Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
102
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 102 AS 3465/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Der 1967 geborene Kläger begehrt die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II.
Der Kläger ist Vater einer im Dezember 2003 geborenen Tochter. Er bewohnt allein eine 73 qm große 3-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, welches im Eigentum seines Vaters steht. Er hat dort freies Wohnrecht. Der Kläger ist zudem Eigentümer des 500 qm großen unbebauten Nachbargrundstücks Z, welches baurechtlich für eine zweigeschossige Wohnbebauung zugelassen ist (Bl. VA). Wegen der räumlichen Lage wird auf die Bodenrichtwert-Information (Bl VA) und die vom Beklagten gefertigte Skizze (Bl. VA) Bezug genommen. Einen ersten Antrag des Klägers vom 23. September 2004 auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II lehnte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Januar 2005 ab. Am 1. April 2005 erhielt der Kläger von seinem Vater einen Betrag von 4.000 EUR zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Seit dem Verbrauch dieses Geldes erhält er fortlaufend monatlich 400 EUR.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13. Dezember 2005 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 20. Oktober 2005 auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2006 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dem Kläger sei es zuzumuten, das ihm gehörende Grundstück zu verwerten und aus dem Erlös seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen ausführt: Eine Verwertung des Grundstücks sei ihm nicht zuzumuten. Das Grundstück habe ihm der Vater vor langer Zeit zu Wohnzwecken übertragen. Er beabsichtige schon lange, das Grundstück zu bebauen und zu bewohnen. Es sei ihm zusammen mit seinem Vater als Kreditnehmer gelungen, ein Baudarlehen zu erhalten. Für das Baudarlehen sei eine bereits im Grundbuch eingetragene Grundschuld wieder aktiviert worden. Das Grundstück sei nunmehr mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebaut, welches voraussichtlich im März/April 2007 bezugsfertig sein werde. Eine Verwertung des Grundstücks sei unwirtschaftlich. Nach der Bodenrichtwerttabelle ergebe sich ein Wert von 85.000 EUR. Verwertbar wäre es jedoch maximal auf der Grundlage eines Verhandlungsbasispreises von 59.000 EUR. Der Preis sei noch nach unten zu korrigieren. Hinzu kämen Gebühren und andere Entgelte in Höhe von insgesamt ca. 5.000 EUR. Es käme zu einem Verlust von 36 %. Auch wegen seiner Erkrankung an Leukämie im Jugendalter und einem deshalb anerkannten Grad der Behinderung von 40 sei ihm das Grundstück zur Wohnraumbeschaffung zu belassen. Der Kläger verfüge zudem über kein eigenes Einkommen. Geld habe er von seinem Vater lediglich als zurückzuzahlendes Darlehen erhalten. Die Einmalzahlung von 4.000 EUR habe er nach 10 Monaten verbraucht. Dann hätten sie einen Folgevertrag geschlossen, der im Sommer auslaufe. Er sei schließlich wegen fehlendem Krankenversicherungsschutz hilfebedürftig.
Einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Gericht mit Beschluss vom 18. Mai 2006 - S 102 AS 3465/06 ER - zurückgewiesen
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2006 zu verurteilen, für den Zeittraum ab 20. Oktober 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 345,- Euro zu gewähren,
hilfsweise, die Kosten für eine Krankenversicherung zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Vater des Klägers, den Zeugen Sch., vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte, die Verfahrensakte S 102 AS 3465/06 ER und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die vorgelegen hat und dessen wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Der Kläger ist nicht hilfebedürftig im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II. Zur Überzeugung des Gerichts ist er in der Lage, seinen Lebensunterhalt sowohl mit Hilfe seines Vaters als auch durch die Verwertung seines Grundstücks zu bestreiten.
Da der Kläger freies Wohnrecht hat, war von einem für Alleinstehende gemäß § 20 Abs. 2 SGB II anzuerkennenden monatlichen Bedarf in Höhe von 345 EUR auszugehen.
Dieser Bedarf war bzw. ist durch die einmalige Zuwendung von 4.000 EUR am 1. April 2005 und die anschließenden monatlichen Zuwendungen des Vaters des Klägers, des Zeugen Sch., in Höhe von 400 EUR gedeckt. Diese Zuwendungen sind gemäß § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen. Einkommen im Sinne dieser Vorschrift sind grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, wenn und soweit mit ihnen eine Rückzahlungsverpflichtung nicht verbunden ist (vgl. Eicher/Spellbrink, SGB II, § 11 Rdnr. 27 m. w. N.). Das Gericht vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass mit den von dem Kläger erhaltenen Zuwendungen eine Rückzahlungsverpflichtung verbunden ist. Dies geht zu seinen Lasten. Schon nach dem Inhalt des schriftlichen Darlehensvertrages vom 1. April 2005 steht die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers unter der aufschiebenden Bedingung, dass er über eigenes Einkommen verfügt. So bestimmt der Vertrag: "Das Darlehen muss getilgt werden, sobald ein Einkommen erzielt wird". Solange der Kläger kein Einkommen erzielt, besteht also keine Rückzahlungsverpflichtung. Vereinbarungen über ein Widerrufs- bzw. Kündigungsrecht des Zeugen Sch. enthält der Vertrag – im Unterschied zu dem geregelten Widerrufsrecht des Klägers - nicht. Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel, dass der schriftliche Vertrag die Willenserklärungen des Klägers und des Zeugen Sch. zutreffend wiedergibt und der Kläger tatsächlich rechtlich verbindlich zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet werden sollte. Der Darlehensvertrag enthält keine Regelungen darüber, wie der Kläger das Darlehen zurückzahlen soll, wenn er Einkommen erzielt. Im Hinblick auf die Angaben des Zeugen Sch. erscheint es jedenfalls ausgeschlossen, dass dieser von dem Kläger eine Rückzahlung einfordern würde, wenn das dem Kläger zur Verfügung stehende Einkommen – wie etwa das vorliegend begehrte Arbeitslosengeld II - nur dazu ausreichte, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. So lässt sich der Äußerung des Zeugen, dass er den Kläger unterstütze, weil er sein Sohn sei, entnehmen, dass er sich als Vater moralisch in der Pflicht sieht, dem Kläger Unterhalt zu leisten. Hierfür ist er, wie er in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, im Rahmen des Möglichen auch bereit, eigene Ausgaben zurückzustellen. In diesem Sinne ist der Darlehensvertrag zu verstehen. Mit diesem sollte der Sohn nicht rechtlich verpflichtet werden. Ein ernsthafter Wille des Zeugen, von dem Kläger die gezahlten Beträge zurückzufordern und rechtliche Mittel zur Durchsetzung der Forderung bis zur Zwangsvollsteckung in das Grundstück des Klägers zu ergreifen, ist nicht zu erkennen. Dagegen spricht auch, dass der Zeuge den Kläger bei der Errichtung seines Wohnhauses, insbesondere bei der Beschaffung des Baudarlehens unterstützt hat, selbst als Kreditnehmer für das Baudarlehen haftet und der Kläger ohne Hilfe des Vaters die Darlehensverbindlichkeiten schwerlich aufbringen könnte.
Unabhängig von vorstehenden Erwägungen ist der Kläger in der Lage, seinen Lebensunterhalt aus eigenem Vermögen zu bestreiten. Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II gehören zum Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände, also auch ein Grundstück. Der Verwertung des Grundstücks des Klägers steht § 12 Abs. 3 SGB II nicht entgegen. Für die Altersvorsorge bestimmte Vermögensgegenstände sind in angemessenem Umfang gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II nur geschützt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auf § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen, weil sein Grundstück zumindest bisher kein selbst genutztes Hausgrundstück im Sinne dieser Vorschrift ist; diese würde voraussetzen, dass der Kläger eine auf seinem Grundstück errichtete Wohnung bereits zu Wohnzwecken nutzen würde (vgl. Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 Rdnr. 69). Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass sein Grundstück im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 5 SGB II zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dienen soll. Zur weiteren Begründung wird insoweit auf den Beschluss der Kammer vom 18. Mai 2006 – S 102 AS 3465/06 ER – Bezug genommen. Schließlich ist die Verwertung im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II weder offensichtlich unwirtschaftlich, noch würde sie für den Kläger eine besondere Härte bedeuten. Der Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit ist im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II auszulegen, wonach erwerbsfähige Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zu nutzen haben, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Maßstab ist deshalb nicht die objektivierte Sichtweise eines ökonomisch handelnden Menschen, sondern die Sichtweise des Hilfebedürftigen, der zunächst alles Erforderliche veranlassen muss, um seine Abhängigkeit von Sozialleistungen zu vermeiden. Hieraus ergibt sich, dass von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit nicht - in Anlehnung an die zu § 1 Abs. 3 Nr. 6 der Arbeitslosenhilfeverordnung 2002 ergangene Rechtsprechung - schon dann ausgegangen werden kann, wenn der zu erwartende Erlös unter Berücksichtigung der Verwertungskosten mehr als 10 % unter dem Substanzwert liegt (vgl. SG Berlin, Urteil vom 13. Dezember 2005 – S 63 AS 7329/05 -, Urteil vom 29. März 2006 – S 55 AS 7521/05 -, jeweils zitiert nach Juris). Bei der Verwertung von Immobilien ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Verwertung stets von der jeweiligen Marktlage abhängig ist und die Immobilienmarktlage anhaltend dadurch gekennzeichnet ist, dass die zu erzielenden Verkaufspreise nicht mehr die Höhe früherer Verkehrswerte erreichen (so auch SG Berlin, Urteil vom 13. Dezember 2005, a. a. O.) Vorliegend wird übereinstimmend mit dem Kläger von einem Bodenrichtwert 170 EUR/qm ausgegangen; bei einer Grundstücksgröße von 500 qm ergibt sich somit ein Bodenrichtwert von 85.000 EUR. Die K. Immobilien GmbH hielt am 3. November 2005 nach Besichtigung des Grundstücks und Einsichtnahme des Lageplans und unter Berücksichtigung des vorhandenen Geh-, Fahr- und Leitungsrechtes einen Kaufpreis von 70.000 EUR für erzielbar (Bl. VA). Die Firma t. Immobilien empfahl dem Kläger mit Schreiben vom 4. November 2005 (Bl. VA) einen Angebotspreis von 59.000 EUR und begründete dies maßgeblich mit einer eingeschränkten Nutzbarkeit des Grundstücks. Nach der erstgenannten Auskunft würde der Erlös unter Berücksichtigung von Verwertungskosten in Höhe von 5.000 EUR etwa 24 % unter dem Bodenrichtwert liegen; der von dem Kläger zu Grunde gelegte Nettoerlös von 54.400 EUR liegt 36 % unter dem Bodenrichtwert. In beiden Fällen ist nicht von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit auszugehen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Bodenrichtwert ein Durchschnittswert ist, der nicht Besonderheiten eines Grundstücks berücksichtigt, die den konkreten Substanzwert maßgeblich beeinflussen. Die Unwirtschaftlichkeit einer Verwertung kann deshalb nicht damit begründet werden, dass das klägerische Grundstück wohl wegen seiner räumlichen Lage in "zweiter Reihe" nur "eingeschränkt nutzbar" ist, wie die Firma t. Immobilien meint. Denn dieser Umstand hat vor allem Einfluss auf den konkreten Substanz- bzw. Verkehrswert. Dass das Grundstück nicht wirtschaftlich verwertet werden könnte, ergibt sich daraus nicht. Ein Erlös von 54.400 EUR würde auch erheblich über dem gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB II zu ermittelnden Freibetrag des Klägers von 7.800 EUR (39 x 200) liegen.
Die Verwertung des Grundstücks stellt zudem keine besondere Härte dar. Besondere Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Kläger durch eine Verwertung in atypischer Weise nachhaltig beeinträchtigt wäre, liegen nicht vor.
Der Kläger hat ferner keinen Anspruch gemäß § 9 Abs. 4 SGB II auf Gewährung von Leistungen im Wege des Darlehens. Von der fehlenden Möglichkeit der sofortigen Verwertung konnte hier zwar ausgegangen werden. Der Kläger ist jedoch durch die Zuwendungen seines Vaters – unabhängig von dem Bestehen einer etwaigen Rückzahlungsverpflichtung – hinreichend abgesichert.
Eine Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ergibt ich schließlich nicht daraus, dass der Kläger nicht krankenversichert ist. Der Kläger hatte im Bedarfsfall Anspruch auf Hilfen zur Gesundheit gemäß §§ 47 ff. SGB XII. Diese Leistungen sind gemäß § 5 Abs. 2 SGB II für Erwerbsfähige nicht ausgeschlossen. Seit dem 1. August 2006 ergibt sich im Bedarfsfall ein Leistungsanspruch aus § 26 Abs. 3 SGB II.
Die Klage ist deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Der 1967 geborene Kläger begehrt die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II.
Der Kläger ist Vater einer im Dezember 2003 geborenen Tochter. Er bewohnt allein eine 73 qm große 3-Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, welches im Eigentum seines Vaters steht. Er hat dort freies Wohnrecht. Der Kläger ist zudem Eigentümer des 500 qm großen unbebauten Nachbargrundstücks Z, welches baurechtlich für eine zweigeschossige Wohnbebauung zugelassen ist (Bl. VA). Wegen der räumlichen Lage wird auf die Bodenrichtwert-Information (Bl VA) und die vom Beklagten gefertigte Skizze (Bl. VA) Bezug genommen. Einen ersten Antrag des Klägers vom 23. September 2004 auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II lehnte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Januar 2005 ab. Am 1. April 2005 erhielt der Kläger von seinem Vater einen Betrag von 4.000 EUR zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Seit dem Verbrauch dieses Geldes erhält er fortlaufend monatlich 400 EUR.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13. Dezember 2005 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 20. Oktober 2005 auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2006 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dem Kläger sei es zuzumuten, das ihm gehörende Grundstück zu verwerten und aus dem Erlös seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung der Kläger im Wesentlichen ausführt: Eine Verwertung des Grundstücks sei ihm nicht zuzumuten. Das Grundstück habe ihm der Vater vor langer Zeit zu Wohnzwecken übertragen. Er beabsichtige schon lange, das Grundstück zu bebauen und zu bewohnen. Es sei ihm zusammen mit seinem Vater als Kreditnehmer gelungen, ein Baudarlehen zu erhalten. Für das Baudarlehen sei eine bereits im Grundbuch eingetragene Grundschuld wieder aktiviert worden. Das Grundstück sei nunmehr mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebaut, welches voraussichtlich im März/April 2007 bezugsfertig sein werde. Eine Verwertung des Grundstücks sei unwirtschaftlich. Nach der Bodenrichtwerttabelle ergebe sich ein Wert von 85.000 EUR. Verwertbar wäre es jedoch maximal auf der Grundlage eines Verhandlungsbasispreises von 59.000 EUR. Der Preis sei noch nach unten zu korrigieren. Hinzu kämen Gebühren und andere Entgelte in Höhe von insgesamt ca. 5.000 EUR. Es käme zu einem Verlust von 36 %. Auch wegen seiner Erkrankung an Leukämie im Jugendalter und einem deshalb anerkannten Grad der Behinderung von 40 sei ihm das Grundstück zur Wohnraumbeschaffung zu belassen. Der Kläger verfüge zudem über kein eigenes Einkommen. Geld habe er von seinem Vater lediglich als zurückzuzahlendes Darlehen erhalten. Die Einmalzahlung von 4.000 EUR habe er nach 10 Monaten verbraucht. Dann hätten sie einen Folgevertrag geschlossen, der im Sommer auslaufe. Er sei schließlich wegen fehlendem Krankenversicherungsschutz hilfebedürftig.
Einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Gericht mit Beschluss vom 18. Mai 2006 - S 102 AS 3465/06 ER - zurückgewiesen
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. April 2006 zu verurteilen, für den Zeittraum ab 20. Oktober 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 345,- Euro zu gewähren,
hilfsweise, die Kosten für eine Krankenversicherung zu übernehmen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Vater des Klägers, den Zeugen Sch., vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte, die Verfahrensakte S 102 AS 3465/06 ER und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die vorgelegen hat und dessen wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung von Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Der Kläger ist nicht hilfebedürftig im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II. Zur Überzeugung des Gerichts ist er in der Lage, seinen Lebensunterhalt sowohl mit Hilfe seines Vaters als auch durch die Verwertung seines Grundstücks zu bestreiten.
Da der Kläger freies Wohnrecht hat, war von einem für Alleinstehende gemäß § 20 Abs. 2 SGB II anzuerkennenden monatlichen Bedarf in Höhe von 345 EUR auszugehen.
Dieser Bedarf war bzw. ist durch die einmalige Zuwendung von 4.000 EUR am 1. April 2005 und die anschließenden monatlichen Zuwendungen des Vaters des Klägers, des Zeugen Sch., in Höhe von 400 EUR gedeckt. Diese Zuwendungen sind gemäß § 11 Abs. 1 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen. Einkommen im Sinne dieser Vorschrift sind grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, wenn und soweit mit ihnen eine Rückzahlungsverpflichtung nicht verbunden ist (vgl. Eicher/Spellbrink, SGB II, § 11 Rdnr. 27 m. w. N.). Das Gericht vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass mit den von dem Kläger erhaltenen Zuwendungen eine Rückzahlungsverpflichtung verbunden ist. Dies geht zu seinen Lasten. Schon nach dem Inhalt des schriftlichen Darlehensvertrages vom 1. April 2005 steht die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers unter der aufschiebenden Bedingung, dass er über eigenes Einkommen verfügt. So bestimmt der Vertrag: "Das Darlehen muss getilgt werden, sobald ein Einkommen erzielt wird". Solange der Kläger kein Einkommen erzielt, besteht also keine Rückzahlungsverpflichtung. Vereinbarungen über ein Widerrufs- bzw. Kündigungsrecht des Zeugen Sch. enthält der Vertrag – im Unterschied zu dem geregelten Widerrufsrecht des Klägers - nicht. Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel, dass der schriftliche Vertrag die Willenserklärungen des Klägers und des Zeugen Sch. zutreffend wiedergibt und der Kläger tatsächlich rechtlich verbindlich zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet werden sollte. Der Darlehensvertrag enthält keine Regelungen darüber, wie der Kläger das Darlehen zurückzahlen soll, wenn er Einkommen erzielt. Im Hinblick auf die Angaben des Zeugen Sch. erscheint es jedenfalls ausgeschlossen, dass dieser von dem Kläger eine Rückzahlung einfordern würde, wenn das dem Kläger zur Verfügung stehende Einkommen – wie etwa das vorliegend begehrte Arbeitslosengeld II - nur dazu ausreichte, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. So lässt sich der Äußerung des Zeugen, dass er den Kläger unterstütze, weil er sein Sohn sei, entnehmen, dass er sich als Vater moralisch in der Pflicht sieht, dem Kläger Unterhalt zu leisten. Hierfür ist er, wie er in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, im Rahmen des Möglichen auch bereit, eigene Ausgaben zurückzustellen. In diesem Sinne ist der Darlehensvertrag zu verstehen. Mit diesem sollte der Sohn nicht rechtlich verpflichtet werden. Ein ernsthafter Wille des Zeugen, von dem Kläger die gezahlten Beträge zurückzufordern und rechtliche Mittel zur Durchsetzung der Forderung bis zur Zwangsvollsteckung in das Grundstück des Klägers zu ergreifen, ist nicht zu erkennen. Dagegen spricht auch, dass der Zeuge den Kläger bei der Errichtung seines Wohnhauses, insbesondere bei der Beschaffung des Baudarlehens unterstützt hat, selbst als Kreditnehmer für das Baudarlehen haftet und der Kläger ohne Hilfe des Vaters die Darlehensverbindlichkeiten schwerlich aufbringen könnte.
Unabhängig von vorstehenden Erwägungen ist der Kläger in der Lage, seinen Lebensunterhalt aus eigenem Vermögen zu bestreiten. Gemäß § 12 Abs. 1 SGB II gehören zum Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände, also auch ein Grundstück. Der Verwertung des Grundstücks des Klägers steht § 12 Abs. 3 SGB II nicht entgegen. Für die Altersvorsorge bestimmte Vermögensgegenstände sind in angemessenem Umfang gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II nur geschützt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auf § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen, weil sein Grundstück zumindest bisher kein selbst genutztes Hausgrundstück im Sinne dieser Vorschrift ist; diese würde voraussetzen, dass der Kläger eine auf seinem Grundstück errichtete Wohnung bereits zu Wohnzwecken nutzen würde (vgl. Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 Rdnr. 69). Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass sein Grundstück im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 5 SGB II zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dienen soll. Zur weiteren Begründung wird insoweit auf den Beschluss der Kammer vom 18. Mai 2006 – S 102 AS 3465/06 ER – Bezug genommen. Schließlich ist die Verwertung im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II weder offensichtlich unwirtschaftlich, noch würde sie für den Kläger eine besondere Härte bedeuten. Der Begriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit ist im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II auszulegen, wonach erwerbsfähige Hilfebedürftige alle Möglichkeiten zu nutzen haben, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Maßstab ist deshalb nicht die objektivierte Sichtweise eines ökonomisch handelnden Menschen, sondern die Sichtweise des Hilfebedürftigen, der zunächst alles Erforderliche veranlassen muss, um seine Abhängigkeit von Sozialleistungen zu vermeiden. Hieraus ergibt sich, dass von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit nicht - in Anlehnung an die zu § 1 Abs. 3 Nr. 6 der Arbeitslosenhilfeverordnung 2002 ergangene Rechtsprechung - schon dann ausgegangen werden kann, wenn der zu erwartende Erlös unter Berücksichtigung der Verwertungskosten mehr als 10 % unter dem Substanzwert liegt (vgl. SG Berlin, Urteil vom 13. Dezember 2005 – S 63 AS 7329/05 -, Urteil vom 29. März 2006 – S 55 AS 7521/05 -, jeweils zitiert nach Juris). Bei der Verwertung von Immobilien ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Verwertung stets von der jeweiligen Marktlage abhängig ist und die Immobilienmarktlage anhaltend dadurch gekennzeichnet ist, dass die zu erzielenden Verkaufspreise nicht mehr die Höhe früherer Verkehrswerte erreichen (so auch SG Berlin, Urteil vom 13. Dezember 2005, a. a. O.) Vorliegend wird übereinstimmend mit dem Kläger von einem Bodenrichtwert 170 EUR/qm ausgegangen; bei einer Grundstücksgröße von 500 qm ergibt sich somit ein Bodenrichtwert von 85.000 EUR. Die K. Immobilien GmbH hielt am 3. November 2005 nach Besichtigung des Grundstücks und Einsichtnahme des Lageplans und unter Berücksichtigung des vorhandenen Geh-, Fahr- und Leitungsrechtes einen Kaufpreis von 70.000 EUR für erzielbar (Bl. VA). Die Firma t. Immobilien empfahl dem Kläger mit Schreiben vom 4. November 2005 (Bl. VA) einen Angebotspreis von 59.000 EUR und begründete dies maßgeblich mit einer eingeschränkten Nutzbarkeit des Grundstücks. Nach der erstgenannten Auskunft würde der Erlös unter Berücksichtigung von Verwertungskosten in Höhe von 5.000 EUR etwa 24 % unter dem Bodenrichtwert liegen; der von dem Kläger zu Grunde gelegte Nettoerlös von 54.400 EUR liegt 36 % unter dem Bodenrichtwert. In beiden Fällen ist nicht von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit auszugehen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Bodenrichtwert ein Durchschnittswert ist, der nicht Besonderheiten eines Grundstücks berücksichtigt, die den konkreten Substanzwert maßgeblich beeinflussen. Die Unwirtschaftlichkeit einer Verwertung kann deshalb nicht damit begründet werden, dass das klägerische Grundstück wohl wegen seiner räumlichen Lage in "zweiter Reihe" nur "eingeschränkt nutzbar" ist, wie die Firma t. Immobilien meint. Denn dieser Umstand hat vor allem Einfluss auf den konkreten Substanz- bzw. Verkehrswert. Dass das Grundstück nicht wirtschaftlich verwertet werden könnte, ergibt sich daraus nicht. Ein Erlös von 54.400 EUR würde auch erheblich über dem gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB II zu ermittelnden Freibetrag des Klägers von 7.800 EUR (39 x 200) liegen.
Die Verwertung des Grundstücks stellt zudem keine besondere Härte dar. Besondere Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Kläger durch eine Verwertung in atypischer Weise nachhaltig beeinträchtigt wäre, liegen nicht vor.
Der Kläger hat ferner keinen Anspruch gemäß § 9 Abs. 4 SGB II auf Gewährung von Leistungen im Wege des Darlehens. Von der fehlenden Möglichkeit der sofortigen Verwertung konnte hier zwar ausgegangen werden. Der Kläger ist jedoch durch die Zuwendungen seines Vaters – unabhängig von dem Bestehen einer etwaigen Rückzahlungsverpflichtung – hinreichend abgesichert.
Eine Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ergibt ich schließlich nicht daraus, dass der Kläger nicht krankenversichert ist. Der Kläger hatte im Bedarfsfall Anspruch auf Hilfen zur Gesundheit gemäß §§ 47 ff. SGB XII. Diese Leistungen sind gemäß § 5 Abs. 2 SGB II für Erwerbsfähige nicht ausgeschlossen. Seit dem 1. August 2006 ergibt sich im Bedarfsfall ein Leistungsanspruch aus § 26 Abs. 3 SGB II.
Die Klage ist deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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