Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
71
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 592/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale I/2003 und II/2003 sowie II/2005 bis IV/2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 in der Fassung des Abänderungsbescheides vom 13. August 2009 verurteilt, über den Honoraranspruch des Klägers in den fünf genannten Quartalen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten - nach einer übereinstimmenden, teilweisen Erledigungserklärung - nunmehr noch über die Höhe des Honoraranspruchs des Klägers, der als Diplom-Psychologe und psychologischer Psychotherapeut in einer Einzelpraxis an der vertragsärztlichen Versorgung in B teilnimmt, für nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen bzw. probatorischen Sitzungen in den Quartalen I/2000, II/2000, I/2001, II/2001, IV/2001 bis III/2003 sowie I/2004 bis IV/2005.
Die Punktwerte, zu denen die durch den Kläger erbrachten probatorischen Sitzungen vergütet worden sind, stellten sich in den Quartalen I/2000 bis IV/2005 wie folgt dar, wobei der Kläger ab dem Quartal III/2003 - also nach Einführung der Individualbudgets - die probatorischen Sitzungen nicht mehr zum einheitlichen Punktwert der Fachgruppe vergütet erhielt, sondern zu dem arztindividuellen Punktwert, der sich aus der Abrechnung seines Individualbudgets ergab.
Quartal Primärkassen (PK) - Cent Ersatzkassen (EK) - Cent Durchschnitt PK/EK - Cent I/2000 1,6862 3,5242 2,6052 II/2000 2,5437 3,7661 3,1549 III/2000 (Rechtsstreit erledigt) 2,7060 4,2515 3,4788 IV/2000 (Rechtsstreit erledigt) 2,9005 3,6797 3,2901 I/2001 2,3262 3,3837 2,8550 II/2001 2,3391 3,5848 2,9620 III/2001 (Rechtsstreit erledigt) 2,6627 3,8973 3,2800 IV/2001 2,0545 3,3349 2,6947 I/2002 2,5585 3,2733 2,9159 II/2002 2,2883 3,1021 2,6952 III/2002 2,3195 3,4485 2,8840 IV/2002 2,3678 3,1035 2,7357 I/2003 1,9627 3,0087 2,4857 II/2003 1,9631 2,9577 2,4604 III/2003 1,6669 3,9105 2,7887 IV/2003 (Rechtsstreit erledigt) 3,4102 4,1484 3,7793 I/2004 2,1810 3,8161 2,9986 II/2004 2,4964 4,2887 3,3926 III/2004 1,1737 4,8684 3,0211 IV/2004 2,5305 4,2809 3,4057 I/2005 0,9415 4,3759 2,6587 II/2005 0,8743 2,1135 1,4939 III/2005 0,6663 2,2727 1,4695 IV/2005 0,8733 1,3187 1,096
(Punktwerte unter 2,56 Cent sind fett hervorgehoben und in Kursivschrift angegeben)
Wegen der aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus der 93./96. Sitzung anfallenden Nachvergütung hatte sich die Beklagte um Nachverhandlung der Gesamtvergütungsverträge mit den regionalen Krankenkassenverbänden bemüht. Nachdem die Verhandlungen gescheitert waren, rief die Beklagte das Landesschiedsamt an. Dieses legte mit Beschlüssen vom 6. und 10. Mai 2005 unter anderem fest, dass das Budget der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen zum anteiligen Ausgleich der Differenzbeträge zwischen den alten und den neuen Mindestpunktwerten für antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen um einen Anteil von 3,9 Millionen EUR und 840.000 EUR abzusenken sei. Diese Absenkung setzte die Beklagte seit dem Quartal II/2005 um. Von den Kürzungen betroffen sind im vorliegenden Verfahren des Klägers die Quartale II/2005 bis IV/2005.
Gegen die Honorarbescheide für die vorgenannten, streitgegenständlichen Quartale legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Die Beklagte wies die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006, dem Kläger zugegangen am 26. September 2006, als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 18. Oktober 2006 erhobene Klage.
Nachdem das Verfahren - soweit es die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen betrifft - angesichts eines Nachvergütungsbescheides vom 13. August 2009 von den Hauptbeteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, und die Hauptbeteiligten auch im Hinblick auf die Vergütung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen in den Quartalen III/2000, IV/2000, III/2001 und IV/2003 eine übereinstimmende Erledigungserklärung abgegeben haben, werden die streitgegenständlichen Bescheide nunmehr insbesondere noch unter den folgenden Gesichtspunkten durch den Kläger angegriffen:
(1)
In den Quartalen I/2000, II/2000, I/2001 und IV/2001 habe der Punktwert für die probatorischen Sitzungen im Primärkassenbereich unter 2,56 Cent gelegen, so dass aus diesem Grunde das Honorar für diese Quartale zu niedrig festgesetzt worden sei. Die Rechtsprechung des BSG zur Vergütung der probatorischen Sitzungen (Urteil vom 28. Mai 2008, Aktenzeichen B 6 KA 49/07 R) könne nicht so verstanden werden, dass lediglich der aus Primär- und Ersatzkassen gebildete durchschnittliche Punktwert für die probatorischen Sitzungen den Betrag von 2,56 Cent nicht unterschreiten dürfe. Das BSG habe lediglich einen durchschnittlichen Punktwert von 3,04 Cent für ausreichend erachtet, ohne - bei einer Gesamtbetrachtung von Primär- und Ersatzkassenbereich - einen solchen von 2,56 Cent für hinreichend befunden zu haben. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung sei auch zu beachten, welche Vergütung nach Abzug der Kosten für die psychotherapeutische Leistung bei dem Psychotherapeuten verbleibe. In einzelnen Quartalen werde eine probatorische Sitzung von den Primärkassen mit einem Betrag vergütet, der nicht einmal kostendeckend sei und beispielsweise im Quartal III/05 lediglich 9,66 Euro betragen habe. Daran ändere auch das Argument einer "Quersubventionierung" durch die Ersatzkassenhonorare nichts. In seinem Urteil vom 28. Mai 2008 (Az. B 6 KA 9/07 R) habe das BSG zur Vergütung der probatorischen Sitzungen entschieden, dass ein nach Berücksichtigung der Betriebskosten verbleibender Ertrag von weniger als 20,00 Euro nicht ausreiche, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung auch mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten.
(2)
Hinsichtlich der Honorarbescheide der Quartale II/2005 bis IV/2005 sei die Vergütung der Gesamtheit der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen zu niedrig erfolgt, weil das zur Vergütung dieser Leistung zur Verfügung gestellte Honorarkontingent aufgrund der Entscheidung des Landesschiedsamtes vom 6. Mai 2005 zu gering ausgefallen sei. Es sei zwar zutreffend, dass ein Vertragsarzt im Streit um die Rechtmäßigkeit eines Honorarbescheides die zwischen den Partnern der Gesamtverträge vereinbarte Gesamtvergütung nicht angreifen könne. Der einzelne Vertragsarzt könne jedoch die Verträge zwischen den Partnern der Gesamtverträge in einem Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit eines Honorarbescheides inzident darauf überprüfen lassen, ob er durch diese Verträge rechtmäßig an der Honorarverteilung beteiligt werde. Vorliegend sei durch die Entscheidung des Landesschiedsamtes zur Absenkung des Budgets für nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen der Psychotherapie nicht nur die Höhe der Gesamtvergütung vereinbart, sondern auch eine Entscheidung zur Verteilung des Honorars getroffen worden. Dazu sei das Landesschiedsamt hier nicht befugt gewesen. Die Honorarbescheide der Quartale II/2005 bis III/2006 seien auch materiell insoweit rechtswidrig, als sie das Honorar auf der Grundlage eines Punktwertes zuweisen, der wegen der Absenkung des Budgets der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen um einen Betrag von insgesamt 4,7 Mio. Euro zu niedrig gewesen sei. Es sei grob unbillig, eine Gruppe von Leistungserbringern, die sich einen erheblichen Nachvergütungsanspruch von insgesamt 66 Mio. Euro für die Jahre 2000 bis 2004 erstritten habe, diese Nachvergütung zum Teil - nämlich zu 4,7 Mio. Euro - in den Jahren 2005 und 2006 selbst bezahlen zu lassen.
Der Kläger beantragt,
die Honorarbescheide der Quartale I/2000, II/2000, I/2001, II/2001, IV/2001 bis III/2003 sowie I/2004 bis IV/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 und des Abänderungsbescheides vom 13. August 2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, über seinen Honoraranspruch für diese Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihren Antrag auf Abweisung der Klage stützt sie im Wesentlichen auf das folgende Vorbringen:
Nur soweit in einzelnen Quartalen der sich aus der Gesamtbetrachtung von Primär- und Ersatzkassen ergebende durchschnittliche Punktwert unter 2,56 Cent gelegen habe, könne dem Kläger ein Anspruch auf Neubescheidung seines Honorars zustehen.
Soweit der Kläger ausführe, seine nicht genehmigungspflichtigen Leistungen seien in den Quartalen II-IV/2005 zu einem Punktwert von weniger als 2,56 Cent vergütet worden, sei dies auf die Entscheidung des Landesschiedsamtes zurückzuführen, das Budget der nicht genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen abzusenken. Es sei von einer Bindungswirkung dieser Beschlüsse auszugehen. Die Beschlüsse des Landesschiedsamtes könnten nicht in einem Rechtsstreit über die Höhe des individuellen vertragsärztlichen Honorars angegriffen werden. Dies ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 31. August 2005, Az. B 6 KA 6/04 R.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
Der Abänderungsbescheid vom 13. August 2009 ist gemäß § 96 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden.
Die Klage ist jedoch nur insoweit begründet, wie der Kläger eine Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale I/2003 und II/2003 sowie II/2005 bis IV/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 und des Abänderungsbescheides vom 13. August 2009 sowie eine entsprechende Neubescheidung beantragt. Die genannten Bescheide sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Die Honorarbescheide der Quartale I/2000, II/2000, I/2001, II/2001, IV/2001 bis IV/2002, III/2003 sowie I/2004 bis I/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 und des Abänderungsbescheides vom 13. August 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, so dass sein Antrag auf Neubescheidung insoweit keinen Erfolg hat.
Rechtsgrundlage für die Honorarbescheide der Beklagten ist § 85 Absatz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dieser lautet in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes seit dem 1. Januar 2004: Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 Satz 1). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (Satz 2). Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (Satz 4).
Rechtsgrundlage für den Beschluss des Bewertungsausschusses ist § 85 Absatz 4a Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes, wonach der Bewertungsausschuss (§ 87 Absatz 1 Satz 1) Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach Absatz 4 [ ] bestimmt; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum 29. Februar 2004, den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundlagen ergibt sich für die Bewertung der streitgegenständlichen Honorarbescheide folgendes:
(1) Vergütung der probatorischen Sitzungen
Soweit in den streitgegenständlichen Quartalen Leistungen des Klägers im Bereich der probatorischen Sitzungen (Nr. 870 EBM a.F./ Nr. 35150 EBM 2000plus) im Bereich der Primärkassen mit individuellen Punktwerten von weniger als 2,56 Cent vergütet worden sind, ist die Vergütung dieser Leistungen insoweit nicht zu beanstanden, wie zugleich die durchschnittlichen Punktwerte für die Bereiche der Primär- und der Ersatzkassen oberhalb von 2,56 Cent lagen. Dies ist für alle streitgegenständlichen Quartale mit Ausnahme der Quartale I/2003 und II/2003 sowie II/2005 bis IV/2005 der Fall. Die Honorarbescheide für die letztgenannten Quartale, in denen der aus Primär- und Ersatzkassen gebildete Punktwert unterhalb von 2,56 Cent lag, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Bewertungsausschuss nach den Vorgaben des § 85 Absatz 4 Satz 4 SGB V nicht verpflichtet ist, einen Mindestpunktwert auch für die Vergütung der probatorischen Sitzungen zu bestimmen. Denn sie hängen nicht von der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse ab, sondern können vom Psychotherapeuten nach eigener Indikationsstellung durchgeführt werden (BSG, Urteil vom 29. August 2007, Az. B 6 KA 35/06 R, zitiert nach Juris: Rn. 12 ff.). Weiterhin ist es grundsätzlich auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diese Leistungen den Regelungen über Individualbudgets unterworfen hat. Diese Entscheidung bleibt im Rahmen des der Beklagten für die Honorarverteilung gemäß § 85 Absatz 4 SGB V zustehenden Ermessensspielraums. Die Leistungen der probatorischen Sitzungen unterscheiden sich nicht derartig von den von anderen Leistungserbringern erbrachten Leistungen, dass sie nicht dem Individualbudget unterstellt werden könnten. Insbesondere können die Psychotherapeuten die Erbringung probatorischer Sitzungen in einem Umfang steuern, der die Einführung von Individualbudgets rechtfertigt. Denn Psychotherapeuten können probatorische Sitzungen in einem Umfang von fünf bis acht Sitzungen bei so vielen Patienten nach eigener Indikationsstellung durchführen und abrechnen, wie Patienten ihre Praxis aufsuchen. In diesem Maße kann die Vergütung probatorischer Sitzungen auch dem so genannten Hamsterradeffekt unterliegen, also der Steigerung der Punktmengenanforderung der Fachgruppe, die das übermäßige Absinken des Punktwerts nach sich zieht, was erneut eine weitere Leistungsausdehnung bewirkt (usw.). Die Rechtfertigung für die Einführung von Individualbudgets – Kalkulationssicherheit für die betroffenen Ärzte, keine Auswirkungen auf das eigene Honorar durch Leistungssteigerungen von Kollegen (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003, Az. B 6 KA 54/02 R, zitiert nach Juris: Rn. 18) – trifft insoweit auch auf den Leistungsbereich der probatorischen Sitzungen zu. Auch die Bezugnahme auf einen Referenzzeitraum von einem Jahr zur Ermittlung des Individualbudget-relevanten Umsatzes reicht nach Auffassung der Kammer aus. Denn es ist davon auszugehen, dass der in der Vergangenheit erreichte Praxisumsatz ein maßgebendes Indiz für den Umfang ist, auf den der Vertragsarzt bzw. -psychotherapeut seine vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet hat (BSG a.a.O., Rn. 17). Diese zwangsläufig verallgemeinernde Betrachtungsweise ist zulässig und auf die Erbringung probatorischer Leistungen übertragbar. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten nicht vollkommen starr ist, sondern die Änderung der Individualbudgets in begründeten Fällen ausdrücklich zulässt, insbesondere dann, wenn sich der Bemessungszeitraum als nicht typisch für das Abrechnungsverhalten des Vertragsarzt erweist ( § 9 Absatz 12-14 HVV vom 20. Juni 2005).
Allerdings dürfen die Regelungen über die Individualbudgets nicht dazu führen, dass die probatorischen Sitzungen nicht mehr substanziell vergütet werden. Es ist zu beachten, dass probatorische Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehören, zeitgebunden sind und vom Gesetz ausdrücklich hervorgehoben werden (§ 28 Absatz 3 Satz 2 SGB V, § 92 Absatz 6a Satz 1 SGB V). Deshalb ist die Beklagte verpflichtet, im Rahmen der ihr gem. § 85 Absatz 4 Satz 2 SGB V obliegenden Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen eine substanzielle Honorierung der probatorischen Sitzungen zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 29. August 2007, Az. B 6 KA 35/06 R, Rn. 17). Eine substanzielle Honorierung hält das BSG nur dann für gewährleistet, wenn ein Punktwert von 5 Pfennig/2,56 Cent nicht unterschritten wird. Dem schließt sich die Kammer an.
Auch unter der Geltung von Individualbudgets darf der Punktwert, zu dem probatorische Sitzungen vergütet werden, 2,56 Cent also nicht unterschreiten. Mit anderen Worten: Die Beklagte und die Krankenkassenverbände haben im Rahmen der Honorarverteilungsvorschriften sicherzustellen, dass die probatorischen Sitzungen mindestens zu einem Punktwert von 2,56 Cent vergütet werden. Erst wenn dieser Punktwert gesichert ist, dürfen die Reglungen zum Individualbudget greifen und können unterschiedlich hohe, individuelle Punktwerte gebildet und der Vergütung zugrunde gelegt werden. Die vorliegende Vergütung der probatorischen Sitzungen mit durchschnittlichen Punktwerten für den Bereich der Primär- und Ersatzkassen von 2,4857 Cent im Quartal I/2003 und von 2,4604 Cent im Quartal II/2003 sowie von 1, 4939 Cent im Quartal II/2005, 1,4695 Cent im Quartal III/2005 und 1,096 Cent im Quartal IV/2005 genügt diesen Vorgaben nicht. Die Kammer geht davon aus, dass bei der Feststellung, ob der Punktwert für probatorische Leistungen 2,56 Cent unterschritten hat, ein höherer Punktwert im Ersatzkassenbereich in die erforderliche Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden muss. Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus dem Urteil des BSG vom 28. Mai 2008, Az. B 6 KA 49/07 R, Rn. 58, zitiert nach Juris). Dort heißt es wörtlich:
" Die von der Beklagten in den Quartalen I/2000 bis III/2000 gezahlten Punktwerte für die sonstigen psychotherapeutischen Leistungen genügen diesen Anforderungen. Dies gilt auch für das Quartal III/2000, in dem für Primärkassen-Patienten lediglich 4,2372 Pf bzw 2,17 Cent berechnet wurden. Denn insoweit muss die deutlich höhere Vergütung für Ersatzkassen-Patienten in demselben Quartal - 7,6672 Pf bzw 3,92 Cent in die erforderliche Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden (s dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 20, 24). Hiernach ergibt sich für die probatorischen Sitzungen auch im Quartal III/2000 ein durchschnittlicher Punktwert von 3,04 Cent. Dieser Punktwert übersteigt das vom Senat für erforderlich gehaltene Mindesthonorar für probatorische Sitzungen von 2,56 Cent deutlich."
Dies lässt nach Auffassung der Kammer nur den Schluss zu, dass es darauf ankommt, ob der durchschnittliche Punktwert im Primär- und Ersatzkassenbereich des Klägers für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen unter 2,56 Cent liegt. Nur dann ist der Punktwert zu stützen. Dass durch das BSG ein höherer, durchschnittlicher Punktwert - im Bereich von 3,04 Cent - gefordert wird, um von einer Stützung in einem der beiden Kassenbereiche absehen zu können, erscheint der Kammer als eine abwegige Interpretation. Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass sich dieser Sichtweise zwischenzeitlich auch die 83. Kammer des Sozialgerichts Berlin angeschlossen hat (Urteil vom 20. Mai 2009, Az. S 83 KA 93/07). Dort heißt es unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 28. Mai 2008, Az. B 6 KA 49/07:
"Soweit sich die Auszahlungspunktwerte auf Seiten der Primär- und der Ersatzkassen unterscheiden, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der aus beiden Punktwerten sich ergebende durchschnittliche Punktwert zu berücksichtigen, der dann nicht unter 2,56 Cent liegen darf."
(2) Vergütung sonstiger Leistungen
Die Vergütung sonstiger psychotherapeutischer Leistungen des Kapitels G IV EBM a.F. bzw. des Kapitels 35 EBM 2000plus unterliegt keinem Mindestpunktwert. Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Vergütung dieser Leistungen ergeben sich in den Quartalen I/2000, II/2000, I/2001, II/2001, IV/2001 bis IV/2002, III/2003 sowie I/2004 bis I/2005 nicht.
In den Quartalen II/05 bis IV/05 erweist sich die Vergütung der sonstigen Leistungen allerdings als rechtswidrig. Denn die von der Beklagten infolge der Beschlüsse des Beigeladenen zu 8) vorgenommene Verringerung des Budgets für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen verstößt gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Die gegenüber den übrigen Fachärzten überdurchschnittliche Belastung der Gruppe der Psychotherapeuten ist nicht dadurch zu rechtfertigen, dass diese von der Neuregelung des Mindestpunktwerts für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen besonders profitieren. Denn durch die Neuregelung wird den Psychotherapeuten lediglich das zugestanden und nachvergütet, was ihnen aufgrund der gesetzlichen Regelungen des § 85 Absatz 4 Satz 4 SGB V ohnehin und seit dem Jahr 2000 von Anfang an zugestanden hätte. Die von der Beklagten aufzubringenden Mittel zur Finanzierung der Nachvergütung können durch eine nachträgliche Neuberechnung und damit einhergehende Absenkung der Punktwerte des fachärztlichen Bereichs beschafft werden. Da die Psychotherapeuten zum fachärztlichen Bereich gehören, ist es zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass sie durch Absenkung des Punktwerts für die sonstigen Leistungen ebenfalls anteilig zur Finanzierung herangezogen werden. Jedoch muss dies zur Wahrung der Gleichbehandlung im Rahmen der Honorarverteilungsgerechtigkeit im gleichen anteiligen Verhältnis geschehen, wie die übrigen Fachärzte belastet werden.
Die Beklagte kann sich nicht auf die Bindungswirkung der Beschlüsse des Beigeladenen zu 8) berufen. Zum einen war die Klägerin an den Schiedsverfahren nicht beteiligt, so dass die Beschlüsse ihr gegenüber keine Wirkung entfalten können. Zum anderen war der Beigeladene zu 8) zum Erlass der Regelung über die besondere Belastung der Psychotherapeuten nicht befugt. Da der Beigeladene zu 8) gemäß § 13 Absatz 1 SchiedsamtsVO nur auf Antrag über die Festsetzung eines Vertrags entscheidet, wird durch den Antrag auch der Umfang der Regelungsbefugnisse des Schiedsamts bestimmt. Laut Antrag der Beklagten war nur die Anpassung der Vergütungsvereinbarungen der Jahre 2000 bis 2004 Gegenstand der Schiedsverfahren, nicht aber Regelungen zur Honorarverteilung. Bei der Bestimmung, das Budget der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen zum anteiligen Ausgleich der Differenzbeträge zwischen den alten und den neuen Mindestpunktwerten für antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen um einen Anteil von 3,9 Millionen EUR und 840.000 EUR abzusenken, handelt es sich jedoch um eine Frage der Honorarverteilung, über die der Beigeladene zu 8) folglich gar nicht hätte entscheiden dürfen. Bindende Rechtswirkungen können die Entscheidungen des Beigeladenen zu 8) dann insoweit nicht entfalten.
Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild: Die Beklagte wird über die Vergütung der probatorischen Sitzungen in den Quartalen I/2003 und II/2003 sowie über die Vergütung der probatorischen Sitzungen und der sonstigen Leistungen in den Quartalen II/2005 bis IV/2005 neu zu entscheiden haben. Soweit der Punktwert im Ersatzkassenbereich über dem anerkannten Mindestpunktwert von 2,56 Cent liegt, muss nur der Punktwert im Primärkassenbereich soweit angehoben werden, dass der durchschnittliche Punktwert beider Kassenbereiche insgesamt 2,56 Cent erreicht. Das Budget für die Vergütung der sonstigen Leistungen kann allenfalls im gleichen anteiligen Verhältnis gesenkt werden wie die Vergütung der übrigen fachärztlichen Leistungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 155 Absatz 1 Satz 1, 162 Absatz 3, 154 Absatz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie berücksichtigt das überwiegende Unterliegen des Klägers - soweit noch streitig zu entscheiden war - ebenso wie den Umstand, dass - soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben - diesem ein Teilanerkenntnis der Beklagten in Gestalt des Nachvergütungsbescheides vom 13. August 2009 zugrunde lag.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil diese keinen Antrag gestellt und damit selbst kein Kostenrisiko eingegangen sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten - nach einer übereinstimmenden, teilweisen Erledigungserklärung - nunmehr noch über die Höhe des Honoraranspruchs des Klägers, der als Diplom-Psychologe und psychologischer Psychotherapeut in einer Einzelpraxis an der vertragsärztlichen Versorgung in B teilnimmt, für nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen bzw. probatorischen Sitzungen in den Quartalen I/2000, II/2000, I/2001, II/2001, IV/2001 bis III/2003 sowie I/2004 bis IV/2005.
Die Punktwerte, zu denen die durch den Kläger erbrachten probatorischen Sitzungen vergütet worden sind, stellten sich in den Quartalen I/2000 bis IV/2005 wie folgt dar, wobei der Kläger ab dem Quartal III/2003 - also nach Einführung der Individualbudgets - die probatorischen Sitzungen nicht mehr zum einheitlichen Punktwert der Fachgruppe vergütet erhielt, sondern zu dem arztindividuellen Punktwert, der sich aus der Abrechnung seines Individualbudgets ergab.
Quartal Primärkassen (PK) - Cent Ersatzkassen (EK) - Cent Durchschnitt PK/EK - Cent I/2000 1,6862 3,5242 2,6052 II/2000 2,5437 3,7661 3,1549 III/2000 (Rechtsstreit erledigt) 2,7060 4,2515 3,4788 IV/2000 (Rechtsstreit erledigt) 2,9005 3,6797 3,2901 I/2001 2,3262 3,3837 2,8550 II/2001 2,3391 3,5848 2,9620 III/2001 (Rechtsstreit erledigt) 2,6627 3,8973 3,2800 IV/2001 2,0545 3,3349 2,6947 I/2002 2,5585 3,2733 2,9159 II/2002 2,2883 3,1021 2,6952 III/2002 2,3195 3,4485 2,8840 IV/2002 2,3678 3,1035 2,7357 I/2003 1,9627 3,0087 2,4857 II/2003 1,9631 2,9577 2,4604 III/2003 1,6669 3,9105 2,7887 IV/2003 (Rechtsstreit erledigt) 3,4102 4,1484 3,7793 I/2004 2,1810 3,8161 2,9986 II/2004 2,4964 4,2887 3,3926 III/2004 1,1737 4,8684 3,0211 IV/2004 2,5305 4,2809 3,4057 I/2005 0,9415 4,3759 2,6587 II/2005 0,8743 2,1135 1,4939 III/2005 0,6663 2,2727 1,4695 IV/2005 0,8733 1,3187 1,096
(Punktwerte unter 2,56 Cent sind fett hervorgehoben und in Kursivschrift angegeben)
Wegen der aufgrund des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus der 93./96. Sitzung anfallenden Nachvergütung hatte sich die Beklagte um Nachverhandlung der Gesamtvergütungsverträge mit den regionalen Krankenkassenverbänden bemüht. Nachdem die Verhandlungen gescheitert waren, rief die Beklagte das Landesschiedsamt an. Dieses legte mit Beschlüssen vom 6. und 10. Mai 2005 unter anderem fest, dass das Budget der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen zum anteiligen Ausgleich der Differenzbeträge zwischen den alten und den neuen Mindestpunktwerten für antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen um einen Anteil von 3,9 Millionen EUR und 840.000 EUR abzusenken sei. Diese Absenkung setzte die Beklagte seit dem Quartal II/2005 um. Von den Kürzungen betroffen sind im vorliegenden Verfahren des Klägers die Quartale II/2005 bis IV/2005.
Gegen die Honorarbescheide für die vorgenannten, streitgegenständlichen Quartale legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Die Beklagte wies die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006, dem Kläger zugegangen am 26. September 2006, als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 18. Oktober 2006 erhobene Klage.
Nachdem das Verfahren - soweit es die Vergütung der antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen betrifft - angesichts eines Nachvergütungsbescheides vom 13. August 2009 von den Hauptbeteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, und die Hauptbeteiligten auch im Hinblick auf die Vergütung der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen in den Quartalen III/2000, IV/2000, III/2001 und IV/2003 eine übereinstimmende Erledigungserklärung abgegeben haben, werden die streitgegenständlichen Bescheide nunmehr insbesondere noch unter den folgenden Gesichtspunkten durch den Kläger angegriffen:
(1)
In den Quartalen I/2000, II/2000, I/2001 und IV/2001 habe der Punktwert für die probatorischen Sitzungen im Primärkassenbereich unter 2,56 Cent gelegen, so dass aus diesem Grunde das Honorar für diese Quartale zu niedrig festgesetzt worden sei. Die Rechtsprechung des BSG zur Vergütung der probatorischen Sitzungen (Urteil vom 28. Mai 2008, Aktenzeichen B 6 KA 49/07 R) könne nicht so verstanden werden, dass lediglich der aus Primär- und Ersatzkassen gebildete durchschnittliche Punktwert für die probatorischen Sitzungen den Betrag von 2,56 Cent nicht unterschreiten dürfe. Das BSG habe lediglich einen durchschnittlichen Punktwert von 3,04 Cent für ausreichend erachtet, ohne - bei einer Gesamtbetrachtung von Primär- und Ersatzkassenbereich - einen solchen von 2,56 Cent für hinreichend befunden zu haben. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung sei auch zu beachten, welche Vergütung nach Abzug der Kosten für die psychotherapeutische Leistung bei dem Psychotherapeuten verbleibe. In einzelnen Quartalen werde eine probatorische Sitzung von den Primärkassen mit einem Betrag vergütet, der nicht einmal kostendeckend sei und beispielsweise im Quartal III/05 lediglich 9,66 Euro betragen habe. Daran ändere auch das Argument einer "Quersubventionierung" durch die Ersatzkassenhonorare nichts. In seinem Urteil vom 28. Mai 2008 (Az. B 6 KA 9/07 R) habe das BSG zur Vergütung der probatorischen Sitzungen entschieden, dass ein nach Berücksichtigung der Betriebskosten verbleibender Ertrag von weniger als 20,00 Euro nicht ausreiche, um dauerhaft eine ausreichende Sicherstellung der Versorgung auch mit probatorischen Sitzungen zu gewährleisten.
(2)
Hinsichtlich der Honorarbescheide der Quartale II/2005 bis IV/2005 sei die Vergütung der Gesamtheit der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen zu niedrig erfolgt, weil das zur Vergütung dieser Leistung zur Verfügung gestellte Honorarkontingent aufgrund der Entscheidung des Landesschiedsamtes vom 6. Mai 2005 zu gering ausgefallen sei. Es sei zwar zutreffend, dass ein Vertragsarzt im Streit um die Rechtmäßigkeit eines Honorarbescheides die zwischen den Partnern der Gesamtverträge vereinbarte Gesamtvergütung nicht angreifen könne. Der einzelne Vertragsarzt könne jedoch die Verträge zwischen den Partnern der Gesamtverträge in einem Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit eines Honorarbescheides inzident darauf überprüfen lassen, ob er durch diese Verträge rechtmäßig an der Honorarverteilung beteiligt werde. Vorliegend sei durch die Entscheidung des Landesschiedsamtes zur Absenkung des Budgets für nicht antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen der Psychotherapie nicht nur die Höhe der Gesamtvergütung vereinbart, sondern auch eine Entscheidung zur Verteilung des Honorars getroffen worden. Dazu sei das Landesschiedsamt hier nicht befugt gewesen. Die Honorarbescheide der Quartale II/2005 bis III/2006 seien auch materiell insoweit rechtswidrig, als sie das Honorar auf der Grundlage eines Punktwertes zuweisen, der wegen der Absenkung des Budgets der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen um einen Betrag von insgesamt 4,7 Mio. Euro zu niedrig gewesen sei. Es sei grob unbillig, eine Gruppe von Leistungserbringern, die sich einen erheblichen Nachvergütungsanspruch von insgesamt 66 Mio. Euro für die Jahre 2000 bis 2004 erstritten habe, diese Nachvergütung zum Teil - nämlich zu 4,7 Mio. Euro - in den Jahren 2005 und 2006 selbst bezahlen zu lassen.
Der Kläger beantragt,
die Honorarbescheide der Quartale I/2000, II/2000, I/2001, II/2001, IV/2001 bis III/2003 sowie I/2004 bis IV/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 und des Abänderungsbescheides vom 13. August 2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, über seinen Honoraranspruch für diese Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihren Antrag auf Abweisung der Klage stützt sie im Wesentlichen auf das folgende Vorbringen:
Nur soweit in einzelnen Quartalen der sich aus der Gesamtbetrachtung von Primär- und Ersatzkassen ergebende durchschnittliche Punktwert unter 2,56 Cent gelegen habe, könne dem Kläger ein Anspruch auf Neubescheidung seines Honorars zustehen.
Soweit der Kläger ausführe, seine nicht genehmigungspflichtigen Leistungen seien in den Quartalen II-IV/2005 zu einem Punktwert von weniger als 2,56 Cent vergütet worden, sei dies auf die Entscheidung des Landesschiedsamtes zurückzuführen, das Budget der nicht genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen abzusenken. Es sei von einer Bindungswirkung dieser Beschlüsse auszugehen. Die Beschlüsse des Landesschiedsamtes könnten nicht in einem Rechtsstreit über die Höhe des individuellen vertragsärztlichen Honorars angegriffen werden. Dies ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 31. August 2005, Az. B 6 KA 6/04 R.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
Der Abänderungsbescheid vom 13. August 2009 ist gemäß § 96 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden.
Die Klage ist jedoch nur insoweit begründet, wie der Kläger eine Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale I/2003 und II/2003 sowie II/2005 bis IV/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 und des Abänderungsbescheides vom 13. August 2009 sowie eine entsprechende Neubescheidung beantragt. Die genannten Bescheide sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Die Honorarbescheide der Quartale I/2000, II/2000, I/2001, II/2001, IV/2001 bis IV/2002, III/2003 sowie I/2004 bis I/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 und des Abänderungsbescheides vom 13. August 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, so dass sein Antrag auf Neubescheidung insoweit keinen Erfolg hat.
Rechtsgrundlage für die Honorarbescheide der Beklagten ist § 85 Absatz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dieser lautet in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes seit dem 1. Januar 2004: Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 Satz 1). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (Satz 2). Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (Satz 4).
Rechtsgrundlage für den Beschluss des Bewertungsausschusses ist § 85 Absatz 4a Satz 1 SGB V in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes, wonach der Bewertungsausschuss (§ 87 Absatz 1 Satz 1) Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach Absatz 4 [ ] bestimmt; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum 29. Februar 2004, den Inhalt der nach Absatz 4 Satz 4, 6, 7 und 8 zu treffenden Regelungen.
Ausgehend von diesen Rechtsgrundlagen ergibt sich für die Bewertung der streitgegenständlichen Honorarbescheide folgendes:
(1) Vergütung der probatorischen Sitzungen
Soweit in den streitgegenständlichen Quartalen Leistungen des Klägers im Bereich der probatorischen Sitzungen (Nr. 870 EBM a.F./ Nr. 35150 EBM 2000plus) im Bereich der Primärkassen mit individuellen Punktwerten von weniger als 2,56 Cent vergütet worden sind, ist die Vergütung dieser Leistungen insoweit nicht zu beanstanden, wie zugleich die durchschnittlichen Punktwerte für die Bereiche der Primär- und der Ersatzkassen oberhalb von 2,56 Cent lagen. Dies ist für alle streitgegenständlichen Quartale mit Ausnahme der Quartale I/2003 und II/2003 sowie II/2005 bis IV/2005 der Fall. Die Honorarbescheide für die letztgenannten Quartale, in denen der aus Primär- und Ersatzkassen gebildete Punktwert unterhalb von 2,56 Cent lag, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Bewertungsausschuss nach den Vorgaben des § 85 Absatz 4 Satz 4 SGB V nicht verpflichtet ist, einen Mindestpunktwert auch für die Vergütung der probatorischen Sitzungen zu bestimmen. Denn sie hängen nicht von der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse ab, sondern können vom Psychotherapeuten nach eigener Indikationsstellung durchgeführt werden (BSG, Urteil vom 29. August 2007, Az. B 6 KA 35/06 R, zitiert nach Juris: Rn. 12 ff.). Weiterhin ist es grundsätzlich auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diese Leistungen den Regelungen über Individualbudgets unterworfen hat. Diese Entscheidung bleibt im Rahmen des der Beklagten für die Honorarverteilung gemäß § 85 Absatz 4 SGB V zustehenden Ermessensspielraums. Die Leistungen der probatorischen Sitzungen unterscheiden sich nicht derartig von den von anderen Leistungserbringern erbrachten Leistungen, dass sie nicht dem Individualbudget unterstellt werden könnten. Insbesondere können die Psychotherapeuten die Erbringung probatorischer Sitzungen in einem Umfang steuern, der die Einführung von Individualbudgets rechtfertigt. Denn Psychotherapeuten können probatorische Sitzungen in einem Umfang von fünf bis acht Sitzungen bei so vielen Patienten nach eigener Indikationsstellung durchführen und abrechnen, wie Patienten ihre Praxis aufsuchen. In diesem Maße kann die Vergütung probatorischer Sitzungen auch dem so genannten Hamsterradeffekt unterliegen, also der Steigerung der Punktmengenanforderung der Fachgruppe, die das übermäßige Absinken des Punktwerts nach sich zieht, was erneut eine weitere Leistungsausdehnung bewirkt (usw.). Die Rechtfertigung für die Einführung von Individualbudgets – Kalkulationssicherheit für die betroffenen Ärzte, keine Auswirkungen auf das eigene Honorar durch Leistungssteigerungen von Kollegen (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003, Az. B 6 KA 54/02 R, zitiert nach Juris: Rn. 18) – trifft insoweit auch auf den Leistungsbereich der probatorischen Sitzungen zu. Auch die Bezugnahme auf einen Referenzzeitraum von einem Jahr zur Ermittlung des Individualbudget-relevanten Umsatzes reicht nach Auffassung der Kammer aus. Denn es ist davon auszugehen, dass der in der Vergangenheit erreichte Praxisumsatz ein maßgebendes Indiz für den Umfang ist, auf den der Vertragsarzt bzw. -psychotherapeut seine vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet hat (BSG a.a.O., Rn. 17). Diese zwangsläufig verallgemeinernde Betrachtungsweise ist zulässig und auf die Erbringung probatorischer Leistungen übertragbar. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten nicht vollkommen starr ist, sondern die Änderung der Individualbudgets in begründeten Fällen ausdrücklich zulässt, insbesondere dann, wenn sich der Bemessungszeitraum als nicht typisch für das Abrechnungsverhalten des Vertragsarzt erweist ( § 9 Absatz 12-14 HVV vom 20. Juni 2005).
Allerdings dürfen die Regelungen über die Individualbudgets nicht dazu führen, dass die probatorischen Sitzungen nicht mehr substanziell vergütet werden. Es ist zu beachten, dass probatorische Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehören, zeitgebunden sind und vom Gesetz ausdrücklich hervorgehoben werden (§ 28 Absatz 3 Satz 2 SGB V, § 92 Absatz 6a Satz 1 SGB V). Deshalb ist die Beklagte verpflichtet, im Rahmen der ihr gem. § 85 Absatz 4 Satz 2 SGB V obliegenden Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen eine substanzielle Honorierung der probatorischen Sitzungen zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 29. August 2007, Az. B 6 KA 35/06 R, Rn. 17). Eine substanzielle Honorierung hält das BSG nur dann für gewährleistet, wenn ein Punktwert von 5 Pfennig/2,56 Cent nicht unterschritten wird. Dem schließt sich die Kammer an.
Auch unter der Geltung von Individualbudgets darf der Punktwert, zu dem probatorische Sitzungen vergütet werden, 2,56 Cent also nicht unterschreiten. Mit anderen Worten: Die Beklagte und die Krankenkassenverbände haben im Rahmen der Honorarverteilungsvorschriften sicherzustellen, dass die probatorischen Sitzungen mindestens zu einem Punktwert von 2,56 Cent vergütet werden. Erst wenn dieser Punktwert gesichert ist, dürfen die Reglungen zum Individualbudget greifen und können unterschiedlich hohe, individuelle Punktwerte gebildet und der Vergütung zugrunde gelegt werden. Die vorliegende Vergütung der probatorischen Sitzungen mit durchschnittlichen Punktwerten für den Bereich der Primär- und Ersatzkassen von 2,4857 Cent im Quartal I/2003 und von 2,4604 Cent im Quartal II/2003 sowie von 1, 4939 Cent im Quartal II/2005, 1,4695 Cent im Quartal III/2005 und 1,096 Cent im Quartal IV/2005 genügt diesen Vorgaben nicht. Die Kammer geht davon aus, dass bei der Feststellung, ob der Punktwert für probatorische Leistungen 2,56 Cent unterschritten hat, ein höherer Punktwert im Ersatzkassenbereich in die erforderliche Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden muss. Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus dem Urteil des BSG vom 28. Mai 2008, Az. B 6 KA 49/07 R, Rn. 58, zitiert nach Juris). Dort heißt es wörtlich:
" Die von der Beklagten in den Quartalen I/2000 bis III/2000 gezahlten Punktwerte für die sonstigen psychotherapeutischen Leistungen genügen diesen Anforderungen. Dies gilt auch für das Quartal III/2000, in dem für Primärkassen-Patienten lediglich 4,2372 Pf bzw 2,17 Cent berechnet wurden. Denn insoweit muss die deutlich höhere Vergütung für Ersatzkassen-Patienten in demselben Quartal - 7,6672 Pf bzw 3,92 Cent in die erforderliche Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden (s dazu BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 40 RdNr 20, 24). Hiernach ergibt sich für die probatorischen Sitzungen auch im Quartal III/2000 ein durchschnittlicher Punktwert von 3,04 Cent. Dieser Punktwert übersteigt das vom Senat für erforderlich gehaltene Mindesthonorar für probatorische Sitzungen von 2,56 Cent deutlich."
Dies lässt nach Auffassung der Kammer nur den Schluss zu, dass es darauf ankommt, ob der durchschnittliche Punktwert im Primär- und Ersatzkassenbereich des Klägers für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen unter 2,56 Cent liegt. Nur dann ist der Punktwert zu stützen. Dass durch das BSG ein höherer, durchschnittlicher Punktwert - im Bereich von 3,04 Cent - gefordert wird, um von einer Stützung in einem der beiden Kassenbereiche absehen zu können, erscheint der Kammer als eine abwegige Interpretation. Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass sich dieser Sichtweise zwischenzeitlich auch die 83. Kammer des Sozialgerichts Berlin angeschlossen hat (Urteil vom 20. Mai 2009, Az. S 83 KA 93/07). Dort heißt es unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 28. Mai 2008, Az. B 6 KA 49/07:
"Soweit sich die Auszahlungspunktwerte auf Seiten der Primär- und der Ersatzkassen unterscheiden, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der aus beiden Punktwerten sich ergebende durchschnittliche Punktwert zu berücksichtigen, der dann nicht unter 2,56 Cent liegen darf."
(2) Vergütung sonstiger Leistungen
Die Vergütung sonstiger psychotherapeutischer Leistungen des Kapitels G IV EBM a.F. bzw. des Kapitels 35 EBM 2000plus unterliegt keinem Mindestpunktwert. Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Vergütung dieser Leistungen ergeben sich in den Quartalen I/2000, II/2000, I/2001, II/2001, IV/2001 bis IV/2002, III/2003 sowie I/2004 bis I/2005 nicht.
In den Quartalen II/05 bis IV/05 erweist sich die Vergütung der sonstigen Leistungen allerdings als rechtswidrig. Denn die von der Beklagten infolge der Beschlüsse des Beigeladenen zu 8) vorgenommene Verringerung des Budgets für die nicht antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen verstößt gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Die gegenüber den übrigen Fachärzten überdurchschnittliche Belastung der Gruppe der Psychotherapeuten ist nicht dadurch zu rechtfertigen, dass diese von der Neuregelung des Mindestpunktwerts für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen besonders profitieren. Denn durch die Neuregelung wird den Psychotherapeuten lediglich das zugestanden und nachvergütet, was ihnen aufgrund der gesetzlichen Regelungen des § 85 Absatz 4 Satz 4 SGB V ohnehin und seit dem Jahr 2000 von Anfang an zugestanden hätte. Die von der Beklagten aufzubringenden Mittel zur Finanzierung der Nachvergütung können durch eine nachträgliche Neuberechnung und damit einhergehende Absenkung der Punktwerte des fachärztlichen Bereichs beschafft werden. Da die Psychotherapeuten zum fachärztlichen Bereich gehören, ist es zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass sie durch Absenkung des Punktwerts für die sonstigen Leistungen ebenfalls anteilig zur Finanzierung herangezogen werden. Jedoch muss dies zur Wahrung der Gleichbehandlung im Rahmen der Honorarverteilungsgerechtigkeit im gleichen anteiligen Verhältnis geschehen, wie die übrigen Fachärzte belastet werden.
Die Beklagte kann sich nicht auf die Bindungswirkung der Beschlüsse des Beigeladenen zu 8) berufen. Zum einen war die Klägerin an den Schiedsverfahren nicht beteiligt, so dass die Beschlüsse ihr gegenüber keine Wirkung entfalten können. Zum anderen war der Beigeladene zu 8) zum Erlass der Regelung über die besondere Belastung der Psychotherapeuten nicht befugt. Da der Beigeladene zu 8) gemäß § 13 Absatz 1 SchiedsamtsVO nur auf Antrag über die Festsetzung eines Vertrags entscheidet, wird durch den Antrag auch der Umfang der Regelungsbefugnisse des Schiedsamts bestimmt. Laut Antrag der Beklagten war nur die Anpassung der Vergütungsvereinbarungen der Jahre 2000 bis 2004 Gegenstand der Schiedsverfahren, nicht aber Regelungen zur Honorarverteilung. Bei der Bestimmung, das Budget der nicht antrags- und genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen zum anteiligen Ausgleich der Differenzbeträge zwischen den alten und den neuen Mindestpunktwerten für antrags- und genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen um einen Anteil von 3,9 Millionen EUR und 840.000 EUR abzusenken, handelt es sich jedoch um eine Frage der Honorarverteilung, über die der Beigeladene zu 8) folglich gar nicht hätte entscheiden dürfen. Bindende Rechtswirkungen können die Entscheidungen des Beigeladenen zu 8) dann insoweit nicht entfalten.
Zusammengefasst ergibt sich folgendes Bild: Die Beklagte wird über die Vergütung der probatorischen Sitzungen in den Quartalen I/2003 und II/2003 sowie über die Vergütung der probatorischen Sitzungen und der sonstigen Leistungen in den Quartalen II/2005 bis IV/2005 neu zu entscheiden haben. Soweit der Punktwert im Ersatzkassenbereich über dem anerkannten Mindestpunktwert von 2,56 Cent liegt, muss nur der Punktwert im Primärkassenbereich soweit angehoben werden, dass der durchschnittliche Punktwert beider Kassenbereiche insgesamt 2,56 Cent erreicht. Das Budget für die Vergütung der sonstigen Leistungen kann allenfalls im gleichen anteiligen Verhältnis gesenkt werden wie die Vergütung der übrigen fachärztlichen Leistungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 155 Absatz 1 Satz 1, 162 Absatz 3, 154 Absatz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie berücksichtigt das überwiegende Unterliegen des Klägers - soweit noch streitig zu entscheiden war - ebenso wie den Umstand, dass - soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben - diesem ein Teilanerkenntnis der Beklagten in Gestalt des Nachvergütungsbescheides vom 13. August 2009 zugrunde lag.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil diese keinen Antrag gestellt und damit selbst kein Kostenrisiko eingegangen sind.
Rechtskraft
Aus
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