Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
71
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 152/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets.
Die Klägerin nimmt seit dem 1. Oktober 1991 als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde im Verwaltungsbezirk M-H an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Schreiben vom 25. März 2004, eingegangen bei der Beklagten am 26. März 2004, stellte sie einen Antrag auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets. Den Antrag begründete sie damit, dass sie ihre Praxis an einen circa 1,5 km entfernten Standort verlegt habe. Sie sei von der Allee. an den verzogen. Die neuen Praxisräume habe sie von Herrn Dr. D übernommen, der nach Mitte verzogen sei und den Großteil seiner Patienten zurückgelassen habe. Herr Dr. D habe ihr insbesondere ca. 100 Allergiepatienten mit laufenden Hyposensibilisierungen übergeben. Zudem sei eine Kinderärztin, Frau B, die im selben Haus für den P Verband tätig gewesen sei, entlassen worden. Auch von ihr habe sie Hyposensibilisierungspatienten übernommen. Zudem sei ihre am 19. Januar 2004 am neuen Praxisstandort eröffnete Praxis förmlich von Patienten überrannt worden. Nach einer Probeabrechnung von sechs Wochen habe sie bereits 920 Patienten gehabt.
Mit Schreiben vom 7. Juni 2004 übersandte die Klägerin Erklärungen von Herrn Dr. D und Frau K, der Nachfolgerin der Kinderärztin Frau B. Herr Dr. D bestätigte hierin eine Übernahme von ca. 100 Allergiepatienten mit laufenden Therapien sowie eine unbestimmte Anzahl von Tumorpatienten in Dispensairebehandlung durch die Klägerin. Frau K erklärte, dass sie von Frau B circa 30 Patienten mit Immuntherapien übernommen habe. Da ihr jedoch die entsprechende Qualifikation fehle, habe sie die Klägerin gebeten, diese Patienten zu übernehmen, um die Fortführung der Therapie zu gewährleisten.
Die Beklagte fragte daraufhin bei den von der Klägerin angegebenen Praxen Dr. D und K an, ob Patienten an die Klägerin abgegeben worden seien. Die nunmehr für die Gesundheitszentrum GmbH tätige Frau K erklärte mit Schreiben vom 6. Juli 2004, alle Patienten aus der vormaligen Praxis von Frau B weiter zu behandeln. Frau B habe die Qualifikation zur Diagnostik und Therapie von allergologischen Erkrankungen besessen. Da sie - Frau K - nicht über diese Qualifikation verfüge, würde sie die Patienten für diesen Teil der Behandlung an die Klägerin zur Mitbehandlung überweisen. Dies sei ein normaler Vorgang zwischen ärztlichen Fachgruppen und habe nichts damit zu tun, dass sie ihre Patienten an die Klägerin "abgegeben" hätte. Herr Dr. D wies mit Schreiben vom 19. April 2004 darauf hin, dass seine Praxis ab dem 1. Mai 2004 von einem Nachfolger, Herrn Dr. W, am neuen Praxisstandort in der L straße im Verwaltungsbezirk M fortgeführt werde.
Mit Bescheid vom 19. November 2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Neufestsetzung ihres Individualbudgtes ab. Eine solche sei nur bei dokumentierter Übernahme von Patienten einer geschlossenen bzw. umgezogenen Praxis möglich, wenn es sich hierbei um ein erhebliches Volumen handele und die Übernahme belegt sei. Die Übernahme könne durch einen Vertrag zur Übernahme der Patientenkartei oder durch eine nicht unerhebliche Zahl von Patienten, die dokumentiert aus der geschlossenen Praxis übernommen worden seien, belegt werden. Nach schriftlichen Auskünften von Herrn Dr. D und der nunmehr bei dem. Gesundheitszentrum tätigen Frau K gebe es mit der Klägerin keine Vereinbarung in Bezug auf eine Patientenübernahme. Zudem könne der Umzug einer Praxis in ein anderes Einzugsgebiet bzw. eine nicht dokumentierte Zunahme der Fallzahl nicht zu einer Erhöhung des Individualbudgets führen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin entsprechend der Regelungen des HVM als so genannte Altpraxis gelte, da sie am 1. Juli 2003 bereits länger als 20 Quartale zugelassen gewesen sei. Ihr werde daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 HVM ein Zuwachs in Höhe von 3 % jährlich bezogen auf das Individualbudget aus dem Bemessungszeitraum, maximal bis zum Erreichen des Fachgruppendurchschnitts, zugeordnet.
Mit am 14. Dezember 2004 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben legte die Klägerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Neufestsetzung des Individualbudgets Widerspruch ein. Sie habe im Jahr 2004 erhebliche Patientenzahlzuwächse gehabt. Herr Dr. D habe die Übergabe von 100 Allergiepatienten und seinen Tumorpatienten bestätigt. Insgesamt habe sie die Akten von 700 Patienten übergeben bekommen. Da kein Geld geflossen sei, hätten die Beteiligten auch keinen Vertrag geschlossen. Sie könne alle von Herrn Dr. D übernommenen Patientenakten vorlegen. Die Praxisverlagerung einer benachbarten HNO-Doppelpraxis habe ihr im Dezember 2004 weitere Patienten beschert.
Der Vorstand der Beklagten entschied in seiner Sitzung vom 9. Januar 2006, dem Widerspruch teilweise abzuhelfen (Teilabhilfebescheid vom 10. Februar 2006). Das Individualbudget der Klägerin im Bereich der Ersatzkassen wurde unter Bezugnahme auf die Geltendmachung höherer Wachstumsraten für so genannte Altpraxen im Zeitraum der Quartale III/2003 bis II/2004 um 10 % vom Fachgruppendurchschnitt erhöht. Für den Zeitraum der Quartale III/2004 bis II/2005 wurde das Individualbudget der Klägerin in diesem Bereich um weitere 10 %, maximal jedoch bis zum Erreichen des Fachgruppendurchschnitts, angehoben. Im Bereich der Primärkassen sei im Durchschnitt der Quartale III/2003 bis II/2004 gegenüber dem Bemessungszeitraum des Jahres 2002 kein Wachstum der angeforderten Punktzahlmenge erkennbar. Hier könne daher erst ab dem III. Quartal 2004 ein Wachstum nach dem zuvor dargestellten Modus gewährt werden. Aufgrund der von der Klägerin geltend gemachten Patientenübernahme werde ihr Individualbudget jedoch auch in diesem Kassenbereich für die Quartale I/2004 und II/2004 um 10 % ihres Individualbudgets aus dem Bemessungszeitraum angehoben.
Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006, ausgefertigt am 14. März 2006, zurück. Dr. D habe am 1. Juni 2004 schriftlich erklärt, im Zusammenhang mit der Verlegung seines Praxissitzes ca. 100 Allergie-Patienten mit laufenden Therapien und Akten an die Klägerin abgegeben zu haben. Darüber hinaus habe er auch Tumorpatienten in Dispensairebetreuung benannt, deren Anzahl er jedoch weder in dem genannten Schriftstück, noch im weiteren Verwaltungsverfahren habe beziffern können. Die Vereinbarung einer Patientenübernahme müsse jedoch inhaltlich substantiiert sein, da die Erhöhung eines Individualbudgets nur in dem Umfang erfolgen könne, in dem tatsächlich Patienten abgegeben worden seien. Mit der Erhöhung des Individualbudgets der übernehmenden Praxis gehe nämlich gegebenenfalls auch eine Kürzung des Budgets der abgebenden Praxis einher. Die Anhebung eines Individualbudgets aufgrund einer unbestimmten Anzahl von Patienten komme daher nicht in Betracht. Auch eine einseitige Behauptung, Patienten in bestimmten Umfang übernommen zu haben, genüge nicht. Die gegebenenfalls vorzunehmende Kürzung des Individualbudgets der abgebenden Praxis sei nur dann vertretbar, wenn auch diese Praxis den Umfang der Patientenabgabe bestätigt habe. Frau K habe hinsichtlich einer Patientenabgabe mit Schreiben der. Gesundheitszentrum GmbH vom 6. Juli 2004 erklärt, dass sie Patienten lediglich zur Mitbehandlung an die Klägerin überweisen würde. Dies würde jedoch nicht heißen, dass sie Patienten an die Klägerin abgegeben habe. Eine Mit- und Weiterbehandlung von Patienten genüge keinesfalls den Voraussetzungen einer Patientenübernahme im Sinne des § 9 Absatz 9 HVV. Ohnehin setze diese Norm zunächst eine Praxisschließung ohne Nachfolge in der näheren Umgebung des Betroffenen voraus, an welcher es vorliegend bereits fehle, da Frau K die Praxis ihrer Vorgängerin, Frau B, übernommen und fortgeführt habe und die Patienten weiter behandele. Insoweit sei lediglich die Übernahme der genannten 100 Allergie-Patienten von Herrn Dr. D anerkennungsfähig. Diese sei bei der vorgenannten Teilabhilfeentscheidung durch den Vorstand der Beklagten berücksichtigt worden. Der Klägerin sei auch eine Erhöhung ihres Individualbudgets gewährt worden, soweit ein entsprechendes Punktzahl- und Fallzahlwachstum ab dem III. Quartal 2003 gegenüber dem Bemessungszeitraum des Jahres 2002 erkennbar gewesen sei. Im Primärkassenbereich habe eine entsprechende Erhöhung erst ab dem III. Quartal 2004 gewährt werden können, da es hier im Zeitraum der Quartale III/2003 bis II/2004 an einem entsprechenden Wachstum der Punktzahlmenge gefehlt habe. Die Entscheidung hinsichtlich der Anwendung veränderter Wachstumsregelungen für die Praxis der Klägerin sei vorrangig gegenüber der Anerkennung der Patientenübernahme von Herrn Dr. D. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 10. Dezember 2003 (Aktenzeichen B 6 KA 54/02 R) zwar ausgeführt, dass unterdurchschnittlich abrechnende Altpraxen in einem überschaubaren Zeitraum die Chance erhalten müssten, mit ihren Umsätzen an den Durchschnitt ihrer Fachgruppe heranzuwachsen. Auf welche Weise dieses Wachstum erzeugt werde, sei vom BSG jedoch offen gelassen worden. Es komme also nicht darauf an, ob das Wachstum durch ein stetes Patientenwachstum oder durch die gezielte Übernahme von Patienten anderer Praxen geschehe. Da sich die Zahl der gesetzlich Krankenversicherten in Berlin in den letzten Jahren nicht maßgeblich erhöht habe, könne die Erhöhung der Fallzahl einzelner Praxen ohnehin nur auf der Übernahme von Patienten beruhen, die zuvor von anderen Praxen behandelt worden seien. Es sei also nicht zu beanstanden, wenn das durch die Patientenübernahme generierte Fallzahlwachstum der Praxis der Klägerin zunächst über die Gewährung verbesserter Wachstumsmöglichkeiten bis zum Fachgruppendurchschnitt kompensiert werde. Nur soweit die Wachstumsregelungen mangels einer Steigerung der budgetrelevanten Punktzahlmenge im Primärkassenbereich in den Quartalen III/2003 bis II/2004 nicht anwendbar seien, könne daher aufgrund der geltend gemachten Patientenübernahme ab dem I. Quartal 2004 eine Budgetanhebung gewährt werden. Da der Anteil der von der Klägerin nachvollziehbar von Herrn Dr. D übernommenen Patienten (circa 100) etwa 10 % der durchschnittlichen Gesamtfallzahl aus dem Bemessungszeitraum des Jahres 2002 umfasse (1011 Patienten je Quartal), sei die Entscheidung des Vorstandes, das Budget der Klägerin in den Quartalen I/2004 und II/2004 um 10 % anzuheben, nicht zu beanstanden. Ab dem 1. Juli 2005 fehle es allerdings an der Beschwer, da der nun gültige HVV Wachstumsregelungen für Altpraxen enthalte, die die vorgenannte Rechtsprechung des BSG berücksichtigten, so dass ein entsprechendes Wachstum nunmehr von Amts wegen zu berücksichtigen sei. Es sei daher auch nicht zu beanstanden, dass die Teilabhilfeentscheidung des Vorstandes auf den Zeitraum bis zum 30. Juni 2005 begrenzt worden sei.
Am 18. April 2006 erhob die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte Klage vor dem Sozialgericht Berlin.
Mit weiterem Bescheid vom 17. September 2007 gewährte die Beklagte der Klägerin ein Wachstum im Primärkassenbereich auf den Fachgruppendurchschnitt mit Wirkung zum Quartal III/2005, in Anbetracht der seit dem Bemessungszeitraum des Jahres 2002 um über 50% gestiegenen Fallzahl und auch des Leistungsvolumens. Die Honorarfestsetzungsbescheide für die Quartale III/2005 bis I/2007 wurden entsprechend abgeändert, so dass die Klägerin Nachvergütungen erhielt.
Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, der starke Anstieg der Gesamtfallzahlen sei darauf zurückzuführen, dass im Tatsächlichen eine Patientenübernahme des Patientenstammes des Herrn Dr. D sowie der ehemaligen Praxen Dr. Sch und Dr. B erfolgt sei. Die genannten Praxen hätten die Region verlassen, so dass sie - die Klägerin - einen Zustrom der Patienten aus den beiden vorgenannten Praxis zu verzeichnen habe. Auf diesen Umstand habe sie bereits während des Verwaltungsverfahrens in mehreren Schreiben hingewiesen. Zudem seien die Patienten dem Vorgänger der Praxisräumlichkeiten - Herrn Dr. D - nicht gefolgt, sondern seien bei ihr verblieben. Diesbezüglich werde eine Liste von 170 Patienten überreicht, die sich im Zeitraum vom 4. April 2006 bis 28. April 2006 bei ihr in Behandlung befunden hätten und aus den vorgenannten Praxen stammten. Gegenüber der alten Praxisanschrift Allee. habe sie einen Anstieg der Gesamtfallzahl um ca. 648 zu verzeichnen. Herr Dr. D habe mit Schreiben vom 1. Juni 2004 bestätigt, dass sie seine Allergiepatienten mit laufenden Therapien und Akten übernommen habe, wobei es sich um 100 Patienten gehandelt habe. Darüber hinaus habe sie ältere Patienten und circa 50 Tumorpatienten übernommen. Vor diesem Hintergrund stehe ihr ein Anspruch auf ein höheres individuelles Punktzahlvolumen zu. Dies gelte sowohl für den Bereich der Primär- als auch der Ersatzkassen. Es liege eine tatsächliche Patientenübernahme im Sinne des § 9 Absatz 9 HVV vor. Eine Patientenübernahme im Sinne der genannten Vorschrift bestehe auch dann, wenn lediglich nur die Räumlichkeiten vertraglich übernommen würden und die Patienten weiterhin kämen. Die Anhebungen des Individualbudgets über die im HVV der KV Berlin geregelten Wachstumsregelungen für so genannte Altpraxen seien als nicht ausreichend zu betrachten. Soweit für den Bereich der Primärkassen seitens der Beklagten ausgeführt werde, dass in den beobachtungsrelevanten Zeiträumen der Quartale III/2003 bis II/2004 sowie III/2004 bis II/2005 ein Fallanstieg zu verzeichnen gewesen sei, jedoch hinsichtlich der Punktzahlanforderungen ein Rückgang vorliege, so treffe dies nur zum Teil zu und sei auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie ihr Budget bereits um mehr als 250 % erfüllt gehabt habe. Die Abrechnung weiterer Leistungen hätte lediglich nur zu einer Absenkung des arztindividuellen Punktwertes geführt. Weiterhin sei nicht erst im III. Quartal 2004, sondern bereits im gesamten Abrechnungszeitraum die Zahl der so genannten Ordinationskomplexe um circa 30 bis 40 % angestiegen. Die Erhöhung des Individualbudgets müsse daher analog zur Erhöhung der Zahl der Ordinationskomplexe erfolgen. Nur diese gebe einen genauen Anhalt bezüglich des Wachstums der HNO-spezifischen Leistungen in ihrer Praxis. Nicht beigetreten werden könne auch der Auffassung, wonach die Entscheidung hinsichtlich der Anwendung veränderter Wachstumsregelungen für ihre Praxis vorrangig sei gegenüber der Anerkennung der Patientenübernahme von Herrn Dr. D. Schließlich entsprächen die eingereichten Nachweise zu einer Patientenübernahme den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation. Es bedürfe darüber hinaus keiner Bestätigung der Praxen, die die Patienten zuvor behandelt hatten. Eine Bestätigung der weggezogenen Kollegen würde auch zu einer Kürzung deren Individualbudgets führen, so dass keine Bereitschaft bestünde, eine entsprechende Erklärung abzugeben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2006 sowie des weiteren Bescheides vom 17. September 2007 zu verpflichten, über die Erhöhung ihres Individualbudgets unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie auf die angefochtenen Bescheide Bezug und führt weiter aus: der Anspruch auf Neufestsetzung des Individualbudgets werde nunmehr damit begründet dass es auch durch den Umzug der Doppelpraxis Sch/B zu einem größeren Patientenzulauf gekommen sei. Der Umzug der Praxis Sch sei erst zum 1. Januar 2006, derjenige der Praxis B zum 1. Januar 2005 erfolgt, so dass der ursprüngliche Antrag auf Neufestsetzung des Individualbudgets hierauf auch gar nicht habe gestützt werden können. Die Frage einer Neufestsetzung des Individualbudgets der Klägerin aufgrund dieser Praxisumzüge sei somit nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen und folglich auch nicht geprüft und entschieden worden. Die Klägerin könne ein diesbezügliches Verwaltungsverfahren nicht dadurch umgehen, dass sie diese Frage nun zum Gegenstand des Klageverfahrens mache. Weiterhin genüge die bloße Angabe von Patientendaten als einseitige Behauptung ohne Bestätigung der Praxen, die die Patienten zuvor behandelten, nicht, um eine Übernahme anzuerkennen. Lediglich 100 Patienten könnten als von der Praxis Dr. D tatsächlich übernommen gelten. Eine Steigerung des Individualbudgets, gemessen an der Zahl der abgerechneten Ordinationskomplexe, komme nicht in Betracht. Für die Leistungssteigerung sei abzustellen auf die gesamte angeforderte Punktzahlmenge. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin auf Steigerung über den Fachgruppendurchschnitt hinaus bestehe nicht. Auch eine doppelte Berücksichtigung der anerkannten Patientenübernahme von Dr. D sei nicht möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Der Bescheid der Beklagten vom 17. September 2007 ist gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden.
Nicht Gegenstand des Klageverfahrens sind jedoch Ansprüche der Klägerin auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets vor dem Hintergrund einer behaupteten Patientenübernahme von Dr. B und Dr. Sch. Eine entsprechende Fragestellung war nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und die Klägerin hatte - entgegen ihren Ausführungen im Klageverfahren - ihren Antrag auf Neufestsetzung des Individualbudgets auch nicht auf eine entsprechende Patientenübernahme gestützt. Ausführungen in diesem Sinne sind ihren an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 7. Juni 2004, 4. August 2004 und 28. Januar 2006 in keiner Weise zu entnehmen. In ihrem Schreiben vom 7. Juli 2005 verweist sie lediglich pauschal darauf, sie bediene zusätzlich zu ihren langjährigen Patienten "3 verlassene Praxisstandorte, die inzwischen in M, C und B zu finden" seien. In ihrem weiteren Schreiben vom 2. März 2006 formuliert sie lediglich: "Drei langjährig bestandene HNO-Praxen haben unter Zurücklassung ihrer Patienten die Region verlassen (Dr. Sch, Dr. B, Dr. D/W). Dass ihre Praxis Patienten von Dr. Sch oder Dr. B übernommen hätte, behauptet die Klägerin im Verwaltungsverfahren an keiner Stelle, geschweige denn, dass sie ihren Antrag auf Neufestsetzung des Individualbudgets auf diesen Umstand stützen würde. Daher kann sie auch nicht erstmals im Klageverfahren mit einem entsprechenden Vortrag gehört werden, könnte doch anderenfalls das Verwaltungsverfahren schlichtweg umgangen werden. Im Übrigen trug die Klägerin die in dem Schreiben vom 2. März 2006 geschilderten Umstände erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens bezüglich der Erhöhung ihres Individualbudgets aufgrund der Patientenübernahmen von Dr. D und Frau K vor, so dass ein entsprechender Vortrag im Verwaltungsverfahren nicht hat berücksichtigt werden können. Schließlich ist der Umzug der Praxis Sch erst zum 1. Januar 2006, derjenige der Praxis B zum 1. Januar 2005 erfolgt, so dass der ursprüngliche Antrag der Klägerin auf Neufestsetzung des Individualbudgets vom März 2004 hierauf auch gar nicht hat gestützt werden können.
Soweit der Vortrag der Klägerin einer materiellen Überprüfung durch das Gericht zugänglich ist, ist die Klage nicht begründet.
Der angegriffene Bescheid vom 19. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2006 in Gestalt des weiteren Bescheides vom 17. September 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Erhöhung ihres Individualbudgets bzw. auf Neubescheidung durch die Beklagte.
Die mit dem Honorarverteilungsmaßstab vom 6. Juni 2003 ab 1. Juli 2003 eingeführten individuellen Punktzahlvolumen für punktzahlbewertete Leistungen (Individualbudgets) sind mit dem seit dem Quartal III/2005 geltenden Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab zwischen der Beklagten und den Krankenkassenverbänden vom 20. Juni 2005 (HVV 2005) fortgeführt worden. Die Regelungen dazu finden sich in den §§ 9 und 10 des HVM. Für alle Fachgruppen gelten die Quartale I/2002 bis IV/2002 als Bemessungszeitraum. Das zu einem festen Punktwert zu vergütende individuelle Punktzahlvolumen wird aus den individuellen Umsätzen des Durchschnitts des Bemessungszeitraumes getrennt nach Primär- und Ersatzkassen ermittelt. Leistungen im Rahmen des Individualbudgets werden zu einem festen Punktwert vergütet; für den Fall der Überschreitung des Individualbudgets werden die überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet.
Für die Fachgruppen und Untergruppen werden durchschnittliche Punktzahlengrenzwerte (Fachgruppendurchschnitt) ermittelt, bis zu denen Jungpraxen und Altpraxen mit unterdurchschnittlichem Individualbudget ihr Individualbudget durch Leistungsmengensteigerung steigern dürfen.
Das der Klägerin auf Grundlage des Bemessungszeitraums 2002 zugeordnete Individualbudget betrug ohne Berücksichtigung des Gewichtungsfaktors 323.837 Punkte (Primärkassen – PK) bzw. 346.897 Punkte (Ersatzkassen – EK). Der Fachgruppengrenzwert für HNO-Fachärzte liegt bei 337.876 Punkten (PK) und 346.897 Punkten (EK). Mit Bescheid vom 17. September 2007 wurde das Individualbudget der Klägerin ab dem III. Quartal 2005 auch für den Bereich der Primärkassen auf den Fachgruppendurchschnitt erhöht.
Nach § 9 Absatz 9 HVV kann in begründeten Fällen ein Leistungserbringer beim Vorstand der Beklagten eine Neufestsetzung seines Individualbudgets beantragen, insbesondere -wegen Praxisschließungen ohne Praxisnachfolge im Umfeld des Antragstellers und entsprechender Patientenübernahme, -wegen Praxisumzügen im Umfeld des Antragstellers und entsprechender Patientenübernahme, -wegen Erlöschen von Ermächtigungen von Krankenhausärzten, -wegen längerer Erkrankung im Bemessungszeitraum oder -wegen veränderter Praxisstruktur.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift liegen hier jedoch nicht vor. Dies gilt zum einen für die ausdrücklich benannten Regelbeispiele.
Eine Praxisschließung ohne Praxisnachfolge im Umfeld des Antragstellers und eine entsprechende Patientenübernahme liegt tatbestandlich nicht vor. Die Praxis von Frau B wurde von Frau K fortgeführt. Dr. D verlegte seinen Praxissitz von M ( - -Platz ...) nach M (L straße ...). Dem dieser Praxisverlegung zugrunde liegenden Antrag hatte der Zulassungsausschuss für Ärzte am 10. Dezember 2003 mit Wirkung zum 1. Januar 2004 stattgegeben. Zum 1. Mai 2004 verzichtete Dr. D auf seine Zulassung als Vertragsarzt, woraufhin Professor Dr. Dr. W ab dem 1. Mai 2004 die Praxis von Herrn Dr. D fortführte. Diese Praxisübernahme hatte der Zulassungsausschuss für Ärzte am 28. April 2004 beschlossen. Damit liegt keine Praxisschließung ohne Nachfolge vor. Professor Dr. W hat deshalb auch in Anwendung von § 9 Absatz 8 lit e Satz 1 HVM das Individualbudget seines Vorgängers übernommen.
Es besteht jedoch auch kein Anspruch auf (weitergehende) Neufestsetzung des Individualbudgets vor dem Hintergrund des Praxisumzugs von Herrn Dr. D und einer entsprechenden Patientenübernahme durch die Klägerin. Die Beklagte hat bereits eine Übernahme von 100 Allergie-Patienten aus der Praxis Dr. D anerkannt und das Individualbudget der Klägerin entsprechend erhöht. Diese Anerkennung beruhte maßgeblich auf dem Umstand, dass Dr. D selbst eine Übernahme von ca. 100 Allergiepatienten mit laufenden Therapien durch die Klägerin bestätigt hatte.
Die Klägerin reichte im Klageverfahren eine Liste von 170 Patienten ein, die sich im Zeitraum vom 4. April 2006 bis 28. April 2006 bei ihr in Behandlung befunden hätten und aus den Praxen Dr. Dr, Dr. Sch und Dr. B stammten, worauf - bereinigt um einige, wenige Patienten, die zwar auf dieser Liste geführt wurden, aber nicht unterschrieben hatten - 129 Patienten auf die Praxis Dr. D entfielen. Demnach ließe sich eine Übernahme von weiteren 29 Patienten durch die Klägerin aus der Praxis Dr. D diskutieren. Eine entsprechende weitere Übernahme hat Dr. D jedoch - abweichend von der durch die Beklagte anerkannte Übernahme von ca. 100 Allergiepatienten - nicht bestätigt. Nachdem Dr. D zunächst die Übernahme einer unbestimmten Anzahl von Tumorpatienten in Dispensairebehandlung durch die Klägerin angegeben hatte, konnte oder wollte er diese Angabe im Folgenden nicht weiter konkretisieren. Aus derart vagen Angaben kann jedoch kein Anspruch auf Erhöhung des Individualbudgets vor dem Hintergrund einer Patientenübernahme hergeleitet werden. Zwar erachtet die Kammer die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach der Nachweis einer Patientenübernahme stets durch die Vorlage eines Übernahmevertrages mit der fortziehenden Praxis zu führen sei, für unzutreffend. Es erscheint lebensfern, dass eine innerhalb des gleichen Zulassungsbezirks umziehende Praxis jemals eine entsprechende Bestätigung abzugeben bereit ist, bestünde doch dann für sie das Risiko, dass das eigene Individualbudget entsprechend der abgegebenen Patientenzahl gekürzt werden würde. Grundsätzlich kann daher auch durch die Erklärung von Patienten, infolge des Umzugs eines Arztes nunmehr einen bestimmten, anderen Arzt aufzusuchen, jedenfalls der erste Anschein einer Patientenübernahme im Sinne des § 9 Absatz 12 HVV geschaffen werden, dem die Beklagte dann ggf. substantiiert entgegentreten müsste. Die von der Klägerin vorgelegten Unterschriftenlisten sieht die Kammer jedoch auch unter dieser von der Rechtsauffassung der Beklagten abweichenden Sichtweise nicht als tauglichen Nachweis für eine Patientenübernahme an. Dem steht bereits entgegen, dass die Unterschriftenlisten sich auf den Zeitraum vom 3. April 2006 bis 28. April 2006 erstrecken, Dr. D jedoch seinen Praxissitz bereits am 1. Januar 2004 nach M verlegt hatte. Liegt zwischen der Verlegung des Praxissitzes und der Erklärung der Patienten ein derart langer Zeitraum von neun Quartalen, so kann von einer Übernahme im Anschluss an die Praxisverlegung und einer Kausalität zwischen der Verlegung des Praxissitzes und einer Übernahme der Patienten durch die Klägerin nicht mehr ausgegangen werden. Vielmehr erscheint es angesichts des langen Zeitablaufs zwischen dem Wegzug von Dr. D nach M und der vorgelegten Dokumentation ebenso gut denkbar bzw. vielleicht sogar noch naheliegender, dass die Praxis der Klägerin etwa durch die Qualität und Attraktivität der Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation neue Patienten für sich gewonnen hat - mögen diese auch ursprünglich einmal Patienten der Praxis Dr. D gewesen sein -, so dass vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003, -B 6 KA 54/02 R- BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 5) eine Erhöhung des Individualbudgets nur nach den Grundsätzen des Wachstums für Altpraxen zum Fachgruppendurchschnitt in Betracht käme.
Im Hinblick auf die durch die Klägerin vorgetragene Übernahme von Patienten aus der Praxis von Frau B wird bereits nicht ersichtlich ist, dass sich diese Patienten nicht lediglich nur überweisungsähnlich in Behandlung der Klägerin begeben hätten, nämlich zum Zwecke der Fortführung der Therapie der Hyposensibilisierung. Die Klägerin selbst hat letzteres so vorgetragen. Danach habe sie die begonnenen Therapien zur Hyposensibilisierung durchgeführt, da die Praxisnachfolgerin von Frau B, Frau K, nicht über eine entsprechende Qualifikation verfügt habe. Von einer Patientenübernahme, die eine Erhöhung des Individualbudgets nach sich ziehen könnte, kann bei dieser lediglich überweisungsähnlich erfolgten Tätigkeit nicht die Rede sein.
Es liegt schließlich auch keine Änderung der Praxisstruktur gegenüber dem Jahr 2002 vor. Eine Änderung der Praxisstruktur ist nur dann anzunehmen, wenn einem Vertragsarzt die Genehmigung von bisher nicht erbrachten, genehmigungspflichtigen Leistungen erteilt wird und er somit Leistungen erbringen darf, die er im Bemessungszeitraum nicht abrechnen durfte (Urteil der 83. Kammer des Sozialgerichts Berlin vom 22. August 2007, -S 83 KA 278/05-). Dies ist hier nicht der Fall. Allein eine signifikante Leistungsmengenausweitung und Steigerung der Behandlungsfallzahlen stellt keine Änderung der Praxisstruktur dar.
Schließlich kommt eine Erhöhung des Individualbudgets der Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt des Wachstums von Altpraxen zum Fachgruppendurchschnitt hier nicht in Betracht:
Nach § 9 Absatz 8 b Satz 1 des ab dem 1. Juli 2005 geltenden und dem Bescheid der Beklagten vom 17. September 2007 zugrunde liegenden HVV wird einem Vertragsarzt und Psychotherapeuten, der am 01.07.2003 länger als 20 Quartale im Bereich der KV Berlin zugelassen war (so genannte Altpraxis) und mit seinem Individualbudget-Punktzahlvolumen unterhalb des jeweiligen durchschnittlichen Punktzahlengrenzwertes seiner Fach-/Unteruntergruppe (Fachgruppendurchschnitt) liegt, vorbehaltlich der Regelung in § 10 ein erlaubter Zuwachs von jährlich 10 % bezogen auf den Fachgruppendurchschnitt zugestanden, jedoch höchstens bis zum Erreichen des Fachgruppendurchschnitts. Gemäß § 10 HVV wird ein erlaubter Zuwachs gemäß § 9 Absatz 8 b unter der Voraussetzung gestattet, dass die Praxis ihren anerkannten Leistungsbedarf für Leistungen, die dem Individualbudget unterliegen, gegenüber dem Leistungsbedarf des Bemessungszeitraumes steigern konnte und diese Steigerung des Leistungsbedarfs verbunden ist mit einem Fallzahlzuwachs. Ist eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, wird ein Zuwachs nicht zugestanden.
Im Hinblick auf das bereits oben erwähnte Urteil des BSG vom 10.12.2003, Az. B 6 KA 54/02 R, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass zum einen ein Wachstum über den Fachgruppendurchschnitt hinaus ausgeschlossen wird und zum anderen eine Erhöhung des Individualbudgets sowohl von einer Steigerung der Behandlungsfallzahlen, als auch des Leistungsvolumens abhängig gemacht wird, soweit es allen unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen möglich ist, den durchschnittlichen Umsatz ihrer Fachgruppe in absehbarer Zeit, das heißt binnen circa fünf Jahren, zu erreichen. Letztere Vorgabe hat die Beklagte in ihrem dem Bescheid vom 17. September 2007 zugrunde liegenden HVV umgesetzt, indem ein erlaubter Zuwachs von jährlich 10 % bezogen auf den Fachgruppendurchschnitt zugestanden wird. Zur Begrenzung der Steigerungsmöglichkeiten auf den Fachgruppendurchschnitt führt das BSG aus, dass sich weder aus § 85 Absatz 4 Satz 3 SGB V, noch aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ableiten lasse, dass es beim Eingreifen von Honorarbegrenzungsmaßnahmen gestattet sein müsse, in Honorarumsätze oberhalb des Fachgruppendurchschnitts hineinzuwachsen. Würden unterdurchschnittlich abrechnende Praxen ihren Umsatz nämlich über den Fachgruppendurchschnitt hinaus steigern können und täten einige dies auch - und könnten bereits überdurchschnittlich abrechnende ihren Umsatz noch weiter erhöhen -, so ergäbe dies Punktwertminderungen für alle Vertragsärzte. Das Erreichen des mit den Individualbudgets verfolgten Zieles, die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern, wäre damit gefährdet. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Danach gilt - übertragen auf den vorliegenden Fall - folgendes: Für den Bereich der Ersatzkassen verfügte die Klägerin bereits zum Zeitpunkt ihres Antrags auf Neufestsetzung des Individualbudgets über den Fachgruppendurchschnitt, so dass eine weitere Steigerung grundsätzlich ausgeschlossen war. Für den Bereich der Primärkassen war in den beobachtungsrelevanten Zeiträumen der Quartale III/2003 bis II/2004 sowie III/2004 bis II/2005 zwar ein Fallanstieg zu verzeichnen, jedoch lag hinsichtlich der Punktzahlanforderungen ein Rückgang vor, so das aus diesem Grunde hier eine Steigerung in Richtung des Fachgruppendurchschnitts nicht in Betracht kam. Wenn die Klägerin diesen Rückgang der Punktzahlanforderungen auf die Tatsache zurückführt, dass sie ihr Budget bereits um mehr als 250 % erfüllt gehabt habe und die Abrechnung weiterer Leistungen lediglich zu einer Absenkung des arztindividuellen Punktwertes geführt hätte, so ist dies unerheblich. Entscheidend ist allein, dass sich eine Steigerung des Gesamtleistungsvolumens für den Bereich der Primärkassen neben einer Steigerung der Behandlungsfallzahlen nicht hat feststellen lassen. Eine Steigerung des Individualbudgets kann auch - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht an der Zahl der abgerechneten Ordinationskomplexe gemessen werden. Für die Leistungssteigerung ist auf die gesamte angeforderte Punktzahlmenge abzustellen.
Die Auffassung der Klägerin, die Neufestsetzung des Individualbudgets ab dem Quartal III/2003 im Zuge der Teilabhilfe vom 10. Februar 2006 aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Wachstum von Altpraxen wäre ihr auch ohne den Umzug ihrer Praxis in die vormaligen Räume von Dr. D einschließlich der Übernahme von Patienten gewährt worden, ist nicht zutreffend. Gerade die Übernahme dieser Patienten im Zuge des Umzugs dürfte zum Anstieg der Fallzahlen und Punktzahlanforderungen geführt und damit die Anwendung der Wachstumsregelung im Zuge der BSG-Rechtsprechung auf die Praxis der Klägerin erst ermöglicht haben. Eine doppelte Berücksichtigung der von Dr. D übernommenen Patienten - sowohl im Wege des Wachstums für Altpraxen gemäß § 9 Absatz 8 b HVV, als auch gestützt auf die Dokumentation einer Patientenübernahme im Sinne des § 9 Absatz 9 HVV - kommt nicht in Betracht.
Es kann auch kein Anspruch auf Erhöhung des Individualbudgets daraus hergeleitet werden, dass die Klägerin ihr Individualbudget erheblich überzieht. Zum einen ist die Überziehung des Individualbudgets systemimmanent, weil die Budgets auf Grundlage der Honorarumsätze des Jahres 2002 unter Bezugnahme auf einen Punktwert von 5,11 Cent gebildet wurden, während eine Vergütung zu einem solchen Punktwert im Jahr 2002 nicht stattfand. Zum anderen soll durch Individualbudgets der Leistungs- und Umsatzerweiterung entgegengewirkt werden, weshalb die Überziehung als solche gerade nicht die Notwendigkeit eines höheren Budgets begründen kann. Schließlich trifft es auch nicht zu, dass die über das Individualbudget hinausgehenden Punkte nicht mehr honoriert würden. Die Überziehung hat nicht zur Folge, dass diese Punkte nicht vergütet würden. Für Punkte oberhalb des Individualbudgets erfolgt zusätzlich eine Vergütung zu einem geringfügigen Restpunktwert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets.
Die Klägerin nimmt seit dem 1. Oktober 1991 als Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde im Verwaltungsbezirk M-H an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Schreiben vom 25. März 2004, eingegangen bei der Beklagten am 26. März 2004, stellte sie einen Antrag auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets. Den Antrag begründete sie damit, dass sie ihre Praxis an einen circa 1,5 km entfernten Standort verlegt habe. Sie sei von der Allee. an den verzogen. Die neuen Praxisräume habe sie von Herrn Dr. D übernommen, der nach Mitte verzogen sei und den Großteil seiner Patienten zurückgelassen habe. Herr Dr. D habe ihr insbesondere ca. 100 Allergiepatienten mit laufenden Hyposensibilisierungen übergeben. Zudem sei eine Kinderärztin, Frau B, die im selben Haus für den P Verband tätig gewesen sei, entlassen worden. Auch von ihr habe sie Hyposensibilisierungspatienten übernommen. Zudem sei ihre am 19. Januar 2004 am neuen Praxisstandort eröffnete Praxis förmlich von Patienten überrannt worden. Nach einer Probeabrechnung von sechs Wochen habe sie bereits 920 Patienten gehabt.
Mit Schreiben vom 7. Juni 2004 übersandte die Klägerin Erklärungen von Herrn Dr. D und Frau K, der Nachfolgerin der Kinderärztin Frau B. Herr Dr. D bestätigte hierin eine Übernahme von ca. 100 Allergiepatienten mit laufenden Therapien sowie eine unbestimmte Anzahl von Tumorpatienten in Dispensairebehandlung durch die Klägerin. Frau K erklärte, dass sie von Frau B circa 30 Patienten mit Immuntherapien übernommen habe. Da ihr jedoch die entsprechende Qualifikation fehle, habe sie die Klägerin gebeten, diese Patienten zu übernehmen, um die Fortführung der Therapie zu gewährleisten.
Die Beklagte fragte daraufhin bei den von der Klägerin angegebenen Praxen Dr. D und K an, ob Patienten an die Klägerin abgegeben worden seien. Die nunmehr für die Gesundheitszentrum GmbH tätige Frau K erklärte mit Schreiben vom 6. Juli 2004, alle Patienten aus der vormaligen Praxis von Frau B weiter zu behandeln. Frau B habe die Qualifikation zur Diagnostik und Therapie von allergologischen Erkrankungen besessen. Da sie - Frau K - nicht über diese Qualifikation verfüge, würde sie die Patienten für diesen Teil der Behandlung an die Klägerin zur Mitbehandlung überweisen. Dies sei ein normaler Vorgang zwischen ärztlichen Fachgruppen und habe nichts damit zu tun, dass sie ihre Patienten an die Klägerin "abgegeben" hätte. Herr Dr. D wies mit Schreiben vom 19. April 2004 darauf hin, dass seine Praxis ab dem 1. Mai 2004 von einem Nachfolger, Herrn Dr. W, am neuen Praxisstandort in der L straße im Verwaltungsbezirk M fortgeführt werde.
Mit Bescheid vom 19. November 2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Neufestsetzung ihres Individualbudgtes ab. Eine solche sei nur bei dokumentierter Übernahme von Patienten einer geschlossenen bzw. umgezogenen Praxis möglich, wenn es sich hierbei um ein erhebliches Volumen handele und die Übernahme belegt sei. Die Übernahme könne durch einen Vertrag zur Übernahme der Patientenkartei oder durch eine nicht unerhebliche Zahl von Patienten, die dokumentiert aus der geschlossenen Praxis übernommen worden seien, belegt werden. Nach schriftlichen Auskünften von Herrn Dr. D und der nunmehr bei dem. Gesundheitszentrum tätigen Frau K gebe es mit der Klägerin keine Vereinbarung in Bezug auf eine Patientenübernahme. Zudem könne der Umzug einer Praxis in ein anderes Einzugsgebiet bzw. eine nicht dokumentierte Zunahme der Fallzahl nicht zu einer Erhöhung des Individualbudgets führen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin entsprechend der Regelungen des HVM als so genannte Altpraxis gelte, da sie am 1. Juli 2003 bereits länger als 20 Quartale zugelassen gewesen sei. Ihr werde daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 HVM ein Zuwachs in Höhe von 3 % jährlich bezogen auf das Individualbudget aus dem Bemessungszeitraum, maximal bis zum Erreichen des Fachgruppendurchschnitts, zugeordnet.
Mit am 14. Dezember 2004 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben legte die Klägerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Neufestsetzung des Individualbudgets Widerspruch ein. Sie habe im Jahr 2004 erhebliche Patientenzahlzuwächse gehabt. Herr Dr. D habe die Übergabe von 100 Allergiepatienten und seinen Tumorpatienten bestätigt. Insgesamt habe sie die Akten von 700 Patienten übergeben bekommen. Da kein Geld geflossen sei, hätten die Beteiligten auch keinen Vertrag geschlossen. Sie könne alle von Herrn Dr. D übernommenen Patientenakten vorlegen. Die Praxisverlagerung einer benachbarten HNO-Doppelpraxis habe ihr im Dezember 2004 weitere Patienten beschert.
Der Vorstand der Beklagten entschied in seiner Sitzung vom 9. Januar 2006, dem Widerspruch teilweise abzuhelfen (Teilabhilfebescheid vom 10. Februar 2006). Das Individualbudget der Klägerin im Bereich der Ersatzkassen wurde unter Bezugnahme auf die Geltendmachung höherer Wachstumsraten für so genannte Altpraxen im Zeitraum der Quartale III/2003 bis II/2004 um 10 % vom Fachgruppendurchschnitt erhöht. Für den Zeitraum der Quartale III/2004 bis II/2005 wurde das Individualbudget der Klägerin in diesem Bereich um weitere 10 %, maximal jedoch bis zum Erreichen des Fachgruppendurchschnitts, angehoben. Im Bereich der Primärkassen sei im Durchschnitt der Quartale III/2003 bis II/2004 gegenüber dem Bemessungszeitraum des Jahres 2002 kein Wachstum der angeforderten Punktzahlmenge erkennbar. Hier könne daher erst ab dem III. Quartal 2004 ein Wachstum nach dem zuvor dargestellten Modus gewährt werden. Aufgrund der von der Klägerin geltend gemachten Patientenübernahme werde ihr Individualbudget jedoch auch in diesem Kassenbereich für die Quartale I/2004 und II/2004 um 10 % ihres Individualbudgets aus dem Bemessungszeitraum angehoben.
Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006, ausgefertigt am 14. März 2006, zurück. Dr. D habe am 1. Juni 2004 schriftlich erklärt, im Zusammenhang mit der Verlegung seines Praxissitzes ca. 100 Allergie-Patienten mit laufenden Therapien und Akten an die Klägerin abgegeben zu haben. Darüber hinaus habe er auch Tumorpatienten in Dispensairebetreuung benannt, deren Anzahl er jedoch weder in dem genannten Schriftstück, noch im weiteren Verwaltungsverfahren habe beziffern können. Die Vereinbarung einer Patientenübernahme müsse jedoch inhaltlich substantiiert sein, da die Erhöhung eines Individualbudgets nur in dem Umfang erfolgen könne, in dem tatsächlich Patienten abgegeben worden seien. Mit der Erhöhung des Individualbudgets der übernehmenden Praxis gehe nämlich gegebenenfalls auch eine Kürzung des Budgets der abgebenden Praxis einher. Die Anhebung eines Individualbudgets aufgrund einer unbestimmten Anzahl von Patienten komme daher nicht in Betracht. Auch eine einseitige Behauptung, Patienten in bestimmten Umfang übernommen zu haben, genüge nicht. Die gegebenenfalls vorzunehmende Kürzung des Individualbudgets der abgebenden Praxis sei nur dann vertretbar, wenn auch diese Praxis den Umfang der Patientenabgabe bestätigt habe. Frau K habe hinsichtlich einer Patientenabgabe mit Schreiben der. Gesundheitszentrum GmbH vom 6. Juli 2004 erklärt, dass sie Patienten lediglich zur Mitbehandlung an die Klägerin überweisen würde. Dies würde jedoch nicht heißen, dass sie Patienten an die Klägerin abgegeben habe. Eine Mit- und Weiterbehandlung von Patienten genüge keinesfalls den Voraussetzungen einer Patientenübernahme im Sinne des § 9 Absatz 9 HVV. Ohnehin setze diese Norm zunächst eine Praxisschließung ohne Nachfolge in der näheren Umgebung des Betroffenen voraus, an welcher es vorliegend bereits fehle, da Frau K die Praxis ihrer Vorgängerin, Frau B, übernommen und fortgeführt habe und die Patienten weiter behandele. Insoweit sei lediglich die Übernahme der genannten 100 Allergie-Patienten von Herrn Dr. D anerkennungsfähig. Diese sei bei der vorgenannten Teilabhilfeentscheidung durch den Vorstand der Beklagten berücksichtigt worden. Der Klägerin sei auch eine Erhöhung ihres Individualbudgets gewährt worden, soweit ein entsprechendes Punktzahl- und Fallzahlwachstum ab dem III. Quartal 2003 gegenüber dem Bemessungszeitraum des Jahres 2002 erkennbar gewesen sei. Im Primärkassenbereich habe eine entsprechende Erhöhung erst ab dem III. Quartal 2004 gewährt werden können, da es hier im Zeitraum der Quartale III/2003 bis II/2004 an einem entsprechenden Wachstum der Punktzahlmenge gefehlt habe. Die Entscheidung hinsichtlich der Anwendung veränderter Wachstumsregelungen für die Praxis der Klägerin sei vorrangig gegenüber der Anerkennung der Patientenübernahme von Herrn Dr. D. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 10. Dezember 2003 (Aktenzeichen B 6 KA 54/02 R) zwar ausgeführt, dass unterdurchschnittlich abrechnende Altpraxen in einem überschaubaren Zeitraum die Chance erhalten müssten, mit ihren Umsätzen an den Durchschnitt ihrer Fachgruppe heranzuwachsen. Auf welche Weise dieses Wachstum erzeugt werde, sei vom BSG jedoch offen gelassen worden. Es komme also nicht darauf an, ob das Wachstum durch ein stetes Patientenwachstum oder durch die gezielte Übernahme von Patienten anderer Praxen geschehe. Da sich die Zahl der gesetzlich Krankenversicherten in Berlin in den letzten Jahren nicht maßgeblich erhöht habe, könne die Erhöhung der Fallzahl einzelner Praxen ohnehin nur auf der Übernahme von Patienten beruhen, die zuvor von anderen Praxen behandelt worden seien. Es sei also nicht zu beanstanden, wenn das durch die Patientenübernahme generierte Fallzahlwachstum der Praxis der Klägerin zunächst über die Gewährung verbesserter Wachstumsmöglichkeiten bis zum Fachgruppendurchschnitt kompensiert werde. Nur soweit die Wachstumsregelungen mangels einer Steigerung der budgetrelevanten Punktzahlmenge im Primärkassenbereich in den Quartalen III/2003 bis II/2004 nicht anwendbar seien, könne daher aufgrund der geltend gemachten Patientenübernahme ab dem I. Quartal 2004 eine Budgetanhebung gewährt werden. Da der Anteil der von der Klägerin nachvollziehbar von Herrn Dr. D übernommenen Patienten (circa 100) etwa 10 % der durchschnittlichen Gesamtfallzahl aus dem Bemessungszeitraum des Jahres 2002 umfasse (1011 Patienten je Quartal), sei die Entscheidung des Vorstandes, das Budget der Klägerin in den Quartalen I/2004 und II/2004 um 10 % anzuheben, nicht zu beanstanden. Ab dem 1. Juli 2005 fehle es allerdings an der Beschwer, da der nun gültige HVV Wachstumsregelungen für Altpraxen enthalte, die die vorgenannte Rechtsprechung des BSG berücksichtigten, so dass ein entsprechendes Wachstum nunmehr von Amts wegen zu berücksichtigen sei. Es sei daher auch nicht zu beanstanden, dass die Teilabhilfeentscheidung des Vorstandes auf den Zeitraum bis zum 30. Juni 2005 begrenzt worden sei.
Am 18. April 2006 erhob die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigte Klage vor dem Sozialgericht Berlin.
Mit weiterem Bescheid vom 17. September 2007 gewährte die Beklagte der Klägerin ein Wachstum im Primärkassenbereich auf den Fachgruppendurchschnitt mit Wirkung zum Quartal III/2005, in Anbetracht der seit dem Bemessungszeitraum des Jahres 2002 um über 50% gestiegenen Fallzahl und auch des Leistungsvolumens. Die Honorarfestsetzungsbescheide für die Quartale III/2005 bis I/2007 wurden entsprechend abgeändert, so dass die Klägerin Nachvergütungen erhielt.
Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, der starke Anstieg der Gesamtfallzahlen sei darauf zurückzuführen, dass im Tatsächlichen eine Patientenübernahme des Patientenstammes des Herrn Dr. D sowie der ehemaligen Praxen Dr. Sch und Dr. B erfolgt sei. Die genannten Praxen hätten die Region verlassen, so dass sie - die Klägerin - einen Zustrom der Patienten aus den beiden vorgenannten Praxis zu verzeichnen habe. Auf diesen Umstand habe sie bereits während des Verwaltungsverfahrens in mehreren Schreiben hingewiesen. Zudem seien die Patienten dem Vorgänger der Praxisräumlichkeiten - Herrn Dr. D - nicht gefolgt, sondern seien bei ihr verblieben. Diesbezüglich werde eine Liste von 170 Patienten überreicht, die sich im Zeitraum vom 4. April 2006 bis 28. April 2006 bei ihr in Behandlung befunden hätten und aus den vorgenannten Praxen stammten. Gegenüber der alten Praxisanschrift Allee. habe sie einen Anstieg der Gesamtfallzahl um ca. 648 zu verzeichnen. Herr Dr. D habe mit Schreiben vom 1. Juni 2004 bestätigt, dass sie seine Allergiepatienten mit laufenden Therapien und Akten übernommen habe, wobei es sich um 100 Patienten gehandelt habe. Darüber hinaus habe sie ältere Patienten und circa 50 Tumorpatienten übernommen. Vor diesem Hintergrund stehe ihr ein Anspruch auf ein höheres individuelles Punktzahlvolumen zu. Dies gelte sowohl für den Bereich der Primär- als auch der Ersatzkassen. Es liege eine tatsächliche Patientenübernahme im Sinne des § 9 Absatz 9 HVV vor. Eine Patientenübernahme im Sinne der genannten Vorschrift bestehe auch dann, wenn lediglich nur die Räumlichkeiten vertraglich übernommen würden und die Patienten weiterhin kämen. Die Anhebungen des Individualbudgets über die im HVV der KV Berlin geregelten Wachstumsregelungen für so genannte Altpraxen seien als nicht ausreichend zu betrachten. Soweit für den Bereich der Primärkassen seitens der Beklagten ausgeführt werde, dass in den beobachtungsrelevanten Zeiträumen der Quartale III/2003 bis II/2004 sowie III/2004 bis II/2005 ein Fallanstieg zu verzeichnen gewesen sei, jedoch hinsichtlich der Punktzahlanforderungen ein Rückgang vorliege, so treffe dies nur zum Teil zu und sei auf die Tatsache zurückzuführen, dass sie ihr Budget bereits um mehr als 250 % erfüllt gehabt habe. Die Abrechnung weiterer Leistungen hätte lediglich nur zu einer Absenkung des arztindividuellen Punktwertes geführt. Weiterhin sei nicht erst im III. Quartal 2004, sondern bereits im gesamten Abrechnungszeitraum die Zahl der so genannten Ordinationskomplexe um circa 30 bis 40 % angestiegen. Die Erhöhung des Individualbudgets müsse daher analog zur Erhöhung der Zahl der Ordinationskomplexe erfolgen. Nur diese gebe einen genauen Anhalt bezüglich des Wachstums der HNO-spezifischen Leistungen in ihrer Praxis. Nicht beigetreten werden könne auch der Auffassung, wonach die Entscheidung hinsichtlich der Anwendung veränderter Wachstumsregelungen für ihre Praxis vorrangig sei gegenüber der Anerkennung der Patientenübernahme von Herrn Dr. D. Schließlich entsprächen die eingereichten Nachweise zu einer Patientenübernahme den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation. Es bedürfe darüber hinaus keiner Bestätigung der Praxen, die die Patienten zuvor behandelt hatten. Eine Bestätigung der weggezogenen Kollegen würde auch zu einer Kürzung deren Individualbudgets führen, so dass keine Bereitschaft bestünde, eine entsprechende Erklärung abzugeben.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 19. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2006 sowie des weiteren Bescheides vom 17. September 2007 zu verpflichten, über die Erhöhung ihres Individualbudgets unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie auf die angefochtenen Bescheide Bezug und führt weiter aus: der Anspruch auf Neufestsetzung des Individualbudgets werde nunmehr damit begründet dass es auch durch den Umzug der Doppelpraxis Sch/B zu einem größeren Patientenzulauf gekommen sei. Der Umzug der Praxis Sch sei erst zum 1. Januar 2006, derjenige der Praxis B zum 1. Januar 2005 erfolgt, so dass der ursprüngliche Antrag auf Neufestsetzung des Individualbudgets hierauf auch gar nicht habe gestützt werden können. Die Frage einer Neufestsetzung des Individualbudgets der Klägerin aufgrund dieser Praxisumzüge sei somit nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens gewesen und folglich auch nicht geprüft und entschieden worden. Die Klägerin könne ein diesbezügliches Verwaltungsverfahren nicht dadurch umgehen, dass sie diese Frage nun zum Gegenstand des Klageverfahrens mache. Weiterhin genüge die bloße Angabe von Patientendaten als einseitige Behauptung ohne Bestätigung der Praxen, die die Patienten zuvor behandelten, nicht, um eine Übernahme anzuerkennen. Lediglich 100 Patienten könnten als von der Praxis Dr. D tatsächlich übernommen gelten. Eine Steigerung des Individualbudgets, gemessen an der Zahl der abgerechneten Ordinationskomplexe, komme nicht in Betracht. Für die Leistungssteigerung sei abzustellen auf die gesamte angeforderte Punktzahlmenge. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin auf Steigerung über den Fachgruppendurchschnitt hinaus bestehe nicht. Auch eine doppelte Berücksichtigung der anerkannten Patientenübernahme von Dr. D sei nicht möglich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Der Bescheid der Beklagten vom 17. September 2007 ist gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden.
Nicht Gegenstand des Klageverfahrens sind jedoch Ansprüche der Klägerin auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets vor dem Hintergrund einer behaupteten Patientenübernahme von Dr. B und Dr. Sch. Eine entsprechende Fragestellung war nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und die Klägerin hatte - entgegen ihren Ausführungen im Klageverfahren - ihren Antrag auf Neufestsetzung des Individualbudgets auch nicht auf eine entsprechende Patientenübernahme gestützt. Ausführungen in diesem Sinne sind ihren an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 7. Juni 2004, 4. August 2004 und 28. Januar 2006 in keiner Weise zu entnehmen. In ihrem Schreiben vom 7. Juli 2005 verweist sie lediglich pauschal darauf, sie bediene zusätzlich zu ihren langjährigen Patienten "3 verlassene Praxisstandorte, die inzwischen in M, C und B zu finden" seien. In ihrem weiteren Schreiben vom 2. März 2006 formuliert sie lediglich: "Drei langjährig bestandene HNO-Praxen haben unter Zurücklassung ihrer Patienten die Region verlassen (Dr. Sch, Dr. B, Dr. D/W). Dass ihre Praxis Patienten von Dr. Sch oder Dr. B übernommen hätte, behauptet die Klägerin im Verwaltungsverfahren an keiner Stelle, geschweige denn, dass sie ihren Antrag auf Neufestsetzung des Individualbudgets auf diesen Umstand stützen würde. Daher kann sie auch nicht erstmals im Klageverfahren mit einem entsprechenden Vortrag gehört werden, könnte doch anderenfalls das Verwaltungsverfahren schlichtweg umgangen werden. Im Übrigen trug die Klägerin die in dem Schreiben vom 2. März 2006 geschilderten Umstände erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens bezüglich der Erhöhung ihres Individualbudgets aufgrund der Patientenübernahmen von Dr. D und Frau K vor, so dass ein entsprechender Vortrag im Verwaltungsverfahren nicht hat berücksichtigt werden können. Schließlich ist der Umzug der Praxis Sch erst zum 1. Januar 2006, derjenige der Praxis B zum 1. Januar 2005 erfolgt, so dass der ursprüngliche Antrag der Klägerin auf Neufestsetzung des Individualbudgets vom März 2004 hierauf auch gar nicht hat gestützt werden können.
Soweit der Vortrag der Klägerin einer materiellen Überprüfung durch das Gericht zugänglich ist, ist die Klage nicht begründet.
Der angegriffene Bescheid vom 19. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2006 in Gestalt des weiteren Bescheides vom 17. September 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Erhöhung ihres Individualbudgets bzw. auf Neubescheidung durch die Beklagte.
Die mit dem Honorarverteilungsmaßstab vom 6. Juni 2003 ab 1. Juli 2003 eingeführten individuellen Punktzahlvolumen für punktzahlbewertete Leistungen (Individualbudgets) sind mit dem seit dem Quartal III/2005 geltenden Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab zwischen der Beklagten und den Krankenkassenverbänden vom 20. Juni 2005 (HVV 2005) fortgeführt worden. Die Regelungen dazu finden sich in den §§ 9 und 10 des HVM. Für alle Fachgruppen gelten die Quartale I/2002 bis IV/2002 als Bemessungszeitraum. Das zu einem festen Punktwert zu vergütende individuelle Punktzahlvolumen wird aus den individuellen Umsätzen des Durchschnitts des Bemessungszeitraumes getrennt nach Primär- und Ersatzkassen ermittelt. Leistungen im Rahmen des Individualbudgets werden zu einem festen Punktwert vergütet; für den Fall der Überschreitung des Individualbudgets werden die überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet.
Für die Fachgruppen und Untergruppen werden durchschnittliche Punktzahlengrenzwerte (Fachgruppendurchschnitt) ermittelt, bis zu denen Jungpraxen und Altpraxen mit unterdurchschnittlichem Individualbudget ihr Individualbudget durch Leistungsmengensteigerung steigern dürfen.
Das der Klägerin auf Grundlage des Bemessungszeitraums 2002 zugeordnete Individualbudget betrug ohne Berücksichtigung des Gewichtungsfaktors 323.837 Punkte (Primärkassen – PK) bzw. 346.897 Punkte (Ersatzkassen – EK). Der Fachgruppengrenzwert für HNO-Fachärzte liegt bei 337.876 Punkten (PK) und 346.897 Punkten (EK). Mit Bescheid vom 17. September 2007 wurde das Individualbudget der Klägerin ab dem III. Quartal 2005 auch für den Bereich der Primärkassen auf den Fachgruppendurchschnitt erhöht.
Nach § 9 Absatz 9 HVV kann in begründeten Fällen ein Leistungserbringer beim Vorstand der Beklagten eine Neufestsetzung seines Individualbudgets beantragen, insbesondere -wegen Praxisschließungen ohne Praxisnachfolge im Umfeld des Antragstellers und entsprechender Patientenübernahme, -wegen Praxisumzügen im Umfeld des Antragstellers und entsprechender Patientenübernahme, -wegen Erlöschen von Ermächtigungen von Krankenhausärzten, -wegen längerer Erkrankung im Bemessungszeitraum oder -wegen veränderter Praxisstruktur.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift liegen hier jedoch nicht vor. Dies gilt zum einen für die ausdrücklich benannten Regelbeispiele.
Eine Praxisschließung ohne Praxisnachfolge im Umfeld des Antragstellers und eine entsprechende Patientenübernahme liegt tatbestandlich nicht vor. Die Praxis von Frau B wurde von Frau K fortgeführt. Dr. D verlegte seinen Praxissitz von M ( - -Platz ...) nach M (L straße ...). Dem dieser Praxisverlegung zugrunde liegenden Antrag hatte der Zulassungsausschuss für Ärzte am 10. Dezember 2003 mit Wirkung zum 1. Januar 2004 stattgegeben. Zum 1. Mai 2004 verzichtete Dr. D auf seine Zulassung als Vertragsarzt, woraufhin Professor Dr. Dr. W ab dem 1. Mai 2004 die Praxis von Herrn Dr. D fortführte. Diese Praxisübernahme hatte der Zulassungsausschuss für Ärzte am 28. April 2004 beschlossen. Damit liegt keine Praxisschließung ohne Nachfolge vor. Professor Dr. W hat deshalb auch in Anwendung von § 9 Absatz 8 lit e Satz 1 HVM das Individualbudget seines Vorgängers übernommen.
Es besteht jedoch auch kein Anspruch auf (weitergehende) Neufestsetzung des Individualbudgets vor dem Hintergrund des Praxisumzugs von Herrn Dr. D und einer entsprechenden Patientenübernahme durch die Klägerin. Die Beklagte hat bereits eine Übernahme von 100 Allergie-Patienten aus der Praxis Dr. D anerkannt und das Individualbudget der Klägerin entsprechend erhöht. Diese Anerkennung beruhte maßgeblich auf dem Umstand, dass Dr. D selbst eine Übernahme von ca. 100 Allergiepatienten mit laufenden Therapien durch die Klägerin bestätigt hatte.
Die Klägerin reichte im Klageverfahren eine Liste von 170 Patienten ein, die sich im Zeitraum vom 4. April 2006 bis 28. April 2006 bei ihr in Behandlung befunden hätten und aus den Praxen Dr. Dr, Dr. Sch und Dr. B stammten, worauf - bereinigt um einige, wenige Patienten, die zwar auf dieser Liste geführt wurden, aber nicht unterschrieben hatten - 129 Patienten auf die Praxis Dr. D entfielen. Demnach ließe sich eine Übernahme von weiteren 29 Patienten durch die Klägerin aus der Praxis Dr. D diskutieren. Eine entsprechende weitere Übernahme hat Dr. D jedoch - abweichend von der durch die Beklagte anerkannte Übernahme von ca. 100 Allergiepatienten - nicht bestätigt. Nachdem Dr. D zunächst die Übernahme einer unbestimmten Anzahl von Tumorpatienten in Dispensairebehandlung durch die Klägerin angegeben hatte, konnte oder wollte er diese Angabe im Folgenden nicht weiter konkretisieren. Aus derart vagen Angaben kann jedoch kein Anspruch auf Erhöhung des Individualbudgets vor dem Hintergrund einer Patientenübernahme hergeleitet werden. Zwar erachtet die Kammer die Rechtsauffassung der Beklagten, wonach der Nachweis einer Patientenübernahme stets durch die Vorlage eines Übernahmevertrages mit der fortziehenden Praxis zu führen sei, für unzutreffend. Es erscheint lebensfern, dass eine innerhalb des gleichen Zulassungsbezirks umziehende Praxis jemals eine entsprechende Bestätigung abzugeben bereit ist, bestünde doch dann für sie das Risiko, dass das eigene Individualbudget entsprechend der abgegebenen Patientenzahl gekürzt werden würde. Grundsätzlich kann daher auch durch die Erklärung von Patienten, infolge des Umzugs eines Arztes nunmehr einen bestimmten, anderen Arzt aufzusuchen, jedenfalls der erste Anschein einer Patientenübernahme im Sinne des § 9 Absatz 12 HVV geschaffen werden, dem die Beklagte dann ggf. substantiiert entgegentreten müsste. Die von der Klägerin vorgelegten Unterschriftenlisten sieht die Kammer jedoch auch unter dieser von der Rechtsauffassung der Beklagten abweichenden Sichtweise nicht als tauglichen Nachweis für eine Patientenübernahme an. Dem steht bereits entgegen, dass die Unterschriftenlisten sich auf den Zeitraum vom 3. April 2006 bis 28. April 2006 erstrecken, Dr. D jedoch seinen Praxissitz bereits am 1. Januar 2004 nach M verlegt hatte. Liegt zwischen der Verlegung des Praxissitzes und der Erklärung der Patienten ein derart langer Zeitraum von neun Quartalen, so kann von einer Übernahme im Anschluss an die Praxisverlegung und einer Kausalität zwischen der Verlegung des Praxissitzes und einer Übernahme der Patienten durch die Klägerin nicht mehr ausgegangen werden. Vielmehr erscheint es angesichts des langen Zeitablaufs zwischen dem Wegzug von Dr. D nach M und der vorgelegten Dokumentation ebenso gut denkbar bzw. vielleicht sogar noch naheliegender, dass die Praxis der Klägerin etwa durch die Qualität und Attraktivität der Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation neue Patienten für sich gewonnen hat - mögen diese auch ursprünglich einmal Patienten der Praxis Dr. D gewesen sein -, so dass vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003, -B 6 KA 54/02 R- BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 5) eine Erhöhung des Individualbudgets nur nach den Grundsätzen des Wachstums für Altpraxen zum Fachgruppendurchschnitt in Betracht käme.
Im Hinblick auf die durch die Klägerin vorgetragene Übernahme von Patienten aus der Praxis von Frau B wird bereits nicht ersichtlich ist, dass sich diese Patienten nicht lediglich nur überweisungsähnlich in Behandlung der Klägerin begeben hätten, nämlich zum Zwecke der Fortführung der Therapie der Hyposensibilisierung. Die Klägerin selbst hat letzteres so vorgetragen. Danach habe sie die begonnenen Therapien zur Hyposensibilisierung durchgeführt, da die Praxisnachfolgerin von Frau B, Frau K, nicht über eine entsprechende Qualifikation verfügt habe. Von einer Patientenübernahme, die eine Erhöhung des Individualbudgets nach sich ziehen könnte, kann bei dieser lediglich überweisungsähnlich erfolgten Tätigkeit nicht die Rede sein.
Es liegt schließlich auch keine Änderung der Praxisstruktur gegenüber dem Jahr 2002 vor. Eine Änderung der Praxisstruktur ist nur dann anzunehmen, wenn einem Vertragsarzt die Genehmigung von bisher nicht erbrachten, genehmigungspflichtigen Leistungen erteilt wird und er somit Leistungen erbringen darf, die er im Bemessungszeitraum nicht abrechnen durfte (Urteil der 83. Kammer des Sozialgerichts Berlin vom 22. August 2007, -S 83 KA 278/05-). Dies ist hier nicht der Fall. Allein eine signifikante Leistungsmengenausweitung und Steigerung der Behandlungsfallzahlen stellt keine Änderung der Praxisstruktur dar.
Schließlich kommt eine Erhöhung des Individualbudgets der Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt des Wachstums von Altpraxen zum Fachgruppendurchschnitt hier nicht in Betracht:
Nach § 9 Absatz 8 b Satz 1 des ab dem 1. Juli 2005 geltenden und dem Bescheid der Beklagten vom 17. September 2007 zugrunde liegenden HVV wird einem Vertragsarzt und Psychotherapeuten, der am 01.07.2003 länger als 20 Quartale im Bereich der KV Berlin zugelassen war (so genannte Altpraxis) und mit seinem Individualbudget-Punktzahlvolumen unterhalb des jeweiligen durchschnittlichen Punktzahlengrenzwertes seiner Fach-/Unteruntergruppe (Fachgruppendurchschnitt) liegt, vorbehaltlich der Regelung in § 10 ein erlaubter Zuwachs von jährlich 10 % bezogen auf den Fachgruppendurchschnitt zugestanden, jedoch höchstens bis zum Erreichen des Fachgruppendurchschnitts. Gemäß § 10 HVV wird ein erlaubter Zuwachs gemäß § 9 Absatz 8 b unter der Voraussetzung gestattet, dass die Praxis ihren anerkannten Leistungsbedarf für Leistungen, die dem Individualbudget unterliegen, gegenüber dem Leistungsbedarf des Bemessungszeitraumes steigern konnte und diese Steigerung des Leistungsbedarfs verbunden ist mit einem Fallzahlzuwachs. Ist eine dieser Bedingungen nicht erfüllt, wird ein Zuwachs nicht zugestanden.
Im Hinblick auf das bereits oben erwähnte Urteil des BSG vom 10.12.2003, Az. B 6 KA 54/02 R, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass zum einen ein Wachstum über den Fachgruppendurchschnitt hinaus ausgeschlossen wird und zum anderen eine Erhöhung des Individualbudgets sowohl von einer Steigerung der Behandlungsfallzahlen, als auch des Leistungsvolumens abhängig gemacht wird, soweit es allen unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen möglich ist, den durchschnittlichen Umsatz ihrer Fachgruppe in absehbarer Zeit, das heißt binnen circa fünf Jahren, zu erreichen. Letztere Vorgabe hat die Beklagte in ihrem dem Bescheid vom 17. September 2007 zugrunde liegenden HVV umgesetzt, indem ein erlaubter Zuwachs von jährlich 10 % bezogen auf den Fachgruppendurchschnitt zugestanden wird. Zur Begrenzung der Steigerungsmöglichkeiten auf den Fachgruppendurchschnitt führt das BSG aus, dass sich weder aus § 85 Absatz 4 Satz 3 SGB V, noch aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ableiten lasse, dass es beim Eingreifen von Honorarbegrenzungsmaßnahmen gestattet sein müsse, in Honorarumsätze oberhalb des Fachgruppendurchschnitts hineinzuwachsen. Würden unterdurchschnittlich abrechnende Praxen ihren Umsatz nämlich über den Fachgruppendurchschnitt hinaus steigern können und täten einige dies auch - und könnten bereits überdurchschnittlich abrechnende ihren Umsatz noch weiter erhöhen -, so ergäbe dies Punktwertminderungen für alle Vertragsärzte. Das Erreichen des mit den Individualbudgets verfolgten Zieles, die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern, wäre damit gefährdet. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Danach gilt - übertragen auf den vorliegenden Fall - folgendes: Für den Bereich der Ersatzkassen verfügte die Klägerin bereits zum Zeitpunkt ihres Antrags auf Neufestsetzung des Individualbudgets über den Fachgruppendurchschnitt, so dass eine weitere Steigerung grundsätzlich ausgeschlossen war. Für den Bereich der Primärkassen war in den beobachtungsrelevanten Zeiträumen der Quartale III/2003 bis II/2004 sowie III/2004 bis II/2005 zwar ein Fallanstieg zu verzeichnen, jedoch lag hinsichtlich der Punktzahlanforderungen ein Rückgang vor, so das aus diesem Grunde hier eine Steigerung in Richtung des Fachgruppendurchschnitts nicht in Betracht kam. Wenn die Klägerin diesen Rückgang der Punktzahlanforderungen auf die Tatsache zurückführt, dass sie ihr Budget bereits um mehr als 250 % erfüllt gehabt habe und die Abrechnung weiterer Leistungen lediglich zu einer Absenkung des arztindividuellen Punktwertes geführt hätte, so ist dies unerheblich. Entscheidend ist allein, dass sich eine Steigerung des Gesamtleistungsvolumens für den Bereich der Primärkassen neben einer Steigerung der Behandlungsfallzahlen nicht hat feststellen lassen. Eine Steigerung des Individualbudgets kann auch - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht an der Zahl der abgerechneten Ordinationskomplexe gemessen werden. Für die Leistungssteigerung ist auf die gesamte angeforderte Punktzahlmenge abzustellen.
Die Auffassung der Klägerin, die Neufestsetzung des Individualbudgets ab dem Quartal III/2003 im Zuge der Teilabhilfe vom 10. Februar 2006 aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Wachstum von Altpraxen wäre ihr auch ohne den Umzug ihrer Praxis in die vormaligen Räume von Dr. D einschließlich der Übernahme von Patienten gewährt worden, ist nicht zutreffend. Gerade die Übernahme dieser Patienten im Zuge des Umzugs dürfte zum Anstieg der Fallzahlen und Punktzahlanforderungen geführt und damit die Anwendung der Wachstumsregelung im Zuge der BSG-Rechtsprechung auf die Praxis der Klägerin erst ermöglicht haben. Eine doppelte Berücksichtigung der von Dr. D übernommenen Patienten - sowohl im Wege des Wachstums für Altpraxen gemäß § 9 Absatz 8 b HVV, als auch gestützt auf die Dokumentation einer Patientenübernahme im Sinne des § 9 Absatz 9 HVV - kommt nicht in Betracht.
Es kann auch kein Anspruch auf Erhöhung des Individualbudgets daraus hergeleitet werden, dass die Klägerin ihr Individualbudget erheblich überzieht. Zum einen ist die Überziehung des Individualbudgets systemimmanent, weil die Budgets auf Grundlage der Honorarumsätze des Jahres 2002 unter Bezugnahme auf einen Punktwert von 5,11 Cent gebildet wurden, während eine Vergütung zu einem solchen Punktwert im Jahr 2002 nicht stattfand. Zum anderen soll durch Individualbudgets der Leistungs- und Umsatzerweiterung entgegengewirkt werden, weshalb die Überziehung als solche gerade nicht die Notwendigkeit eines höheren Budgets begründen kann. Schließlich trifft es auch nicht zu, dass die über das Individualbudget hinausgehenden Punkte nicht mehr honoriert würden. Die Überziehung hat nicht zur Folge, dass diese Punkte nicht vergütet würden. Für Punkte oberhalb des Individualbudgets erfolgt zusätzlich eine Vergütung zu einem geringfügigen Restpunktwert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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