Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
70
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 3675/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Weitergewährung eines Gründungszuschusses nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Der 1972 geborene Kläger, ein Diplom-Kaufmann, meldete sich zum 01.04.2006 arbeitslos und bezog nach Ablauf einer Sperrzeit anschließend Arbeitslosengeld von der Beklagten. Er beantragte am 01. August 2006 bei der Beklagten die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer hauptberuflichen, selbständigen Tätigkeit als Steuerberater ab dem 01. Dezember 2006. Auf diesen Antrag bewilligte ihm die Beklagte mit dem Bescheid vom 07. Dezember 2006 einen Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 1.636,20 Euro für den Zeitraum 01.12.2006 bis 31.08.2007.
Im Juni oder Juli 2007 beantragte der Kläger die Weitergewährung des Gründungszuschusses über den 31.08.2007 hinaus. Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 20. August 2007 ab. Zur Begründung gab sie an, aus den eingereichten Unterlagen sei ersichtlich, dass die Einnahmen ausreichend erscheinen. Eine weitere Förderung der sozialen Sicherung für sechs Monate in Höhe von 300,00 Euro werde als nicht notwendig erachtet. Auf Leistungen zur weiteren Förderung des Gründungszuschusses bestehe kein Rechtsanspruch.
Gegen den Ablehnungsbescheid erhob der Kläger Widerspruch, der durch Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Zurückweisung begründete die Beklagte im Wesentlichen damit, dass die weitere Leistungsgewährung unter Ermessensgesichtspunkten nur möglich sei, wenn die weitere Förderung zur Unterstützung des Gründungsvorhabens erforderlich sei. Das sei hier nicht der Fall, da der Kläger in dem Zeitraum bis Juli 2007 ohne Berücksichtigung der gewährten Förderung u. a. Gewinne in Höhe von 46.457,20 Euro erzielt habe, was im Durchschnitt monatlich 5.807,15 Euro entspreche. Somit sei er auf die Weitergewährung von Fördergeldern nicht angewiesen. Es sei im Übrigen der Ist-Zustand zum Ende des bisherigen Förderzeitraums zu bewerten und bisher nicht angefallene Kosten könnten keine Beachtung finden.
Dagegen hat der Kläger am 15. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht erhoben und verfolgt sein Begehren weiter. Er meint, dass ihm ein Anspruch auf Weiterförderung zustehe. Indem die Beklagte auf die Erforderlichkeit der Weiterförderung abgestellt habe, habe sie ihr Ermessen in unzulässiger Weise ausgeübt. Dieser Umstand habe weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung einen Niederschlag gefunden. Nach dem Gesetzeswortlaut hänge die Weiterförderung lediglich davon ab, dass die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlage darlege. Nach der Gesetzesbegründung sei davon auszugehen, dass die Weiterförderung nur einer sozialen Absicherung zu dienen habe. Mit der Zahlung der 300,00 Euro solle die Mehrbelastung des Existenzgründers gegenüber einem Arbeitlosen ausgeglichen werden, für den die Krankenversicherung durch die Bundesagentur für Arbeit getragen werde. Diese Mehrbelastung bestehe für ihn auch nach Ablauf der ersten neun Monate weiter. Zudem sei ihm Anfang Oktober 2007 durch einen Hauptauftraggeber signalisiert worden, dass er im Jahr 2008 dort wider Erwarten nicht arbeiten könne. Ferner habe seine damalige Betreuerin bei der Beklagten ihm mündlich eine weitere Förderung in Aussicht gestellt, sofern sich sein Gründungsvorhaben als tragfähig erweisen sollte.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Oktober 2007 zu verurteilen, über seinen Antrag auf Weitergewährung des Gründungszuschusses für sechs Monate unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer entscheidet nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu mit Schreiben vom 11. April 2008 gehört worden.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Oktober 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags auf Weitergewährung des Gründungszuschusses zu.
Der Gründungszuschuss kann gem. § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB III für weitere sechs Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel, kann die Agentur für Arbeit die erneute Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen, § 58 Abs. 2 S. 2 SGB III.
Die Kammer geht mit den Beteiligten davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Weitergewährung des Gründungszuschusses nach § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB III erfüllt sind. Der Kläger hat seine Geschäftstätigkeit hinreichend und glaubhaft dargelegt. Auch bestehen keine Zweifel an der Tragfähigkeit der Existenzgründung; insoweit handelt es sich ebenfalls um ein Tatbestandsmerkmal, obgleich dies in § 58 Abs. 2 SGB III nicht ausdrücklich erwähnt wird (vgl. § 58 Abs. 2 S. 2 SGB III i. V. m. § 57 Abs. 2 S. 2 SGB III; ebenso Winkler in: Gagel, SGB III, Kommentar, SGB III, Stand: Dezember 2009, § 58 Rn. 8). Der bloße Nachweis einer Geschäftstätigkeit, losgelöst von einem belegbaren wirtschaftlichen Erfolg dieser Tätigkeit, kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift offensichtlich nicht alleinige Voraussetzung für die Entscheidung über die Weiterförderung sein. Im Übrigen dürfte für die Feststellung der darzulegenden Geschäftstätigkeit des Existenzgründers kaum jemals die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich sein, sondern in aller Regel - wie in § 57 Abs. 2 S. 2 SGB II - nur für die Beurteilung der Tragfähigkeit der Existenzgründung.
Trotz Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen besteht hier jedoch kein Anspruch auf erneute Bescheidung des Antrags auf Weitergewährung des Gründungszuschusses. Denn der Gesetzgeber räumt dem Leistungsträger auf der Rechtsfolgenebene Ermessen ein (vgl. "kann" in § 58 Abs. 2 S. 1 SGB III). Die Beklagte ist daher berechtigt und verpflichtet unter Ausübung des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens über den Antrag auf Weiterförderung zu entscheiden. Das hat sie hier zutreffend erkannt und den Weiterförderungsantrag ermessensfehlerfrei abgelehnt.
Die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung über die Ablehnung der Weiterförderung ist entgegen der Ansicht des Klägers rechtlich nicht zu beanstanden. Zu beachten ist insoweit, dass das Gericht die Ermessensentscheidung nur auf Ermessensfehler überprüfen darf und nicht seine eigene Ermessensausübung an die Stelle derjenigen der Verwaltung setzen darf (BSG SozR 3-1200 § 39 Nr. 1). Das Gericht hat die Ermessensentscheidung nur im Hinblick darauf zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist, § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG.
Ein solcher Ermessensfehler ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere hat die Beklagte ihr Ermessen nicht etwa fehlerhaft gebraucht, indem sie unter Hinweis auf eine fehlende Erforderlichkeit der Weiterförderung zur Gewährleistung der sozialen Sicherung des Klägers seinen Antrag abgelehnt hat. Im Rahmen der Ermessensentscheidung des § 58 Abs. 2 S. 1 SGB III ist die Überprüfung der Gewährleistung der sozialen Sicherung durch die eigenen Betriebseinnahmen vielmehr ein zulässiger Ermessensgesichtspunkt, der nach Ansicht der Kammer in der Regel für die Weiterförderungsentscheidung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Nach der Konzeption des Gesetzes soll mit der Pauschale von 300,00 Euro die Absicherung der Existenzgründer in der Sozialversicherung ermöglicht werden (vgl. BT-Drs. 16/1696 S. 31; Stratmann in: Niesel, SGB III, Komm., 4. Aufl., § 58 Rn. 4). Da der gesetzliche Zweck dieser Pauschale also darin liegt, die soziale Absicherung des Existenzgründers zu ermöglichen, bedarf es ihrer jedenfalls dann nicht, wenn diese Absicherung schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet werden kann.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll nach den ersten neun Monaten aus der selbständigen Tätigkeit der Lebensunterhalt bestritten werden können und die mögliche Weiterförderung für sechs Monate der Gewährleistung der sozialen Absicherung dienen (vgl. BT-Drs. 16/1696, S. 31). Demnach geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Weiterförderung denjenigen Existenzgründern zugute kommen soll, die nach Ablauf von neun Monate zwar ihren Lebensunterhalt, nicht aber die Beiträge zur Sozialversicherung aus den Einnahmen aus ihrer selbständigen Tätigkeit finanzieren können. Die Gesetzesbegründung spricht somit entgegen der Meinung des Klägers dafür, dass in solchen Fällen, in denen die Einkünfte aus der Existenzgründung bereits nach Ablauf der neun Monate auch zur sozialen Absicherung ausreichen, die Weiterförderung nicht erfolgen soll.
Die Beklagte hat weiter zutreffend festgestellt, dass der Gewinn des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit von fast 6.000,00 Euro monatlich sowohl zur Sicherung seines Lebensunterhalts als auch zu seiner sozialen Absicherung ausreicht. Insoweit kann aufgrund der dargelegten Höhe hieran auch der vom Kläger befürchtete Verlust eines Hauptauftraggebers im Jahr 2008 nichts ändern. Diesbezüglich ist vom Kläger auch nicht dargetan, dass dieser Verlust tatsächlich eingetreten ist und einen merklichen Rückgang bei seinem Betriebsgewinn bewirkt hat. Im Übrigen wäre es vor dem Hintergrund des Gewinns von über 45.000,00 Euro allein im Zeitraum Dezember 2006 bis Juli 2007 und der in diesem Zeitraum geleisteten Förderung von mehr als 13.000,00 Euro dem Kläger ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, im Hinblick auf einen möglichen Auftragsrückgang für seine künftige soziale Absicherung Ansparleistungen zu erbringen.
Ferner kann es für die Weiterförderung nicht allein der Umstand genügen, dass nach wie vor Beiträge zur sozialen Absicherung gezahlt werden und eine "Mehrbelastung" im Vergleich zu den über die Beklagte versicherten Arbeitslosen besteht. Legt man diese Ansicht des Klägers zugrunde, so müsste stets ungeachtet der Entwicklung der Existenzgründung eine Weiterförderung nach § 58 Abs. 2 S. 1 SGB III erfolgen. Das würde zugleich eine Aushebelung des Ermessens in § 58 Abs. 2 S. 1 SGB III bedeuten.
Andere Ermessensfehler bei der Bescheidung sind weder geltend gemacht noch für die Kammer ersichtlich. Die Klage auf Verurteilung zur erneuten Bescheidung ist daher unbegründet.
Sollte der Kläger mit seiner Klage entgegen der hier vorgenommenen Auslegung die Verurteilung zur Leistung der Weiterförderung und nicht die erneute ermessensfehlerfreie Bescheidung beantragen wollen, so wäre diese Klage bereits unzulässig. Denn eine solche kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage wäre im Hinblick auf das bestehende Ermessen nur im Falle einer sog. Ermessensreduzierung auf Null statthaft, d. h. wenn sämtliche andere Entscheidungen als die der Weiterförderung für sechs Monate ermessensfehlerhaft wären (vgl. BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 50; Niesel in: Niesel, SGB III, § 18 Rn. 16). Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass hier ein solcher Fall der Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. Insbesondere kann ein solcher Anspruch nicht im Wege der Ermessensreduzierung aus der vom Kläger angeführten mündlichen Auskunft seiner ehemaligen Arbeitsvermittlerin abgeleitet werden. Denn insoweit wäre eine Bindung der Beklagten an diese Auskunft nur denkbar, wenn darin eine Zusicherung gem. § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) liegen würde. Selbst wenn dem Kläger eine Zusage über den Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes, nämlich mit dem Inhalt einer Weiterförderung der Existenzgründung über neun Monate hinaus, erteilt worden sein sollte, fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Schriftform einer solchen Zusage.
Die Ablehnung des Antrags auf Weitergewährung des Gründungszuschusses war mithin rechtmäßig. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Weitergewährung eines Gründungszuschusses nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Der 1972 geborene Kläger, ein Diplom-Kaufmann, meldete sich zum 01.04.2006 arbeitslos und bezog nach Ablauf einer Sperrzeit anschließend Arbeitslosengeld von der Beklagten. Er beantragte am 01. August 2006 bei der Beklagten die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer hauptberuflichen, selbständigen Tätigkeit als Steuerberater ab dem 01. Dezember 2006. Auf diesen Antrag bewilligte ihm die Beklagte mit dem Bescheid vom 07. Dezember 2006 einen Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 1.636,20 Euro für den Zeitraum 01.12.2006 bis 31.08.2007.
Im Juni oder Juli 2007 beantragte der Kläger die Weitergewährung des Gründungszuschusses über den 31.08.2007 hinaus. Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 20. August 2007 ab. Zur Begründung gab sie an, aus den eingereichten Unterlagen sei ersichtlich, dass die Einnahmen ausreichend erscheinen. Eine weitere Förderung der sozialen Sicherung für sechs Monate in Höhe von 300,00 Euro werde als nicht notwendig erachtet. Auf Leistungen zur weiteren Förderung des Gründungszuschusses bestehe kein Rechtsanspruch.
Gegen den Ablehnungsbescheid erhob der Kläger Widerspruch, der durch Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Zurückweisung begründete die Beklagte im Wesentlichen damit, dass die weitere Leistungsgewährung unter Ermessensgesichtspunkten nur möglich sei, wenn die weitere Förderung zur Unterstützung des Gründungsvorhabens erforderlich sei. Das sei hier nicht der Fall, da der Kläger in dem Zeitraum bis Juli 2007 ohne Berücksichtigung der gewährten Förderung u. a. Gewinne in Höhe von 46.457,20 Euro erzielt habe, was im Durchschnitt monatlich 5.807,15 Euro entspreche. Somit sei er auf die Weitergewährung von Fördergeldern nicht angewiesen. Es sei im Übrigen der Ist-Zustand zum Ende des bisherigen Förderzeitraums zu bewerten und bisher nicht angefallene Kosten könnten keine Beachtung finden.
Dagegen hat der Kläger am 15. Oktober 2007 Klage beim Sozialgericht erhoben und verfolgt sein Begehren weiter. Er meint, dass ihm ein Anspruch auf Weiterförderung zustehe. Indem die Beklagte auf die Erforderlichkeit der Weiterförderung abgestellt habe, habe sie ihr Ermessen in unzulässiger Weise ausgeübt. Dieser Umstand habe weder im Gesetz noch in der Gesetzesbegründung einen Niederschlag gefunden. Nach dem Gesetzeswortlaut hänge die Weiterförderung lediglich davon ab, dass die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlage darlege. Nach der Gesetzesbegründung sei davon auszugehen, dass die Weiterförderung nur einer sozialen Absicherung zu dienen habe. Mit der Zahlung der 300,00 Euro solle die Mehrbelastung des Existenzgründers gegenüber einem Arbeitlosen ausgeglichen werden, für den die Krankenversicherung durch die Bundesagentur für Arbeit getragen werde. Diese Mehrbelastung bestehe für ihn auch nach Ablauf der ersten neun Monate weiter. Zudem sei ihm Anfang Oktober 2007 durch einen Hauptauftraggeber signalisiert worden, dass er im Jahr 2008 dort wider Erwarten nicht arbeiten könne. Ferner habe seine damalige Betreuerin bei der Beklagten ihm mündlich eine weitere Förderung in Aussicht gestellt, sofern sich sein Gründungsvorhaben als tragfähig erweisen sollte.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Oktober 2007 zu verurteilen, über seinen Antrag auf Weitergewährung des Gründungszuschusses für sechs Monate unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer entscheidet nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu mit Schreiben vom 11. April 2008 gehört worden.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Oktober 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags auf Weitergewährung des Gründungszuschusses zu.
Der Gründungszuschuss kann gem. § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB III für weitere sechs Monate in Höhe von monatlich 300 Euro geleistet werden, wenn die geförderte Person ihre Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen darlegt. Bestehen begründete Zweifel, kann die Agentur für Arbeit die erneute Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen, § 58 Abs. 2 S. 2 SGB III.
Die Kammer geht mit den Beteiligten davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Weitergewährung des Gründungszuschusses nach § 58 Abs. 2 Satz 1 SGB III erfüllt sind. Der Kläger hat seine Geschäftstätigkeit hinreichend und glaubhaft dargelegt. Auch bestehen keine Zweifel an der Tragfähigkeit der Existenzgründung; insoweit handelt es sich ebenfalls um ein Tatbestandsmerkmal, obgleich dies in § 58 Abs. 2 SGB III nicht ausdrücklich erwähnt wird (vgl. § 58 Abs. 2 S. 2 SGB III i. V. m. § 57 Abs. 2 S. 2 SGB III; ebenso Winkler in: Gagel, SGB III, Kommentar, SGB III, Stand: Dezember 2009, § 58 Rn. 8). Der bloße Nachweis einer Geschäftstätigkeit, losgelöst von einem belegbaren wirtschaftlichen Erfolg dieser Tätigkeit, kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift offensichtlich nicht alleinige Voraussetzung für die Entscheidung über die Weiterförderung sein. Im Übrigen dürfte für die Feststellung der darzulegenden Geschäftstätigkeit des Existenzgründers kaum jemals die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich sein, sondern in aller Regel - wie in § 57 Abs. 2 S. 2 SGB II - nur für die Beurteilung der Tragfähigkeit der Existenzgründung.
Trotz Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen besteht hier jedoch kein Anspruch auf erneute Bescheidung des Antrags auf Weitergewährung des Gründungszuschusses. Denn der Gesetzgeber räumt dem Leistungsträger auf der Rechtsfolgenebene Ermessen ein (vgl. "kann" in § 58 Abs. 2 S. 1 SGB III). Die Beklagte ist daher berechtigt und verpflichtet unter Ausübung des ihr gesetzlich eingeräumten Ermessens über den Antrag auf Weiterförderung zu entscheiden. Das hat sie hier zutreffend erkannt und den Weiterförderungsantrag ermessensfehlerfrei abgelehnt.
Die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung über die Ablehnung der Weiterförderung ist entgegen der Ansicht des Klägers rechtlich nicht zu beanstanden. Zu beachten ist insoweit, dass das Gericht die Ermessensentscheidung nur auf Ermessensfehler überprüfen darf und nicht seine eigene Ermessensausübung an die Stelle derjenigen der Verwaltung setzen darf (BSG SozR 3-1200 § 39 Nr. 1). Das Gericht hat die Ermessensentscheidung nur im Hinblick darauf zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist, § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG.
Ein solcher Ermessensfehler ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere hat die Beklagte ihr Ermessen nicht etwa fehlerhaft gebraucht, indem sie unter Hinweis auf eine fehlende Erforderlichkeit der Weiterförderung zur Gewährleistung der sozialen Sicherung des Klägers seinen Antrag abgelehnt hat. Im Rahmen der Ermessensentscheidung des § 58 Abs. 2 S. 1 SGB III ist die Überprüfung der Gewährleistung der sozialen Sicherung durch die eigenen Betriebseinnahmen vielmehr ein zulässiger Ermessensgesichtspunkt, der nach Ansicht der Kammer in der Regel für die Weiterförderungsentscheidung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Nach der Konzeption des Gesetzes soll mit der Pauschale von 300,00 Euro die Absicherung der Existenzgründer in der Sozialversicherung ermöglicht werden (vgl. BT-Drs. 16/1696 S. 31; Stratmann in: Niesel, SGB III, Komm., 4. Aufl., § 58 Rn. 4). Da der gesetzliche Zweck dieser Pauschale also darin liegt, die soziale Absicherung des Existenzgründers zu ermöglichen, bedarf es ihrer jedenfalls dann nicht, wenn diese Absicherung schon über die eigenen Einnahmen aus der geförderten Geschäftstätigkeit gewährleistet werden kann.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll nach den ersten neun Monaten aus der selbständigen Tätigkeit der Lebensunterhalt bestritten werden können und die mögliche Weiterförderung für sechs Monate der Gewährleistung der sozialen Absicherung dienen (vgl. BT-Drs. 16/1696, S. 31). Demnach geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Weiterförderung denjenigen Existenzgründern zugute kommen soll, die nach Ablauf von neun Monate zwar ihren Lebensunterhalt, nicht aber die Beiträge zur Sozialversicherung aus den Einnahmen aus ihrer selbständigen Tätigkeit finanzieren können. Die Gesetzesbegründung spricht somit entgegen der Meinung des Klägers dafür, dass in solchen Fällen, in denen die Einkünfte aus der Existenzgründung bereits nach Ablauf der neun Monate auch zur sozialen Absicherung ausreichen, die Weiterförderung nicht erfolgen soll.
Die Beklagte hat weiter zutreffend festgestellt, dass der Gewinn des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit von fast 6.000,00 Euro monatlich sowohl zur Sicherung seines Lebensunterhalts als auch zu seiner sozialen Absicherung ausreicht. Insoweit kann aufgrund der dargelegten Höhe hieran auch der vom Kläger befürchtete Verlust eines Hauptauftraggebers im Jahr 2008 nichts ändern. Diesbezüglich ist vom Kläger auch nicht dargetan, dass dieser Verlust tatsächlich eingetreten ist und einen merklichen Rückgang bei seinem Betriebsgewinn bewirkt hat. Im Übrigen wäre es vor dem Hintergrund des Gewinns von über 45.000,00 Euro allein im Zeitraum Dezember 2006 bis Juli 2007 und der in diesem Zeitraum geleisteten Förderung von mehr als 13.000,00 Euro dem Kläger ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, im Hinblick auf einen möglichen Auftragsrückgang für seine künftige soziale Absicherung Ansparleistungen zu erbringen.
Ferner kann es für die Weiterförderung nicht allein der Umstand genügen, dass nach wie vor Beiträge zur sozialen Absicherung gezahlt werden und eine "Mehrbelastung" im Vergleich zu den über die Beklagte versicherten Arbeitslosen besteht. Legt man diese Ansicht des Klägers zugrunde, so müsste stets ungeachtet der Entwicklung der Existenzgründung eine Weiterförderung nach § 58 Abs. 2 S. 1 SGB III erfolgen. Das würde zugleich eine Aushebelung des Ermessens in § 58 Abs. 2 S. 1 SGB III bedeuten.
Andere Ermessensfehler bei der Bescheidung sind weder geltend gemacht noch für die Kammer ersichtlich. Die Klage auf Verurteilung zur erneuten Bescheidung ist daher unbegründet.
Sollte der Kläger mit seiner Klage entgegen der hier vorgenommenen Auslegung die Verurteilung zur Leistung der Weiterförderung und nicht die erneute ermessensfehlerfreie Bescheidung beantragen wollen, so wäre diese Klage bereits unzulässig. Denn eine solche kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage wäre im Hinblick auf das bestehende Ermessen nur im Falle einer sog. Ermessensreduzierung auf Null statthaft, d. h. wenn sämtliche andere Entscheidungen als die der Weiterförderung für sechs Monate ermessensfehlerhaft wären (vgl. BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 50; Niesel in: Niesel, SGB III, § 18 Rn. 16). Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass hier ein solcher Fall der Ermessensreduzierung auf Null vorliegt. Insbesondere kann ein solcher Anspruch nicht im Wege der Ermessensreduzierung aus der vom Kläger angeführten mündlichen Auskunft seiner ehemaligen Arbeitsvermittlerin abgeleitet werden. Denn insoweit wäre eine Bindung der Beklagten an diese Auskunft nur denkbar, wenn darin eine Zusicherung gem. § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) liegen würde. Selbst wenn dem Kläger eine Zusage über den Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes, nämlich mit dem Inhalt einer Weiterförderung der Existenzgründung über neun Monate hinaus, erteilt worden sein sollte, fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Schriftform einer solchen Zusage.
Die Ablehnung des Antrags auf Weitergewährung des Gründungszuschusses war mithin rechtmäßig. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
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