Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RA 4181/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
Die 1948 geborene Klägerin begehrt die Vormerkung höherer Arbeitsentgelte für den Zeitraum 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI.
Die Klägerin erwarb nach Studium an der Hochschule für Ökonomie B (DDR) am ... das Recht, die Berufsbezeichnung Hochschulökonom zu führen. In der Zeit vom 1. September 1971 bis 30. Juni 1990 war sie bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt. Der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) trat sie nicht bei.
Mit Bescheid vom 5. November 2003 berücksichtigte die Beklagte die von der Klägerin im Zeitraum 1. September 1971 bis 30. Juni 1990 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte als Verdienst im Sinne des § 256 a SGB VI nur, soweit diese nicht oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze von 600 M/DDR monatlich lagen. Auf den Widerspruch der Klägerin änderte die Beklagte den vorgenannten Bescheid mit Bescheid vom 1. April 2004 dahingehend ab, dass sie für den Zeitraum 1. September 1971 bis 31. Dezember 1973 die oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze liegenden Arbeitsentgelte der Klägerin als Verdienst berücksichtigte, für den Beiträge zur FZR als gezahlt gelten. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2004 zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen vorträgt: Ihr Tariflohn habe im Dezember 1973 1100,- M/DDR betragen. Sie habe auf den Fortbestand der Regelungen des 32. Nachtrages zum Rahmenkollektivvertrag für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn vom 7. November 1973 vertraut, wonach ihr eine Altersversorgung mit dem Höchstsatz von 800 M/DDR zugestanden habe. Deshalb sei sie nicht in die FZR eingetreten. Die Voraussetzung einer 10jährigen ununterbrochenen Dienstzeit bei der Deutschen Reichsbahn habe sie erfüllt. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei insoweit nicht der 1. Januar 1974, sondern der Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles, wie sich aus dem 32. Nachtrag zum Rahmenkollektivvertrag ergebe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 28. Oktober 2003 und 1. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2004 zu verpflichten, die in der Zeit vom 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 erzielten Arbeitsverdienste bis zur Beitragsbemessungsgrenze des § 260 Satz 2 SGB VI vorzumerken,
hilfsweise, die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Stichtagsregelung vorzulegen (10 Jahre zum 1. Januar 1974).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 16. August 2004 und 21. September 2005 Bezug genommen.
Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen hat und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 256 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Gemäß § 256 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI zählen als Verdienst im Sinne des Abs. 1 der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur FZR oder sonstige – hier nicht interessierende - freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Gemäß § 256 a Abs. 2 Satz 2 SGB VI gelten für Zeiten der Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn vor dem 1. Januar 1974 für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst Beiträge zur FZR als gezahlt. Für Zeiten der Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn vom 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 gelten gemäß § 256 a Abs. 2 Satz 3 SGB VI für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst, höchstens bis zu 650 Mark monatlich, Beiträge zur FZR als gezahlt, wenn ein Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Reichsbahn bereits zehn Jahre ununterbrochen bestanden hat.
Hiervon ausgehend hat die Beklagte zu Recht für den Zeitraum 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 den oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze von 600 M/DDR liegenden Arbeitsverdienst der Klägerin nicht als Verdienst im Sinne des § 256 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI berücksichtigt. Denn für die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Arbeitsentgelte hatte die Klägerin keine Beiträge zur FZR entrichtet; auch kann die Klägerin nicht beanspruchen, dass für diese Arbeitsentgelte Beiträge zur FZR als bezahlt gelten. Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine fiktive Anrechnung von FZR-Beiträgen nach § 256 a Satz 3 SGB VI, weil ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Reichsbahn am 1. Januar 1974 erst gut zwei Jahre und nicht – wie gefordert – zehn Jahre ununterbrochen bestand.
Die Klägerin kann keine Rechte aus Nr. 3 des 32. Nachtrages zum Rahmenkollektivvertrag für Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn der DDR herleiten. Danach hatten Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn mit einem Arbeitseinkommen von über 600,- M monatlich, die a) bereits vor dem 1. Januar 1974 im Arbeitsrechtsverhältnis zur Deutschen Reichsbahn standen bzw. eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 Buchstabe b) oder c) der Versorgungsordnung ausübten, b) bei Eintritt des Versorgungsfalls noch im Arbeitsverhältnis mit der Deutschen Reichsbahn stehen bzw. eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 Buchstabe b) oder c) der Versorgungsordnung ausüben und eine mindestens 10jährige ununterbrochene Dienstzeit nachweisen, c) die Voraussetzungen zum Bezug einer Alters- oder Invalidenrente der Sozialversicherung erfüllen und d) nicht der FZR beigetreten sind,
im Leistungsfall einen Anspruch auf Alters- oder Invalidenversorgung bei einer mindestens 10jährigen ununterbrochenen Dienstzeit in Höhe von 20 % des in der Zeit vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1973 erzielten durchschnittlichen Tariflohnes oder – wenn es für den Berechtigten günstiger ist – des im Monat 1973 erzielten Tariflohnes. Für jedes weitere Jahr erhöhte sich die Versorgung um 2 § bis zum Höchstsatz von 70 %, höchstens 800 M/DDR ohne Zuschläge.
Diese Regelung findet keine Anwendung, weil sie nicht in das deutsches Bundesrecht überführt worden ist. Das mit Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 vollständig abgelöste Rentenrecht der DDR bestimmt die Leistungen nach dem SGB VI nur noch insoweit, als dieses Recht inhaltlich in Art. 2 RÜG übernommen worden ist und zur Zahlung eines Rentenzuschlages zur SGB VI-Rente gemäß § 319 a SGB VI führt (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002 – B 5 RJ 14/00 -, SozR 3-2600 § 256 a Nr. 10). Daran fehlt es hier.
Eine entsprechende Anwendung der Regelungen des § 256 a Abs. 2 Satz 2 oder Satz 3 SGB VI auf die Klägerin kommt ebenfalls nicht in Betracht (a.A. SG Berlin Urteil vom 30. Januar 2004 – S 11 RA 2751/02 -). Eine Regelungslücke liegt nicht vor. Der vorliegende Sachverhalt wird durch § 256 a Abs. 2 Satz 3 eindeutig geregelt mit dem Ergebnis, dass die in dieser Norm bestimmte Rechtsfolge – fiktive Anrechnung von FZR-Beiträgen - im Fall der Klägerin nicht eintreten soll, weil die tatbestandlichen Voraussetzung – zehnjährige ununterbrochen Dienstzeit am 1. Januar 1974 – nicht vorliegt. Für eine planwidrige Unvollständigkeit der Norm (vgl. Schmalz, Methodenlehre, S. 109 Rdnr. 350 ff.) ist nichts ersichtlich. § 256 a Abs. 2 Sätze 2 und 3 regeln Ausnahmen von dem Grundsatz, dass sich die Höhe der Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen richtet (vgl. §§ 63 Abs. 1, 256 a Abs. 1 Satz1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Mit diesen Regelungen setzte der Gesetzgeber das Urteil des Bundessozialgerichts vom BSG vom 10. November 1998 – 4 B RA 33/98 R – um (vgl. BT-Drucksache 14/56640, S. 13 f.). Danach ist im Hinblick auf das Inkrafttreten der Eisenbahner-Verordnung der DDR vom 28. März 1973 (GBl. DDR I Nr. 25 S. 217) zum 1. Januar 1974 zwischen Angehörigen der Reichsbahn zu differenzieren, die einen Anspruch auf Versorgung gemäß den Vorschriften der Anordnung vom 7. Januar 1956 über die Altersversorgung für Eisenbahner und der Eisenbahner-Verordnung vom 18. Oktober 1956 (GBl. DDR I Nr. 101 S. 1211) hatten (sog. "Alte Versorgung") und denjenigen Angehörigen, deren Versorgung sich nach den Vorschriften der Eisenbahner-Verordnung vom 28. März 1973 und den aufgrund dieser Verordnung erlassenen Regelungen richteten. In diesem Zusammenhang führte der Gesetzgeber zur Begründung der Regelung des § 256 a Abs. 2 Satz 3 aus, dass die Versorgungsordnungen von 1973 einen Vertrauensschutz auf die 1956 eingeführte "Alte Versorgung" nur für langjährig bei der Deutschen Reichsbahn oder bei der Deutschen Post Beschäftigte vorgesehen hätten (vgl. BT-Drucksache 14/5640 S. 16). Damit ist der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 10. November 1998 (a.a.O.) davon ausgegangen, dass die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn, die – wie die Klägerin – nicht der FZR beigetreten waren, eine Anwartschaft auf die "Alte Versorgung" entsprechend Nr. 3 des 32. Nachtrages zum Rahmenkollektivvertrag nur erwarben, wenn sie bereits am 1. Januar 1974 zehn Jahre ununterbrochen bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt waren. Von einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ausschluss der Klägerin aus der "Alten Versorgung" kann deshalb nicht ausgegangen werden.
Nach dem Vorstehenden kann offen bleiben, ob Nr. 3 des 32. Nachtrages zum Rahmenkollektivvertrag auch auf Beschäftigte Anwendung fand, die – wie die Klägerin – am 1. Januar 1974 noch nicht eine zehnjährige ununterbrochene Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn aufweisen konnten (dazu ausführlich LSG Brandenburg, Urteil vom 13. Juli 2004 – L 2 RA 64/93 -). Mit diesem Inhalt kann diese Bestimmung jedenfalls nach Überführung sämtlicher Rentenansprüche und Rentenanwartschaften aus der Sozialversicherung der DDR in einheitliche Rentenansprüche nach dem SGB VI keine Berücksichtigung mehr finden. Eine andere Sichtweise ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Verfassungsmäßigkeit des § 256 a Abs. 2 SGB VI ausgeführt (BVerfG, Beschluss vom 30. August 2005 – 1 BvR 616/99 BvR 1028/03 – SozR 4-2600 § 256 a Nr. 1): " aa) Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet das Eigentum. Für den eigentumsrechtlichen Schutz von Ansprüchen und Anwartschaften des Sozialversicherungsrechts ist Voraussetzung, dass es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. BVerfGE 69, 272 m.w.N.). Rentenansprüche und Rentenanwartschaften unterfallen demnach grundsätzlich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 53, 257 (289 f); 58, 81 (109); stRspr). Für rentenrechtliche Ansprüche und Anwartschaften, die in der Deutschen Demokratischen Republik begründet wurden, gilt dies mit der Maßgabe, dass Art. 14 Abs. 1 GG sie in der Form schützt, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (vgl. BVerfGE 100, 1 (33 f.)).
bb) Im Einigungsvertrag ist in Bezug auf die Eisenbahnerversorgung der Deutschen Demokratischen Republik angeordnet, dass §§ 11 bis 15 der EisenbahnerVO 1973 und die auf ihrer Grundlage ergangenen Versorgungsordnung nur bis zum 31. Dezember 1991 anzuwenden sind (Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 2 Buchstabe a). Gegenstand dieser Vorschriften sind die hier in Frage stehenden Rentenanwartschaften und Rentenansprüche von DR-Angehörigen sowohl aus der "Alten Versorgung" (§ 13 EisenbahnerVO 1973) als auch aus der 1973 neu geregelten Versorgung mit dem besonderen Steigerungsbetrag 1,5 (§ 11 Abs. 3 Satz 1 EisenbahnerVO 1973). Dies entspricht der Regelung in Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 6 Buchstabe a EV für die berufsbezogene Zuwendung (BBZ) an Balletttänzer der Deutschen Demokratischen Republik. Auch hier hatte der Einigungsvertragsgesetzgeber die Beendigung der Leistung zum 31. Dezember 1991 verfügt. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Eigentumsverletzung der Betroffenen durch diese Regelung und die auf dieser Regelung beruhenden Gerichtsentscheidungen verneint (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juli 2002, SozR 3-8120 Kap. VIII H III Nr. 6 Nr. 3 SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 6 Nr 3).
Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Auch hier wurden die in Frage stehenden Anwartschaften im Einigungsvertrag nicht als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt; ihre Überführung in das SGB VI wurde ausgeschlossen. Insofern ist die rechtliche Situation nicht mit der Überführung der Rechte aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen vergleichbar, für die in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 EV ein differenziert ausgestaltetes Überführungsprogramm mit bestimmten Garantien vorgesehen ist. Die Versorgung der Angehörigen der Deutschen Reichsbahn war - wie das Bundessozialgericht in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise festgestellt hat (vgl. BSGE 78, 41 ; stRspr) - dem System der allgemeinen Sozialpflichtversicherung zugeordnet; es ist nach dem hier maßgeblichen Bundesrecht nicht als Zusatzversorgung im Sinne des Anspruchs- und Anwartschaftsübertragungsgesetzes zu qualifizieren.
cc) Aber auch wenn man die Anwartschaften und Ansprüche aus der "Alten Versorgung" der Angehörigen der Reichsbahn dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG zuordnet, bewegen sich die hier maßgeblichen Vorschriften des § 256 a Abs. 2 SGB VI n.F. über die Berücksichtigung der "Alten Versorgung" innerhalb des Rahmens, den das Grundgesetz in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 für die Aus- und Umgestaltung rentenrechtlicher Positionen aus der Deutschen Demokratischen Republik setzt (vgl. dazu BVerfGE 100, 1 (37 f.); BVerfG, NJW 2005, S. 2213 (2214)). Die in Frage stehenden Regelungen dienen einem Gemeinwohlzweck und genügen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
(1) Der gesamtdeutsche Gesetzgeber verfolgte nach der Herstellung der Deutschen Einheit ein Ziel des Gemeinwohls, als er das System der gesetzlichen Rentenversicherung in einem einheitlichen Rechtsrahmen zusammenführte. Er durfte auch seinen Vorstellungen über das künftige einheitliche Rentenrecht ein Konzept zugrunde legen, das in der Gestalt des Rentenreformgesetzes bereits seit 1989 vorlag. Er war verfassungsrechtlich nicht gehalten, strukturelle Besonderheiten des Sozialversicherungssystems der Deutschen Demokratischen Republik im gesamtdeutschen Rentenrecht zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, NJW 2005, S. 2213 (2214)). (2) Im vorliegenden Fall hat der Gesetzgeber im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der speziellen Versorgung der Angehörigen der Reichsbahn in der Deutschen Demokratischen Republik, im Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Weise Rechnung getragen (§ 256 a Abs. 2 Satz 2 und 3 n.F.). Im Grundsatz wurde der durch die Zusage einer "Alten Versorgung" gewährte Schutz in dem Maße aufrechterhalten, wie diese Zusage in der Deutschen Demokratischen Republik Gültigkeit besaß. Soweit die "Alte Versorgung" in der Deutschen Demokratischen Republik zu einer Versicherung von Arbeitsentgelten über der festen Beitragsbemessungsgrenze von 600 Mark (Ost) führte, hat der Gesetzgeber in verfassungsrechtlicher unbedenklicher Weise im 2. AAÜG-Änderungsgesetz die Berücksichtigung dieser Entgelte bei der Rentenberechnung nur insoweit zugelassen, als davon auszugehen war, dass diese Berücksichtigung ihre Berechtigung in einer erbrachten Arbeitsleistung hatte. Dies war nach den Feststellungen des Bundessozialgerichts (vgl. BSGE 83, 104 ), die von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden sind, bis zu einem Monatseinkommen von 1.250 Mark der Fall.
Die weitergehenden Forderungen des Beschwerdeführers finden in Art. 14 Abs. 1 GG auch unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips keine Stütze. Ein Anspruch auf Gewährung einer Zusatzrente kann aus dieser Grundgesetzbestimmung schon deshalb nicht abgeleitet werden, weil bereits nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik die DR-Versorgung nur einen einheitlichen Rentenanspruch bewirkte. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber im Einklang mit dem Grundgesetz die Rentenansprüche und Rentenanwartschaften des Beitrittsgebiets durch eine einheitliche, ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Versorgungsleistung ersetzen durfte (vgl. BVerfGE 100, 1 (40 f.)). Der Beschwerdeführer kann daher auch nicht verlangen, von der Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze freigestellt zu werden "
Schließlich stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass es im Rahmen der Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG liegt, wenn er solche besonderen, dem Rentenrecht der DDR eigenen Elemente nicht in das gesamtdeutsche Rentenrecht übernimmt, weil sie diesem fremd sind. Hiervon ausgehend ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber einer nach dem 32. Nachtrag zum Rahmenkollektivvertrag bestehenden Zusage einer "alten Versorgung" nur in den Fällen Rechnung getragen hat, in denen bereits am 1. Januar 1974 ein zehnjähriges Dienstverhältnis bei der Deutschen Reichsbahn ununterbrochen bestanden hat. Diese an das Inkrafttreten der Eisenbahner-Verordnung vom 28. März 1973 anknüpfende Stichtagsregelung trägt Vertrauensschutzgesichtpunkten hinreichend Rechnung. Ehemalige Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn , die – wie die Klägerin - zum Zeitpunkt des Inkrafttreten der Eisenbahner-Verordnung am 1. Januar 1974 noch keine Anwartschaft auf die "alte Versorgung" erworben hatten, durften demnach im Hinblick auf die erst nach Inkrafttreten der Eisenbahner-Verordnung getroffene Regelung der Nr. 3 des 32. Nachtrags des Rahmenkollektivvertrages für Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn der DDR nicht darauf vertrauen, eine Altersversorgung entsprechend den Bestimmungen der "Alten Versorgung" zu erhalten. Diesem Personenkreis muss entgegengehalten werden, dass diese nicht an den tatsächlichen Arbeitsverdienst anknüpfende Versorgungsregelung – wie auch der Steigerungsbetrag nach § 11 Abs. 3 Eisenbahner-Verordnung (vgl. BVerfG, a.a.O.) – dem Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland fremd ist und in der DDR nur einzelnen Berufsgruppen zugute kam.
Die Klage ist demnach abzuweisen.
Die Voraussetzungen für einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die 1948 geborene Klägerin begehrt die Vormerkung höherer Arbeitsentgelte für den Zeitraum 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI.
Die Klägerin erwarb nach Studium an der Hochschule für Ökonomie B (DDR) am ... das Recht, die Berufsbezeichnung Hochschulökonom zu führen. In der Zeit vom 1. September 1971 bis 30. Juni 1990 war sie bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt. Der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) trat sie nicht bei.
Mit Bescheid vom 5. November 2003 berücksichtigte die Beklagte die von der Klägerin im Zeitraum 1. September 1971 bis 30. Juni 1990 tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte als Verdienst im Sinne des § 256 a SGB VI nur, soweit diese nicht oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze von 600 M/DDR monatlich lagen. Auf den Widerspruch der Klägerin änderte die Beklagte den vorgenannten Bescheid mit Bescheid vom 1. April 2004 dahingehend ab, dass sie für den Zeitraum 1. September 1971 bis 31. Dezember 1973 die oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze liegenden Arbeitsentgelte der Klägerin als Verdienst berücksichtigte, für den Beiträge zur FZR als gezahlt gelten. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2004 zurück.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen vorträgt: Ihr Tariflohn habe im Dezember 1973 1100,- M/DDR betragen. Sie habe auf den Fortbestand der Regelungen des 32. Nachtrages zum Rahmenkollektivvertrag für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn vom 7. November 1973 vertraut, wonach ihr eine Altersversorgung mit dem Höchstsatz von 800 M/DDR zugestanden habe. Deshalb sei sie nicht in die FZR eingetreten. Die Voraussetzung einer 10jährigen ununterbrochenen Dienstzeit bei der Deutschen Reichsbahn habe sie erfüllt. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei insoweit nicht der 1. Januar 1974, sondern der Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles, wie sich aus dem 32. Nachtrag zum Rahmenkollektivvertrag ergebe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 28. Oktober 2003 und 1. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2004 zu verpflichten, die in der Zeit vom 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 erzielten Arbeitsverdienste bis zur Beitragsbemessungsgrenze des § 260 Satz 2 SGB VI vorzumerken,
hilfsweise, die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Stichtagsregelung vorzulegen (10 Jahre zum 1. Januar 1974).
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 16. August 2004 und 21. September 2005 Bezug genommen.
Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen hat und deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 256 a Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Gemäß § 256 a Abs. 2 Satz 1 SGB VI zählen als Verdienst im Sinne des Abs. 1 der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur FZR oder sonstige – hier nicht interessierende - freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Gemäß § 256 a Abs. 2 Satz 2 SGB VI gelten für Zeiten der Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn vor dem 1. Januar 1974 für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst Beiträge zur FZR als gezahlt. Für Zeiten der Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn vom 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 gelten gemäß § 256 a Abs. 2 Satz 3 SGB VI für den oberhalb der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenzen nachgewiesenen Arbeitsverdienst, höchstens bis zu 650 Mark monatlich, Beiträge zur FZR als gezahlt, wenn ein Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Reichsbahn bereits zehn Jahre ununterbrochen bestanden hat.
Hiervon ausgehend hat die Beklagte zu Recht für den Zeitraum 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1990 den oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze von 600 M/DDR liegenden Arbeitsverdienst der Klägerin nicht als Verdienst im Sinne des § 256 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI berücksichtigt. Denn für die oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Arbeitsentgelte hatte die Klägerin keine Beiträge zur FZR entrichtet; auch kann die Klägerin nicht beanspruchen, dass für diese Arbeitsentgelte Beiträge zur FZR als bezahlt gelten. Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine fiktive Anrechnung von FZR-Beiträgen nach § 256 a Satz 3 SGB VI, weil ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Deutschen Reichsbahn am 1. Januar 1974 erst gut zwei Jahre und nicht – wie gefordert – zehn Jahre ununterbrochen bestand.
Die Klägerin kann keine Rechte aus Nr. 3 des 32. Nachtrages zum Rahmenkollektivvertrag für Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn der DDR herleiten. Danach hatten Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn mit einem Arbeitseinkommen von über 600,- M monatlich, die a) bereits vor dem 1. Januar 1974 im Arbeitsrechtsverhältnis zur Deutschen Reichsbahn standen bzw. eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 Buchstabe b) oder c) der Versorgungsordnung ausübten, b) bei Eintritt des Versorgungsfalls noch im Arbeitsverhältnis mit der Deutschen Reichsbahn stehen bzw. eine Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 Buchstabe b) oder c) der Versorgungsordnung ausüben und eine mindestens 10jährige ununterbrochene Dienstzeit nachweisen, c) die Voraussetzungen zum Bezug einer Alters- oder Invalidenrente der Sozialversicherung erfüllen und d) nicht der FZR beigetreten sind,
im Leistungsfall einen Anspruch auf Alters- oder Invalidenversorgung bei einer mindestens 10jährigen ununterbrochenen Dienstzeit in Höhe von 20 % des in der Zeit vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1973 erzielten durchschnittlichen Tariflohnes oder – wenn es für den Berechtigten günstiger ist – des im Monat 1973 erzielten Tariflohnes. Für jedes weitere Jahr erhöhte sich die Versorgung um 2 § bis zum Höchstsatz von 70 %, höchstens 800 M/DDR ohne Zuschläge.
Diese Regelung findet keine Anwendung, weil sie nicht in das deutsches Bundesrecht überführt worden ist. Das mit Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 vollständig abgelöste Rentenrecht der DDR bestimmt die Leistungen nach dem SGB VI nur noch insoweit, als dieses Recht inhaltlich in Art. 2 RÜG übernommen worden ist und zur Zahlung eines Rentenzuschlages zur SGB VI-Rente gemäß § 319 a SGB VI führt (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002 – B 5 RJ 14/00 -, SozR 3-2600 § 256 a Nr. 10). Daran fehlt es hier.
Eine entsprechende Anwendung der Regelungen des § 256 a Abs. 2 Satz 2 oder Satz 3 SGB VI auf die Klägerin kommt ebenfalls nicht in Betracht (a.A. SG Berlin Urteil vom 30. Januar 2004 – S 11 RA 2751/02 -). Eine Regelungslücke liegt nicht vor. Der vorliegende Sachverhalt wird durch § 256 a Abs. 2 Satz 3 eindeutig geregelt mit dem Ergebnis, dass die in dieser Norm bestimmte Rechtsfolge – fiktive Anrechnung von FZR-Beiträgen - im Fall der Klägerin nicht eintreten soll, weil die tatbestandlichen Voraussetzung – zehnjährige ununterbrochen Dienstzeit am 1. Januar 1974 – nicht vorliegt. Für eine planwidrige Unvollständigkeit der Norm (vgl. Schmalz, Methodenlehre, S. 109 Rdnr. 350 ff.) ist nichts ersichtlich. § 256 a Abs. 2 Sätze 2 und 3 regeln Ausnahmen von dem Grundsatz, dass sich die Höhe der Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen richtet (vgl. §§ 63 Abs. 1, 256 a Abs. 1 Satz1, Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Mit diesen Regelungen setzte der Gesetzgeber das Urteil des Bundessozialgerichts vom BSG vom 10. November 1998 – 4 B RA 33/98 R – um (vgl. BT-Drucksache 14/56640, S. 13 f.). Danach ist im Hinblick auf das Inkrafttreten der Eisenbahner-Verordnung der DDR vom 28. März 1973 (GBl. DDR I Nr. 25 S. 217) zum 1. Januar 1974 zwischen Angehörigen der Reichsbahn zu differenzieren, die einen Anspruch auf Versorgung gemäß den Vorschriften der Anordnung vom 7. Januar 1956 über die Altersversorgung für Eisenbahner und der Eisenbahner-Verordnung vom 18. Oktober 1956 (GBl. DDR I Nr. 101 S. 1211) hatten (sog. "Alte Versorgung") und denjenigen Angehörigen, deren Versorgung sich nach den Vorschriften der Eisenbahner-Verordnung vom 28. März 1973 und den aufgrund dieser Verordnung erlassenen Regelungen richteten. In diesem Zusammenhang führte der Gesetzgeber zur Begründung der Regelung des § 256 a Abs. 2 Satz 3 aus, dass die Versorgungsordnungen von 1973 einen Vertrauensschutz auf die 1956 eingeführte "Alte Versorgung" nur für langjährig bei der Deutschen Reichsbahn oder bei der Deutschen Post Beschäftigte vorgesehen hätten (vgl. BT-Drucksache 14/5640 S. 16). Damit ist der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 10. November 1998 (a.a.O.) davon ausgegangen, dass die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn, die – wie die Klägerin – nicht der FZR beigetreten waren, eine Anwartschaft auf die "Alte Versorgung" entsprechend Nr. 3 des 32. Nachtrages zum Rahmenkollektivvertrag nur erwarben, wenn sie bereits am 1. Januar 1974 zehn Jahre ununterbrochen bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt waren. Von einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ausschluss der Klägerin aus der "Alten Versorgung" kann deshalb nicht ausgegangen werden.
Nach dem Vorstehenden kann offen bleiben, ob Nr. 3 des 32. Nachtrages zum Rahmenkollektivvertrag auch auf Beschäftigte Anwendung fand, die – wie die Klägerin – am 1. Januar 1974 noch nicht eine zehnjährige ununterbrochene Beschäftigung bei der Deutschen Reichsbahn aufweisen konnten (dazu ausführlich LSG Brandenburg, Urteil vom 13. Juli 2004 – L 2 RA 64/93 -). Mit diesem Inhalt kann diese Bestimmung jedenfalls nach Überführung sämtlicher Rentenansprüche und Rentenanwartschaften aus der Sozialversicherung der DDR in einheitliche Rentenansprüche nach dem SGB VI keine Berücksichtigung mehr finden. Eine andere Sichtweise ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Verfassungsmäßigkeit des § 256 a Abs. 2 SGB VI ausgeführt (BVerfG, Beschluss vom 30. August 2005 – 1 BvR 616/99 BvR 1028/03 – SozR 4-2600 § 256 a Nr. 1): " aa) Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet das Eigentum. Für den eigentumsrechtlichen Schutz von Ansprüchen und Anwartschaften des Sozialversicherungsrechts ist Voraussetzung, dass es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. BVerfGE 69, 272 m.w.N.). Rentenansprüche und Rentenanwartschaften unterfallen demnach grundsätzlich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 53, 257 (289 f); 58, 81 (109); stRspr). Für rentenrechtliche Ansprüche und Anwartschaften, die in der Deutschen Demokratischen Republik begründet wurden, gilt dies mit der Maßgabe, dass Art. 14 Abs. 1 GG sie in der Form schützt, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrags erhalten haben (vgl. BVerfGE 100, 1 (33 f.)).
bb) Im Einigungsvertrag ist in Bezug auf die Eisenbahnerversorgung der Deutschen Demokratischen Republik angeordnet, dass §§ 11 bis 15 der EisenbahnerVO 1973 und die auf ihrer Grundlage ergangenen Versorgungsordnung nur bis zum 31. Dezember 1991 anzuwenden sind (Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 2 Buchstabe a). Gegenstand dieser Vorschriften sind die hier in Frage stehenden Rentenanwartschaften und Rentenansprüche von DR-Angehörigen sowohl aus der "Alten Versorgung" (§ 13 EisenbahnerVO 1973) als auch aus der 1973 neu geregelten Versorgung mit dem besonderen Steigerungsbetrag 1,5 (§ 11 Abs. 3 Satz 1 EisenbahnerVO 1973). Dies entspricht der Regelung in Art. 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 6 Buchstabe a EV für die berufsbezogene Zuwendung (BBZ) an Balletttänzer der Deutschen Demokratischen Republik. Auch hier hatte der Einigungsvertragsgesetzgeber die Beendigung der Leistung zum 31. Dezember 1991 verfügt. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Eigentumsverletzung der Betroffenen durch diese Regelung und die auf dieser Regelung beruhenden Gerichtsentscheidungen verneint (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juli 2002, SozR 3-8120 Kap. VIII H III Nr. 6 Nr. 3 SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 6 Nr 3).
Im vorliegenden Fall gilt nichts anderes. Auch hier wurden die in Frage stehenden Anwartschaften im Einigungsvertrag nicht als Rechtspositionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt; ihre Überführung in das SGB VI wurde ausgeschlossen. Insofern ist die rechtliche Situation nicht mit der Überführung der Rechte aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen vergleichbar, für die in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 EV ein differenziert ausgestaltetes Überführungsprogramm mit bestimmten Garantien vorgesehen ist. Die Versorgung der Angehörigen der Deutschen Reichsbahn war - wie das Bundessozialgericht in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise festgestellt hat (vgl. BSGE 78, 41 ; stRspr) - dem System der allgemeinen Sozialpflichtversicherung zugeordnet; es ist nach dem hier maßgeblichen Bundesrecht nicht als Zusatzversorgung im Sinne des Anspruchs- und Anwartschaftsübertragungsgesetzes zu qualifizieren.
cc) Aber auch wenn man die Anwartschaften und Ansprüche aus der "Alten Versorgung" der Angehörigen der Reichsbahn dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG zuordnet, bewegen sich die hier maßgeblichen Vorschriften des § 256 a Abs. 2 SGB VI n.F. über die Berücksichtigung der "Alten Versorgung" innerhalb des Rahmens, den das Grundgesetz in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 für die Aus- und Umgestaltung rentenrechtlicher Positionen aus der Deutschen Demokratischen Republik setzt (vgl. dazu BVerfGE 100, 1 (37 f.); BVerfG, NJW 2005, S. 2213 (2214)). Die in Frage stehenden Regelungen dienen einem Gemeinwohlzweck und genügen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
(1) Der gesamtdeutsche Gesetzgeber verfolgte nach der Herstellung der Deutschen Einheit ein Ziel des Gemeinwohls, als er das System der gesetzlichen Rentenversicherung in einem einheitlichen Rechtsrahmen zusammenführte. Er durfte auch seinen Vorstellungen über das künftige einheitliche Rentenrecht ein Konzept zugrunde legen, das in der Gestalt des Rentenreformgesetzes bereits seit 1989 vorlag. Er war verfassungsrechtlich nicht gehalten, strukturelle Besonderheiten des Sozialversicherungssystems der Deutschen Demokratischen Republik im gesamtdeutschen Rentenrecht zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, NJW 2005, S. 2213 (2214)). (2) Im vorliegenden Fall hat der Gesetzgeber im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der speziellen Versorgung der Angehörigen der Reichsbahn in der Deutschen Demokratischen Republik, im Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland in einer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Weise Rechnung getragen (§ 256 a Abs. 2 Satz 2 und 3 n.F.). Im Grundsatz wurde der durch die Zusage einer "Alten Versorgung" gewährte Schutz in dem Maße aufrechterhalten, wie diese Zusage in der Deutschen Demokratischen Republik Gültigkeit besaß. Soweit die "Alte Versorgung" in der Deutschen Demokratischen Republik zu einer Versicherung von Arbeitsentgelten über der festen Beitragsbemessungsgrenze von 600 Mark (Ost) führte, hat der Gesetzgeber in verfassungsrechtlicher unbedenklicher Weise im 2. AAÜG-Änderungsgesetz die Berücksichtigung dieser Entgelte bei der Rentenberechnung nur insoweit zugelassen, als davon auszugehen war, dass diese Berücksichtigung ihre Berechtigung in einer erbrachten Arbeitsleistung hatte. Dies war nach den Feststellungen des Bundessozialgerichts (vgl. BSGE 83, 104 ), die von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden sind, bis zu einem Monatseinkommen von 1.250 Mark der Fall.
Die weitergehenden Forderungen des Beschwerdeführers finden in Art. 14 Abs. 1 GG auch unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips keine Stütze. Ein Anspruch auf Gewährung einer Zusatzrente kann aus dieser Grundgesetzbestimmung schon deshalb nicht abgeleitet werden, weil bereits nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik die DR-Versorgung nur einen einheitlichen Rentenanspruch bewirkte. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits entschieden, dass der Gesetzgeber im Einklang mit dem Grundgesetz die Rentenansprüche und Rentenanwartschaften des Beitrittsgebiets durch eine einheitliche, ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Versorgungsleistung ersetzen durfte (vgl. BVerfGE 100, 1 (40 f.)). Der Beschwerdeführer kann daher auch nicht verlangen, von der Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze freigestellt zu werden "
Schließlich stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass es im Rahmen der Ausgestaltungsfreiheit des Gesetzgebers nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG liegt, wenn er solche besonderen, dem Rentenrecht der DDR eigenen Elemente nicht in das gesamtdeutsche Rentenrecht übernimmt, weil sie diesem fremd sind. Hiervon ausgehend ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber einer nach dem 32. Nachtrag zum Rahmenkollektivvertrag bestehenden Zusage einer "alten Versorgung" nur in den Fällen Rechnung getragen hat, in denen bereits am 1. Januar 1974 ein zehnjähriges Dienstverhältnis bei der Deutschen Reichsbahn ununterbrochen bestanden hat. Diese an das Inkrafttreten der Eisenbahner-Verordnung vom 28. März 1973 anknüpfende Stichtagsregelung trägt Vertrauensschutzgesichtpunkten hinreichend Rechnung. Ehemalige Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn , die – wie die Klägerin - zum Zeitpunkt des Inkrafttreten der Eisenbahner-Verordnung am 1. Januar 1974 noch keine Anwartschaft auf die "alte Versorgung" erworben hatten, durften demnach im Hinblick auf die erst nach Inkrafttreten der Eisenbahner-Verordnung getroffene Regelung der Nr. 3 des 32. Nachtrags des Rahmenkollektivvertrages für Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn der DDR nicht darauf vertrauen, eine Altersversorgung entsprechend den Bestimmungen der "Alten Versorgung" zu erhalten. Diesem Personenkreis muss entgegengehalten werden, dass diese nicht an den tatsächlichen Arbeitsverdienst anknüpfende Versorgungsregelung – wie auch der Steigerungsbetrag nach § 11 Abs. 3 Eisenbahner-Verordnung (vgl. BVerfG, a.a.O.) – dem Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland fremd ist und in der DDR nur einzelnen Berufsgruppen zugute kam.
Die Klage ist demnach abzuweisen.
Die Voraussetzungen für einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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BRB
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