Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
70
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 AL 3145/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Dauer von weiteren drei Monaten.
Die am.1960 geborene Klägerin war von 2003 bis Ende 2008 versicherungspflichtig beschäftigt. Sie meldete sich zum 03.03.2009 bei der Beklagten arbeitslos. Ihr wurde daraufhin durch die Beklagte mit Bescheid vom 20.03.2009 Arbeitslosengeld für die Dauer von 360 Tagen bewilligt.
Die Klägerin nahm zum 01.09.2009 erneut eine Beschäftigung auf, die sie bis zum 28.02.2010 ausübte. Zum 01.03.2010 meldete sich die Klägerin wieder arbeitslos. Ihr wurden mit den Bescheiden vom 25.03.2010 Arbeitslosengeld für insgesamt 211 Tagen gewährt.
Die Klägerin erhob Widerspruch gegen die Bescheide der Beklagten vom 25.03.2010. Sie begehrte damit die Bewilligung von Arbeitslosengeld für weitere drei Monate. Sie habe die Mindestdauer von 30 versicherungspflichtigen Monaten in den letzten fünf Jahren erfüllt und habe zudem im Januar 2010 das 50. Lebensjahr vollendet. Zur Zeit der Vollendung des 50. Lebensjahrs habe sie in einer Beschäftigung gestanden und nicht im Bezug von Arbeitslosengeld. Somit habe sie die Voraussetzungen bezüglich der Leistungsdauer von 15 Monaten erfüllt.
Durch Widerspruchsbescheid vom 09.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Klägerin habe keinen längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld. Bei der Bestimmung der Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs dürfe die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreichen. Ihr Anspruch sei bereits am 03.03.2009 entstanden, die davor liegenden Zeiten dürften deshalb nicht berücksichtigt werden. Durch die Arbeit ab dem 01.09.2009 habe sie keine neue Anwartschaftszeit erfüllt, da nur 181 Tage versicherungspflichtige Zeiten zurückgelegt worden seien. Der am 03.03.2009 erworbene Anspruch mindere sich um insgesamt 149 Tage für die Zeit des Leistungsbezugs und den Zeitraum der beruflichen Weiterbildung (06.04.2009-05.06.2009). Es bleibe danach nur ein Restanspruch von 211 Tagen, der auch bewilligt worden sei. Ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) liege nicht vor.
Dagegen hat die Klägerin am 09. August 2010 Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Sie trägt zur Klagebegründung im Wesentlichen vor: Sie habe Anspruch auf 15 Monate Arbeitslosengeld und nicht nur 12 Monate. Die Beklagte habe die maßgeblichen Vorschriften (§ 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III) falsch angewandt. Da sie bei der erneuten Arbeitslosmeldung im März 2010 bereits 50 Jahre alt gewesen sei, müssten ihr weitere drei Monate Arbeitslosengeld bewilligt werden. Es sei nicht geregelt, ob es bei der Bestimmung des für die Anspruchsdauer maßgeblichen Lebensalters auf die Entstehung des Erstanspruchs, des Wiederbewilligungsanspruchs oder eines von der Bundesagentur anders definierten Anspruchs ankomme. Im Übrigen liege in dem Vorgehen der Beklagten ein Verfassungsverstoß gegen Art. 3 GG (Gleichheitssatz) und 14 GG (Eigentumsschutz). Würde bei der Leistungsbewilligung nicht der höhere Anspruch entsprechend der Altersstufe berücksichtigt, würde dieses für sie gegenüber vergleichbaren Personen eine Benachteiligung und eine nicht vertretbare Härte bedeuten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 25. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2010 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld für weitere 90 Kalendertage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist auf die Gründe des Widerspruchsbescheides.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 15 Monaten. Die Beklagte hat ihr zu Recht nur für 12 Monate Arbeitslosengeld gewährt.
Die Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs richtet sich gem. § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um drei Jahre erweiterten Rahmenfrist (Nr. 1) und dem Lebensalter, das der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat (Nr. 2). Die Vorschriften des Ersten Titels zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch eine vorangegangene Rahmenfrist gelten entsprechend (§ 127 Abs. 1 S. 2 SGB III). Die Dauer des Anspruchs beträgt nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von mindestens 30 Monaten und nach Vollendung des 50. Lebensjahres 15 Monate (§ 127 Abs. 2 SGB III). Hat der Arbeitslose das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet, beträgt die Anspruchsdauer abhängig von der Gesamtdauer seiner Versicherungspflichtverhältnisse 6 bis 12 Monate.
Zutreffend hat die Beklagte entschieden, dass der Klägerin bei der Arbeitslosmeldung im März 2009 gem. § 127 SGB III eine Anspruchsdauer von 12 Monaten zustand. Denn sie hatte damals das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet und ihrer Arbeitslosmeldung waren in der erweiterten Rahmenfrist mindestens 24 Monate einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vorausgegangen. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch keine Uneinigkeit.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat sie auch bei der erneuten Arbeitlosmeldung zum März 2010 keinen Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld ausgehend von einer Anspruchsdauer von 15 Monaten, obwohl sie zwischenzeitlich das 50. Lebensjahr vollendet hatte. Bis zur Arbeitslosmeldung im März 2010 wurde eine neue Anwartschaftszeit gem. §§ 123 Abs. 1, 124 SGB III durch die Klägerin nicht erfüllt, da sie zuvor nicht mindestens zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt war. Demnach war der Arbeitslosengeldanspruch vom März 2009 nicht gem. § 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III durch Entstehung eines neuen Anspruchs erloschen. Es konnte daher nur der zuvor entstandene Arbeitslosengeldanspruch wieder bewilligt werden. Das ist ebenfalls zwischen den Beteiligten unstreitig.
Soweit die Klägerin meint, dass im Rahmen der Wiederbewilligung ab März 2010 nach § 127 Abs. 1 Nr. 2 SGB III für die Bestimmung der Anspruchsdauer nunmehr ihr Lebensalter von damals 50 Jahren zu berücksichtigen ist, kann das nicht überzeugen. Denn mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs ist in § 127 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III der Moment der erstmaligen Erfüllung aller Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemeint, also die Entstehung des sog. Stammrechts. Dieses Stammrecht ist abzugrenzen von dem Zahlungsanspruch auf Arbeitslosengeld, der durch die jeweiligen Bewilligungsbescheide konkretisiert wird (BSG, Urteil v. 09. August 1990, 11 RAr 141/88, zitiert nach juris; Urteil v. 08.12.1994, 11 RAr 41/94, zitiert nach juris; Urteil v. 18.05.1995, 7 RAr 68/94, zitiert nach juris; SG Aachen, Urteil vom 26. September 2006, S 11 AL 34/06, zitiert nach juris; vgl. auch BVerfG, Beschlüsse v. 22.07.2009, 1 BvL 9/07 und 1 BvL 10/07, zitiert nach juris). Stammrecht und Zahlungsanspruch fallen auseinander, wenn z. B. Ruhenszeiten nach §§ 142 ff. SGB III eintreten (vgl. BVerfG, a. a. O., juris Rn. 29 m. w. N.). Bei einer zwischenzeitlichen Unterbrechung des Leistungsbezugs durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, die nicht zur Erfüllung einer neuen Anwartschaftszeit führt, entsteht im Falle erneuter Arbeitslosmeldung kein neues Stammrecht, sondern lediglich ein neuer Zahlungsanspruch. Der in § 127 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III genannte Anspruch im Sinne des Stammrechts ist hier bereits im März 2009 entstanden, so dass nur das damalige Alter der Klägerin Grundlage der Bestimmung der Anspruchsdauer auch für die Wiederbewilligung sein muss (vgl. SG Aachen, a. a. O.; Pilz in: Gagel, SGB III, § 127 Rn. 11 ff., 24).
Auch aus der Regelung in § 147 SGB III zum Erlöschen des Anspruchs wird klar, dass mit dem Begriff des Anspruchs das Stammrecht gemeint sein muss. Sonst würde etwa nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III der Arbeitslosengeldanspruch bei der Entstehung eines neuen Zahlungsanspruchs stets gleichzeitig erlöschen, was widersinnig wäre. Damit würde z. B. der nicht seltene Fall der Aufnahme einer kurzfristigen Beschäftigung durch den Arbeitslosen immer das Erlöschen des Arbeitslosengeldanspruchs bedeuten. Würde man mit der Ansicht der Klägerin im Fall der Wiederbewilligung Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Erreichens einer Altersstufe gewähren, könnte zudem auch eine Beschäftigung von einem einzigen Tag dazu führen, dass Arbeitslosengeld für weitere drei Monate zu bewilligen wäre.
Dem berechtigten Interesse des Arbeitslosen, Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung einer im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung kurz bevorstehenden Überschreitung einer Altersstufe nach § 127 Abs. 2 SGB III für eine längere Dauer zu erhalten, wird durch § 118 Abs. 2 SGB III hinreichend Rechnung getragen. Danach kann er bis zur Entscheidung über seinen Arbeitslosengeldanspruch bestimmen, dass dieser nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.
Der Entstehung des Anspruchs als Stammrecht im März 2009 steht ferner nicht entgegen, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid anlässlich der Arbeitsaufnahme durch Bescheid vom 28.08.2009 ab dem 01.09.2009 aufgehoben wurde. Denn mit diesem Aufhebungsbescheid wurde lediglich der in dem Bewilligungsbescheid konkretisierte Zahlungsanspruch und dieser lediglich ab dem 01.09.2009 beseitigt. Das Stammrecht, das dem Zahlungsanspruch zugrunde lag, wurde dagegen durch den Aufhebungsbescheid nicht berührt (BSG, Urteil v. 08.12.1994, 11 RAr 41/94, zitiert nach juris; Urteil v. 18.05.1995, 7 RAr 68/94, zitiert nach juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss v. 22.07.2009, 1 BvL 10/07, zitiert nach juris Rn. 29)
Demnach hat die Beklagte zutreffend entschieden, dass auch bei der Weiterbewilligung die ursprüngliche Anspruchsdauer von 360 Tagen abzüglich der bereits erbrachten Leistungen zur Anwendung kommt.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die so verstandene Regelung in § 127 SGB III bestehen zur Überzeugung der Kammer nicht. Insbesondere kann kein Verstoß gegen Art. 3 GG oder Art. 14 GG festgestellt werden.
Eine Verletzung des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG ist mit der Regelung zur Anspruchsdauer nicht verbunden. Insoweit handelt sich vielmehr um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Kammer verweist insoweit auf das Urteil des BSG vom 14.09.2010 (B 7 AL 23/09 R, zitiert nach juris Rn. 12 ff.; vgl. auch Beschluss v. 01.12.2010, B 11 AL 61/10 B, zitiert nach juris) und folgt nach eigener Prüfung dieser Entscheidung.
Schließlich ist für die Kammer auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht ersichtlich. Die Klägerin macht offenbar geltend, gegenüber denjenigen Arbeitslosen ungleich behandelt zu werden, die aufgrund der Vollendung des 50. Lebensjahrs nach langjähriger Beschäftigung 15 Monate Arbeitslosengeld erhalten. Zutreffend hat die Beklagte insoweit darauf hingewiesen, dass dies einen anderen, mit dem der Klägerin nicht vergleichbaren Sachverhalt betrifft. Insoweit ist auch nicht von Bedeutung, dass sie zum Zeitpunkt der Vollendung des 50. Lebensjahrs noch versicherungspflichtig beschäftigt war. Denn ihr Arbeitslosengeldanspruch war bereits im März 2009 vor der Vollendung ihres 50. Lebensjahrs entstanden. Somit wird sie also mit allen Arbeitslosen gleichgestellt, deren Arbeitslosengeldanspruch ebenfalls bereits vor Vollendung ihres 50. Lebensjahrs entsteht. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz kann darin nicht erkannt werden.
Die Klägerin hat somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für weitere 90 Kalendertage. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Dauer von weiteren drei Monaten.
Die am.1960 geborene Klägerin war von 2003 bis Ende 2008 versicherungspflichtig beschäftigt. Sie meldete sich zum 03.03.2009 bei der Beklagten arbeitslos. Ihr wurde daraufhin durch die Beklagte mit Bescheid vom 20.03.2009 Arbeitslosengeld für die Dauer von 360 Tagen bewilligt.
Die Klägerin nahm zum 01.09.2009 erneut eine Beschäftigung auf, die sie bis zum 28.02.2010 ausübte. Zum 01.03.2010 meldete sich die Klägerin wieder arbeitslos. Ihr wurden mit den Bescheiden vom 25.03.2010 Arbeitslosengeld für insgesamt 211 Tagen gewährt.
Die Klägerin erhob Widerspruch gegen die Bescheide der Beklagten vom 25.03.2010. Sie begehrte damit die Bewilligung von Arbeitslosengeld für weitere drei Monate. Sie habe die Mindestdauer von 30 versicherungspflichtigen Monaten in den letzten fünf Jahren erfüllt und habe zudem im Januar 2010 das 50. Lebensjahr vollendet. Zur Zeit der Vollendung des 50. Lebensjahrs habe sie in einer Beschäftigung gestanden und nicht im Bezug von Arbeitslosengeld. Somit habe sie die Voraussetzungen bezüglich der Leistungsdauer von 15 Monaten erfüllt.
Durch Widerspruchsbescheid vom 09.07.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die Klägerin habe keinen längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld. Bei der Bestimmung der Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs dürfe die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreichen. Ihr Anspruch sei bereits am 03.03.2009 entstanden, die davor liegenden Zeiten dürften deshalb nicht berücksichtigt werden. Durch die Arbeit ab dem 01.09.2009 habe sie keine neue Anwartschaftszeit erfüllt, da nur 181 Tage versicherungspflichtige Zeiten zurückgelegt worden seien. Der am 03.03.2009 erworbene Anspruch mindere sich um insgesamt 149 Tage für die Zeit des Leistungsbezugs und den Zeitraum der beruflichen Weiterbildung (06.04.2009-05.06.2009). Es bleibe danach nur ein Restanspruch von 211 Tagen, der auch bewilligt worden sei. Ein Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) liege nicht vor.
Dagegen hat die Klägerin am 09. August 2010 Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Sie trägt zur Klagebegründung im Wesentlichen vor: Sie habe Anspruch auf 15 Monate Arbeitslosengeld und nicht nur 12 Monate. Die Beklagte habe die maßgeblichen Vorschriften (§ 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III) falsch angewandt. Da sie bei der erneuten Arbeitslosmeldung im März 2010 bereits 50 Jahre alt gewesen sei, müssten ihr weitere drei Monate Arbeitslosengeld bewilligt werden. Es sei nicht geregelt, ob es bei der Bestimmung des für die Anspruchsdauer maßgeblichen Lebensalters auf die Entstehung des Erstanspruchs, des Wiederbewilligungsanspruchs oder eines von der Bundesagentur anders definierten Anspruchs ankomme. Im Übrigen liege in dem Vorgehen der Beklagten ein Verfassungsverstoß gegen Art. 3 GG (Gleichheitssatz) und 14 GG (Eigentumsschutz). Würde bei der Leistungsbewilligung nicht der höhere Anspruch entsprechend der Altersstufe berücksichtigt, würde dieses für sie gegenüber vergleichbaren Personen eine Benachteiligung und eine nicht vertretbare Härte bedeuten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 25. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juli 2010 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld für weitere 90 Kalendertage zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide und verweist auf die Gründe des Widerspruchsbescheides.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 15 Monaten. Die Beklagte hat ihr zu Recht nur für 12 Monate Arbeitslosengeld gewährt.
Die Dauer des Arbeitslosengeldanspruchs richtet sich gem. § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um drei Jahre erweiterten Rahmenfrist (Nr. 1) und dem Lebensalter, das der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat (Nr. 2). Die Vorschriften des Ersten Titels zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch eine vorangegangene Rahmenfrist gelten entsprechend (§ 127 Abs. 1 S. 2 SGB III). Die Dauer des Anspruchs beträgt nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von mindestens 30 Monaten und nach Vollendung des 50. Lebensjahres 15 Monate (§ 127 Abs. 2 SGB III). Hat der Arbeitslose das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet, beträgt die Anspruchsdauer abhängig von der Gesamtdauer seiner Versicherungspflichtverhältnisse 6 bis 12 Monate.
Zutreffend hat die Beklagte entschieden, dass der Klägerin bei der Arbeitslosmeldung im März 2009 gem. § 127 SGB III eine Anspruchsdauer von 12 Monaten zustand. Denn sie hatte damals das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet und ihrer Arbeitslosmeldung waren in der erweiterten Rahmenfrist mindestens 24 Monate einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vorausgegangen. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten auch keine Uneinigkeit.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat sie auch bei der erneuten Arbeitlosmeldung zum März 2010 keinen Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld ausgehend von einer Anspruchsdauer von 15 Monaten, obwohl sie zwischenzeitlich das 50. Lebensjahr vollendet hatte. Bis zur Arbeitslosmeldung im März 2010 wurde eine neue Anwartschaftszeit gem. §§ 123 Abs. 1, 124 SGB III durch die Klägerin nicht erfüllt, da sie zuvor nicht mindestens zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt war. Demnach war der Arbeitslosengeldanspruch vom März 2009 nicht gem. § 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III durch Entstehung eines neuen Anspruchs erloschen. Es konnte daher nur der zuvor entstandene Arbeitslosengeldanspruch wieder bewilligt werden. Das ist ebenfalls zwischen den Beteiligten unstreitig.
Soweit die Klägerin meint, dass im Rahmen der Wiederbewilligung ab März 2010 nach § 127 Abs. 1 Nr. 2 SGB III für die Bestimmung der Anspruchsdauer nunmehr ihr Lebensalter von damals 50 Jahren zu berücksichtigen ist, kann das nicht überzeugen. Denn mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs ist in § 127 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III der Moment der erstmaligen Erfüllung aller Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemeint, also die Entstehung des sog. Stammrechts. Dieses Stammrecht ist abzugrenzen von dem Zahlungsanspruch auf Arbeitslosengeld, der durch die jeweiligen Bewilligungsbescheide konkretisiert wird (BSG, Urteil v. 09. August 1990, 11 RAr 141/88, zitiert nach juris; Urteil v. 08.12.1994, 11 RAr 41/94, zitiert nach juris; Urteil v. 18.05.1995, 7 RAr 68/94, zitiert nach juris; SG Aachen, Urteil vom 26. September 2006, S 11 AL 34/06, zitiert nach juris; vgl. auch BVerfG, Beschlüsse v. 22.07.2009, 1 BvL 9/07 und 1 BvL 10/07, zitiert nach juris). Stammrecht und Zahlungsanspruch fallen auseinander, wenn z. B. Ruhenszeiten nach §§ 142 ff. SGB III eintreten (vgl. BVerfG, a. a. O., juris Rn. 29 m. w. N.). Bei einer zwischenzeitlichen Unterbrechung des Leistungsbezugs durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, die nicht zur Erfüllung einer neuen Anwartschaftszeit führt, entsteht im Falle erneuter Arbeitslosmeldung kein neues Stammrecht, sondern lediglich ein neuer Zahlungsanspruch. Der in § 127 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III genannte Anspruch im Sinne des Stammrechts ist hier bereits im März 2009 entstanden, so dass nur das damalige Alter der Klägerin Grundlage der Bestimmung der Anspruchsdauer auch für die Wiederbewilligung sein muss (vgl. SG Aachen, a. a. O.; Pilz in: Gagel, SGB III, § 127 Rn. 11 ff., 24).
Auch aus der Regelung in § 147 SGB III zum Erlöschen des Anspruchs wird klar, dass mit dem Begriff des Anspruchs das Stammrecht gemeint sein muss. Sonst würde etwa nach § 147 Abs. 1 Nr. 1 SGB III der Arbeitslosengeldanspruch bei der Entstehung eines neuen Zahlungsanspruchs stets gleichzeitig erlöschen, was widersinnig wäre. Damit würde z. B. der nicht seltene Fall der Aufnahme einer kurzfristigen Beschäftigung durch den Arbeitslosen immer das Erlöschen des Arbeitslosengeldanspruchs bedeuten. Würde man mit der Ansicht der Klägerin im Fall der Wiederbewilligung Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des zwischenzeitlichen Erreichens einer Altersstufe gewähren, könnte zudem auch eine Beschäftigung von einem einzigen Tag dazu führen, dass Arbeitslosengeld für weitere drei Monate zu bewilligen wäre.
Dem berechtigten Interesse des Arbeitslosen, Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung einer im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung kurz bevorstehenden Überschreitung einer Altersstufe nach § 127 Abs. 2 SGB III für eine längere Dauer zu erhalten, wird durch § 118 Abs. 2 SGB III hinreichend Rechnung getragen. Danach kann er bis zur Entscheidung über seinen Arbeitslosengeldanspruch bestimmen, dass dieser nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll.
Der Entstehung des Anspruchs als Stammrecht im März 2009 steht ferner nicht entgegen, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid anlässlich der Arbeitsaufnahme durch Bescheid vom 28.08.2009 ab dem 01.09.2009 aufgehoben wurde. Denn mit diesem Aufhebungsbescheid wurde lediglich der in dem Bewilligungsbescheid konkretisierte Zahlungsanspruch und dieser lediglich ab dem 01.09.2009 beseitigt. Das Stammrecht, das dem Zahlungsanspruch zugrunde lag, wurde dagegen durch den Aufhebungsbescheid nicht berührt (BSG, Urteil v. 08.12.1994, 11 RAr 41/94, zitiert nach juris; Urteil v. 18.05.1995, 7 RAr 68/94, zitiert nach juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss v. 22.07.2009, 1 BvL 10/07, zitiert nach juris Rn. 29)
Demnach hat die Beklagte zutreffend entschieden, dass auch bei der Weiterbewilligung die ursprüngliche Anspruchsdauer von 360 Tagen abzüglich der bereits erbrachten Leistungen zur Anwendung kommt.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die so verstandene Regelung in § 127 SGB III bestehen zur Überzeugung der Kammer nicht. Insbesondere kann kein Verstoß gegen Art. 3 GG oder Art. 14 GG festgestellt werden.
Eine Verletzung des Eigentumsschutzes nach Art. 14 GG ist mit der Regelung zur Anspruchsdauer nicht verbunden. Insoweit handelt sich vielmehr um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Die Kammer verweist insoweit auf das Urteil des BSG vom 14.09.2010 (B 7 AL 23/09 R, zitiert nach juris Rn. 12 ff.; vgl. auch Beschluss v. 01.12.2010, B 11 AL 61/10 B, zitiert nach juris) und folgt nach eigener Prüfung dieser Entscheidung.
Schließlich ist für die Kammer auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht ersichtlich. Die Klägerin macht offenbar geltend, gegenüber denjenigen Arbeitslosen ungleich behandelt zu werden, die aufgrund der Vollendung des 50. Lebensjahrs nach langjähriger Beschäftigung 15 Monate Arbeitslosengeld erhalten. Zutreffend hat die Beklagte insoweit darauf hingewiesen, dass dies einen anderen, mit dem der Klägerin nicht vergleichbaren Sachverhalt betrifft. Insoweit ist auch nicht von Bedeutung, dass sie zum Zeitpunkt der Vollendung des 50. Lebensjahrs noch versicherungspflichtig beschäftigt war. Denn ihr Arbeitslosengeldanspruch war bereits im März 2009 vor der Vollendung ihres 50. Lebensjahrs entstanden. Somit wird sie also mit allen Arbeitslosen gleichgestellt, deren Arbeitslosengeldanspruch ebenfalls bereits vor Vollendung ihres 50. Lebensjahrs entsteht. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz kann darin nicht erkannt werden.
Die Klägerin hat somit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld für weitere 90 Kalendertage. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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