S 14 AS 244/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 244/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Anspruches auf Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) in den Monaten Oktober und November 2013.

Die Kläger stehen seit Jahren in von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) beim Beklagten.

Nach der Geburt des Klägers zu 5) am 00.00.0000 begehrten die Kläger im August 2013 vergeblich die Zustimmung des Beklagten zu einem Umzug von Eschweiler in das Mietob-jekt K Straße 00 in U. Auch diesbezügliche sozialgerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (SG Aachen - S 8 AS 838/13 ER [Beschwerde: LSG NRW - L 2 AS 1736/13 B ER]) bzw. ein Klageverfahren (SG Aachen - S 8 AS1037/13 [zur dortigen Ab-lehnung von PKH: LSG NRW - L 2 AS 623/14 B]) verliefen erfolglos. Die Kosten der Un-terkunft wurden sowohl seitens des Beklagten, als auch seitens des Sozial- und des Lan-dessozialgerichts (das sich jeweils "aus den zutreffenden Gründen" den erstinstanzlichen Beschlüssen in den Verfahren S 8 AS 838/13 ER und S 8 AS 1037/13 (PKH) anschloss) als unangemessen erkannt.

Mit Bescheid vom 20.09.2013 bewilligte der Beklagte – der zu dieser Zeit Zweifel hatte, ob der Kläger zu 6) noch in der Bedarfsgemeinschaft mit den Klägern 1) -5) lebte – diesen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit von Juni bis No-vember 2013 bis zur Entscheidung der Unterhaltsvorschusskasse über einen Unterhalts-vorschuss für den Kläger zu 5). Dabei wurden Kosten der Unterkunft in Höhe von 673,70 EUR berücksichtigt.

Zum 01.10.2014 zogen die Kläger in das freistehende Einfamilienhaus mit sechs Zimmern in der in der K-Straße 00 in U, dessen Vermieter ihr Bevollmächtigter ist. Die Gesamt-wohnfläche beträgt ca. 140 Quadratmeter. Die monatliche Grundmiete betrug 720,00 EUR, die Abschläge für kalte Nebenkosten 250,00 EUR und für Heizkosten 200,00 EUR (Erdgas).

Mit Änderungsbescheid vom 28.10.2013 für die Monate Oktober und November 2013 trug der Beklagte dem Umzug der Bedarfsgemeinschaft zum Oktober Rechnung. Der Beklagte berücksichtigte dabei Kosten der Unterkunft und Heizung weiterhin in Höhe von 673,70 EUR. Da der Umzug ohne Zustimmung erfolgt sei, könnten nur die Kosten der Unterkunft be-rücksichtigt werden, wie sie für die vorherige Wohnung angefallen seien. Die Leistungs-bewilligung erstreckte sich dabei nunmehr auch auf den Kläger zu 6) und erfolgte endgül-tig.

Gegen diesen Änderungsbescheid legten die Kläger über ihren Bevollmächtigten am 29.11.2013 Widerspruch ein. Die Kosten der Unterkunft seien jedenfalls nicht auf die Höhe der bis zum Umzug im Oktober 2013 zu tragenden Miete zu begrenzen. Aufgrund des Entschlusses der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 6) nach der Geburt des Klägers zu 5) wieder zusammenzuziehen, sei der Umzug notwendig gewesen. Tatsächlich seien die Kosten der neuen Unterkunft auch nicht unangemessen.

Mit Änderungsbescheid vom 19.02.2015 erfolgte eine vorläufige Leistungsbewilligung für die Zeit von Oktober bis November 2013. Dabei wurden Leistungen der Kosten der Unter-kunft und Heizung in Höhe von 1000,40 EUR (Grundmiete 628,30; Nebenkosten 189,10 EUR; Heizung 183,00 EUR) berücksichtigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2015 änderte der Beklagte den Änderungsbescheid vom 28.10.2013 in der Fassung der Bescheide vom 19.02.2015 dahingehend ab, dass für die Zeit von Oktober bis November 2013 monatlich Kosten für Kaltmiete in Höhe von 643,75 EUR und Heizkostenabschläge in Höhe von 187,50 EUR (endgültig) berücksichtigt wur-den. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Umzug sei erforderlich gewesen, so dass eine Begrenzung der KdUH auf die bis anhin entstandenen Kosten nicht möglich sei. Zu berücksichtigen seien die angemessenen Kosten. Dabei sei-en die Vorgaben des kommunalen Trägers für den streitgegenständlichen Zeitraum zu-grunde zu legen, nicht die aktuellen Werte der Mietwerterhebung vom 11.02.2014 ("schlüssiges Konzept"). Für die Städteregion Aachen seien im Rahmen der Angemes-senheit der Kosten der Unterkunft die örtlichen Mietspiegel zugrunde zu legen. Im Ergeb-nis seien für das Stadtgebiet Stolberg 5,15 EUR/ pro Quadratmeter als Kaltmiete angemes-sen, die im Falle der sechs-köpfigen Bedarfsgemeinschaft mit 125 qm zu multiplizieren seien. Hinzu kämen 1,55 EUR pro Quadratmeter für kalte Nebenkosten, die mit einer Fläche von 122 qm zu multiplizieren sei. Hier seien Erfahrungswerte aus dem Jahr 2013 zur Bil-dung des "schlüssigen Konzeptes" aus dem Jahr 2014 heranzuziehen. Es errechne sich eine Bruttokaltmiete von 832,85 EUR. Es seien keine Besonderheiten des Einzelfalles zu er-kennen, die eine abweichende Anerkennung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft als angemessen erlaubten. Die dokumentierten häufigen und kurzfristigen Umzüge der Kläger seit 2005 sprächen gegen eine allgemeine Schwierigkeit der Kläger Wohnraum zu finden. Unter Beachtung der Höchstwerte des Bundesweiten Heizkostenspiegels 2013 liege der Wert für extremen/zu hohen Verbrauch bei der vorliegenden Gebäudegröße bei 1,50 EUR pro qm, der auf die abstrakt angemessene Wohnfläche von 125 qm zu beziehen sei. Danach seien nicht mehr als 187,50 EUR monatlich an Heizkosten zu berücksichtigen.

Mit der am 27.03.2015 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren Leistungen in den Monaten Oktober und November 2013 in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unter-kunft und Heizung zu erhalten weiter. Es sei kein Wohnraum für eine Sechs-Personen-Bedarfsgemeinschaft zu den vom Beklagten berücksichtigten Kosten vorhanden. Dies sei im Wege eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln. In Bezug auf die Höhe der Heizkosten werde ignoriert, dass das Haus tatsächlich größer sei als als abstrakt ange-messen anerkannt werde und das Haus freistehend sei.

Der Bevollmächtigte der Kläger beantragt,

1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.10.2013 in der Fas-sung des Bescheides vom 19.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2015 zu verurteilen, den Klägern Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlich anfallenden Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren; 2. die Berufung zuzulassen.

Der Vertreter des Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen des angefochtenen Widerspruchsbe-scheides. Zwar könne der Beklagte nicht beurteilen, wie der kommunale Träger (Städte-region Aachen) den Richtwert für angemessene Unterkunftskosten in Stolberg für das Jahr 2013 errechnet habe; entsprechende Daten und Berechnungen lägen nicht vor. Je-doch komme es darauf letztlich nicht an, weil die berücksichtigten KdU bereits über den Werten der Wohngeldtabelle lägen. Insoweit sei auf den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 06.09.2013 im Verfahren S 8 AS 838/13 ER zu verweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakte sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Ferner wird auf die Verfahrensakten S 14 AS 149/15, S 8 AS 1037/13 (=L 2 AS 623/14 B), S 8 AS 838/13 ER (= L 2 AS 1736/13 B ER) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die als kombinierte Anfechtungs- und (unechte) Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 So-zialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Kläger ha-ben in den Monaten Oktober und November 2013 keinen höheren Anspruch auf Leistun-gen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), als mit Bescheid vom 28.10.2013 in der Fassung des Bescheides vom 19.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2015 bewilligt. Die Kläger sind nicht i. S. d. § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (970,00 EUR Bruttokaltmiete und 200,00 EUR Heizkostenabschlag) besteht nicht.

Die Kammer schließt sich in Bezug auf die Beurteilung der KdUH für das Mietobjekt Josef-von-Görres Straße 34 in Stolberg als abstrakt und konkret unangemessen den Entschei-dungen zum vorliegenden Einzelfall der 8. Kammer vom 11.02.2014 im Verfahren S 8 AS 1037/13 (PKH) und vom 06.09.2013 im Verfahren S 8 AS 838/13 ER, denen sich der 2. Senat des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschlüssen vom 22. 12. 2014 bzw. 23.10.2013 jeweils "aus den zutreffenden Gründen des Beschlusses" angeschlossen hat, an.

Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige Leistungen zur Siche-rung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

I. Welche Aufwendungen im Bereich der Kosten der Unterkunft im Einzelfall abstrakt an-gemessen sind, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätz-lich nach der so genannten Produkttheorie zu bemessen. Dabei ist zunächst die ange-messene Wohnungsgröße zu bestimmen. Alsdann ist der maßgebliche örtliche Ver-gleichsraum festzulegen und unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Woh-nungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Ver-gleichsraums zu zahlen ist. Zu der so ermittelten Nettokaltmiete sind noch die kalten Be-triebskosten hinzuzurechnen (st. Rspr.; zuletzt: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 28/12 R m.w.N., Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R). In Anwen-dung der sog. Produkttheorie des Bundessozialgerichts müssen dabei nicht die einzelnen Faktoren (Wohnungsgröße, Wohnungsstandard - ausgedrückt durch den Quadratmeter-preis) je für sich betrachtet "angemessen" sein, solange jedenfalls das Produkt aus Wohn-fläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt an-gemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (st. Rspr. BSG, Urteil vom 07.11.2006, 7b AS 10/06 R, juris, Rn. 24; Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274).

Zur Bestimmung des Faktors "Mietpreis pro qm" ist ein einfacher, im unteren Marktseg-ment liegender Standard zugrunde zu legen; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstat-tung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so ge-wählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten (dazu: BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 10/06 R; Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 18/06 R; Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 50/10 R). Nach diesen inhaltlichen Vorgaben soll die Festlegung der Mietobergrenze auf der Grundlage eines deren Einhaltung ermöglichenden "schlüssigen Konzepts" erfolgen, dessen Erstellung zuvörderst Angelegenheit des Grundsicherungsträgers ist. (BSG, Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R, juris, Rn. 25; vgl. zum schlüssigen Konzept und weiteren Ausdifferenzierungen im Einzelnen, BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R = juris Rn. 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R = juris Rn. 26; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R = juris Rn. 7; BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R; zuletzt: BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R, juris, Rn. 25 ff.; vgl. auch Berlit in: info also 2010, 196; ders., in: LPK-SGB II, § 22 Rn. 54 ff.; Piepenstock, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 22 Rn. 68 ff.; Lauterbach, in: Gagel, SGB II / SGB III, 46. Erg.-Lfg,. 2012, § 22 Rn. 47 ff.; kritisch Groth, SGb 2013, S. 249 ff.; Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 106).

Ein schlüssiges Konzept kann grundsätzlich auch ein qualifizierter Mietspiegel im Sinne des § 558 d BGB, wie auch ein einfacher Mietspiegel sein (BSG, Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 50/10 R). Dieser muss dann aber eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben wer-den. Das kann u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10 Prozent des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht. Ferner müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen (Standard, ggf. auch ausgedrückt im Jahr des ersten Bezuges bzw. der letzten Renovierung plus Wohnungsgröße und Ausstat-tung) in die Auswertung eingeflossen sein (BSG, Urteil vom 18.6.2008, Az. B 14/7b AS 44/06 R). Insbesondere muss die Datenerhebung über den gesamten Vergleichsraum erfolgt und die einbezogenen Daten repräsentativ sein. Wegen der abweichenden Zielset-zung und der Erstellungsmethode von Mietspiegeln muss zudem sichergestellt sein, dass der hinter den berücksichtigten Mietspiegelwerten stehende tatsächliche Wohnungsbe-stand im Vergleichsraum die Anmietung einer angemessenen Wohnung im gesamten Vergleichsraum ermöglicht, ohne die Leistungsberechtigen auf bestimmte Stadteile zu beschränken (BSG, Urteil vom 20.12.2011, Az. B 4 AS 19/11 R, juris). Sollen aus Daten eines Mietspiegels grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Be-schränkung auf Daten bestimmter Bauklassen grundsätzlich nicht zulässig, solange nicht statistisch valides Material vorliegt, das eine Aussage darüber zulässt, welche Bauklassen in welchem Umfang tatsächlich die gesamte Stadt als Vergleichsraum - und nicht lediglich ganz bestimmte, als sozial problematisch einzuschätzende Teile einer Stadt - prägen. Aus dem Mietspiegel allein lässt sich nicht ersehen, inwieweit gerade Wohnungen einer be-stimmten Baualtersklasse in einem Umfang zur Verfügung stehen, die den Rückschluss zulassen, im konkreten Vergleichsraum sei eine "angemessene" Wohnung tatsächlich anmietbar (BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R; Urteil vom 20.12.2011, Az. B 4 AS 19/11 R, juris).

Der Beklagte hat zur Erstellung des geforderten schlüssigen Konzepts die Beratungsge-sellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH aus 22761 Hamburg (Firma Analyse & Konzepte) beauftragt, die im März 2014 ein entsprechendes "Konzept zur Er-mittlung der Bedarfe für Unterkunft in der StädteRegion Aachen" vorgelegt hat. (Abrufbar mit Stand 26.02.2014: http://www.staedteregion- aa-chen.de/wps/portal/internet/home/service/aemter/a50/!ut/p/c5/04 SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP0os gADxNHQ09 A0sLYzdHA08LC7cA70BTIzNDc 1wkA6cKkwMTCDyBjiAo4F-cEqqfqR-lDlOWzxM9cPy8otyga4J0Y900vfzyM9N1S Izk5zcbNwBADwCjz2/dl3/d3/L2dBISEvZ0FBIS9nQSEh/). Die Ergebnisse dieses Gutachtens hat der Beklagte u. a. in seine "Hinweise zu den angemessenen Unterkunftskosten nach SGB II und SGB XII" (abrufbar ebenda) einfließen lassen. Das vorgelegte Konzept ist nach Auffassung der erkennenden Kammer zwar schlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (S 14 AS 608/14; vgl. ferner: SG Aachen, Urteil vom 21.10.2014 – S 11 AS 25/14, juris Rn. 37 ff.; Az. S 11 AS 714/14, juris Rn. 38 ff.), es enthält jedoch keine Aussage für Haushalte mit – wie vor-liegend – mehr als fünf Personen.

1. Soweit man mit der Ansicht des Beklagten für diesen Fall auf der Grundlage des Miet-spiegels für die Stadt U einen Angemessenheitsrichtwert von 5,15 EUR/ qm zugrundelegt, ist im Bereich der Kosten der Unterkunft von einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 643,75 EUR auszugehen. Denn dieser Quadratmeterpreis ist mit einer abstrakt ange-messenen Wohnungsgröße von 125 Quadratmetern für sechs Personen zu multiplizieren. Zum 01.01.2010 ist im Zuge der Föderalismusreform mit dem Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG-NRW) (Art. 1 des Ge-setzes zur Umsetzung der Föderalismusreform im Wohnungswesen vom 08.12.2009) das Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) in Nordrhein-Westfalen abgelöst worden. Gleichzei-tig sind mit dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB, MBl NRW 2010, 1) zum Vollzug der Teile 4 bis 6 des WFNG NRW erlassen worden und in Kraft getreten. Diese ersetzen die bisherigen Verwaltungsvorschriften NRW zum Wohnungsbindungsgesetz (VV-WoBindG). Nach Nr. 19 S. 2 der WNB treten die VV-WoBindG mit Ausnahme der Nr. 8 bis 8b.3 und 22 und der Anlage mit Ablauf des 31.12.2009 außer Kraft. Für die Belegung von gefördertem Wohn-raum (vgl. § 18 WFNG NRW, der Nachfolgevorschrift zu § 27 WoFG - vgl LT-Drucks 14/9394, S 96) sind ab dem 01.01.2010 daher die in Nr. 8.2 der WNB angesetzten Werte für Wohnflächen maßgeblich. (BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 109/11 R, juris). Danach sind 125 qm für einen Haushalt mit sechs Haushaltsangehörigen angemessen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 28/12 R m.w.N.).

Im Rahmen der Ermittlung einer abstrakten Angemessenheitsgrenze für eine Bruttokalt-miete (sog. "erweiterte Produkttheorie": u. a. BSG Beschluss vom 02.04.2014 - B 4 AS 17/14 B und B 4 AS 18/14 B; LSG NRW, Urteil vom 28.11.2013 – L 7 AS 1122/13; SG Aachen, Urteil vom 24. September 2013 – S 14 AS 130/13 –, Rn. 31 ff., juris) wäre nach dem (diesbezüglich keinen Bedenken unterliegenden – vgl. SG Aachen, Urteil vom 04. November 2014 – S 14 AS 608/14 –, Rn. 33 f., juris) Ansatz des Beklagten auf der Grundlage seines "Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft in der StädteRegion Aachen" (S. 38) 1,55 EUR pro abstrakt angemessenem Quadratmeter hinzuzurechnen. Auch dieser Wert wäre mit 125 zu multiplizieren (193,75 EUR). Es ergäbe sich vorliegend eine Angemessenheitsgrenze der Bruttokaltmiete von insgesamt 837,50 EUR.

2. Dass der Rückgriff auf den örtlichen Mietspiegel den dargelegten hohen Anforderungen der Rechtsprechung des BSG an ein schlüssiges Konzept genügt, kann die Kammer indes nicht feststellen. Die vom Beklagten als angemessen zugrunde gelegten Werte beruhen auf einem Rückgriff auf den örtlichen Mietspiegel der Städte und Gemeinden in der Städteregion Aachen für mittlere Wohnlagen. Entgegen der Behauptung des Kläger-Bevollmächtigten verfügt(e) die Stadt U über keinen qualifizierten Mietspiegel i. S. d. § 558 BGB. Die regelmäßig aktualisierte (ca. 2 Jahre) "Mietwerttabelle für freifinanzierte Woh-nungen, steuerbegünstigte Wohnungen und Altbauten im Stadtgebiet Stol-berg"(siehe:http://www.stolberg.de/city info/webaccessibility/index.cfm?region id=75&waid=598&item id=0&link id=213769699&fsize=1&contrast=0&search=mietspiegel.; für den vorliegend streitigen Zeitraum: http://www.hausundgrund-aachen.de/service/mietspiegel/) wird zwar in Zusammenarbeit mit Interessenvertretern der Vermieter und Mieter erstellt, eine Ausarbeitung durch Datenerhebung und Datenauswertung nach anerkannten wis-senschaftlichen Grundsätzen (insb. Tabellen- oder Regressionsmethode: vgl. Heilmann in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 558 d BGB, Rn. 4) ist jedoch nicht – wie vom Gesetzgeber im Rahmen des § 558 d BGB vorgesehen (vgl. BT-Drs. 14/4553, S. 57) – dokumentiert. Entsprechend fehlt es dem Beklagten an Daten des Beobachtungszeitraumes, einer Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten und der Validität der Datenerhebung. Nicht justitiabel nachvollzogen werden kann danach die Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung. Die aus den Daten der örtlichen Mietspiegel abgeleiteten grundsicherungsrelevante Schlüsse beschränken sich auf ein bestimmtes Baualter (1960-1990) ohne dass statistisch valides Material vorliegt, das eine Aussage darüber zulässt, welche Baualtersstruktur in welchem Umfang tatsächlich das gesamte Stadtgebiet als Vergleichsraum (hier: die Stadt Stolberg) - und nicht lediglich ganz bestimmte, als sozial problematisch einzuschätzende Teile - prägen. Im Rahmen seines "Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft in der StädteRegion Aachen" hat der Beklagte sich zudem für eine deutlich andere Vergleichsraumbildung nach "Wohnungsmarkttypen" entschieden und die Stadt Stolberg im Wohnungsmarkttyp II mit weiteren Städte und Gemeinden der Städteregion Aachen zusammengefasst. Eine sachliche Rechtfertigung für eine Verkleinerung des Vergleichs-raumes bei Bedarfsgemeinschaften mit mehr als 5 Personen ist nicht erkennbar. Vielmehr wird die Unschlüssigkeit der Angemessenheitsgrenzwertermittlung über den örtlichen Mietspiegel insoweit dekuvriert, als eine valide statistische Datenmenge bereits für den größeren Vergleichsraum nicht zu ermitteln war.

3. Die Kammer kommt vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis, dass ein schlüssiges Konzept für den streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht mehr entwickelt werden kann und es sich um einen Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten handelt. Die umfassen-de Ermittlung der Daten sowie die Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts ist Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsiche-rungsträger sein schlüssiges Konzept vorlegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S. 1, 2. Hbs. SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungs-grundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (vgl. BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 51 (Duisburg), Rn. 21; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 29 Rn. 25). Liegen aber keine Ermittlungsergebnisse vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume deshalb nicht unverhältnismäßig aufwän-dige Ermittlungen nachträglich durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Er-kenntnisse und Daten nicht entwickelt werden kann (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 87/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 73; BSG, Beschluss vom 05. Juni 2014 – B 4 AS 349/13 B, juris; BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 45/14 R –, Rn. 19, juris).

4. Die Kläger werden aber durch das Vorgehen des Beklagten nicht beschwert, denn der Beklagte kommt auf der Grundlage seiner Vorgehensweise zu günstigeren Ergebnissen als die Kammer. Im Falle eines Erkenntnisausfalls zur Ermittlung der angemessenen Re-ferenzmiete sind zwar grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Die Übernahme der tatsächlichen Kosten kann allerdings nicht unbegrenzt erfolgen. Es gibt eine Angemessenheitsgrenze nach oben. Durch sie soll verhindert werden, dass extrem hohe und damit nicht nur nach Auffassung des Grundsicherungsträgers, sondern per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler zu finanzieren sind. Die Grenze findet sich insoweit in den Tabellenwerten zu § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz - WoGG - (BSG, Ur-teil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R). Die Bestimmung erfolgt dabei anhand der Anzahl der haushaltszugehörigen Personen und der Mietenstufe der jeweiligen Gemeinde, die in der Anlage zu § 1 Abs. 3 der auf Grundlage des § 38 Nr. 2 WoGG erlassenen Wohngeld-verordnung (WoGV) festgelegt ist (st. Rspr., vgl. BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R – Rn. 19; BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 45/14 R –, Rn. 25, juris).

Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 87/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 73) auf diese Werten ein "Sicherheitszuschlages" von 10 % vorzunehmen. Begründend hat der 4. Senat auf die unterschiedliche Konzeption des Wohngeldrechts zum Grundsicherungsrecht hingewiesen. Dieser Unterschied liegt darin, dass die Angemessenheitsgrenzen nach § 12 WoGG allein eine abstrakte, der Begren-zung der zu übernehmenden Aufwendungen dienende Funktion haben, die, gleichwohl differenziert katalogisiert (Mietstufen), unabhängig von den konkreten Umständen im Ver-gleichsraum bestimmt sind und nicht den Anspruch erheben die Mieten für Wohnraum in jedem Falle zutreffend abzubilden (vgl. Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, WoGG, § 12 RdNr 14, 65. Lfg Mai 2011), während die nach § 22 Abs.1 S. 1 SGB II angemessene Mie-te gewährleisten muss, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum vor-handen ist. Dem trägt der "Sicherheitszuschlag" von 10 % auf die Werte zu § 12 WoGG im Rahmen des unbestimmten Rechtsgebietes der Angemessenheit nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II Rechnung. Die Höhe des Zuschlages ist höchstrichterlich so bemessen worden, dass möglichst sicher gestellt ist, dass Leistungsempfänger in die Lage versetzt werden, im örtlichen Vergleichsraum eine Unterkunft zu finden, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen entspricht (BSG a.a.O., Rn. 27 f.; vgl. zuletzt: BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 85, Rn. 30). Die Grenzwertbestimmung des BSG sucht also eine eher auskömmli-che als zu kurz greifende Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (zu diesem Ansatz unter gleicher Teleologie vgl. z. B. auch auf Seiten der Heizkosten: BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R –, BSGE 114, 1-11, SozR 4-4200 § 22 Nr 69, Rn. 22 ff.). Andernfalls erwiese sich die Grenzwertbestimmung auch als unzulässige Pauschalierung. Denn eine solche ist ohne gesicherte empirische Grundlage bei Bestimmung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht zulässig (vgl. BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 u.a., BVerfGE 125, 175 Rn.171; vgl. BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 18/06 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 3, BSGE 97, 254-265, SozR 4-4200 § 11 Nr 1, SozR 4-4225 § 3 Nr 1, SozR 4-4200 § 11 Nr 4, SozR 4-4225 § 3 Nr 1, Rn. 23). Entsprechend ist, abseits einer herrschenden Wohnungsnot zum streitgegen-ständlichen Zeitpunkt im Vergleichsraum, im Regelfall davon auszugehen, dass Wohnraum zu den als abstrakt angemessen bestimmten Grenzwerten auch verfügbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 46, Rn. 30-32; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 36; BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 5 C 14/95 –, BVerwGE 101, 194-102, Rn. 13; Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22, Rn. 98). Andernfalls wäre jede abstrakte Grenzwertbestimmung – jedenfalls soweit sie nicht (auch) wesentlich auf aktuellsten Angebotsmieten basierte - zudem praktisch überflüssig (vgl. auch Berlit, in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22, Rn. 70; ders.: info also 2010, S. 195; Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, 2013, § 22, Rn. 130; wohl anders: Boerner, in: Löns- Herolold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 22, Rn. 48). Hier zeigt sich eine Parallele zum Vorgehen auf Seiten der übernahmefähigen Heizkosten (dazu III.).

Bei einem Sechs-Personen-Haushalt und der Mietenstufe III (Stolberg) ist somit dem der Wohngeldtabelle zu entnehmende Betrag von 715,00 EUR zzgl. eines Sicherheitszuschlages von 71,50 EUR, also ein Gesamtbetrag von 786,50 EUR für die Bruttokaltmiete übernahmefähig (Anlass für eine Mietstufenverschiebung, vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 45/14 R besteht vorliegend nicht).

II. Die Kosten der Unterkunft sind auch nicht ausnahmsweise in tatsächlicher, erheblich abstrakt unangemessener Höhe als im konkreten Einzelfall angemessen anzuerkennen (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 18/06 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 3, BSGE 97, 254-265, SozR 4-4200 § 11 Nr 1, SozR 4-4225 § 3 Nr 1, SozR 4-4200 § 11 Nr 4, SozR 4-4225 § 3 Nr 1, Rn. 22 unter Zitat von BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 5 C 14/95 –, BVerwGE 101, 194-102, Rn. 13; Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, 2013, § 22, Rn. 123 f.; Berlit, in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22, Rn. 69 f. m.w.Nachw.; Geiger, Unterkunfts- und Heizkosten nach dem SGB II, 2013, S. 135 f.). Ausgehend davon, dass der beschriebene "Sicherheitszuschlag" auf die Tabellenwerte in § 12 WoGG nach der Rechtsprechung des BSG bereits dem Umstand Rechnung trägt, dass gewährleist sein muss, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum tatsächlich anmietbar ist, also im Regelfall von einer konkreten Verfügbarkeit zu dem abstrakt bestimmten Grenzwert auszugehen ist, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Unmöglichkeit der Kläger zum streitbefangenen Zeitraum Wohnraum zu den abstrakt angemessenen Werten tatsächlich anmieten zu können. Die dahingehende Vermutung konnte nicht erschüttert werden (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R –, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 36; zur Terminologie der "Vermutung": BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 46, Rn. 32; BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 5 C 14/95 –, BVerwGE 101, 194-102, Rn. 13 [Anforderungen durch Marktlage mitbestimmt]). Dies gilt umso mehr, als der Beklagte im Rahmen des Verfahrens S 8 AS 838/13 ER als Ergebnis einer Recherche in lediglich einem Internetportal an nur einem Tag bereits mehrere konkrete angemessene Angebote zu verfügbaren Unterkünften aus dem Spätsommer 2013 vorgelegt hat (vgl. insoweit Akzentuierungen in älterer Rspr. des BSG, Urteil vom 19. März 2008 – B 11b AS 41/06 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 7, Rn. 23; BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 10/06 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 2, BSGE 97, 231-242, SozR 4-4200 § 44 Nr 1, Rn. 25; Berlit, in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22, Rn. 69 f.; Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22, Rn. 98; auch: BVerwG, Urteil vom 17. November 1994 – 5 C 11/93 –, BVerwGE 97, 110-117, Rn. 13 [Notwendigkeit der Darlegung einer günstigeren Alternative durch den Leistungsträger, wenn selbst abstrakt angemessene Kosten nicht übernommen werden sollen]).

Der Vortrag der Kläger, angemessener Wohnraum sei für eine Sechs-Personen-Bedarfsgemeinschaft, zumal bei Vorliegen eines Eintrages im Verzeichnis der Schufa Holding AG eben nicht vorhanden, bleibt vor diesem Hintergrund ohne die nötige Sub-stanz, zumal einer keinen Zweifeln unterliegenden geringeren Wohnraumverfügbarkeit für einen Sechs-Personen-Haushalt (nicht nur aber auch im unteren Wohnsegment) im Ver-gleich zu Bedarfsgemeinschaften mit einem Wohnbedarf für bis zu fünf Personen auch eine erheblich geringere Mitbewerberzahl um kostengünstigen Wohnraum gegenübersteht (vgl. zu Regression der Nachfrager bei zunehmender Haushaltsgröße: Tabelle 9 des End-berichts des schlüssigen Konzeptes des Beklagten). Hinzu tritt, dass die Bedarfsgemein-schaft nicht auf eine Suche in der Stadt U beschränkt gewesen wäre. Die Klägerin zu 1) hat mit ihren Kindern noch bis zum Umzug in F gelebt, gleiches gilt für den Kläger zu 6). Gründe, die nunmehr eine Wohnsitznahme ausschließlich in U zuließen, sind nicht er-sichtlich. Eine erfolglose Wohnungssuche zu den abstrakt angemessenen Werten haben die Kläger nicht einmal behauptet (vgl. auch den Hinweis des LSG NRW vom 16.10.2013 im Verfahren L 2 AS 1736/13 B ER), obwohl unter den vorliegenden Auspizien eine detail-lierte Darlegung der Leistungsberechtigten zu verlangen ist, dass diese sich intensiv um eine kostenangemessene Wohnung bemüht haben (so bereits BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 – 5 C 14/95 –, BVerwGE 101, 194-102, Rn. 13 – zitiert von BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 18/06 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 3, BSGE 97, 254-265, SozR 4-4200 § 11 Nr 1, SozR 4-4225 § 3 Nr 1, SozR 4-4200 § 11 Nr 4, SozR 4-4225 § 3 Nr 1, Rn. 22; vgl. ferner: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Dezember 2006 – L 5 B 1010/06 AS ER –, Rn. 12, juris; Berlit, in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22, Rn. 70 m. w. Nachw.; anders: Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22, Rn. 98).

Indiziell gegen die Behauptung der Kläger spricht zudem, dass eine "Hochrechnung" auf der Basis des "Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft in der StädteRegion Aa-chen" eine Angemessenheitsgrenze von 730,00 EUR für die Bruttokaltmiete ergibt.

Dessen ungeachtet berücksichtigt der Beklagte zudem bereits signifikant höhere Kosten (832,85 EUR) als auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung als abstrakt ange-messen zu betrachten. Der "Sicherheitszuschlag" auf die Tabellenwerte zu § 12 WoGG beträgt hier faktisch 16,5 % (so im Ergebnis bereits zum hiesigen Einzelfall: SG Aachen, Beschlüsse vom 06.09.2013 – S 8 AS 838/13 ER – bestätigt "aus den zutreffend Grün-den" vom LSG NRW mit Beschluss vom 23.10.2013 – L 2 AS 1736/13 B ER – und PKH-Beschluss vom 11.02.2014 – S 8 AS 1037/13 – bestätigt "aus den zutreffenden Gründen" vom LSG NRW mit Beschluss vom 22.12.2014 – L 2 AS 623/14 B).

Vor diesem Hintergrund konnte die Kammer sich zu keinen weiteren Ermittlungen ge-drängt sehen. Ohnehin fehlt für eine Validierung des Fehlens einer konkreten Verfügbar-keit von Wohnraum für die Kläger zu den abstrakt angemessenen Preisen im Oktober 2013 bei Klageerhebung im März 2015 die Koinzidenz.

III. Auch im Bereich der Heizkosten ist die neue Unterkunft der Kläger nicht angemessen. Das BSG hat im Urteil vom 12.06.2013, B 14 AS 60/12, die Strukturen der Ermittlung an-gemessener Heizkosten und des Absenkungsverfahrens dargelegt:

Die Angemessenheit von Heizkosten ist getrennt von den sonstigen Unterkunftskosten zu ermitteln. Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis pro abstrakt abgemessener Quad-ratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Woh-nungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes müsste ausgehend von einem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingun-gen, wechselnde Energiepreise, die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im ent-sprechenden Mietsegment "typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand ei-ner als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Entsprechend differenzierte Daten, die einen solchen Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, d.h. für alle Wohnungen im Vergleichsraum geltenden Heizkostenwert zuließen, liegen für den maß-geblichen Wohnungsmarkt am Wohnort/ für den Wohnungsmarkttyp der Kläger nicht vor. Der Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert als Quadratmeterhöchstgrenze würde eine unzulässige Pauschalierung von Heizkosten bedeuten (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 23, Rn. 19; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris Rn.19). Solche Schätzungen eines pauschalen Wertes "ins Blaue hinein" ohne gesicherte empirische Grundlage sind bei Be-stimmung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums nicht zulässig (vgl. BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 u.a., BVerfGE 125, 175 Rn.171); dies gilt für Regelbedarfe und Bedarfe für Unterkunft und Heizung gleichermaßen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R –, BSGE 114, 1-11, SozR 4-4200 § 22 Nr. 69, Rn. 21).

Da gleichwohl auch hinsichtlich der Aufwendungen für Heizung unangemessen hohe Kos-ten vom Träger der Grundsicherung nicht gezahlt werden müssen, eine abstrakte Festle-gung dieser "angemessenen Aufwendungen" aber nicht möglich erscheint, hat eine Prü-fung der Heizkosten auf ihre Angemessenheit hin allein orientiert an den Verhältnissen des Einzelfalles zu erfolgen. Das BSG hat dabei ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstan-zen in Bezug genommene Grenzwerte überschritten werden, die das BSG den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommu-nalen Heizspiegeln" bzw. dem "Bundesweiten Heizspiegel" entnimmt (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 23, Rn. 21; (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris Rn. 19). Solange der jeweils örtlich zustän-dige Träger der Grundsicherung keine im dargestellten Sinne differenzierte Datenermitt-lung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständig-keitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Prakti-kabilität geboten. Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkos-tenspiegel kommt zwar nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt näm-lich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich in-soweit um angemessene Kosten. Der Grenzwert markiert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als kardinales Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwen-dungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Hilfebedürftigen Leistungsemp-fängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast. Dieser Anscheinsbeweis mit dem Grenzwert des Heizkostenspiegels gilt für alle Heizungsarten, auch für Einzelöfen, Holz-heizungen, Stromheizungen und Solarheizungen. Es geht um einen standardisierten Grenzwert. (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R –, BSGE 114, 1-11, SozR 4-4200 § 22 Nr 69, Rn. 22 ff.; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29. Janu-ar 2014 – L 7 AS 25/14 B ER –, juris, Rn. 26).

Der von den Klägern geforderte Heizkostenabschlag von 200,00 EUR monatlich ist danach unangemessen. Nach den hier in Ermangelung eines lokalen Heizspiegels zugrunde zu legenden Werten des bundesweiten Heizspiegels 2013 liegt der Wert für einen extrem/ zu hohen Verbrauch bei der vorliegenden Gebäudegröße (140 qm) mit Erdgasheizung bei 1,50 EUR/qm monatlich. Danach beträgt der als angemessen zu übernehmende Abschlags-höchstwert – wie vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2015 zutreffend dargelegt - 187,50 EUR (1,55 EUR x 125 qm) monatlich. Die Kläger haben keine Gründe dafür substantiiert, die einen höheren Verbrauch in ihrem Einzelfall rechtfertigten. Soweit der Kläger-Bevollmächtigte moniert, es bleibe unberücksichtigt, dass das Haus tatsächlich 140 Quadratmeter habe und damit größer sei als abstrakt angemessen, Wohnraum in den Angemessenheitsgrenzen aber gerade nicht anmietbar gewesen sei, gilt entsprechendes wie unter II. dargelegt. Der Umstand, dass es sich um ein frei stehendes Haus handelt ist angesichts dessen für sich nicht geeignet, das wiederrum erhebliche Überschreiten des bereits sehr erhöhte Heizkosten umschließenden Grenzwertes nach dem Bundesweiten Heizkostenspiegel nachvollziehbar werden zu lassen.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

C. Die Berufung ist nicht statthaft, vgl. § 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG ... Der Beschwer-dewert beträgt 299,30 EUR (1170,00 EUR [tatsächliche KdUH]: 720 EUR + 250 EUR + 200 EUR) – 1020,35 EUR ([gewährte KdUH]: 832,85 EUR Bruttokaltmiete [643,85 + 189,10 EUR] + 187,59 Heiz-kosten) x 2 Monate.

Die Kammer sieht keinen Anlass, der als Anregung zu verstehenden Beantragung des Kläger-Bevollmächtigten die Berufung zuzulassen zu folgen. Die Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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