S 88 SO 5733/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
88
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88 SO 5733/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 09. August 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2005 werden abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 01. August 2004 bis 31. Oktober 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 410,41 EUR monatlich und für den Zeitraum vom 01. November 2004 bis 31. Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 522,41 EUR monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt ¾ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Der 1950 geborene Kläger wehrt sich gegen die Einstellung seiner Sozialhilfeleistungen wegen Arbeitsverweigerung im Sinne von § 25 Abs. 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG).

Der Kläger bezog seit April 2003 von dem Beklagten Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG. Zum Teil verrichtete der Kläger Tätigkeiten, die ihm im Rahmen der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 BSHG angeboten worden waren. So war er mehrfach als Hausmeister der M-Grundschule tätig. Am 12. Mai 2004 bot der Beklagte dem Kläger eine weitere Beschäftigung im Rahmen von § 19 Abs.1 BSHG an. Diese sollte im Stadtteilzentrum S stattfinden. Der Kläger wurde aufgefordert, sich dort bis 21. Mai 2004 telefonisch zu melden und mit dem Stadtteilzentrum weitere Termine zu vereinbaren. Am 09. Juli 2004 meldete sich das Stadtteilzentrum S bei dem Beklagten und teilte mit, dass der Kläger telefonisch einen ihm angebotenen Termin am 13. Juli 2004 zur Vorbereitung für den Abschluss eines Arbeitsvertrages am 15. Juli 2004 abgelehnt habe. Der Kläger sei am Telefon ausfallend geworden und habe erklärt, dass er am 12. Juli 2004 verreise. Im Stadtteilzentrum sei der Eindruck entstanden, dass er an einem Arbeitsvertrag anscheinend nicht interessiert sei. Daraufhin wurde der Kläger am 13. Juli 2004 bei dem Beklagten einbestellt. Es fand eine mündliche Erörterung der Ereignisse statt. Gleichzeitig erließ der Beklagte am 13. Juli 2004 einen Bescheid, mit dem er den Regelsatz der dem Kläger gewährten Sozialhilfeleistungen um 35 % kürzte. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Absenkung sei nach § 25 Abs. 1 BSHG gerechtfertigt, weil das Verhalten des Klägers einer Arbeitsverweigerung gleichkomme. Die Terminkollision mit einer geplanten Reise nach Österreich sei bedauerlich. Der Kläger möge aber bedenken, dass ihm ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitsvertrag angeboten worden sei. Vorsorglich wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass die Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 25 BSHG eingestellt werde, wenn hierfür erneut Anlass gegeben werde. Dem Kläger wurde daher nahe gelegt, die geplante Reise nicht anzutreten und den weiteren Terminen nachzukommen.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2004 bot der Beklagte dem Kläger erneut eine Beschäftigung im Stadtteilzentrum S an und forderte diesen auf, bis spätestens 20. Juli 2004 dort telefonisch vorzusprechen. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass es als Arbeitsverweigerung anzusehen wäre, wenn er der Aufforderung nicht nachkäme. In diesem Fall könnte die Hilfe zum Lebensunterhalt versagt werden.

Der Kläger kam der Aufforderung aus dem Schreiben vom 15. Juli 2004 nicht nach. Eine Kontaktaufnahme mit dem Stadtteilzentrum S erfolgte nicht. Mit Bescheid vom 09. August 2004 stellte der Beklagte die Hilfe zum Lebensunterhalt vollständig ein. Zur Begründung stützte er sich auf § 25 Abs. 1 BSHG und wertete das Verhalten des Klägers als Arbeitsverweigerung. Dagegen richtete sich der Widerspruch vom 26. August 2004. Zur Begründung weist er darauf hin, dass er die angebotene Arbeitsstelle nicht abgelehnt habe, sondern lediglich um Verschiebung des Termins gebeten habe. Er habe dringend nach Österreich fahren müssen, um sein Versicherungskonto beim dortigen Rentenversicherungsträger zu klären. Dies sei im Rahmen eines vor dem Familiengericht anhängigen Verfahrens nach dem Versorgungsausgleich erforderlich gewesen. Das Familiengericht habe ihm bereits Zwangsgelder auferlegt.

Am 29. September 2004 beantragte der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Berlin die Verpflichtung des Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung, ihm weiterhin Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. Oktober 2004 (AZ.: VG 6 A ) ab und begründete dies im Wesentlichen mit mangelnder Eilbedürftigkeit. Da der Kläger sich trotz entsprechender Aufforderung der Kammer nicht zur weiteren Klärung des Sachverhaltes geäußert habe, habe er zu erkennen gegeben, dass er kein Interesse am Ausgang des Verfahrens habe. Zudem habe er keine plausiblen Gründe glaubhaft gemacht, weswegen er die angebotenen Termine beim Stadtteilzentrum S nicht wahrgenommen habe. Seine Behauptung, er habe am 15. Juli 2004 nach Österreich fahren müssen, sei nicht glaubhaft gemacht. Er habe schon nicht glaubhaft gemacht, welche Unterlagen im Einzelnen benötigt wurden und warum eine Klärung der Angelegenheit weder telefonisch, noch über seine in Österreich lebenden Verwandten möglich gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung richtete sich eine an das OVG Berlin gerichtete Beschwerde des Klägers. Im Beschwerdeverfahren trug der Kläger vor, ein persönliches Erscheinen beim Rentenversicherungsträger in Österreich sei notwendig gewesen, weil der Versuch einer Klärung seines Versicherungsverlaufes durch seine Schwester nicht erfolgreich gewesen sei. Insbesondere die Zeiten vor dem Jahre 1972 hätten von dem Kläger vor Ort nachgewiesen werden müssen. Der Kläger wies darauf hin, dass das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg als Familiengericht bereits am 13. Februar 2004 ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR zur Erzwingung seiner Mitwirkung festgesetzt habe. Der Antragsteller brachte eidesstattliche Versicherungen von ihm selbst zur Notwendigkeit der Fahrt nach Österreich und von seiner in Österreich lebenden Schwester bei. Ferner reichte er den am 28. Juli 2004 letztendlich überreichten Versicherungsverlauf des österreichischen Versicherungsträgers in Kopie ein. Mit Beschluss vom 01. März 2005 (AZ.: OVG 6 S ) wies das Oberverwaltungsgericht Berlin die Beschwerde des Klägers zurück. Zur Begründung führte das OVG aus, ein Fall der unberechtigten Arbeitsverweigerung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BSHG liege vor, denn die eingereichten Dokumente seien nicht geeignet zu belegen, dass die Reise nach Österreich ein rechtfertigender Grund dafür gewesen sei, die unterbreiteten zumutbaren Arbeitsangebote nicht wahrzunehmen. Vor dem Hintergrund, dass dem Kläger vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg erstmals am 02. Januar 2004 aufgegeben wurde, binnen 2 Wochen in geeigneter Weise Auskunft über seine Versorgungsansprüche in Österreich zu erteilen und ein weiterer Beschluss zur Auskunftsverpflichtung am 09. Januar 2004 ergangen ist und schließlich am 13. Februar 2004 ein Zwangsgeld zur Erzwingung der Auskunftsverpflichtung festgesetzt worden ist, sei nicht dargetan, dass der Kläger überhaupt den nahe liegenden Versuch einer zeitnahen Klärung auf schriftlichem Wege unternommen habe. Das OVG wies darauf hin, dass ein solcher Schriftwechsel weder vorliege, noch eine Mitteilung des österreichischen Versicherungsträgers über die Notwendigkeit einer persönlichen Vorsprache. Den vom Kläger eingereichten eidesstattlichen Versicherungen ließe sich diese Notwendigkeit nicht entnehmen. Soweit der Kläger darauf verweise, es hätten insbesondere Zeiten vor dem Jahr 1972 vor Ort nachgewiesen werden müssen, decke sich dies nicht mit dem schließlich überreichten Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung, in dem erst Zeiten ab 17. April 1972 aufgeführt seien. Es sei nicht glaubhaft gemacht, dass eine mehrwöchige Reise nach Österreich im Juli 2004 unabwendbar und die Nichtannahme einer angebotenen Arbeit daher berechtigt gewesen sei. Der Umstand, dass der Kläger Angebote für gemeinnützige Arbeit angenommen und wahrgenommen habe, beweist für den fraglichen Zeitraum nicht seinen unbedingten Willen zur Selbsthilfe durch Aufnahme einer vollwertigen versicherungspflichtigen Tätigkeit.

Für die Zeit ab 01. August 2004 erhielt der Kläger von dem Beklagten keinerlei Leistungen. Die Sozialhilfezahlung wurde vollständig eingestellt und bis 31. Dezember 2004 auch nicht wieder aufgenommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2005 wies der Beklagte den klägerischen Widerspruch zurück. Dabei hielt er an der Bewertung des klägerischen Verhaltens als Arbeitsverweigerung im Sinne von § 25 Abs. 1 BSHG fest. Die Notwendigkeit einer Fahrt nach Österreich habe nicht plausibel gemacht werden können.

Mit der am 21. November 2005 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger hält den Bescheid vom 09. August 2004 für ermessensfehlerhaft, weil eine Regelsatzkürzung über 25 % einer weiteren ausführlichen Begründung bedürfe und geprüft werden müsse, ob weniger belastende Maßnahmen in Betracht zu ziehen seien. Daran fehle es in dem besagten Bescheid. Dem Verhalten des Klägers, sich auf das Schreiben des Beklagten vom 15. Juli 2004 nicht zu melden, liege kein erneuter Anlass im Sinne des § 25 BSHG zugrunde. Der Verhinderung lag vielmehr noch immer die Abwesenheit zur Klärung der Rentenangelegenheit in Österreich zugrunde. Hinsichtlich dieses Grundes habe der Beklagte den Regelsatz des Klägers aber bereits um 35 % gekürzt. Es erscheine so, als ob der Beklagte die bekannte Abwesenheit des Klägers nutzen wollte, um die Vorraussetzungen zu schaffen, die eine Einstellung der gewährten Leistungen rechtfertigen sollte. Dem Kläger wurde eine Frist für die Erfüllung einer Maßnahme gesetzt, obwohl der Beklagte Kenntnis von den Umständen hatte, die dem Kläger die Einhaltung der ihm gesetzten Frist von vorneherein unmöglich machten. Ein solches Verhalten sei als rechtsmissbräulich einzuschätzen. Seinen Vortrag zur Notwendigkeit der Reise nach Österreich hält der Kläger aufrecht. Im Übrigen weist er darauf hin, dass selbst bei unterstellter Tatbestandsmäßigkeit von § 25 BSHG die vollständige Einstellung der Leistungen auf maximal 3 Monate zu beschränken sei. Im vorliegenden Fall wäre es in Betracht gekommen, die vollständige Kürzung auf den Zeitraum der Abwesenheit des Klägers zu beschränken.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09. August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2005 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 01. August 2004 bis 31. Dezember 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf die Begründung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen. Formfehler oder fehlende Ermessensausübungen könne er nicht erkennen.

Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen sowie auf die Gerichtsakten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Berlin im Verfahren VG 6 A ... Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und in aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 09. August 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2005 sind insoweit rechtswidrig, als sie eine auf § 25 Abs. 1 Satz 1 BSHG gestützte Sanktion verhängen, ohne das unerlässlich gebotene Existenzminimum des Klägers zu sichern. Sie sind ferner rechtswidrig, soweit sie die auf § 25 Abs. 1 Satz 1 BSHG gestützte Sanktion nicht auf maximal drei Monate beschränken. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen waren daher abzuändern. Soweit das klägerische Begehren über den im Tenor ersichtlichen Umfang der Verurteilung hinausgeht, ist die Klage unbegründet.

Zu prüfen ist die Rechtmäßigkeit der Sozialhilfeeinstellung und der mögliche Anspruch des Klägers auf Hilfe zum Lebensunterhalt aufgrund der bereits am 09. August 2004 mit Wirkung vom 01. August bis 31. Dezember 2004 ergangenen Entscheidung der Behörde noch nach dem BSHG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Ein Anspruch des Klägers auf Sozialhilfe nach dem SGB XII für Zeiträume nach dem 01. Januar 2005 war aufgrund der Beschränkung des Antrages nicht zu prüfen und kommt wegen des Leistungsausschlusses für Berechtigte nach dem SGB II gemäß § 21 SGB XII auch nicht in Betracht.

Nach § 25 Abs. 1 BSHG hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, wer sich weigert, zumutbare Arbeit zu leisten oder zumutbaren Maßnahmen nach den §§ 19 und 20 BSHG nachzukommen. Die Hilfe war in einer ersten Stufe um mindestens 25 v. H. des maßgebenden Regelsatzes zu kürzen. Der Hilfeempfänger war vorher entsprechend zu belehren.

Das Verhalten des Klägers auf das Angebot des Beklagten vom 15. Juli 2004 erfüllt den Tatbestand des § 25 Abs. 1 BSHG und rechtfertigt die Verhängung einer danach möglichen Sanktion. Das Gericht folgt insoweit den aus seiner Sicht zutreffenden Erwägungen des OVG in dessen Beschluss vom 01. März 2005 und sieht von einer detaillierten Darstellung der Gründe ab. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass sie aus eigener Sachkunde aus zahlreichen rentenversicherungsrechtlichen Verfahren weiß, dass die Klärung von Rentenversicherungskonten im Regelfall nicht der persönlichen Vorsprache bei dem Versicherungsträger bedürfen, sondern im schriftlichen Verfahren, ggfs. durch Benennung der geltend gemachten Beschäftigungszeiten und Arbeitgeber, durchgeführt werden kann. Die Notwendigkeit einer persönlichen Reise nach Österreich im Juli 2004 erschließt sich dem Gericht nicht.

Die weitgehende Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen ergibt sich nicht schon aus dem fehlerhaften Gebrauch des durch § 25 Abs. 1 BSHG eingeräumten Ermessens. Lediglich hinsichtlich der Höhe der Kürzung in einer ersten Stufe nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BSHG ist dem Sozialhilfeträger durch das Wort "mindestens" ein Ermessen eingeräumt. Die Rechtsfolge von § 25 Abs.1 Satz 1 BSHG nach vorangegangener Kürzung im Rahmen einer ersten Stufe tritt demgegenüber durch das Gesetz unmittelbar ein. Einer gesonderten Ermessensausübung bedarf es nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht.

Hinsichtlich der angenommenen und gewählten Rechtsfolge vermag die erkennende Kammer aber dem Beklagten und den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht zu folgen.

Eine systematische und verfassungskonforme Auslegung von § 25 Abs. 1 BSHG ergibt zunächst, dass die darauf beruhende Sanktionen auf maximal drei Monate zu beschränken ist. Der Vergleich zur Beschränkung der Sanktion nach § 25 Abs. 2 BSHG auf 12 Wochen, die entsprechende Regelung in § 144 SGB III und nicht zuletzt die zwischenzeitlich ergangene explizite Regelung gemäß § 31 Abs. 6 SGB II führen zu diesem Ergebnis. Eine unbefristete Verhängung einer Sanktion wegen einer ungerechtfertigten Arbeitsverweigerung wäre mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht vereinbar und wäre auch nicht geeignet, die erzieherische Zielrichtung der Sanktion zu erreichen. Andererseits kann die Sanktion nicht auf die Zeit der tatsächlichen Abwesenheit beschränkt sein, wie dies der Kläger vorschlägt, denn die Sanktion wäre dann nicht spürbar genug, um die erzieherische Wirkung bei dem Hilfebedürftigen zu erzielen. Dies entspräche auch nicht der vergleichbaren Sperrzeitregelung des § 144 SGB III.

Für den Zeitraum ab 01. November 2004 bestand daher wieder Anspruch auf ungekürzte Hilfe zum Lebensunterhalt. Einer erneuten Antragstellung durch den Kläger bedurfte es wegen dessen Widerspruchseinlegung und Eilantragsstellung gegen die Leistungseinstellung nicht. Ausgehend von einem Regelbedarf in Höhe von 296,00 EUR und angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 226,41 EUR ergibt sich daher für die Monate November und Dezember 2004 ein Leistungsanspruch des Klägers in Höhe von 522,51 EUR.

Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift des § 25 Abs. 1 BSHG ergibt unter Berücksichtigung des in Artikel 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzips, des in Artikel 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsprinzips und dem Gebot des Schutzes der Menschenwürde gemäß Artikel 1 Abs. 1 GG, dass auch bei Erfüllung des Tatbestandes der unberechtigten Arbeitsverweigerung dem Hilfebedürftigen das absolute und unerlässliche Existenzminimum zu belassen ist. Auch ein aus Sicht der staatlichen Verwaltung unerwünschtes und aus Sicht der Solidargemeinschaft bzw. der Steuerzahler unsolidarisches Verhalten eines Hilfeempfängers erlaubt es staatlichen Behörden nicht, die völlige Mittellosigkeit von Hilfebedürftigen herbeizuführen bzw. in Kauf zu nehmen. Das absolute Existenzminimum ist auch einem Arbeitsverweigerer zu belassen. Die Höhe der Leistungen zur Sicherung des absoluten Existenzminimums ergibt sich, soweit Sachleistungen nicht mehr erbracht werden können, aus dem Vergleich zu dem in § 3 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Geldbetrag, denn diese Leistung dient der Sicherung des absolut notwendigen Existenzminimums. Auch die Absenkung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz aufgrund der Sanktionsnorm des § 1 a Asylbewerberleistungsgesetz kann nach ständiger Rechtsprechung der erkennenden Kammer in der Regel nur unter Aufrechterhaltungen von Leistungen im Wert des im § 3 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Betrages, also durch Streichung des zusätzlichen Barbetrages, vorgenommen werden. Für eine Einzelperson sieht § 3 Abs. 2 Asylbewerberleistungsgesetz einen Betrag von 360,00 DM vor. Dies entspricht 184,00 EUR. Unter Berücksichtigung der angemessenen Kosten der Unterkunft ergibt sich somit für die Monate August, September und Oktober ein Leistungsanspruch in Höhe von 410,41 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz und berücksichtigt das teilweise Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten.
Rechtskraft
Aus
Saved