S 81 KR 272/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
81
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 272/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 457/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Arbeitsentgelt, das während einer Freistellung i.S.v. § 7 Abs. 1a SGB IV fällig ist, unterliegt auch dann der Beitragspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung, wenn es aus Werguthaben stammt, das nur aus Arbeitsentgelt oberhalb der Beitrags-bemessungsgrenze gespeist wurde.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2007 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die klagende Arbeitgeberin verpflichtet ist, an die beklagte Einzugsstelle für Arbeitsentgelt, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt und erst in der Zei¬t einer Freistellung von der Arbeitsleistung fällig wird, Beiträge zur Arbeitslosen¬versi¬cherung zu zahlen.

Die Klägerin schloss mit der bei ihr beschäftigten Beigeladenen zu 2) am 10. November 2004 eine als "Flexlife" bezeichnete Vereinbarung, die auszugsweise wie folgt lautet:

Präambel Die nachfolgende Vereinbarung dient der flexiblen und individualisierten Lebensarbeitszeitregelung des Arbeitnehmers durch die Umwandlung von Arbeitsentgeltbestandteilen in Zeitguthaben, die für Freistellungsphasen genutzt werden können.

§ 1 Definitionen 1. – 4. [ ] 5. Freistellungsphasen sind solche Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer unter Fort¬bestand seines Beschäftigungsverhältnisses zum Arbeitgeber keine Arbeits-leistung zu erbringen hat. Der Arbeitgeber schuldet in den Freistellungsphasen anstelle des arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitslohnes eine Vergütung im Rahmen des § 9 der Umwandlungsvereinbarung. 6. – 9. [ ]

§ 2 Einbringungsfähige Beiträge 1. Der Arbeitnehmer kann mittels Kürzungserklärung auf die Auszahlung seines ar¬beitsvertraglich vereinbarten Bruttoentgelts [ ] zu Gunsten der Gutschrift dieser Be¬träge auf das Arbeitszeitkonto verzichten, soweit die entsprechenden Gehalts¬bestandteile noch nicht fällig sind. [ ]

2. Nicht möglich ist die Erfassung folgender Beträge auf dem Arbeitszeitkonto: - Barmittel, die nicht aus dem Arbeitsverhältnis stammen, sowie - sonstige Zahlungen, die kein Arbeitsentgelt darstellen.

§ 3 Abwicklung 1. Verzichtet der Arbeitnehmer gem. § 2 Absatz 1 durch Abgabe der Kürzungs¬er¬klärung auf die Auszahlung von Bruttoentgeltbestandteilen, so werden diese vom Ar¬beitgeber zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ohne Vorliegen der Kürzungs-erklärung zur Auszahlung fällig wären, auf das Arbeitszeitkonto eingezahlt. 2. – 3. [ ]

§ 4 Anlage [ ]

§ 5 Freistellung 1. Der Arbeitnehmer kann schriftlich beantragen, dass das Wertpapierguthaben ganz oder teilweise für die Gewährung von Freistellungsphasen a) zum Zwecke der Verkürzung der Lebensarbeitszeit und/oder b) für sonstige Freistellungsphasen (Kinderbetreuung etc.) verwendet wird. Der Arbeitgeber entscheidet hierüber schriftlich binnen vier Wo¬chen nach Zugang des Antrags. 2. [ ] 3. Die Gewährung von sonstigen Freistellungsphasen steht im Ermessen des Ar¬beitgebers. 4. – 6. [ ] 7. Sofern das Wertpapierguthaben bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhält-nisses aufgrund Erreichens des gesetzlichen Renteneintrittsalters des Arbeit-nehmers nicht oder vollständig für Freistellungsphasen gemäß Absatz 1 ver-braucht wird, ist das verbleibende Wertpapierguthaben entsprechend der Ent-scheidung des Arbeit¬neh¬mers a) in Beiträge zu einer betrieblichen Altersversorgung umzuwandeln oder b) zum 31.12. des Jahres, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet, an den Ar¬beitnehmer auszuzahlen oder c) in fünf gleichen Jahresraten jeweils zum 31.12. eines Jahres an den Arbeit-nehmer auszuzahlen. [ ]

§ 6 Härtefall 1. Der Arbeitnehmer kann bei Vorliegen eines Härtefalles die unverzügliche teil-weise oder vollständige Auszahlung des Wertpapierguthabens anstelle der Ge-währung ei¬ner Freistellung gem. § 4 Absatz 1 beantragen. 2. Ein Härtefall liegt vor a) bei Eintritt teilweiser oder voller Erwerbsminderung bzw. Pflegebedürftigkeit des Arbeitsnehmers, seines Ehegatten, seiner Eltern oder einer der in § 1924 Abs. 1 BGB bezeichneten Personen, oder b) in schwerwiegenden Notfallsituationen, die sich nach dem Gesamtbild der Ein¬zelumstände als existenzgefährdend für den Arbeitnehmer bzw. die in lit a) ge¬nannten Personen darstellen, sofern der Mitarbeiter hierdurch einer starken finanziellen Belastung ausgesetzt ist und der Härtefall nicht durch bestehende gesetzliche oder versicherungsrechtliche An¬sprü¬che abgedeckt wird. 3. Eine Auszahlung des angesparten Guthabens oder von Teilen des Guthabens zu Kon¬¬sumzwecken [ ] ist in jedem Fall ausgeschlossen.

§ 7 Ausscheiden aus dem Unternehmen und Auslandsentsendung 1. Bei einem Ausscheiden aus dem Unternehmen vor Erreichen des gesetzlichen Ren¬teneintrittsalters [ ] ist das Wertpapierguthaben zum 31.12. des Jahres, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet, an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Bei einem Aus¬scheiden aufgrund der Erreichung des gesetzlichen Renteneintrittsal-ters gilt § 5 Abs. 7. 2. [ ]

§ 8 Tod 1. Verstirbt der Arbeitnehmer, so wird das Wertpapierguthaben an dessen Erben nach Vorlage des Erbscheins ausgezahlt. 2. [ ]

§ 9 Vergütung 1. Während der Freistellungsphase besteht das Beschäftigungsverhältnis zwischen Ar¬beitgeber und Arbeitnehmer fort. Die monatliche Vergütung während der Freistel¬lungsphase im Sinne von § 5 entspricht grundsätzlich dem durchschnitt-lichen mo¬nat¬lichen Bruttoentgelt der vergangenen zwölf Monate, die der Frei-stellung vor¬ausgehen. Zum monatlichen Bruttoentgelt zählen auch die bisher im Rahmen der Umwandlungsvereinbarung eingebrachten Entgeltbestände. 2. – 4. [ ] 5. Während der Freistellungsphase bleibt die dem Arbeitnehmer monatlich gezahl-te Vergütung konstant. [ ] § 10 – § 12 [ ]

§ 13 Mitteilung 1. [ ] 2. Außerdem wird das Wertguthaben – lediglich zu Informationszwecken – je-weils zum 31.12. jeden Jahres auf Basis des zu diesem Zeitpunkt für den Ar-beitnehmer geltenden Bruttostundenarbeitslohnes in ein fiktives Zeitguthaben umgerechnet. Für die Ermittlung des Bruttostundenarbeitslohns sind ausschließ-lich das laufende Ar¬beits¬entgelt vor Einbringung von Gehaltsbestandteilen und die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit maßgebend. Sofern der Arbeits-vertrag keine feste Arbeits¬zeit vorsieht, wird bei der Ermittlung von einer wö-chentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ausgegangen. 3. [ ]

§ 14 - § 16 [ ]

Ebenfalls am 10. November 2004 gab die Beigeladene zu 2) gegenüber der Klägerin eine "Er-klä¬rung über den Einbehalt zukünftig fällig werdender Barlohnansprüche im Rahmen der Bil-dung eines Guthabens zur Gewährung von Freistellungen" ab, die auszugsweise wie folgt lau-tet: Präambel

Die nachfolgende Erklärung erfolgt im Zusammenhang mit der flexiblen und indi¬vi¬du¬alisierten Lebensarbeitszeitregelung von Arbeitnehmern der KPMG DTG durch die Um¬wandlung von Arbeitsentgelten in Zeitguthaben, die für die Gewäh-rung von Frei¬stellungsphasen genutzt werden können.

§ 1 [ ]

§ 2 Erklärung

Der Arbeitnehmer erklärt hiermit unter Bezugnahme auf § 2 der Umwandlungs¬vereinbarung folgendes: 1. Die vereinbarten monatlichen Bruttobezüge in Höhe von EUR 6.917,- sollen be-gin¬nend ab dem 1. November 2004 bis auf Widerruf in Höhe von EUR 2.510,- pro Monat zugunsten der Erfassung dieses Betrages auf dem Arbeitszeitkonto des Arbeit¬neh¬mers nicht zur Auszahlung gelangen. Der nicht ausgezahlte Betrag wird vom Arbeitgeber mit 3 % verzinst. [ ] Privat Krankenversicherte haben darauf zu achten, dass durch das Unterbleiben der Auszahlung der laufenden Bezüge nicht die Befreiung von der Versiche-rungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse nach § 6 SGB V verloren geht. Zu diesem Zweck erklärt der Arbeitnehmer bereits hiermit sein Einverständnis, dass der Arbeit¬geber bei einer Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze automa-tisch die Kürzung der Aus¬zahlung dergestalt vermindert, dass eine Beitrags-pflicht zur gesetzlichen Kran¬ken¬versicherung vermieden wird. 2. [ ]

Die Beigeladene zu 2), welche im Jahre 2004 ein Bruttoarbeitsentgelt von 81.591.- EUR (durch-schnittlich 6.799,25 EUR monatlich, ohne Tantieme) erzielte, wandelte Entgeltansprüche aus den Monaten November und Dezember 2004 in ein Wertguthaben um, welches am 30. August 2005 einen Wert von 5.019,60 EUR hatte. Vom 3. Januar bis zum 31. August 2005 nahm die Bei-geladene zu 2) Mutterschutz bzw. Elternzeit in Anspruch. Mit Zustimmung der Klägerin war sie im Monat September 2005 von der Arbeits¬leistung freigestellt und erhielt während dieser Zeit eine Vergütung i.H.v. 4.772,73 EUR brutto bzw. ¬&61485; nach steuerlichen Abzügen &61485; 3.369,66 EUR netto.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2005 stellte die – bis Ende 2006 den Namen "B " führende – Beklagte fest, dass das von der Klägerin an die Beigeladene zu 2) im Monat September 2005 gezahlte Wertguthaben bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze beitragspflichtiges Ar-beitsentgelt sei. Die Klägerin, die den von der Beklagten erbetenen Beitrag zur Arbeitslosen-versicherung in Höhe von 286 EUR vor¬sorglich zahlte, erhob gegen diesen Bescheid Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2006 zurückgewiesen wurde.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen: Das der Beigeladenen zu 2) für den Monat September 2005 gezahlte Entgelt sei umgewandelt worden aus Entgeltbestandteilen, die im Zeitpunkt der Erwirtschaftung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze gelegen hätten. Die in der Ansparphase fälligen Sozialversiche¬rungs¬beiträge seien entrichtet worden. Die Beitrags-forderung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil Arbeitnehmer, die ein Entgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielten, nicht den gleichen Zugang zu flexiblen Arbeitszeitrege-lungen hätten, wie Arbeitnehmer, die ein Arbeits¬entgelt erzielten, das unterhalb der Beitrags-bemessungsgrenze liege. Hinzu komme, dass § 23b Abs. 2 SGB IV den Störfall privilegiere und hierdurch Arbeitnehmer in Versuchung füh¬re, einen Störfall herbeizuführen. Die Beitrags-forderung verstoße zudem gegen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG. Denn sie hindere bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern daran, fle¬xible Zeitarbeitsmodelle in Anspruch zu nehmen, sei zu unbestimmt, und enteigne überdies Arbeit¬nehmer, die ein Entgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielten, in unver¬hält¬nis¬mäßiger Weise. Die Beitragsforderung verstoße überdies auch gegen das europarecht¬lich ver¬bürgte Recht auf Freizügigkeit. Darüber hinaus sei zu beachten, dass für Arbeitnehmer wäh¬rend der Freistellungsphase Versicherungs-pflicht in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eintreten könne, infolge der Regelung des § 6 Abs. 3a SGB V jedoch zwischen Arbeitnehmern, die älter als 55 Jahre seien, eine Ungleichbehandlung eintrete je nach¬dem, ob diese Arbeitnehmer zuvor freiwillig oder privat gegen Krankheit versichert ge¬wesen seien.

Mit Urteil vom 19. Juni 2007 wies das Sozialgericht die Klage ab und ließ die Berufung zu. Zur Begründung führte es u.a. aus: Der von der Klägerin geschuldete Beitrag sei nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB IV entstanden und gemäß § 23b Abs. 1 S. 1 SGB IV fällig. Zwar lasse der Wortlaut des § 23b Abs. 1 S. 1 SGB IV die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung zu. Denn diesem Wortlaut nach bezieht sich § 23b Abs. 1 S. 1 SGB IV ausschließlich auf § 23 Abs. 1 SGB IV, nicht jedoch auf § 22 Abs. 1 SGB IV. Allerdings spreche die Gesetzessyste-matik gegen diese Auslegung. Aus § 7 Abs. 1a S. 1 Nr. 2 SGB IV sei zu folgern, dass die Ent-stehung eines beitragsfreien Versiche¬rungsschutzes nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen sei. § 7 Abs. 1a S. 1 SGB IV i.V.m. § 23b Abs. 1 SGB IV bewirkten eine Fiktion nicht nur da-hin¬ge¬hend, dass in Fäl¬len, in denen das Wertguthaben planmäßig für die Freistellung des Ar-beitnehmers verwandt werde, in der Phase der Freistellung eine Arbeitsleistung als erbracht gelte, sondern auch dahin¬gehend, dass in diesen Fällen die mit dieser Arbeitsleistung verbun-dene Gegenleistung, also das Arbeitsentgelt, im Zeitraum der Freistellungsphase als erwirt-schaftet gelte. Dass allein diese Auslegung der §§ 7 Abs. 1a, 23b Abs. 1 SGB IV dem Willen des Gesetz¬ge¬bers entspreche, verdeutliche die Begründung der Bundesregierung zu ihrem Entwurf eines Ge¬set¬zes zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Ände-rung anderer Vor¬schriften vom 24. Oktober 2000, worin es wörtlich heiße (BT-Drs. 14/4375, S. 44.): "Der Arbeitgeber führt ein Wertguthaben für jeden Arbeitnehmer, das – wie bisher – auch Wertguthaben einschließt, die aus Entgelt über der Beitragsbemessungsgrenze stam¬men. [ ] Tritt kein Störfall ein, wird das gesamte Guthaben im Verlauf der Freistellungsphase beitragspflichtig aufgelöst." § 23b Abs. 2 SGB IV widerspreche der anhand der Gesetzessystematik und anhand der Ge¬set¬zes¬¬materialien gefundenen Auslegung nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei es für den Arbeitnehmer in der Regel nicht nur nicht von In¬teresse, sondern auch gar nicht möglich, einen Störfall (z. B. Tod, Beendigung der Be¬schäf¬tigung, Insolvenz des Arbeitgebers, vgl. §§ 7 Abs. 1a S. 4, 23b Abs. 2 S. 1 und 3, Abs. 3, 3a S. 1 SGB IV), eigenhändig herbeizuführen. Ins-besondere in dem hier zu beurteilenden Fall sei die Herbeiführung eines solchen Störfalls auf-grund der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) ge¬trof¬fenen Vereinbarungen na-hezu ausgeschlossen. Denn nach diesen Vereinbarungen (vgl. § 6 Nr. 2 und 3, § 7 Nr. 1 und § 8 Nr. 1 der Umwandlungsvereinbarung) könne das Wertguthaben nur im Härtefall, bei Aus-scheiden aus dem Unternehmen sowie im Falle des Todes, nicht jedoch zu Konsumzwecken anstelle der Gewährung einer Freistellung ausgezahlt werden. Auch die Tatsache, dass durch Auszahlung des Wertguthabens während der Freistellungsphase nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 1 SGB V für Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet hätten und die die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3a SGB V nicht erfüllten (etwa weil sie zuvor frei¬willig Mitglied einer Krankenkasse gewesen seien), eine beitragspflichtige Versicherungs-pflicht ent¬¬stehe, gleichaltrige Arbeitnehmer hingegen, die die Voraus¬set¬zungen des § 6 Abs. 3a SGB V erfüllten (etwa weil sie stets privat gegen Krankheit versichert gewesen seien) versi-cherungs- und damit beitragsfrei blieben, stelle diese ¬Ergebnis nicht in Frage. Denn abgesehen davon, dass diese Ungleichbehandlung nicht auf § 23b Abs. 1 SGB IV, sondern auf § 6 Abs. 3a SGB V beruhe und dass sie mit Rücksicht auf die Tatsache, dass der privat gegen Krankheit versicherte 55jährige Arbeitnehmer die Beiträge zur privaten Kran¬ken¬ver¬sicherung abzüglich des Zu¬schus¬ses nach § 257 Abs. 2 SGB V aus dem ausge¬kehr¬ten Wertguthaben selbst zahlen müsse, ge¬ring ausfalle, müsse sich ein Arbeitnehmer, der das 55. Le¬bens¬jahr vollendet hat und bislang freiwillig gegen Krankheit versichert gewesen sei, ohne den Eintritt der Versicherungs-pflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der Phase der Freistel¬lung wei¬¬terhin freiwillig und damit beitragspflichtig versichern. Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 39, 40 des Vertrags zur Grün-dung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) geböten kein abweichendes Ergebnis. Mögliche Beeinträchtigungen dieser Rechte seien jedenfalls gerechtfertigt. Sinn und Zweck der §§ 7 Abs. 1a, 23b Abs. 1 SGB V sei es, Arbeitnehmern, die flexible Arbeits¬zeitregelungen in An-spruch nehmen, den Schutz der Sozialversicherung angedeihen zu lassen (vgl. BT-Drs. 13/9741 S. 8.). Da die Mittel der Sozialversicherung (vorrangig) aus Beiträgen aufgebracht würden (§ 20 Abs. 1 SGB IV) und die Beitragszeit grundsätzlich identisch mit der Mitglieds-zeit in der Sozial¬versicherung sei (vgl. § 223 Abs. 1 SGB V und die hiervon in §§ 224 Abs. 1, 225 S. 1 SGB V geregelten Ausnahmen.), bedürfe ein bei¬tragsfreier Sozialversicherungsschutz einer besonderen Rechtfertigung, woran es im vorliegenden Fall fehle. Träfe die von der Klä-gerin vertretene Rechtsauffassung zu, entstünden namentlich zwischen Mitgliedern der gesetz-lichen Kran¬ken¬versicherung Ungleichbehandlungen weit drastischeren Ausmaßes als die von der Klägerin beschriebenen, welche sich angesichts von Sinn und Zweck der Bei¬trags¬bemessungsgrenze nicht rechtfertigen ließen.

Gegen dieses ihr am 2. Juli 2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 17. Juli 2007, zu deren Begründung sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verweist und er-gänzend vorbringt: Wie von ihr im einzelnen dargestellte Übersichten zeigten, sei derjenige, der private Vorsorge betreibe, Wertguthaben ohne Beitragsstundung bilde und einen Störfall herbeiführe, gegenüber demjenigen, der Wertguthaben mit gestundeten Beiträgen bilde, stark benachteiligt. Folge man der Rechtsauffassung des Sozialgerichts, sei ein Arbeitgeber gehalten, den Mitarbeitern, die Wertguthaben mit Gehalt jenseits der Beitragsbemessungsgrenze speis-ten, generell die Bildung solcher Wertguthaben zu versagen, da er zusätzlich Rückstellungen für diese nicht angesparten Beträge bilden müsse. Das Rückgriffsrecht des Arbeitsgebers nach § 28 g SGB IV führe zu einer gesetzlichen Gehaltserhöhung in der Freistellungsphase für den Mitarbeiter, was einen Eingriff in Art. 14 GG darstelle. Zum Ausgleich für die Anhebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente und die Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente habe der Gesetzgeber finanzielle Anreize zur privaten Vorsorge und deren Portabi-lität geschaffen. Die hierzu auch zählende Bildung von Wertguthaben sei nur deshalb interes-sant, weil die Fälligkeit der Sozialabgaben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ggf. für die Dau-er von 35 Jahren hinausgeschoben würden. Da die Zinserträge aus den nicht fälligen Sozialab-gaben zu 50 % dem Arbeitnehmer zustünden, würden die Rentenkürzungen durch die Verlän-gerung des Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 7 Abs. 1a SGB IV gemindert. Demgegenüber komme der Beschäftigte, der sein Wertguthaben mit Gehalt über der Beitragsbemessungsgren-ze aufbaue, nicht in den Genuss der Verschiebung der Fälligkeit. Aus der Begründung zum "Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingung für die Absiche-rung flexibler Arbeitzeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008" (BGBl. I, 2940, sog. Flexi-II-Gesetz) gehe hervor, dass in das Wertguthaben das Brutto-arbeitsentgelt einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversi-cherungsbeitrag einzubringen sei. Würden aber in der Ansparphase wegen Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze keine Beiträge eingebracht, könnten sie in der Freistellungsphase auch nicht ausgezahlt werden.

Mit Bescheid vom 17. Januar 2011 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin bezüglich der Beigeladenen zu 2) einen Beitrag zur Arbeitslosenversicherung i.H.v. 286.- EUR für den Monat September 2005 fest. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchs¬bescheids vom 27. Januar 2006 in der Fassung des Bescheids vom 17. Januar 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen äußern sich in der Sache nicht und stellen keine Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Ge¬genstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig.

I) Streitgegenstand sind die Bescheide der Beklagten vom 13. Oktober 2005 und 27. Januar 2006 in der Fassung, die sie durch den Bescheid vom 17. Januar 2011 erhalten haben. Letzterer wird gem. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des hiesi-gen Berufungsverfahrens. Denn der Bescheid vom 17. Januar 2011, der bezüglich der Beigela-denen zu 2) die Beitragshöhe in der – hier allein relevanten – Arbeitslosenversicherung für den Monat September 2005 festsetzt, ändert die Bescheide vom 13. Oktober 2005 und 27. Januar 2006 ab. In diesen Bescheiden hat die Beklagte entgegen § 28 h Abs. 2 Satz 1 SGB IV in der seit dem 1. Januar 1998 geltenden Fassung, wonach die Einzugsstelle auch nach dem Recht der Arbeitsförderung nur über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe entscheidet, eine isolierte Entscheidung über das beitragspflichtige Arbeitsentgelts, d.h. die Beitragspflicht dem Grunde nach, und somit eine unzulässige Elementenfeststellung getroffen (BSG, Urteile vom 10. Mai 2006, Az.: B 12 KR 10/05 R und B 12 KR 21/05 R, sowie vom 15. Juli 2009, Az.: B 12 KR 14/08 R). Mit dem neuen Bescheid vom 17. Januar 2011 hat die Beklagte der geltenden Rechtslage Rechnung getragen. Zwar stellt dies eine Änderung des Regelungsum-fangs der beiden o.g. Bescheide dar. Der Senat hat jedoch bereits wiederholt entschieden (Ur-teile vom 1. Dezember 2010, Az.: L 9 KR 664/07 und vom 24. März 2010, Az.: L 9 KR 13/08, veröffentlicht in Juris), dass § 96 SGG auch in Fällen Anwendung findet, in denen die Behörde zunächst in einem Verwaltungsakt nur eine isolierte Elementenfeststellung getroffen hat und während des anschließenden Gerichtsverfahrens ein Bescheid über den gesamten von Gesetzes wegen zu regelnden Tatbestand ergeht.

II) Rechtsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen aus Arbeitsentgelt, das während einer Zeit der Freistellung von der Arbeitspflicht gezahlt wird, ist § 23 b Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden, hier maßgeblichen Fassung (alte Fassung – aF). Danach ist bei Vereinbarungen nach § 7 Abs. 1a SGB IV für Zeiten der tatsächlichen Arbeitsleistung und der Freistellung das in dem jeweiligen Zeitraum fällige Arbeitsentgelt als Arbeitsentgelt im Sinne des § 23 Abs. 1 SGB IV maßgebend. § 7 Abs. 1a SGB IV regelte in der bis zum 31. De-zember 2008 geltenden, hier maßgeblichen Fassung folgendes:

Ist für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung Arbeitsentgelt fällig, das mit einer vor oder nach diesen Zeiten erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird (Wertgut-haben), besteht während der Freistellung eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt, wenn 1. die Freistellung auf Grund einer schriftlichen Vereinbarung erfolgt und 2. die Höhe des für die Zeit der Freistellung und des für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate monatlich fälligen Arbeitsentgelts nicht unangemessen voneinander abweichen und diese Arbeitsentgelte 400 Euro übersteigen.

Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin vor.

1) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1a SGB IV aF sind gegeben. Die Frei-stellung erfolgte aufgrund der o.g. Vereinbarung vom 10. November 2004. Das monatlich fäl-lige Arbeitsentgelt für die Zeit der Freistellung und für die vorausgegangenen zwölf Kalender-monate übersteigt 400 EUR und weicht nicht unangemessen voneinander ab. Der unbe¬stimmte Rechts¬be¬griff "unan¬ge¬mes¬sen" soll gewährleisten, dass auch in der Zeit der Frei¬stel¬lung durch die Ent¬gelt¬zah¬lung der bis¬he¬ri¬ge Lebens¬stan¬dard des Beschäftigten in etwa auf¬recht¬er¬hal¬ten werden kann. Eine exakte Fest¬le¬gung des Ver¬hält¬nis¬ses der Arbeits¬ent¬gelte war des¬halb nicht mög¬lich, weil "die Ver¬ein¬ba¬run¬gen lang¬jäh¬rige Zeiträume mit ggf. dyna¬mi¬scher Ent¬wick¬lung der Ent¬gelte sowie reine Zeit¬kon¬ten umfas¬sen" (vgl. BT-Drs. 13/9741, S. 9). Die Spit¬zen¬or¬ga¬ni¬sa¬tio¬nen der Sozi¬al¬ver¬si¬che¬rung ("Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelun-gen hier: Auswirkungen auf das Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht", Gemeinsames Rundschreiben vom 29.08.2003, unter II. 4) haben sich auf eine Unter¬grenze für die Ange¬mes¬sen¬heit von 70% ver¬stän¬digt. Die¬sen Wert hat der Gesetz¬ge¬ber aufgegriffen, indem mit Wir-kung zum 1. Januar 2009 durch das o.g. Flexi-II-Gesetz § 7e Abs. 6 Nr. 3 SGB IV bestimmt, dass ein Wertguthaben im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV durch den Rentenversicherungsträger aufzulösen ist, wenn der vom Arbeitgeber zu schaffende Insolvenzschutz einen Umfang von 70 % des Wert¬gut¬ha¬bens unterschreitet. Diese 70 %-Gren¬ze wird im Falle der Klägerin überschritten, da das ausgezahlte Wertguthaben 70,2 % des durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelts der Beigeladenen zu 2) in den letzten 12 Kalendermonaten, in denen sie Arbeitsentgelt erhielt, betrug.

2) Da somit die Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 a SGB IV aF erfüllt sind und das von der Klä-gerin der Beigeladenen zu 2) für September 2005 ausgezahlte Wertguthaben i.H.v. 4.772,73 EUR nach § 1 Nr. 5, § 2 Nr. 1, § 9 der o.g. Vereinbarung vom 10. November 2004 fälliges Arbeits-entgelt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV aF darstellt, hatte die Beklagte hierauf zwingend den in der Höhe unstreitigen Beitrag von 286.- EUR nach dem Recht der Arbeitsförderung zu erheben (§§ 28d S. 1, 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV i.V.m. §§ 341 Abs. 2 und 3 S. 1, 342 Abs. 1, 346 Abs. 1 S. 1, 348 Abs. 2 SGB III).

Denn auf in der Freistellungsphase ausgezahlte Wertguthaben sind, solange der Auszahlungs-betrag die im Zeitpunkt der Auszahlung geltende Beitragsbemessungsgrenze nicht überschrei-tet, Beiträge zu erheben, unabhängig davon, ob dieses Wertguthaben aus Arbeitsentgelt her-rührt, das zum Zeitpunkt seiner Erwirtschaftung, d.h. in der aktiven oder sog. Ansparphase, die damals geltende Beitragsbemessungsgrenze überschritt (ebenso Schlegel, jurisPR-SozR 3/2009 Anm. 4; Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht/Seewald § 23 b SGB IV Rd. 4; jurisPK-SGB IV/Werner, § 23b Rd. 53). Wegen der Begründung im Einzelnen verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung und sieht insoweit von einer nochmaligen Darstellung ab. Abwei-chend von der Rechtsauffassung des Sozialgerichts bleibt eine mögliche Verletzung der Art. 12 und 14 GG sowie von Art. 39 und 40 EGV im vorliegenden Rechtsstreit schon deshalb außer Betracht, weil Trägerin der in diesen Vorschriften verankerten subjektiven Rechte alleine die beigeladene Arbeitnehmerin/Beschäftigte ist und die Klägerin sich somit nicht auf die allein zulässige Verletzung eigener Rechte beruft.

Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin:

a) Dass in der Freistellungsphase ausgezahltes Wertguthaben – bis zur im Zeitpunkt der Aus-zahlung geltenden Beitragsbemessungsgrenze – der Beitragspflicht unterliegt unabhängig da-von, ob es in der Ansparphase aus Arbeitsentgelt ober- oder unterhalb der Beitragsbemes-sungsgrenze entstammt, ergibt sich bereits daraus, dass das Gesetz für den von der Klägerin angenommenen Sonderfall – Wertguthaben, das Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemes-sungsgrenze entstammt, sei bei Auszahlung in der Freistellungsphase nicht mehr zu verbeitra-gen – keine Sonderregelung enthält. Vielmehr geht – zumindest nach der bis zum 31. Dezem-ber 2008 geltenden, hier maßgeblichen Rechtslage – auch der Gesetzgeber, wie er an mehreren Stellen zum Ausdruck gebracht hat (BR-Drs. 531/00, S. 108, 119; BT-Drs. 14/4375, S. 44) davon aus, dass in der Freistellungsphase ausgezahltes Wertguthaben ungeachtet seiner "Her-kunft" stets der Beitragspflicht unterliegt, solange die im Zeitpunkt der Auszahlung geltende Beitragsbemessungsgrenze nicht überschritten wird.

Nur dieses Ergebnis entspricht dem auch vom Sozialgericht angesprochenen Grundsatz, dass einer Versicherungspflicht grundsätzlich Beiträge für einen kongruenten Zeitraum gegenüber-stehen müssen. Ausnahmen von dieser Regel erfordern stets eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Daran fehlt es für die hier allein streitige Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Eine weitere Überlegung stützt dieses Ergebnis: Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemes-sungsgrenze ist sozialversicherungsrechtlich ohne jegliche Bedeutung, es ist ein sozialversiche-rungsrechtliches "Nullum". Weder wird dieser Teil des Arbeitsentgelts der Beitragspflicht un-terworfen, noch wird es in einem der Sozialversicherungszweige bei der Berechnung der Höhe einer Geldleistung (Rente, Kranken- oder Arbeitslosengeld) berücksichtigt. Durch die Auszah-lung solchen Arbeitsentgelts in der Freistellungsphase erlangt es, weil es zur Fiktion einer Be-schäftigung nach § 7 Abs. 1a SGB IV und somit zur Versicherungspflicht führt, erstmalig sozi-alversicherungsrechtliche Bedeutung. Diese Umwandlung rechtfertigt die Erhebung von Bei-trägen.

b) Die von der Klägerseite vorgebrachten Einwände überzeugen nicht: Soweit sie meint, be-stimmte Beschäftigte, die Wertguthaben aus Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungs-grenze gebildet hätten, seien benachteiligt gegenüber anderen Beschäftigten, die in anderer Form privaten Vorsorge betrieben hätten, verkennt sie zum einen, dass der Gesichtspunkt der privaten Vorsorge zum Ausgleich der Anhebung des Renteneintrittsalters nach dem SGB VI in der Begründung der die sozialrechtliche Behandlung von Arbeitszeitkonten und Wertguthaben betreffenden Gesetzentwürfe von 1998 (BR-Drs. 531/00) und 2000 (BT-Drs. 14/4375) keiner-lei und in der Begründung des Entwurfs zum sog. Flexi-II-Gesetz (BT-Drs. 16/10289) allen-falls am Rande Erwähnung gefunden hat. Zum anderen aber wären unterschiedliche Auswir-kungen bei Beschäftigten, die in unterschiedlicher Form eine Altersvorsorge getroffen haben, auch unschädlich. Ein vor Art. 3 GG relevanter Gleichheitsverstoß läge schon wegen ungleich gelagerter Sachverhalte nicht vor: denn die Klägerin vergleicht Beschäftigte, die aus ihrem oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Arbeitsentgelt Wertguthaben i.S.v. § 7 Abs. 1a SGB IV aF gebildet haben, mit solchen Beschäftigten, die dieses Arbeitsentgelt außer-halb des Arbeitsverhältnisses in einem Fonds angelegt haben, und übersieht hierbei, dass Wert-guthaben nicht der (privaten) Vermögensbildung dienen und eine gesetzliche Pflicht, Wertgut-haben einer der Wertsteigerung dienenden Geldanlage zuzuführen, nach der bis zum 31. De-zember 2008 geltenden Rechtslage nicht bestand.

c) Auch die unterschiedliche Behandlung von aus Arbeitsentgelt jenseits der Beitragsbemes-sungsgrenze gebildeten Wertguthaben im Regelfall einerseits – dann generell Beitragspflicht – und im sog. Störfall nach § 23 b Abs. 2 SGB IV andererseits führt nicht zu einem Gleichheits-verstoß. Der Störfall zeichnet sich dadurch aus, dass es aus unterschiedlichen Gründen (z.B. Tod oder Erwerbsunfähigkeit des Beschäftigten, sonstige vorzeitige Beendigung des Ar-beitsverhältnisses, Insolvenz des Arbeitgebers) zu keiner Freistellungsphase, somit aber auch nicht zu einem über die aktive Phase hinausreichenden sozialversicherungsrechtlichen Schutz kommt. Für den Störfall sah § 23b Abs. 2 SGB IV aF vor, dass bei nicht zweckentsprechender Verwendung von Wertguthaben nur die Teile des Wertguthabens beitragspflichtig sind, die bereits zum Zeitpunkt der Arbeitsleistung beitragspflichtig gewesen wären, wenn sie nicht in ein Wertguthaben übertragen worden wären. Der Störfall wird aber hierdurch nicht privilegiert, sondern es sind keine zusätzlichen Beiträge für die Freistellungsphase zu entrichten, weil diese entfällt (so zu Recht SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 13. November 2007, Az.: S 36 KR 1216/07).

d) Auch die von der Klägerseite angenommene verfassungswidrige Gleichbehandlung von Un¬gleichem liegt nicht vor. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, ungleiche Sachverhalte lägen für die Ansparung von Wertguthaben aus Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungs-grenze einerseits und unterhalb dieser Grenze andererseits vor. Diese würden unzulässigerwei-se gleichbehandelt, wenn bei der Auszahlung des Wertguthabens in der Freistellungsphase in beiden Fällen Beiträge erhoben würden. Demgegenüber geht der Senat davon aus, dass es sich um gleiche Sachverhalte handelt, da in beiden Fällen in der Ansparphase erwirtschaftetes Ar-beitsentgelt zunächst nicht der Beitragspflicht unterworfen wird. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin von ungleichen Sachverhalten ausginge, wäre die Gleichbehandlung in der Frei-stellungsphase durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Denn ohne diese Gleichbehand-lung erhielten Beschäftigte mit Wertguthaben aus Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemes-sungsgrenze einen Versicherungsschutz, dem keine kongruente Beitragsleistung gegenüber-stünde; für eine solche Privilegierung existiert – wie bereits erwähnt – keine gesetzliche Grundlage.

e) Der Klägerseite ist jedoch zuzugeben, dass sich die Rechtslage seit In-Kraft-Treten des sog. Flexi-II-Gesetzes zum 1. Januar 2009 möglicherweise anders darstellt. Denn seither kann der Beschäftigte nach § 7f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV bei Beendigung der Beschäftigung von seinem bisherigen Arbeitgeber verlangen, dass er das während der Beschäftigung gebildete Wertguthaben auf die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) überträgt, die dieses getrennt von ihrem sonstigen Vermögen treuhänderisch zu verwalten (§ 7g Abs. 3 Satz 1 SGB IV) und die mit dem Wertguthaben verbundenen Arbeitgeberpflichten, u.a. die Auszah-lung in einer Freistellungsphase (§ 7f Abs. 2 SGB IV), zu erfüllen hat. Zugleich sieht der eben-falls neu eingeführte § 7d Abs. 1 Satz 1 SGB IV vor, dass Wertguthaben als Arbeitsentgeltgut-haben einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversiche-rungsbeitrag zu führen sind. Maßgeblich ist somit das Bruttoentgelt im Zeitpunkt der Einbrin-gung (BT-Drs. 16/10289, S. 15; die Spitzenverbände der Sozialversicherung gehen demgegen-über in ihrem Gemeinsamen Rundschreiben vom 31. März 2009 (dort S. 24), abrufbar unter http://www.der-betrieb.de/pdf/sozialrechtliche absicherung flexi II.pdf, davon aus, dass für Arbeitsentgelt jenseits der Beitragsbemessungsgrenze schon in der Ansparphase die Arbeitge-beranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in das Wertguthaben einzustellen sind.). Aus diesen gesetzlichen Vorgaben könnte sich ergeben, dass ein Wertguthaben, das, weil es aus Arbeits-entgelt jenseits der Beitragsbemessungsgrenze gebildet wurde, ohne Arbeitgeberanteil am Ge-samtsozialversicherungsbeitrag auf die DRV Bund übertragen wird, bei Auszahlung in der Freistellungsphase schon deshalb nicht beitragspflichtig sein kann, weil der DRV Bund hierfür keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Diese ab dem 1. Januar 2009 geltenden Rege-lungen bleiben jedoch ohne Einfluss auf die bis dahin bestehende Rechtslage.

4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2, § 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreites.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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