normal, der Blutdruck mit 110/40 mmHg ebenfalls. Im Gutachten T werden entsprechende Werte nicht erhoben.
Mit dem Gutachter T berücksichtigt die Kammer bei dieser Einschätzung durchaus, dass der Kläger vor der Kündigung im Jahr 2002 ein ausgeglichener, tatkräftiger und kreativer Mensch war. Hier sind zweifellos nicht unerhebliche Einbußen festzustellen. Allerdings – wie bereits mehrfach ausgeführt – rechtfertigen diese keinen GdB von 50 für die psychischen Beeinträchtigungen.
2. Für das Funktionssystem der unteren Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.14 der Versorgungsmedizinische Grundsätze ein GdB von höchstens 10 in Ansatz zu bringen. Der Kläger hat im Rahmen der Klageschrift angegeben, insbesondere eine zwischenzeitlich aufgetretene und fortbestehende Gonarthrose rechtfertige die Feststellung eines höheren GdB als den bislang vom Beklagten in Ansatz gebrachten GdB von 10.
Durch ein Röntgen des rechten Kniegelenks wurde im Januar 2013 eine gering ausgeprägte Gonarthrose diagnostisch gesichert. Die vom Kläger seinerzeit geklagten Beschwerden seien eher als fibulare Insertionstendopathie oder (weniger wahrscheinlich) als Außenmeniskusläsion zu deuten. Im Rahmen der gutachterlichen Untersuchungen nahm der Kläger keinen Bezug auf etwaige wesentliche Beschwerden im Bereich der unteren Extremitäten. Auch gegenüber Prof. Dr. C werden aktuelle Beschwerden in diesem Bereich nicht geschildert. Der Gutachter beschreibt dort lediglich einen leicht verwackelten Knie-Hacke-Versuch. Dr. E stellte ebenfalls fest, dass die großen Gelenke frei beweglich waren. Gang und Stand waren sicher. Insgesamt sind besondere Einschränkungen der Beweglichkeit der unteren Extremitäten nicht objektiviert, so dass ein höherer GdB als 10 keinesfalls gerechtfertigt erscheint.
3. Das Gleiche gilt für das Funktionssystem der Wirbelsäule. Auch hier sind wesentliche Funktionsbeeinträchtigungen nicht objektiviert. In der Vergangenheit waren immer wieder rezidivierende Cervikalgien beschrieben worden, ohne dass dabei wesentliche Funktionsbeeinträchtigungen der Halswirbelsäule objektiviert worden wären. Auch im Bereich der übrigen Wirbelsäule sind gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze wesentliche Beeinträchtigungen nicht objektiviert. Der Tonus und die Trophik der Muskulatur werden von Dr. E als unauffällig beschrieben. Arm- und Beinhalteversuch zeigten beide keine Absinktendenz, Störungen der Oberflächen- oder Tiefensensibilität im Bereich des Rumpfes und der Extremitäten wurden vom Kläger nicht angegeben. Die Zeichen nach Lasègue waren negativ. Auch im Gutachten des Dr. C zeigten sich keine Besonderheiten. Ein höherer GdB als der bisher in Ansatz gebrachte von 10 kommt damit nicht in Betracht.
4. Bei dem Kläger ist überdies bei rezidivierender Prostatitis ein Zustand nach Prostatahyperplasie und Prostataadenomektomie 2009 sowie Adenomektomie 2009 objektiviert. Im Befundbericht von August 2013 legte der behandelnde Urologe dar, dass der Kläger zuletzt im Oktober 2012 vorstellig geworden war. Damals beschrieb er keine wesentlichen obstruktiven Miktionsbeschwerden bei jedoch leichter Belastungsinkontinenz. Gegenüber dem Gutachter T gab der Kläger an, er leide unter einer Dranginkontinenz. Nachts müsse er ein bis zweimal, je nach Flüssigkeitsaufnahme urinieren. So jedenfalls die erste Angabe unter der Rubrik Nykturie auf Seite 13 des Gutachtens. Fast unmittelbar darunter wird unter Nykturie bis drei Mal in der Nacht angegeben. Solche Abweichungen sind für die Kammer nicht verständlich und nach hiesiger Auffassung Ausdruck der insgesamt oberflächlichen Bearbeitung des Gutachtenauftrags. Dies umso mehr als gegenüber dem Gutachter E lediglich angeben worden war, er leide darunter, dass beim Husten oder Tragen Tropfen von Urin in die Hose gingen. Gemäß Teil B Ziffer 13.5 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze kommt für die Entfernung der Prostata ein GdB von höchstens 10 und gemäß Teil B Ziffer 12.2.4 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze für die leichte Belastungsinkontinenz ein GdB von ebenfalls keinesfalls mehr als 10 in Betracht.
5. Schließlich gibt der Kläger seit Langem ein Ohrgeräusch an. So gab er gegenüber Dr. G in seinem Gutachten 2012 an, er leide seit zwei Jahren unter einem hochfrequenten Ton auf dem rechten Ohr, der normalerweise nur für einige Minuten präsent sei. Dass er diesbezüglich in Behandlung sei gab er damals nicht an. Auch im Rahmen des Verwaltungs- und Klageverfahrens hat der Kläger nicht angegeben, in HNO-ärztlicher Behandlung zu sein. Gegenüber dem HNO-Arzt Dr. X, den der Kläger am 17.04.2014 erstmalig aufsuchte, gab er an, er leide seit einem Jahr an einem Ohrgeräusch, hauptsächlich rechts mehr als links mit Hörminderung. Der erhobene HNO-Befund war beidseits unauffällig. Ein durchgeführtes Audiogramm und eine Impedanzaudiometrie ergaben eine Innenohrschwerhörigkeit rechts mehr als links. Zur Behandlung des Tinnitus habe er Pentoxifyllin verschrieben. Dr. E beschreibt in seinem Gutachten, dass auch er eine Hörminderung des Klägers feststellen konnte. Diese beschränkte sich indes weitgehend darauf, dass beidseits das Fingerreiben nicht gehört wurde. Eine Verständigung in Zimmerlautstärke war möglich. Hörgeräte wurden nicht getragen. Für die Hörminderung ist gemäß Teil B Ziffer 5 ein GdB von mehr als 10 nicht objektiviert. Diese wird für das Funktionssystem der Ohren auch nicht gemäß Teil B Ziffer 5.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze durch den Tinnitus erhöht, lassen sich doch erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen nicht objektivieren.
Auch darüber hinaus sind Beeinträchtigungen, die geeignet wären, einen GdB von mindestens 10 zu begründen nicht objektiviert.
Ausgehend von den objektivierten Beeinträchtigungen ist bei dem Kläger für den streitbefangenen Zeitraum nach § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 40 in Ansatz zu bringen.
§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
Im vorliegenden Fall ist als allein führender GdB derjenige für die objektivierten psychischen Beeinträchtigungen heranzuziehen. Dieser GdB ist – wie oben ausführlich dargelegt –mit 40 zu bewerten. Die übrigen Beeinträchtigungen bedingen – im Übrigen auch nach Auffassung des Vertrauensarztes Herrn T - allesamt einen GdB von höchstens 10 und sind – weder für sich noch in ihrer Gesamtheit – geeignet, den GdB zu erhöhen.
Eine Erhöhung des Gesamt-GdB, insbesondere die Feststellung des begehrten GdB von 50, kommt derzeit nach Auffassung der Kammer damit nicht in Betracht.
Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit Personen, die etwa unter schweren psychischen Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten leiden, ist nach Auffassung der Kammer nicht objektiviert.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved