S 12 VS 16/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
12
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 12 VS 16/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Fahrtkosten streitig.

Der am 00.00.00 geborene Kläger ist von Beruf Tierarzt und war als solcher vollschichtig bei der Bundeswehr als Soldat auf Zeit – zuletzt im Range eines P. – beschäftigt. Am 01.08.2014 endete seine Dienstzeit. Bereits seit dem 09.04.2014 war der Kläger arbeitsunfähig. Bei Beendigung des Wehrdienstverhältnisses bestand eine Heilbehandlungsbedürftigkeit einer rezidivierenden Leistenhernie beidseits mit Wundheilungsstörung.

Mit Bescheid vom 29.08.2014 gewährte der Landschaftsverband Rheinland dem Kläger aufgrund der Gesundheitsstörung

"Rezidiv-Leistenhernie bds. mit Wundheilungsstörung, offene Wundbehandlung"

ab dem 02.08.2014 Heilbehandlung nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses nach § 82 Abs. 1 Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass zuständig für die Durchführung der Heilbehandlung der Beigeladene war.

Mit Bescheid des Beklagten vom 05.12.2016 stellte dieser als Schädigungsfolge nach § 81 SVG beim Kläger fest:

"Vorübergehende Sensibilitätsstörungen nach Spinalnervenpunktion S 1 links Vorübergehende Verschlimmerung des Wurzelreizsyndroms S 1 links bei Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1 Minderbelastbarkeit in der Leistengegend bei Wundheilungsstörungen der rechten und der linken Leiste nach Operation"

Der GdS wurde mit 30 bewertet. Die ebenfalls vorliegenden Gesundheitsstörungen

"Narben unterhalb seitlich des Nabels nach operativer Versorgung von Leistenbrüchen rechts 23/08/13 und links 01/10/13 bei anlagebedingter Bindegewebsschwäche und Depression"

wurden nicht als Schädigungsfolge anerkannt. Für die anerkannte Wehrdienstbeschädigungs-Folge wurde ein ab dem 02.08.2014 ein Anspruch auf Heilbehandlung nach den Vorschriften § 10 Abs. 1 und Abs. 2 BVG festgestellt.

Mit Schreiben vom 09.12.2016 stellte der Kläger bei dem Beigeladenen einen Antrag auf Reisekostenerstattung nach § 24 BVG für Fahrten zur Fachärztin für Allgemeinmedizin, Psychotherapie und Diabetologie M in L am 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00 sowie am 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00, 00.00.00und 00.00.00.

Die beigeladene Krankenkasse teilte dem Kläger mit, dass eine Erstattung von Fahrtkosten nur insoweit berücksichtigt werden könne, wenn diese bei der Inanspruchnahme des nächsterreichbaren geeigneten Behandlers entstehen. Der Kläger wurde aufgefordert nachzuweisen, dass dies für die Praxis der M zutrifft.

Mit Bescheid vom 22.12.2016 erstatte der Beigeladene dem Kläger 16,00 EUR für den Zeitraum 17.09.2014 bis 01.12.2014 (zugrunde gelegt wurden die Fahrtkosten zum Universitätsklinikum in Aachen). Mit weiterem Bescheid vom 22.12.2016 erstatte die beigeladene Krankenkasse dem Kläger 48,00 EUR für den Zeitraum vom 08.01.2015 bis 17.12.2015.

Hiergegen legte der Kläger beim Beklagten jeweils am 10.01.2017 Widerspruch ein.

Auf entsprechende Anträge des Klägers hin bewilligte die beigeladene Krankenkasse sodann weiterhin folgende Fahrtkosten:

Mit Bescheid vom 13.02.2017 Fahrtkosten in Höhe von 4,00 EUR für eine Fahrt am 00.00.00. Hiergegen legte der Kläger am 11.03.2017 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 24.04.2017 Fahrtkosten in Höhe von 4,00 EUR für eine Fahrt am 00.00.00. Hiergegen legte der Kläger am 17.05.2017 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 18.05.2017 Fahrtkosten in Höhe von 4,00 EUR für eine Fahrt am 00.00.00. Hiergegen legte der Kläger am 23.05.2017 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 22.06.2017 Fahrtkosten in Höhe von 4,00 EUR für eine Fahrt am 00.00.00. Hiergegen legte der Kläger am 11.07.2017 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 17.07.2017 Fahrtkosten in Höhe von 4,00 EUR für eine Fahrt am 00.00.00. Hiergegen legte der Kläger am 19.07.2017 Widerspruch ein.

Am 19.07.2017 hat der Kläger gegen den Beklagten eine Untätigkeitsklage im Hinblick auf die Nichtbescheidung des Widerspruchs gegen die Bescheide vom 22.12.2016 erhoben. Diese ist hier zunächst unter dem Aktenzeichen S 12 VS 10/17 geführt worden.

Mit Bescheid vom 22.08.2017 hat die beigeladene Krankenkasse dem Kläger Fahrtkosten in Höhe von 4,00 EUR für eine Fahrt am 00.00.00 bewilligt. Hiergegen hat der Kläger am 11.09.2017 Widerspruch eingelegt.

Mit Bescheid vom 26.09.2017 hat der Beigeladene dem Kläger Fahrtkosten in Höhe von 4,00 EUR für eine Fahrt am 00.00.00 bewilligt. Hiergegen hat der Kläger am 02.10.2017 Widerspruch eingelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2017 hat der Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 22.12.2016, 13.02.2017, 24.04.2017, 18.05.2017, 22.06.2017, 17.07.2017, 19.07.2017, 22.08.2017 und 26.09.2017 als unbegründet zurückgewiesen.

Nach Hinweis des Kammervorsitzenden hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10.12.2017 die Untätigkeitsklage auf eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (S 12 VS 16/17) umgestellt. Mit Beschluss vom 09.03.2018 ist B zum Verfahren einfach beigeladen worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Befundberichts der Frau M.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 04.09.2018 hat der Kläger weiterhin die Auffassung vertreten, der Beklagte habe die ihm entstandenen tatsächlichen Kosten für die Fahrten zu Frau M nach L zu erstatten. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen hierzu den Vortrag aus seinen Schriftsätzen.

Er hat beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 22.12.2016, 13.02.2017, 24,04,2017, 18.05.2017, 22.06.2017, 17.07.2017, 19.07.2017, 22.08.2017 und 26.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2017 zu verurteilen, die ihm für all diese Fahrten real entstandenen und geltend gemachten Kosten zu den Fahrten zur Ärztin nach L in voller Höhe zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beigeladene, dessen Erscheinen freigestellt war, hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zwischenzeitlich umgestellte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und der Kläger durch sie nicht in seinen Rechten gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt.

Gemäß § 80 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz – SVG) erhält ein Soldat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Gesetzes über Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz – BVG), sowie das SVG selbst insoweit nichts Abweichendes bestimmt. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 BVG ist von der Versorgung u.a. die Heil- und Krankenbehandlung (§§ 10 bis 24a BVG) mitumfasst.

Beim Kläger ist als Wehrdienstbeschädigung gemäß § 81 SVG festgestellt:

Vorübergehende Sensibilitätsstörungen nach Spinalnervenpunktion S 1 links Vorübergehende Verschlimmerung des Wurzelreizsyndroms S 1 links bei Bandscheibenvorfall LWK5/SWK1 Minderbelastbarkeit in der Leistengegend bei Wundheilungsstörungen der rechten und der linken Leiste nach Operation

Für diese Schädigungsfolgen steht ihm eine Heilbehandlung nach § 10 Abs. 1 BVG zu, worunter nach § 11 Abs.1 Satz 1 BVG u.a. auch die ambulante ärztliche Behandlung nebst Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln gehört. Insoweit gelten die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkassen (§ 18c Abs. 2 Satz 1 BVG) ihren Mitgliedern verpflichtet sind, auch für die Versorgungsleistungen, sofern das BVG selbst nichts anderes bestimmt.

Nach § 18c Abs. 1 BVG werden die §§ 10 bis 24a BVG grundsätzlich von "der Verwaltungsbehörde", sprich dem Beklagten, durchgeführt. Im Rahmen dieser Zuständigkeit erbringen die Verwaltungsbehörden Zahnersatz, Versorgung mit Hilfsmitteln, Bewegungstherapie, Sprachtherapie, Beschäftigungstherapie, Belastungserprobung, Arbeitstherapie, Badekuren nach § 11 Abs. 2 und § 12 Abs. 3 BVG, Ersatzleistungen, Versehrtenleibesübungen, Zuschüsse zur Beschaffung von Zahnersatz, Führhundzulage, Beihilfe zu den Aufwendungen für fremde Führung, Pauschbetrag als Ersatz für Kleider- und Wäscheverschleiß, Erstattungen nach § 16g, Beihilfe nach § 17, Leistungen nach § 18 Abs. 3 bis 8 und § 24, soweit die Verwaltungsbehörde für die Erbringung der Hauptleistung zuständig ist, Kostenerstattungen an Krankenkassen, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für Zeiten des Bezugs von Versorgungskrankengeld, Ersatz der Aufwendungen für die Alterssicherung sowie Beiträge zur Arbeitsförderung. Demgegenüber werde die übrigen Leistungen – also auch die Erstattung von Fahrtkosten - nach § 18c Abs. 1 Satz 3 BVG von den Krankenkassen für die Verwaltungsbehörde erbracht, vorliegend also vom Beigeladenen.

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Fahrtkosten ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob er wegen eines sogenannten Versorgungsleidens behandelt wurde oder nicht. Im ersten Fall ergibt sich die Zuständigkeit des Beigeladenen aus § 18c Abs. 1 S 3 i.V.m. § 24 BVG. Ist der Kläger wegen eines schädigungsunabhängigen Leidens behandelt worden, kommt eine originäre Zuständigkeit seiner Krankenkasse in Betracht (vgl. dazu Bundessozialgericht – BSG – Beschluss vom 25.10.2012 - B 9 V 14/10 B = juris Rn. 10). Eine originäre Zuständigkeit des Beklagten für Heilbehandlung wegen einer Nichtschädigungsfolge scheidet gemäß § 10 Abs. 2 BVG aus, da es sich beim Kläger nicht um einen Schwerbeschädigten im Sinne des § 31 Abs. 2 BVG handelt. Der festgestellte GdS beträgt 30.

Der Beklagte ist – auch wenn dies im Einzelnen klarer hätte herausgearbeitet werden können – offenbar davon ausgegangen, dass die Vorstellungen des Klägers bei Frau M letztlich allesamt zumindest auch der Heilbehandlung der festgestellten Schädigungsfolgen dienten. Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer unter Berücksichtigung der Darlegungen der behandelnden Ärztin Frau M an.

In diesem Fall war mithin zutreffende Rechtsgrundlage zur Prüfung eines Anspruchs des Klägers – hierauf weist dieser im Ergebnis zutreffend hin – § 24 BVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BVG hat Anspruch auf Übernahme der Reisekosten, die im Zusammenhang mit einer Leistung der Heil- oder Krankenbehandlung sowie einer Badekur entstehen. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 BVG werden dem Berechtigten in diesem Fall unter anderem die notwendigen Reisekosten in angemessenen Umfang ersetzt.

Schon der Wortlaut der Norm macht nach Auffassung der Kammer deutlich, dass nicht etwa jedwede Fahrt zu jedem Arzt zur Behandlung eines Versorgungsleidens einen entsprechenden Anspruch auf Ersatz der hierfür aufgewendeten Kosten begründet (vgl. zur Wortlautauslegung bzw. grammatikalischen Auslegung, Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, 3. Aufl. 1999, Rn. 360; Canaris/Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S 163 f.; Wank, Die Auslegung von Gesetzen, 6. Aufl. 2015, § 5). Die Norm spricht in Absatz 1 Satz 2 vielmehr davon, dass ein Anspruch auf die "notwendigen Reisekosten" in "angemessenem Umfang" besteht. Schon der Wortlaut gibt mithin eine zweistufige Prüfung vor, nämlich die Klärung, a) was notwendig war, um das gesteckte Ziel zu erreichen und b) was angemessen ist, um die dadurch entstandenen Kosten abzugelten (vgl. dazu LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 04.12.2002 - L 4 V 13/02 =juris). Hierbei handelt es sich in beiden Fällen um sog. "unbestimmte Rechtsbegriffe", die ihrerseits einer weiteren Auslegung bedürfen. In diesem Zusammenhang ist zweifellos zu beachten, dass das Leistungsrecht nach dem BVG grundsätzlich an verschiedenen Stellen eine Anknüpfung an das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V) hat. Normativ zeigt sich dies beispielsweise § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG mit seinem Verweis auf das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. dazu etwa Vogl, in: Knickrehm, Gesamtes soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 11 Rn. 6 ff.; Rohr/Sträßer/Dahm, Bundesversorgungsgesetz, 7. Aufl. 108. Lfg. 08/2017, § 11-28). Vor diesem Hintergrund sind auch die Begriffe der Notwendigkeit und der Angemessenheit auszulegen. Eine Notwendigkeit kann danach nach Auffassung der Kammer nur dann angenommen werden, wenn die konkrete Behandlung – unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden Schädigungsleidens aber auch der für die Durchführung der Behandlung erforderlichen Schritte, einschließlich der Frage der Entfernung zum Behandlung – medizinisch, oder aus anderen Gründen, indiziert war.

Im vorliegenden Fall waren die geltend gemachten Reisekosten demgegenüber nach Auffassung der Kammer offensichtlich nicht notwendig im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 BVG. Frau M hat in ihrem Befundbericht vom 15.04.2018 zutreffend darauf hingewiesen, dass die von ihr vorgenommenen Behandlungen durch jeden Hausarzt oder jede Hausärztin hätten erbracht werden können. Dies habe von Anfang an und zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Verlauf gegolten. Sie selbst habe den Aspekt der weiten Anfahrt auch wiederholt kritisch mit dem Kläger erörtert. Er habe den Behandlungswunsch mit seinen ohnehin regelmäßigen und zu seiner seelischen Stabilisierung notwendigen Besuchen bei Freunden in L begründet.

Es steht zur Überzeugung der Kammer sicher fest, dass die streitigen Fahrten zu den durchgeführten Behandlungen zu keiner Zeit konkret notwendig im obigen Sinne waren. Die Behandlung, wie sie der Kläger bei Frau M in Anspruch genommen hat, hätte von jedem Hausarzt erbracht werden können. Dies hat der Beklagte zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt und dies wurde auch durch die Behandlerin M angegeben. Eine besondere medizinische Notwendigkeit bestand insoweit nicht. Das Aufsuchen der Behandlerin M in L in regelmäßigen Abständen war vielmehr nicht nur nicht medizinisch notwendig, es ist für einen objektiven Dritten auch nicht ansatzweise nachvollziehbar. Der Kläger gibt an, er könne nicht für einen längeren Zeitraum sitzen. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung stand der Kläger die ganze Zeit. Vor diesem Hintergrund stellte schon eine Reise nach L eine besondere logistische Herausforderung dar, die der Kläger nach eigenen Angaben unter Rückgriff auf Freunde und Kameraden bewerkstelligt haben will. Die Kammer hat davon abgesehen, in diese Richtung weiter zu ermitteln, da es vorliegend auf diese Frage, die unmittelbar mit der Feststellung zusammenhängt, wie schwer tatsächlich die beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind, letztlich nicht ankam. Für jeden objektiven Dritten eindeutig ist jedenfalls, dass die Arztbesuche in L medizinisch nicht geboten waren.

In diesem Zusammenhang ebenfalls nicht weiter vertiefen will die Kammer, welche Bedeutung der Tatsache zuzumessen ist, dass Frau M nach eigenen Angaben den Kläger bei den ersten Besuchen arbeitsunfähig geschrieben hat, ohne ihn einer eigenen körperlichen Untersuchung zu unterziehen (zur Unzulässigkeit eines entsprechenden Vorgehens im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung vgl. nur BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R).

Neben der mangelnden medizinischen Notwendigkeit wäre die Übernahme der Fahrtkosten aber auch nicht angemessen gewesen. Der Begriff der Angemessenheit konstituiert, wie auch in anderen rechtlichen Zusammenhängen, vorliegend eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Kosten.

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass nach den Feststellungen der Behandlerin Frau M der Kläger angegeben hatte, ohnehin Freunde in L zu besuchen und er aus diesem Grund ohnehin zugegen sei. Reist der Kläger aber schon nicht wegen einer Behandlung nach L – was medizinisch, wie bereits ausgeführt, nicht geboten war – sondern begibt er sich anlässlich eines Aufenthalts in L zu der Ärztin, so kommt die Abrechnung der Fahrtkosten für die Fahrten nach L jedenfalls nicht in Betracht. Aber unabhängig von der Frage, ob der Kläger sich hier rechtswidrig die Fahrtkosten für Freundschaftsbesuche in L vom Beklagten erstattet lassen wolle – und auch unabhängig von der Frage, wie ein solches Verhalten selbst rechtlich zu bewerten wäre – wäre auch dann die Erstattung der Kosten nicht angemessen gewesen, wenn und soweit er tatsächlich allein zur Behandlung nach L gefahren wäre, da – insoweit wird wieder auf die obigen Ausführungen verwiesen – es letztlich nicht medizinisch indiziert war und allein einer Vorliebe des Klägers entsprochen hätte. Diese Vorlieben sind dem Kläger, der zu Recht auf die bestehende freie Arztwahl hingewiesen hat, durchaus auch zuzubilligen. Es hindert ihn auch niemand daran weiterhin zu Frau M zu fahren. Die Erstattung der Kosten kommt nach obigen Ausführungen allerdings nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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