S 104 AS 9672/06 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
104
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 104 AS 9672/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt J G wird zurückgewiesen.

Gründe:

Der (sinngemäße) Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 1. Juni 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) zu gewähren, hilfsweise als Darlehen, hat keinen Erfolg.

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Soweit der Antragsteller die Gewährung von Alg II für die Zeit ab 1. Juni 2006 bis zum 22. Oktober 2006, also für die Zeit vor der Antragstellung bei Gericht am 23. Oktober 2006, geltend macht, besteht für die von ihm begehrte Regelungsanordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) zumindest kein Anordnungsgrund. Denn dem Antragsteller ist es in den in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen offensichtlich gelungen, mit den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln, seinen Bedarf zu sichern. Insoweit erscheint der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nötig, um wesentliche Nachteile abzuwenden (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 86 b, Rdnr. 28).

Der Antrag ist aber auch insoweit unbegründet, als der Antragsteller die Gewährung von Alg II für die Zeit ab dem 23. Oktober 2006 (Tag der Antragstellung) geltend macht. Insoweit besteht kein Anordnungsanspruch. Einer Aufhebung des ursprünglichen Ablehnungsbescheids vom 16. Mai 2006 nach § 44 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) steht entgegen, dass der Bescheid vom 16. Mai 2006 rechtmäßig ist. So scheitert eine Leistungsberechtigung des Antragstellers an der Vorschrift des § 7 Abs. 5 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Hiernach haben Auszubildende, deren Ausbildung - wie bei dem Antragsteller - im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Bei der im August 2005 begonnenen Ausbildung zum Hochbaufacharbeiter an der Berufsfachschule Oberstufenzentrum B in B handelt es sich um eine nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 dem Grunde nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung; dieses ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II findet im vorliegenden Fall auch Anwendung, denn ein Ausnahmetatbestand nach § 7 Abs. 6 SGB II ist nicht einschlägig. Insbesondere die Vorschrift des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II - auf die sich der Antragsteller bezieht - greift hier nicht, denn der BAföG-Bedarf des Antragstellers bemisst sich nicht nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, zumal der Antragsteller bereits die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von BAföG nach § 8 BAföG nicht erfüllt (vgl. Bescheid des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 15. Juni 2006).

Des Weiteren liegt auch kein Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vor. Hiernach können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die Ablehnung von Alg II führt zu keinem Ergebnis, welches den von dem Gesetzgeber mit der Schaffung des SGB II verfolgten Zielen offensichtlich entgegenstehen würde. Hilfebedürftige, die eine Ausbildung der in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II genannten Art betreiben und nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht gefördert werden, sind in der Regel gehalten, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden. Der Grund des Anliegens des Gesetzgebers durch das SGB II keine Ausbildung zu ermöglichen, die nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, gestattet es auch nicht, über die Härteregelung die Ausschlussvorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II dann für unanwendbar zu halten, wenn ein mittelloser Hilfesuchender nach Abbruch oder Unterbrechung seiner Ausbildung aus persönlichen Gründen infolge eines allgemeinen Arbeitsplatzmangels oder aus sonstigen Gründen seine Hilfebedürftigkeit durch Einsatz seiner Arbeitskraft nicht beseitigen kann (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 22. September 2005 - L 7 AS 635/05 ER -). Ein Härtefall kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Antragsteller etwa kurz vor Beendigung seiner Ausbildung durch Nichtgewährung von Alg II gezwungen wäre seine Ausbildung abzubrechen, wodurch der vorangegangene Ausbildungsgang vollständig entwertet würde. Zum Zeitpunkt der Antragstellung (11. Mai 2006) hat der Antragsteller die im August 2005 begonnene zweijährige Ausbildung noch nicht einmal zur Hälfte absolviert. Ein Härtefall kann auch nicht in Bezug auf die vorgetragenen ausländerrechtlichen Konsequenzen gesehen werden. Der am 4. April 2006 erteilte Aufenthaltstitel (Gültigkeitsdauer bis zum 3. April 2007) enthält nämlich keine Auflagen in der Weise, dass der Bestand des Aufenthaltstitels in irgendeiner Weise von der Fortsetzung der Ausbildung des Antragstellers abhängig gemacht würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt J G war zurückzuweisen, da der Rechtsstreit nicht die nach § 73 a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten bietet.
Rechtskraft
Aus
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