Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
71
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 552/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides als Ergebnis der Plausibilitätsprüfung, vor dem Hintergrund eines von der Beklagten festgestellten Missbrauchs der Rechtsform der Praxisgemeinschaft.
Der Kläger nimmt seit dem 1. Juli 1995 als Facharzt für Innere Medizin im hausärztlichen Bereich an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Bis zum 30. September 2004 war er mit Herrn K G, Facharzt für Innere Medizin im hausärztlichen Bereich, in einer Praxisgemeinschaft in der B Straße ... in B im Verwaltungsbezirk T-S tätig. Seit dem 1. Oktober 2004 ist er unter anderem gemeinsam mit Herrn G in einem Medizinischen Versorgungszentrum tätig.
Für das Quartal III/2002 setzte die Beklagte im Honorarfestsetzungsbescheid das Honorar für den Kläger auf 75.959,02 Euro fest. Der Honorarfestsetzungsbescheid ist dem Kläger am 4. April 2003 zugestellt worden.
Im Sommer 2004 führte der Plausibilitätsausschuss der Beklagten bei dem Kläger und Herrn G eine Plausibilitätsprüfung im Sinne von § 46 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) durch. Mit Schreiben vom 8. Juli 2004 äußerte der Plausibilitätsausschuss der Beklagten gegenüber dem Kläger, dass ein außergewöhnlich hoher Anteil an gemeinsamen Patienten zwischen der Praxis des Klägers und der Praxis des Herrn G vorliege. Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts forderte der Plausibilitätsausschuss den Kläger zu einer Stellungnahme auf.
Mit Schreiben vom 8. August 2004 nahm der Kläger gegenüber dem Plausibilitätsausschuss Stellung. Der Plausibilitätsausschuss der Beklagten teilte dem Kläger mit Schreiben vom 22. September 2006 mit, dass er im Quartal III/2002 unzutreffende Abrechnungen vorgenommen habe. Diese Annahme beruhe auf der Tatsache, dass der Kläger und Herr G in diesem Quartal 601 "gemeinsame Patienten" behandelt hätten, wovon jedoch nur für 86 Patienten eine gemeinsame Behandlung plausibel gewesen sei. Durch die Abrechnung für die übrigen 515 gemeinsamen Patienten habe er sich vertragsärztliches Honorar verschafft, das ihm nicht zustehe. Der Plausibilitätsausschuss der Beklagten forderte den Kläger im Rahmen eines Vergleichsvorschlags zu einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 16.242,32 Euro gegen Beendigung der Plausibilitätsprüfung auf.
Mit Schreiben vom 26. September 2006 bat der Kläger darum, ihm einen höheren Anteil als 10% an den "gemeinsamen Patienten" mit Herrn G zu belassen. Er schlug 30% vor.
Der Plausibilitätsausschuss der Beklagten bestätigte mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 den Eingang des Schreibens vom 26. September 2006 und interpretierte das Schreiben dahingehend, dass das das Vergleichsangebot vom 22. September 2006 nicht angenommen werde. Der Kläger wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 erneut an die Beklagte. Er zog sein Vergleichsangebot vom 26. September 2006 zurück und bat um Zusendung eines neuen Vergleichsangebotes auf der Grundlage eines geänderten Berechnungsmodells.
Mehr als ein Jahr und vier Monate später bot die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 22. April 2008 an, das Plausibilitätsverfahren gegen Zahlung einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 5.000 Euro (brutto) einzustellen.
Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 24. April 2008 mit, dass er das Vergleichsangebot vom 22. April 2008 annehmen werde, wenn keine Verjährung des Anspruchs vorliege. Seiner Kenntnis nach sei der Anspruch verjährt. Mit Schreiben vom 25. April 2008 teilte die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit, dass die Rückforderungsansprüche ihrer Ansicht nach noch nicht verjährt seien. Zur Begründung führte sie aus, dass die vierjährige Ausschlussfrist aufgrund schwebender Vergleichsverhandlungen gehemmt gewesen und daher noch nicht verstrichen sei. Sie forderte den Kläger zur Überweisung von 4.880 Euro (netto) innerhalb von vier Wochen auf.
Der Kläger vertrat gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 5. Mai 2008 die Auffassung, dass die Hemmung der Verjährung spätestens mit Eingang seines Schreibens vom 26. September 2006 außer Kraft gesetzt worden sei. Er wiederholte seine Absicht, das Vergleichsangebot vom 22. April 2008 anzunehmen, falls keine Verjährung vorliege.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2008 teilte die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit, dass ihrer Auffassung nach Vergleichsverhandlungen mit dem Schreiben der Beklagten vom 26. September 2006 begonnen wurden und bis zum 24. April 2008 angedauert hätten.
Unter dem 22. Mai 2008 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er weiterhin von einer Verjährung der Ansprüche ausgehe. Eine Rückzahlung lehne er ab. Unterdessen forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 27. Mai 2008 erneut zur Zahlung von 4.880 Euro (netto) auf.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2008 teilte die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit, dass sein Schreiben vom 22. Mai 2008 als endgültige Ablehnung des Vergleichs gewertet werde. Die Angelegenheit werde nun dem Plausibilitätsausschuss vorgelegt. Die Rückforderungsansprüche seien nicht verjährt.
Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob der Vorstand der Beklagten auf Empfehlung des Plausibilitätsausschusses der Beklagten den Honorarbescheid für das Quartal III/2002 auf, korrigierte den Honorarbescheid um 5.614,75 Euro brutto und forderte vom Kläger eine Honorarrückzahlung von 5.480 Euro (netto). Zur Begründung wurde auf den in der Plausibilitätsprüfung festgestellten Verstoß gegen die vertragsärztlichen Abrechnungsvorgaben verwiesen. Hinsichtlich der Verjährung vertrat die Beklagte die Auffassung, dass diese durch Vergleichsverhandlungen in der Zeit vom 22. September 2006 bis zum Eingang des Schreibens des Klägers vom 22. Mai 2008, eingegangen bei der Beklagten am 28. Mai 2008, gehemmt worden sei.
Mit Schreiben vom 4. September 2008, der Beklagten am selben Tage gefaxt, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2008 ein. Zur Begründung führte er an, dass die Rückforderungsansprüche verjährt seien. Dies führte er mit Schreiben vom 20. Mai 2009 weiter aus.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2009, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 16. Juli 2009, zurück. Allein die Tatsache, dass seit der Bitte um ein neues Vergleichsangebot durch den Kläger und ihrem Antwortschreiben mehr als ein Jahr und vier Monate vergangen seien, führe nicht dazu, die Verhandlungen als beendet anzusehen. Es sei Sache des Klägers gewesen, durch eine eindeutige Ablehnung weiterer Verhandlungen die Verjährungshemmung zu beenden. Eine solch eindeutige Erklärung könne erst im Schreiben vom 22. Mai 2008 gesehen werden. Erst mit diesem Schreiben sei die Hemmung der Verjährung beendet worden, da hierdurch unmissverständlich der vorgeschlagene Vergleich abgelehnt und durch Hinweis auf die angebliche Verjährung weitere Vergleichsverhandlungen ausgeschlossen worden seien. Es sei daher davon auszugehen, dass die Verjährung in der Zeit vom 4. April 2003 bis 22. September 2006 und dann wieder ab dem 23. Mai 2008 bis zum 13. August 2008, dem Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides, gelaufen sei. In der Zeit vom 23. September 2006 bis 22. Mai 2008 sei die Verjährung gehemmt gewesen. Bis zum Erlass des Bescheides seien daher von der vierjährigen Verjährungsfrist erst drei Jahre und sechs Monate abgelaufen gewesen, die Forderung sei nicht verjährt.
Am 6. August 2009 erhob der Kläger über seinen Verfahrensbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Die von dem Bundessozialgericht (BSG) entwickelte vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Richtigstellungsbescheid der Beklagten dem Betroffenen bekannt gegeben werden müsse, sei vor dem Erlass des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 13. August 2008 abgelaufen gewesen. Verjährungsrechtliche Hemmungsvorschriften – insbesondere §§ 203 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – fänden entgegen der Auffassung der Beklagten und auch nach der von ihr zitierten Entscheidung des BSG vom 6. September 2006 (Az. B 6 KA 40/05 R) auf die Ausschlussfrist in diesem Verfahren keine (entsprechende) Anwendung. Deshalb sei die vierjährige Ausschlussfrist spätestens am 4. April 2007 abgelaufen. Eine Ablaufhemmung sei auch vor dem Hintergrund nicht eingetreten, dass vor Erlass des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13. August 2008 keine anderweitige Entscheidung der Beklagten ergangen sei, die einen Vertrauensschutz des Klägers hätte ausschließen können. Selbst bei Anwendung der verjährungsrechtlichen Hemmungsvorschriften sei die Ausschlussfrist vor dem 13. August 2008 abgelaufen gewesen. Unter Berücksichtigung der Vergleichsverhandlungen könne eine Hemmung allenfalls in der Zeit vom 22. September 2006 bis zum 8. Januar 2007 stattgefunden haben, so dass die Ausschlussfrist spätestens am 4. August 2007 abgelaufen sei. Verhandlungen im Sinne des § 203 Absatz 1 BGB führten dann nicht mehr zu einer Hemmung, wenn der eine oder der andere Teil die Fortsetzung verweigere. Eine Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlung könne nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 07.01.1986, Az. VI ZR 23/84) sowie der ihm folgenden Oberlandesgerichte Zweibrücken (ZGS 07, 359) und Koblenz (ZGS 06/117) auch dadurch eintreten, dass eine Partei bzw. ein Beteiligter die Verhandlungen "einschlafen lasse". Die Hemmung der Verjährung ende in diesen Fällen zu dem Zeitpunkt, in dem der nächste Schritt nach Treu und Glauben zu erwarten gewesen wäre (Heinrichs, in Palandt, BGB, 68. Auflage 2009, § 203 Rn. 4). In den oben genannten Entscheidungen gingen das OLG Zweibrücken sowie das OLG Koblenz davon aus, dass die verjährungshemmende Wirkung von Vergleichsverhandlungen entfalle, wenn Vergleichsverhandlungen über einen längeren Zeitraum als einen Monat nicht weitergeführt würden. Vorliegend habe er damit rechnen können, spätestens einen Monat nach seinem Schreiben vom 8. Dezember 2006, mithin bis zum 8. Januar 2007, eine Reaktion seitens der Beklagten zu erhalten. Auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides komme es damit nicht mehr an.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Weiter führt sie mit Schreiben vom 4. Februar 2010 aus, dem Urteil des BSG vom 6. September 2006 in dem vorgenannten Verfahren lasse sich gerade nicht entnehmen, dass eine Hemmung nur dann möglich sein solle, wenn zuvor ein Bescheid erlassen worden sei. Die analoge Anwendung der Hemmungsvorschriften bei vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen sei nicht ausgeschlossen. Des Weiteren seien die Verjährungsvorschriften des BGB, insbesondere die Vorschriften über die Hemmung der Verjährung, entsprechend anwendbar. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Hemmung nicht dadurch beendet worden, dass die Verhandlungen "eingeschlafen" seien. Soweit der Kläger sich auf eine Frist von ca. einem Monat zur Begründung eines "Einschlafenlassen" beziehe, setze dies – auch nach der genannten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Koblenz und Zweibrücken – voraus, dass zuvor eine Frist gesetzt worden sei. Mit dem Schreiben des Klägers vom 8. Dezember 2006 sei nicht das "letzte Wort" zwischen den Beteiligten gewechselt worden. Im Frühjahr und Sommer 2007 sei eine Korrespondenz hinsichtlich der Frage "gemeinsamer Patienten" in den Quartalen I/2003 bis I/2005 geführt worden. Schließlich sei dem Kläger durchaus erkennbar gewesen, dass es nicht ungewöhnlich sei, wenn über eine gewisse Zeitspanne kein Schriftwechsel erfolge: Mit seinem Schreiben vom 8. August 2004 habe er Stellung zu der Honorarabrechnung für das Quartal III/2002 genommen. Erst mit Schreiben vom 22. September 2006 habe sie – die Beklagte – dem Kläger das erste Vergleichsangebot unterbreitet.
Die Gerichts- und Verwaltungsakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und haben bei der Entscheidung vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten sowie des übrigen Inhalts wird auf sie Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sind die Bestimmungen der Bundesmantelverträge über die Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung (§ 45 Absatz 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte - BMV-Ä -, § 34 Absatz 4 Sätze 1 und 2 Ersatzkassenvertrag-Ärzte - EKV-Ä -), die in ihrem Anwendungsbereich die Regeln des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verdrängen (BSG, ständige Rechtsprechung., zum Beispiel Urteil vom 28. September 2005, Az.: B 6 KA14/04R, SozR 4-5520 § 32 Nr.2). Nach diesen im Regional- und Ersatzkassenbereich im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen. Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen, d.h. die Kassenärztliche Vereinigung kann, soweit Honorarbescheide erlassen wurden, diese ganz oder teilweise ändern oder zurücknehmen und gegebenenfalls neu erlassen (BSG a.a.O.). Die Richtigstellung kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse erfolgen (vgl. BSGE 89, 90, 93 f., SozR 3-2500 § 82 Nr.3 S.6). Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderungen auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht nicht nur im Fall rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch die Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung erbracht und abgerechnet hat. Das BSG hat das Rechtsinstitut der sachlich-rechnerischen Richtigstellung z.B. bei Abrechnung fachfremder Leistungen oder qualitativ mangelhafter Leistungen ebenso für anwendbar erachtet, wie auch bei durch nicht genehmigte Assistenten erbrachten Leistungen und bei Aufrechterhaltung einer übergroßen Praxis mit Hilfe eines Assistenten sowie insbesondere auch im Fall der Leistungserbringung in Form einer Praxisgemeinschaft obwohl die ärztliche Tätigkeit tatsächlich wie in einer Gemeinschaftspraxis erfolgt ist (Urteil vom 22. März 2006, Az.: B 6 KA 76/04 R, SozR 4-5520 § 32 Nr.6).
Für sachlich-rechnerische Berichtigungen im Sinne von § 45 Absatz 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Absatz 4 Sätze 1 und 2 EKV-Ä gilt eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Richtigstellungsbescheid der Beklagten dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss. Nach Ablauf der Ausschlussfrist ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung auf der Grundlage der bundesmantelvertraglichen Vorschriften ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 6. September 2006, Az. B 6 KA 40/05, Rn. 12 des bei Juris veröffentlichten Urteils, mit weiteren Nachweisen).
Der angegriffene Bescheid dient der sachlich-rechnerischen Richtigstellung im Sinne der vorgenannten Vorschriften, so dass die vierjährige Ausschlussfrist Anwendung findet. Diese war vor Erlass des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13. August 2008 abgelaufen.
Die Frist hat am 4. April 2003 mit der Zustellung des Honorarbescheides für das Quartal II/2002 an den Kläger zu laufen begonnen und war vor dem 13. August 2008 – dem Erlass des Honoraraufhebungsbescheides – abgelaufen.
Zwar finden entgegen der Auffassung des Klägers die verjährungsrechtlichen Hemmungsvorschriften – insbesondere §§ 203 ff. BGB – auf die Ausschlussfrist in diesem Fall entsprechende Anwendung: Die Unterbrechung bzw. Hemmung der Ausschlussfrist für den Erlass von Richtigstellungsbescheiden folgt nach Auffassung der Kammer aus der entsprechenden Anwendung des § 45 Absatz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) über die Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung. Nach § 45 Absatz 2 SGB I in der ab 1. Januar 2002 maßgeblichen Fassung gelten für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des BGB sinngemäß. Das BSG hat hierzu in dem vorgenannten Urteil vom 6. September 2006 und unter Angabe weiterer Nachweise ausgeführt, dass die Anwendung einzelner Verjährungsvorschriften, insbesondere der über die Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung, auf Ausschlussfristen trotz der Unterschiede zwischen Verjährung und Ausschlussfrist nicht ausgeschlossen und auch im bürgerlichen Recht anerkannt sei. Demgemäß habe bereits die ältere Rechtsprechung des BSG zum Kassen-/Vertragsarztrecht die Möglichkeit einer Unterbrechung (nach altem Recht) der vierjährigen Ausschlussfrist für Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide in entsprechender Anwendung der verjährungsrechtlichen Vorschrift des § 209 Abs 1 BGB (alte Fassung) anerkannt (BSGE 76, 285, 289 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170 f). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sie vertritt die Auffassung, dass insbesondere aus der Vorschrift des § 45 Absatz 2 SGB I auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden kann, die bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über Hemmung und Unterbrechung der Verjährung für das Sozialrecht im allgemeinen zu übernehmen (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 20. September 1995, Az. B 6 RKa 40/94, Rn. 27 des bei Juris veröffentlichten Urteils).
Dass BSG hat in dem oben zitierten Urteil vom 6. September 2006 weiter ausgeführt, dass für die Hemmung der Verjährung der Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen ausreiche (vgl. Rn. 15 des bei Juris zitierten Urteils). Dem lässt sich nach Auffassung der Kammer jedoch nicht entnehmen, dass eine Hemmung von Ausschlussfristen – abgesehen von dem Fall einer gerichtlichen Rechtsverfolgung - lediglich dann möglich sein soll, wenn zuvor ein Bescheid erlassen worden ist und eine entsprechende Anwendung der Hemmungsvorschriften auf vergleichbare Sachverhaltskonstellationen ausgeschlossen sein soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Hemmungsvorschriften auch auf andere Sachverhalte zu übertragen sind, insbesondere auf denjenigen, dass zwischen den Beteiligten Vergleichsverhandlungen geführt werden. Wenn schon der einseitige Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen ausreicht, um die Wirkung der Hemmung herbeizuführen, so muss es ebenfalls ausreichen, wenn zwischen den Beteiligten Verhandlungen geführt werden. Auch in diesem Fall besteht kein Vertrauensschutz auf den Bestand des Status quo. Nach Auffassung der Kammer hat jedoch die Hemmung der Ausschlussfrist letztlich nicht dazu geführt, dass diese bei Erlass des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13. August 2008 noch nicht abgelaufen gewesen wäre. Die Hemmung ist dadurch beendet worden, dass die Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten "eingeschlafen" sind. Hemmung der Verjährung bedeutet nach § 209 BGB (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung), dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird. Gemäß § 203 Absatz 1 BGB findet eine Hemmung nur statt, solange Verhandlungen zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger schweben. Die Hemmung endet, wenn eine Seite sich weigert, die Verhandlungen fortzusetzen (Heinrichs, in Palandt, BGB, 68. Auflage 2009, § 203 Rn. 4). Eine Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlung kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 7. Januar 1986, Az. VI ZR 23/84) sowie der ihm folgenden Oberlandesgerichte Zweibrücken (ZGS 07, 359) und Koblenz (ZGS 06/117) auch dadurch eintreten, dass eine Partei die Verhandlungen "einschlafen lässt". Der BGH hat mehrfach entschieden, dass es für eine Beendigung der Hemmung ausreiche, wenn der Ersatzberechtigte die Verhandlungen "einschlafen" lasse. Ein Abbruch der Verhandlungen durch ein solches "Einschlafenlassen" ist dann anzunehmen, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Verhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (zuletzt: BGH, Urteil vom 6. November 2008, Az. IX ZR 158/07, veröffentlicht bei Juris, mit weiteren Nachweisen). Die Hemmung der Verjährung endet in diesen Fällen zu dem Zeitpunkt, in dem der nächste Schritt nach Treu und Glauben zu erwarten gewesen wäre (Heinrichs, in Palandt, BGB, 68. Auflage, 2009, § 203 Rn. 4). Entgegen der Auffassung des Klägers kann von einem Einschlafen der Verhandlungen jedoch nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn ein Monat der Untätigkeit vergangen ist. In den vorgenannten OLG-Entscheidungen hat das Verstreichen eines Monats lediglich deshalb zu einem "Einschlafen" der Vergleichsverhandlungen geführt, weil zuvor von einem der Beteiligten an den Vergleichsverhandlungen eine entsprechende Frist gesetzt worden war. Zu einer Fristsetzung ist es vorliegend nicht gekommen. Dessen ungeachtet werden – entsprechend den obigen Ausführungen – die zeitlichen Grenzen für ein Einschlafen der Vergleichsverhandlungen nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben gesetzt. Nachdem ein Vergleich zwischen den Beteiligten auf der Grundlage einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 16.242,32 Euro nicht zustande kam, wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 erneut an die Beklagte. Er zog sein Vergleichsangebot vom 26. September 2006 zurück und bat um Zusendung eines neuen Vergleichsangebotes auf der Grundlage eines geänderten Berechnungsmodells. Erst über ein Jahr und vier Monate später bot die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 22. April 2008 an, das Plausibilitätsverfahren gegen Zahlung einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 5.000 Euro (brutto) einzustellen. Die Kammer folgt zwar nicht der Auffassung des Klägers, dass spätestens nach einem Monat, mithin bis zum 8. Januar 2007, mit einer Reaktion seitens der Beklagten zu rechnen gewesen wäre, anderenfalls die Vergleichsverhandlungen "einschlafen". Sie bewertet jedoch den Umstand, dass die Beklagte sich auf die Anregung des Klägers, ein Vergleichsangebot auf der Grundlage eines geänderten Berechnungsmodells zu unterbreiten, über ein Jahr und vier Monate mit einer Antwort Zeit gelassen hat, dahingehend, dass die Vergleichsverhandlungen zwischenzeitlich "eingeschlafen" seien. Bis zum Beginn der Vergleichsverhandlungen – dem 22. September 2006 – waren bereits über drei Jahre und fünf Monate seit Zustellung des Honorarbescheides für das Quartal III/2002 vergangen, so dass die Beteiligten nicht einmal mehr sieben Monate von dem Eintritt der Ausschlussfrist für Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheide für das entsprechende Quartal trennten. Zwischen dem Schreiben des Klägers vom 8. Dezember 2006 und der Antwort seitens der Beklagten vom 22. April 2008 lagen über ein Jahr und vier Monate. Zwar ist davon auszugehen, dass jedenfalls mit der Rückantwort des Klägers durch Schreiben vom 24. April 2008 (in dem er seinerseits erneute Vergleichsbereitschaft zeigte) erneut grundsätzlich fristhemmende Vergleichsverhandlungen stattfanden. Die Ausschlussfrist war zu diesem Zeitpunkt indes bereits abgelaufen. Die Kammer vertritt die Auffassung, dass jedenfalls die Untätigkeit einer der an Vergleichsverhandlungen beteiligten Parteien über neun Monate hinweg zu einem "Einschlafen" der Vergleichsverhandlungen führt, mit der Folge, dass die Ausschlussfristen für eine Honorarrückforderung nicht weiter gehemmt werden. Die Hemmung nach § 203 BGB soll es dem Gläubiger ermöglichen, mit dem Schuldner Vergleichsmöglichkeiten zu erörtern, ohne dabei unter dem Zeitdruck der drohenden Verjährung zu stehen. Dies setzt aber voraus, dass die Parteien bzw. Beteiligten davon ausgehen können, die Vergleichsverhandlungen dauerten noch an. Lässt der Gläubiger die Vergleichsverhandlungen einschlafen, ist kein Grund ersichtlich, ihn der Notwendigkeit zu entbinden, sich darüber schlüssig zu werden, ob er seine Ansprüche gerichtlich geltend machen will oder nicht. Sein Schutzbedürfnis tritt dann hinter dem Schutzbedürfnis des Schuldners zurück Schließt ein Zeitraum von neun Monaten an das Schreiben des Klägers vom 8. Dezember 2006 an, so liegen zwischen dem Ende dieses Zeitraums und dem Antwortschreiben der Beklagten vom 22. April 2008 noch mehr als sieben Monate, die – addiert man sie zu dem bereits vor-verstrichenen Zeitraum von mehr als drei Jahren und fünf Monaten hinzu – insgesamt zu einem Überschreiten der Grenze von vier Jahren führen. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben war nach Auffassung der Kammer jedenfalls neun Monate nach dem letzten Schreiben des Klägers vom 8. Dezember 2006 von einem Einschlafen der Vergleichsverhandlungen auszugehen. Der Kläger konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr davon ausgehen, die Vergleichsverhandlungen mit der Beklagten dauerten noch an.
Der Umstand, dass die Beklagte sich gegenüber dem Kläger bereits zuvor einmal mit einer Antwort reichlich Zeit gelassen hatte – der Kläger nahm mit seinem Schreiben vom 8. August 2004 Stellung zu der Honorarabrechnung für das Quartal III/2002 und erst mit Schreiben vom 22. September 2006 erfolgte das erste Vergleichsangebot der Beklagten gegenüber dem Kläger – führt zu keiner abweichenden Sichtweise. Zum einen befanden sich die Beteiligten in dem Zeitraum zwischen dem 8. August 2004 und dem 22. September 2006 nicht in Vergleichsverhandlungen, zum anderen kann eine verzögerte Bearbeitung von Seiten der Beklagten im Ergebnis nicht dazu führen, dass Ausschlussfristen verlängert bzw. im Ergebnis umgangen werden bzw. dass Rechtspositionen der Beklagten erweitert werden. Auch der Umstand, dass die Beteiligten in dem Zeitraum zwischen dem 8. Dezember 2006 und dem 22. April 2008 wegen der Frage "gemeinsamer Patienten" in anderen Abrechnungsquartalen als dem hier streitgegenständlichen Korrespondenz führten, gebietet keine abweichende Sichtweise. Aus einem Schriftverkehr in einem anderen Verfahren kann nicht der Schluss gezogen werden, dass in dem vorliegenden Verfahren Vergleichsverhandlungen aufrechterhalten bzw. fortgeführt werden sollen.
Auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides kommt es vorliegend nach alledem nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides als Ergebnis der Plausibilitätsprüfung, vor dem Hintergrund eines von der Beklagten festgestellten Missbrauchs der Rechtsform der Praxisgemeinschaft.
Der Kläger nimmt seit dem 1. Juli 1995 als Facharzt für Innere Medizin im hausärztlichen Bereich an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Bis zum 30. September 2004 war er mit Herrn K G, Facharzt für Innere Medizin im hausärztlichen Bereich, in einer Praxisgemeinschaft in der B Straße ... in B im Verwaltungsbezirk T-S tätig. Seit dem 1. Oktober 2004 ist er unter anderem gemeinsam mit Herrn G in einem Medizinischen Versorgungszentrum tätig.
Für das Quartal III/2002 setzte die Beklagte im Honorarfestsetzungsbescheid das Honorar für den Kläger auf 75.959,02 Euro fest. Der Honorarfestsetzungsbescheid ist dem Kläger am 4. April 2003 zugestellt worden.
Im Sommer 2004 führte der Plausibilitätsausschuss der Beklagten bei dem Kläger und Herrn G eine Plausibilitätsprüfung im Sinne von § 46 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) durch. Mit Schreiben vom 8. Juli 2004 äußerte der Plausibilitätsausschuss der Beklagten gegenüber dem Kläger, dass ein außergewöhnlich hoher Anteil an gemeinsamen Patienten zwischen der Praxis des Klägers und der Praxis des Herrn G vorliege. Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts forderte der Plausibilitätsausschuss den Kläger zu einer Stellungnahme auf.
Mit Schreiben vom 8. August 2004 nahm der Kläger gegenüber dem Plausibilitätsausschuss Stellung. Der Plausibilitätsausschuss der Beklagten teilte dem Kläger mit Schreiben vom 22. September 2006 mit, dass er im Quartal III/2002 unzutreffende Abrechnungen vorgenommen habe. Diese Annahme beruhe auf der Tatsache, dass der Kläger und Herr G in diesem Quartal 601 "gemeinsame Patienten" behandelt hätten, wovon jedoch nur für 86 Patienten eine gemeinsame Behandlung plausibel gewesen sei. Durch die Abrechnung für die übrigen 515 gemeinsamen Patienten habe er sich vertragsärztliches Honorar verschafft, das ihm nicht zustehe. Der Plausibilitätsausschuss der Beklagten forderte den Kläger im Rahmen eines Vergleichsvorschlags zu einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 16.242,32 Euro gegen Beendigung der Plausibilitätsprüfung auf.
Mit Schreiben vom 26. September 2006 bat der Kläger darum, ihm einen höheren Anteil als 10% an den "gemeinsamen Patienten" mit Herrn G zu belassen. Er schlug 30% vor.
Der Plausibilitätsausschuss der Beklagten bestätigte mit Schreiben vom 6. Dezember 2006 den Eingang des Schreibens vom 26. September 2006 und interpretierte das Schreiben dahingehend, dass das das Vergleichsangebot vom 22. September 2006 nicht angenommen werde. Der Kläger wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 erneut an die Beklagte. Er zog sein Vergleichsangebot vom 26. September 2006 zurück und bat um Zusendung eines neuen Vergleichsangebotes auf der Grundlage eines geänderten Berechnungsmodells.
Mehr als ein Jahr und vier Monate später bot die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 22. April 2008 an, das Plausibilitätsverfahren gegen Zahlung einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 5.000 Euro (brutto) einzustellen.
Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 24. April 2008 mit, dass er das Vergleichsangebot vom 22. April 2008 annehmen werde, wenn keine Verjährung des Anspruchs vorliege. Seiner Kenntnis nach sei der Anspruch verjährt. Mit Schreiben vom 25. April 2008 teilte die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit, dass die Rückforderungsansprüche ihrer Ansicht nach noch nicht verjährt seien. Zur Begründung führte sie aus, dass die vierjährige Ausschlussfrist aufgrund schwebender Vergleichsverhandlungen gehemmt gewesen und daher noch nicht verstrichen sei. Sie forderte den Kläger zur Überweisung von 4.880 Euro (netto) innerhalb von vier Wochen auf.
Der Kläger vertrat gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 5. Mai 2008 die Auffassung, dass die Hemmung der Verjährung spätestens mit Eingang seines Schreibens vom 26. September 2006 außer Kraft gesetzt worden sei. Er wiederholte seine Absicht, das Vergleichsangebot vom 22. April 2008 anzunehmen, falls keine Verjährung vorliege.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2008 teilte die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit, dass ihrer Auffassung nach Vergleichsverhandlungen mit dem Schreiben der Beklagten vom 26. September 2006 begonnen wurden und bis zum 24. April 2008 angedauert hätten.
Unter dem 22. Mai 2008 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er weiterhin von einer Verjährung der Ansprüche ausgehe. Eine Rückzahlung lehne er ab. Unterdessen forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 27. Mai 2008 erneut zur Zahlung von 4.880 Euro (netto) auf.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2008 teilte die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit, dass sein Schreiben vom 22. Mai 2008 als endgültige Ablehnung des Vergleichs gewertet werde. Die Angelegenheit werde nun dem Plausibilitätsausschuss vorgelegt. Die Rückforderungsansprüche seien nicht verjährt.
Mit Bescheid vom 13. August 2008 hob der Vorstand der Beklagten auf Empfehlung des Plausibilitätsausschusses der Beklagten den Honorarbescheid für das Quartal III/2002 auf, korrigierte den Honorarbescheid um 5.614,75 Euro brutto und forderte vom Kläger eine Honorarrückzahlung von 5.480 Euro (netto). Zur Begründung wurde auf den in der Plausibilitätsprüfung festgestellten Verstoß gegen die vertragsärztlichen Abrechnungsvorgaben verwiesen. Hinsichtlich der Verjährung vertrat die Beklagte die Auffassung, dass diese durch Vergleichsverhandlungen in der Zeit vom 22. September 2006 bis zum Eingang des Schreibens des Klägers vom 22. Mai 2008, eingegangen bei der Beklagten am 28. Mai 2008, gehemmt worden sei.
Mit Schreiben vom 4. September 2008, der Beklagten am selben Tage gefaxt, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2008 ein. Zur Begründung führte er an, dass die Rückforderungsansprüche verjährt seien. Dies führte er mit Schreiben vom 20. Mai 2009 weiter aus.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2009, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 16. Juli 2009, zurück. Allein die Tatsache, dass seit der Bitte um ein neues Vergleichsangebot durch den Kläger und ihrem Antwortschreiben mehr als ein Jahr und vier Monate vergangen seien, führe nicht dazu, die Verhandlungen als beendet anzusehen. Es sei Sache des Klägers gewesen, durch eine eindeutige Ablehnung weiterer Verhandlungen die Verjährungshemmung zu beenden. Eine solch eindeutige Erklärung könne erst im Schreiben vom 22. Mai 2008 gesehen werden. Erst mit diesem Schreiben sei die Hemmung der Verjährung beendet worden, da hierdurch unmissverständlich der vorgeschlagene Vergleich abgelehnt und durch Hinweis auf die angebliche Verjährung weitere Vergleichsverhandlungen ausgeschlossen worden seien. Es sei daher davon auszugehen, dass die Verjährung in der Zeit vom 4. April 2003 bis 22. September 2006 und dann wieder ab dem 23. Mai 2008 bis zum 13. August 2008, dem Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides, gelaufen sei. In der Zeit vom 23. September 2006 bis 22. Mai 2008 sei die Verjährung gehemmt gewesen. Bis zum Erlass des Bescheides seien daher von der vierjährigen Verjährungsfrist erst drei Jahre und sechs Monate abgelaufen gewesen, die Forderung sei nicht verjährt.
Am 6. August 2009 erhob der Kläger über seinen Verfahrensbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Berlin. Die von dem Bundessozialgericht (BSG) entwickelte vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Richtigstellungsbescheid der Beklagten dem Betroffenen bekannt gegeben werden müsse, sei vor dem Erlass des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 13. August 2008 abgelaufen gewesen. Verjährungsrechtliche Hemmungsvorschriften – insbesondere §§ 203 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – fänden entgegen der Auffassung der Beklagten und auch nach der von ihr zitierten Entscheidung des BSG vom 6. September 2006 (Az. B 6 KA 40/05 R) auf die Ausschlussfrist in diesem Verfahren keine (entsprechende) Anwendung. Deshalb sei die vierjährige Ausschlussfrist spätestens am 4. April 2007 abgelaufen. Eine Ablaufhemmung sei auch vor dem Hintergrund nicht eingetreten, dass vor Erlass des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13. August 2008 keine anderweitige Entscheidung der Beklagten ergangen sei, die einen Vertrauensschutz des Klägers hätte ausschließen können. Selbst bei Anwendung der verjährungsrechtlichen Hemmungsvorschriften sei die Ausschlussfrist vor dem 13. August 2008 abgelaufen gewesen. Unter Berücksichtigung der Vergleichsverhandlungen könne eine Hemmung allenfalls in der Zeit vom 22. September 2006 bis zum 8. Januar 2007 stattgefunden haben, so dass die Ausschlussfrist spätestens am 4. August 2007 abgelaufen sei. Verhandlungen im Sinne des § 203 Absatz 1 BGB führten dann nicht mehr zu einer Hemmung, wenn der eine oder der andere Teil die Fortsetzung verweigere. Eine Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlung könne nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 07.01.1986, Az. VI ZR 23/84) sowie der ihm folgenden Oberlandesgerichte Zweibrücken (ZGS 07, 359) und Koblenz (ZGS 06/117) auch dadurch eintreten, dass eine Partei bzw. ein Beteiligter die Verhandlungen "einschlafen lasse". Die Hemmung der Verjährung ende in diesen Fällen zu dem Zeitpunkt, in dem der nächste Schritt nach Treu und Glauben zu erwarten gewesen wäre (Heinrichs, in Palandt, BGB, 68. Auflage 2009, § 203 Rn. 4). In den oben genannten Entscheidungen gingen das OLG Zweibrücken sowie das OLG Koblenz davon aus, dass die verjährungshemmende Wirkung von Vergleichsverhandlungen entfalle, wenn Vergleichsverhandlungen über einen längeren Zeitraum als einen Monat nicht weitergeführt würden. Vorliegend habe er damit rechnen können, spätestens einen Monat nach seinem Schreiben vom 8. Dezember 2006, mithin bis zum 8. Januar 2007, eine Reaktion seitens der Beklagten zu erhalten. Auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides komme es damit nicht mehr an.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Weiter führt sie mit Schreiben vom 4. Februar 2010 aus, dem Urteil des BSG vom 6. September 2006 in dem vorgenannten Verfahren lasse sich gerade nicht entnehmen, dass eine Hemmung nur dann möglich sein solle, wenn zuvor ein Bescheid erlassen worden sei. Die analoge Anwendung der Hemmungsvorschriften bei vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen sei nicht ausgeschlossen. Des Weiteren seien die Verjährungsvorschriften des BGB, insbesondere die Vorschriften über die Hemmung der Verjährung, entsprechend anwendbar. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Hemmung nicht dadurch beendet worden, dass die Verhandlungen "eingeschlafen" seien. Soweit der Kläger sich auf eine Frist von ca. einem Monat zur Begründung eines "Einschlafenlassen" beziehe, setze dies – auch nach der genannten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Koblenz und Zweibrücken – voraus, dass zuvor eine Frist gesetzt worden sei. Mit dem Schreiben des Klägers vom 8. Dezember 2006 sei nicht das "letzte Wort" zwischen den Beteiligten gewechselt worden. Im Frühjahr und Sommer 2007 sei eine Korrespondenz hinsichtlich der Frage "gemeinsamer Patienten" in den Quartalen I/2003 bis I/2005 geführt worden. Schließlich sei dem Kläger durchaus erkennbar gewesen, dass es nicht ungewöhnlich sei, wenn über eine gewisse Zeitspanne kein Schriftwechsel erfolge: Mit seinem Schreiben vom 8. August 2004 habe er Stellung zu der Honorarabrechnung für das Quartal III/2002 genommen. Erst mit Schreiben vom 22. September 2006 habe sie – die Beklagte – dem Kläger das erste Vergleichsangebot unterbreitet.
Die Gerichts- und Verwaltungsakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und haben bei der Entscheidung vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten sowie des übrigen Inhalts wird auf sie Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juni 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sind die Bestimmungen der Bundesmantelverträge über die Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung (§ 45 Absatz 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte - BMV-Ä -, § 34 Absatz 4 Sätze 1 und 2 Ersatzkassenvertrag-Ärzte - EKV-Ä -), die in ihrem Anwendungsbereich die Regeln des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verdrängen (BSG, ständige Rechtsprechung., zum Beispiel Urteil vom 28. September 2005, Az.: B 6 KA14/04R, SozR 4-5520 § 32 Nr.2). Nach diesen im Regional- und Ersatzkassenbereich im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen. Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen, d.h. die Kassenärztliche Vereinigung kann, soweit Honorarbescheide erlassen wurden, diese ganz oder teilweise ändern oder zurücknehmen und gegebenenfalls neu erlassen (BSG a.a.O.). Die Richtigstellung kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse erfolgen (vgl. BSGE 89, 90, 93 f., SozR 3-2500 § 82 Nr.3 S.6). Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderungen auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht nicht nur im Fall rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch die Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung erbracht und abgerechnet hat. Das BSG hat das Rechtsinstitut der sachlich-rechnerischen Richtigstellung z.B. bei Abrechnung fachfremder Leistungen oder qualitativ mangelhafter Leistungen ebenso für anwendbar erachtet, wie auch bei durch nicht genehmigte Assistenten erbrachten Leistungen und bei Aufrechterhaltung einer übergroßen Praxis mit Hilfe eines Assistenten sowie insbesondere auch im Fall der Leistungserbringung in Form einer Praxisgemeinschaft obwohl die ärztliche Tätigkeit tatsächlich wie in einer Gemeinschaftspraxis erfolgt ist (Urteil vom 22. März 2006, Az.: B 6 KA 76/04 R, SozR 4-5520 § 32 Nr.6).
Für sachlich-rechnerische Berichtigungen im Sinne von § 45 Absatz 2 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 34 Absatz 4 Sätze 1 und 2 EKV-Ä gilt eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Richtigstellungsbescheid der Beklagten dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss. Nach Ablauf der Ausschlussfrist ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung auf der Grundlage der bundesmantelvertraglichen Vorschriften ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 6. September 2006, Az. B 6 KA 40/05, Rn. 12 des bei Juris veröffentlichten Urteils, mit weiteren Nachweisen).
Der angegriffene Bescheid dient der sachlich-rechnerischen Richtigstellung im Sinne der vorgenannten Vorschriften, so dass die vierjährige Ausschlussfrist Anwendung findet. Diese war vor Erlass des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13. August 2008 abgelaufen.
Die Frist hat am 4. April 2003 mit der Zustellung des Honorarbescheides für das Quartal II/2002 an den Kläger zu laufen begonnen und war vor dem 13. August 2008 – dem Erlass des Honoraraufhebungsbescheides – abgelaufen.
Zwar finden entgegen der Auffassung des Klägers die verjährungsrechtlichen Hemmungsvorschriften – insbesondere §§ 203 ff. BGB – auf die Ausschlussfrist in diesem Fall entsprechende Anwendung: Die Unterbrechung bzw. Hemmung der Ausschlussfrist für den Erlass von Richtigstellungsbescheiden folgt nach Auffassung der Kammer aus der entsprechenden Anwendung des § 45 Absatz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) über die Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung. Nach § 45 Absatz 2 SGB I in der ab 1. Januar 2002 maßgeblichen Fassung gelten für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des BGB sinngemäß. Das BSG hat hierzu in dem vorgenannten Urteil vom 6. September 2006 und unter Angabe weiterer Nachweise ausgeführt, dass die Anwendung einzelner Verjährungsvorschriften, insbesondere der über die Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung, auf Ausschlussfristen trotz der Unterschiede zwischen Verjährung und Ausschlussfrist nicht ausgeschlossen und auch im bürgerlichen Recht anerkannt sei. Demgemäß habe bereits die ältere Rechtsprechung des BSG zum Kassen-/Vertragsarztrecht die Möglichkeit einer Unterbrechung (nach altem Recht) der vierjährigen Ausschlussfrist für Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheide in entsprechender Anwendung der verjährungsrechtlichen Vorschrift des § 209 Abs 1 BGB (alte Fassung) anerkannt (BSGE 76, 285, 289 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 30 S 170 f). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung an. Sie vertritt die Auffassung, dass insbesondere aus der Vorschrift des § 45 Absatz 2 SGB I auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden kann, die bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über Hemmung und Unterbrechung der Verjährung für das Sozialrecht im allgemeinen zu übernehmen (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 20. September 1995, Az. B 6 RKa 40/94, Rn. 27 des bei Juris veröffentlichten Urteils).
Dass BSG hat in dem oben zitierten Urteil vom 6. September 2006 weiter ausgeführt, dass für die Hemmung der Verjährung der Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen ausreiche (vgl. Rn. 15 des bei Juris zitierten Urteils). Dem lässt sich nach Auffassung der Kammer jedoch nicht entnehmen, dass eine Hemmung von Ausschlussfristen – abgesehen von dem Fall einer gerichtlichen Rechtsverfolgung - lediglich dann möglich sein soll, wenn zuvor ein Bescheid erlassen worden ist und eine entsprechende Anwendung der Hemmungsvorschriften auf vergleichbare Sachverhaltskonstellationen ausgeschlossen sein soll. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Hemmungsvorschriften auch auf andere Sachverhalte zu übertragen sind, insbesondere auf denjenigen, dass zwischen den Beteiligten Vergleichsverhandlungen geführt werden. Wenn schon der einseitige Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Betroffenen ausreicht, um die Wirkung der Hemmung herbeizuführen, so muss es ebenfalls ausreichen, wenn zwischen den Beteiligten Verhandlungen geführt werden. Auch in diesem Fall besteht kein Vertrauensschutz auf den Bestand des Status quo. Nach Auffassung der Kammer hat jedoch die Hemmung der Ausschlussfrist letztlich nicht dazu geführt, dass diese bei Erlass des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides vom 13. August 2008 noch nicht abgelaufen gewesen wäre. Die Hemmung ist dadurch beendet worden, dass die Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten "eingeschlafen" sind. Hemmung der Verjährung bedeutet nach § 209 BGB (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung), dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird. Gemäß § 203 Absatz 1 BGB findet eine Hemmung nur statt, solange Verhandlungen zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger schweben. Die Hemmung endet, wenn eine Seite sich weigert, die Verhandlungen fortzusetzen (Heinrichs, in Palandt, BGB, 68. Auflage 2009, § 203 Rn. 4). Eine Verweigerung der Fortsetzung der Verhandlung kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 7. Januar 1986, Az. VI ZR 23/84) sowie der ihm folgenden Oberlandesgerichte Zweibrücken (ZGS 07, 359) und Koblenz (ZGS 06/117) auch dadurch eintreten, dass eine Partei die Verhandlungen "einschlafen lässt". Der BGH hat mehrfach entschieden, dass es für eine Beendigung der Hemmung ausreiche, wenn der Ersatzberechtigte die Verhandlungen "einschlafen" lasse. Ein Abbruch der Verhandlungen durch ein solches "Einschlafenlassen" ist dann anzunehmen, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre, falls die Verhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (zuletzt: BGH, Urteil vom 6. November 2008, Az. IX ZR 158/07, veröffentlicht bei Juris, mit weiteren Nachweisen). Die Hemmung der Verjährung endet in diesen Fällen zu dem Zeitpunkt, in dem der nächste Schritt nach Treu und Glauben zu erwarten gewesen wäre (Heinrichs, in Palandt, BGB, 68. Auflage, 2009, § 203 Rn. 4). Entgegen der Auffassung des Klägers kann von einem Einschlafen der Verhandlungen jedoch nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn ein Monat der Untätigkeit vergangen ist. In den vorgenannten OLG-Entscheidungen hat das Verstreichen eines Monats lediglich deshalb zu einem "Einschlafen" der Vergleichsverhandlungen geführt, weil zuvor von einem der Beteiligten an den Vergleichsverhandlungen eine entsprechende Frist gesetzt worden war. Zu einer Fristsetzung ist es vorliegend nicht gekommen. Dessen ungeachtet werden – entsprechend den obigen Ausführungen – die zeitlichen Grenzen für ein Einschlafen der Vergleichsverhandlungen nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben gesetzt. Nachdem ein Vergleich zwischen den Beteiligten auf der Grundlage einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 16.242,32 Euro nicht zustande kam, wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 erneut an die Beklagte. Er zog sein Vergleichsangebot vom 26. September 2006 zurück und bat um Zusendung eines neuen Vergleichsangebotes auf der Grundlage eines geänderten Berechnungsmodells. Erst über ein Jahr und vier Monate später bot die Leiterin der Abteilung Plausibilitätsprüfung der Beklagten dem Kläger mit Schreiben vom 22. April 2008 an, das Plausibilitätsverfahren gegen Zahlung einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von 5.000 Euro (brutto) einzustellen. Die Kammer folgt zwar nicht der Auffassung des Klägers, dass spätestens nach einem Monat, mithin bis zum 8. Januar 2007, mit einer Reaktion seitens der Beklagten zu rechnen gewesen wäre, anderenfalls die Vergleichsverhandlungen "einschlafen". Sie bewertet jedoch den Umstand, dass die Beklagte sich auf die Anregung des Klägers, ein Vergleichsangebot auf der Grundlage eines geänderten Berechnungsmodells zu unterbreiten, über ein Jahr und vier Monate mit einer Antwort Zeit gelassen hat, dahingehend, dass die Vergleichsverhandlungen zwischenzeitlich "eingeschlafen" seien. Bis zum Beginn der Vergleichsverhandlungen – dem 22. September 2006 – waren bereits über drei Jahre und fünf Monate seit Zustellung des Honorarbescheides für das Quartal III/2002 vergangen, so dass die Beteiligten nicht einmal mehr sieben Monate von dem Eintritt der Ausschlussfrist für Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheide für das entsprechende Quartal trennten. Zwischen dem Schreiben des Klägers vom 8. Dezember 2006 und der Antwort seitens der Beklagten vom 22. April 2008 lagen über ein Jahr und vier Monate. Zwar ist davon auszugehen, dass jedenfalls mit der Rückantwort des Klägers durch Schreiben vom 24. April 2008 (in dem er seinerseits erneute Vergleichsbereitschaft zeigte) erneut grundsätzlich fristhemmende Vergleichsverhandlungen stattfanden. Die Ausschlussfrist war zu diesem Zeitpunkt indes bereits abgelaufen. Die Kammer vertritt die Auffassung, dass jedenfalls die Untätigkeit einer der an Vergleichsverhandlungen beteiligten Parteien über neun Monate hinweg zu einem "Einschlafen" der Vergleichsverhandlungen führt, mit der Folge, dass die Ausschlussfristen für eine Honorarrückforderung nicht weiter gehemmt werden. Die Hemmung nach § 203 BGB soll es dem Gläubiger ermöglichen, mit dem Schuldner Vergleichsmöglichkeiten zu erörtern, ohne dabei unter dem Zeitdruck der drohenden Verjährung zu stehen. Dies setzt aber voraus, dass die Parteien bzw. Beteiligten davon ausgehen können, die Vergleichsverhandlungen dauerten noch an. Lässt der Gläubiger die Vergleichsverhandlungen einschlafen, ist kein Grund ersichtlich, ihn der Notwendigkeit zu entbinden, sich darüber schlüssig zu werden, ob er seine Ansprüche gerichtlich geltend machen will oder nicht. Sein Schutzbedürfnis tritt dann hinter dem Schutzbedürfnis des Schuldners zurück Schließt ein Zeitraum von neun Monaten an das Schreiben des Klägers vom 8. Dezember 2006 an, so liegen zwischen dem Ende dieses Zeitraums und dem Antwortschreiben der Beklagten vom 22. April 2008 noch mehr als sieben Monate, die – addiert man sie zu dem bereits vor-verstrichenen Zeitraum von mehr als drei Jahren und fünf Monaten hinzu – insgesamt zu einem Überschreiten der Grenze von vier Jahren führen. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben war nach Auffassung der Kammer jedenfalls neun Monate nach dem letzten Schreiben des Klägers vom 8. Dezember 2006 von einem Einschlafen der Vergleichsverhandlungen auszugehen. Der Kläger konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr davon ausgehen, die Vergleichsverhandlungen mit der Beklagten dauerten noch an.
Der Umstand, dass die Beklagte sich gegenüber dem Kläger bereits zuvor einmal mit einer Antwort reichlich Zeit gelassen hatte – der Kläger nahm mit seinem Schreiben vom 8. August 2004 Stellung zu der Honorarabrechnung für das Quartal III/2002 und erst mit Schreiben vom 22. September 2006 erfolgte das erste Vergleichsangebot der Beklagten gegenüber dem Kläger – führt zu keiner abweichenden Sichtweise. Zum einen befanden sich die Beteiligten in dem Zeitraum zwischen dem 8. August 2004 und dem 22. September 2006 nicht in Vergleichsverhandlungen, zum anderen kann eine verzögerte Bearbeitung von Seiten der Beklagten im Ergebnis nicht dazu führen, dass Ausschlussfristen verlängert bzw. im Ergebnis umgangen werden bzw. dass Rechtspositionen der Beklagten erweitert werden. Auch der Umstand, dass die Beteiligten in dem Zeitraum zwischen dem 8. Dezember 2006 und dem 22. April 2008 wegen der Frage "gemeinsamer Patienten" in anderen Abrechnungsquartalen als dem hier streitgegenständlichen Korrespondenz führten, gebietet keine abweichende Sichtweise. Aus einem Schriftverkehr in einem anderen Verfahren kann nicht der Schluss gezogen werden, dass in dem vorliegenden Verfahren Vergleichsverhandlungen aufrechterhalten bzw. fortgeführt werden sollen.
Auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheides kommt es vorliegend nach alledem nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
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