S 76 KR 783/10

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
76
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 783/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der klagende Träger der gesetzlichen Rentenversicherung begehrt vom beklagten Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Erstattung von Kosten der einem Lebendorganspender gewährten Leistungen zur Rehabilitation.

Am 27. Januar 2009 wurde der Mutter der bei der IKK Sachsen, einer Vorgängerin der Beklagten, gegen Krankheit versicherten, 1983 geborenen, schwer nierenkranken D K (Versicherte), der 1957 geborenen K E (Mutter der Versicherten) im Nierentransplantationszentrum des Universitätsklinikums H im Rahmen einer der Versicherten gewährten Nierenspende die rechte Niere entfernt (Donornephrektomie rechts). Intraoperativer und postoperativer Verlauf gestalteten sich, auch in Anbetracht der bei der Mutter der Versicherten angelegten Doppelniere beidseitig, komplikationslos. Am 01. Februar 2009 wurde Frau E, die selbst bei der nicht am Rechtsstreit beteiligten AOK Plus gegen Krankheit versichert ist, in gutem Allgemeinzustand aus dem Krankenhaus entlassen.

Mit Schreiben vom 30. Januar 2009 wurde bei der Beklagten und bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Mitteldeutschland über das Universitätsklinikum die Anschlussheilbehandlung (AHB) für die Versicherte und ihre Mutter in Form von Rehabilitation beantragt. Die Beklagte leitete den Antrag am 3. Februar 2009 an die DRV Mitteldeutschland weiter, da sie sich als unzuständig ansah. Hiergegen wandte sich die Mutter der Versicherten im Wege des Widerspruchs mit Schreiben vom 19. Februar 2009, da sie die Krankenkasse zur Erbringung der Reha-Maßnahme in der Pflicht sah. Darin führte sie u. a. aus, dass sie aufgrund der physischen und psychischen Belastungen, die die Organspende mit sich gebracht habe und weil sie voll berufstätig sei, zur Verbesserung ihres Zustandes, vor allem der Bauch- und Rückenmuskulatur, eine Kur benötige. Die DRV Mitteldeutschland leitete den Reha-Antrag wiederum an die Klägerin weiter.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2009 gewährte die Klägerin der Mutter der Versicherten eine stationäre Leistung zur Rehabilitation von drei Wochen Dauer in der "Klinik am " in Bad W. Weiterhin bewilligte die Klägerin der Mutter der Versicherten mit Bescheid vom 15. April 2009 Übergangsgeld. Die Beklagte gewährte der Mutter der Versicherten mit Bescheid vom 27. Februar 2009 Leistungen wegen Verdienstausfalls für den Zeitraum 26. Januar 2009 bis 20. Februar 2009 und für den 24. Februar 2009. Für den Zeitraum 25. Februar 2009 bis 18. März 2009 erhielt sie eine Erstattung des Verdienstausfalles durch die Klägerin mit Bescheid vom 29. Juni 2009 abzüglich des gewährten Übergangsgeldes.

In der Zeit vom 25. Februar 2009 bis 18. März 2009 absolvierte die Mutter der Versicherten die Reha-Maßnahme in Bad W. Im ärztlichen Entlassungsbericht wurden als Therapieziele aus ärztlicher sowie aus Patientensicht angegeben: "Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit – Linderung noch vorhandener Residualbeschwerden." Weiter heißt es, bei Aufnahme sei das Allgemeinbefinden der Mutter der Versicherten noch durch die vorangegangene Operation beeinträchtigt gewesen; beklagt worden seien eine allgemeine Erschöpfung sowie Residualbeschwerden insbesondere im Bereich der rechten Flanke. Die Patientin sei kooperativ und motiviert gewesen. Durchgeführt worden seien balneotherapeutische Maßnahmen sowie Krankengymnastik und Kurmittelanwendungen. Bei Entlassung sei das Allgemeinbefinden gut gewesen, bestehende Beschwerden hätten gelindert und die körperliche Leistungsfähigkeit hätte gesteigert werden können. Die Patientin sei mit der Reha-Maßnahme sehr zufrieden gewesen. Als Nachsorgeempfehlungen wurden angegeben: Weitere regelmäßige hausärztliche Betreuung mit Kontrolle der Blutfettwerte, bei Bedarf weitere Kontrolle der Nierenfunktion.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2009 – mit Schreiben vom 13. Juli 2009 beziffert auf 3.282,30 EUR – meldete die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) an. Die Klägerin habe die Leistung als zweitangegangener Träger erbracht, jedoch sei für diese Leistung die Zuständigkeit der Beklagten gegeben, da sie als Krankenkasse des Organempfängers für die Versorgung des Organspenders zuständig sei. Die Beklagte führte hinsichtlich der geltend gemachte Erstattungsforderung mit Schreiben an die Klägerin vom 16. November 2009 aus, diese könne nicht anerkannt werden, da Kostenträger für die Rehabilitation der Versicherten die DRV Mitteldeutschland gewesen sei, sodass die damit im Zusammenhang stehende Maßnahme – die Reha-Maßnahme für die Mutter der Versicherten – demselben Kostenträger, also "auch" der Klägerin zuzuordnen sei. Dabei bezogen sich beide Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Dezember 1972, Az.: 3 RK 47/70.

Nach weiterer Korrespondenz zwischen den Beteiligten hat die Klägerin am 07. Mai 2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin erhoben. Zur Begründung führt sie aus: Sie habe als zweitangegangener Träger nach § 14 SGB IX den Rehabilitationsbedarf geprüft und im Ergebnis befürwortet, sie sei aber hierfür nicht zuständig, da die Krankenkasse des Organempfängers die Leistung zu erbringen habe. Eine Organspende komme in der Regel nur in Betracht, wenn der Spender gesund und belastbar sei, sodass grundsätzlich davon ausgegangen werden könne, dass im Nachgang zur Organspende kein Rehabilitationsbedarf im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe; bei der Maßnahme handele es sich aber um eine ärztlich empfohlene stationäre Nachbehandlung. Ein Rehabilitationsbedarf habe im Fall der Mutter der Versicherten nach § 10 SGB VI nicht bestanden. Zur Linderung noch bestehender Residualbeschwerden sei die Klägerin nicht zuständig. Der Prozess der Organentnahme sei losgelöst von der Zuständigkeit der Klägerin bei Auswirkungen des Organverlusts auf die Erwerbsfähigkeit zu betrachten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Kosten in Höhe von 3.282,30 EUR für die vom 25.02.09 bis 18.03.09 durchgeführte Leistung zur medizinischen Rehabilitation in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 4 SGB IX zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass sie die Krankenhausbehandlung, den Verdienstausfall und die Fahrtkosten der Mutter der Versicherten zu übernehmen gehabt habe. Jedoch sei aus der Rechtsprechung des BSG nicht zu erkennen, dass eine über die Krankenhausbehandlung hinausgehende Zuständigkeit für die gesetzliche Krankenversicherung bestehe; denn die medizinische Behandlung des Organspenders sei im Grundsatz nur eine Teilmaßnahme im Rahmen der Behandlung des Empfängers und keine selbständig zu beurteilende Krankenhilfe für den ‚erkrankten’ Organspender. Dies solle zu dem Leitsatz führen: "Die Rehabilitation des Organspenders nach dem Entnahmeakt ist jedenfalls dann, wenn sie komplikationslos verläuft, grundsätzlich nur eine Teilmaßnahme im Rahmen der Rehabilitation des versicherten Empfängers" ("horizontale Zuständigkeit"). Eine pauschale Zuständigkeitsdefinition sei jedenfalls nicht möglich, es komme stets auf die im Einzelfall notwendige Maßnahme an. Daher folge aus der Nichtzuständigkeit der Klägerin für die Reha-Maßnahme auch nicht automatisch die Zuständigkeit der Beklagten. Denn hierfür seien die persönlichen Voraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zu erfüllen, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Weder Beklagte noch Klägerin könnten aber Kostenträger für eine solche Reha-Maßnahme sein, wenn man die Erfüllung persönlicher oder versicherungsrechtlicher Voraussetzungen beim Lebendorganspender verlange.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der von der Klägerin und der Beklagten übersandten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Leistungsklage ist nicht begründet, da der Klägerin die eingeklagte Erstattungsforderung gegen die Beklagte nicht zusteht. Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Klägerin, der der Höhe nach unbestritten ist, ist § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX. Diese Norm begründet einen Erstattungsanspruch des Rehabilitationsträgers, wenn nach Bewilligung der Leistung durch diesen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist; dieser erstattet dann dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften. Damit ist dem zweitangegangenen Träger ein spezialgesetzlicher Erstattungsanspruch gegen den materiellrechtlich originär zuständigen Reha-Träger eingeräumt. Dieser spezielle Anspruch geht den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch Zehntes Buch –Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vor. Er ist begründet, soweit der Versicherte vom Träger, der ohne die Regelung in § 14 SGB IX zuständig wäre, die gewährte Maßnahme hätte beanspruchen können (vgl. zu den Gründen hierfür BSG, Urteil vom 08.09.2009, Az.: B 1 KR 9/09 R, juris, m. w. Nachw.). Vorliegend sind die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX nicht erfüllt. Zwar hat die Klägerin die Reha-Maßnahme – nunmehr zwischen den Beteiligten unstreitig – als zweitangegangener Reha-Träger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX bewilligt. Auch war die Klägerin für die Reha-Maßnahme im Sinne dieser Norm nicht zuständig. Der Sache nach war die Zuständigkeit der Beklagten für die Reha-Maßnahme i. S. v. § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX gegeben. Dies ist der Fall, wenn und weil der Versicherte die Reha-Maßnahme ihrer Art nach von der Beklagten nach ihrem materiellen Recht, d. h. der Zuständigkeitsordnung außerhalb von § 14 SGB IX hätte beanspruchen können (vgl. BSG a. a. O.). Dies war hier der Fall, denn unstreitig hatte die Mutter der Versicherten ohne die Regelung in § 14 Abs. 2 SGB IX nur gegen die Beklagte einen Anspruch auf die stationäre Reha-Maßnahme nach § 40 SGB V. Für die Bewilligung einer Reha-Maßnahme ist wegen § 9 SGB VI zwar grundsätzlich der Rentenversicherungsträger zuständig, dies aber nur, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, was hier unstreitig nicht der Fall ist; andernfalls, aber auch nur, wenn die Voraussetzungen der §§ 27 und 40 SGB V erfüllt sind, ist die Zuständigkeit der Krankenkasse gegeben. Denn es müssen im Grundsatz die Kosten der Vorbereitung, Durchführung und der Nachsorge der Organspende einschließlich der zur Vorbereitung der Organentnahme erforderlichen ambulanten und stationären Maßnahmen von der gesetzlichen Krankenversicherung des Empfängers getragen werden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1972, Az.: 3 RK 47/70, juris). Eine spezialgesetzliche Grundlage für Fälle der Lebendorganspende ist dabei nicht ersichtlich, sodass für die Leistungserbringung durch die Krankenkasse des Organempfängers an den Organspender die allgemeinen krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften und Grundsätze gelten. Auch wenn die Leistungspflicht nicht durch den krankhaften Zustand des Lebendorganspenders ausgelöst wird, sondern durch die Grunderkrankung des Empfängers, sieht das Gesetz nicht vor, dass Organspender Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung (des Organempfängers) erhalten, die ein dort selbst Versicherter nicht beanspruchen könnte. Fraglich ist danach mangels einer eindeutigen gesetzlichen Regelung allerdings, ob der Organspender zu den von der Kasse des Empfängers erbrachten Leistungen auch Zuzahlungen zu leisten hätte, was vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich ist. Im hier zu entscheidenden Fall waren die materiellen Voraussetzungen für die krankenversicherungsrechtliche Leistungspflicht der Beklagten nicht gegeben. Eine medizinische Rehabilitationsleistung nach §§ 27, 40 SGB V konnte nicht beansprucht werden. Gegen Krankheit Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V. Nach § 40 Abs. 1 SGB V kann die Krankenkasse für den Fall, dass bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreicht, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele (Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abwenden, beseitigen, mindern, ausgleichen, ihre Verschlimmerung verhüten oder ihre Folgen mildern) zu erreichen, aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen erbringen. Sofern die Leistung nach Abs. 1 nicht ausreicht, kann die Krankenkasse (als ultima ratio) stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen (Abs. 2 der Vorschrift; Grundsatz "ambulant vor stationär"). Eine § 24 Abs. 1 Satz 4 Hs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 4 Satz 1 SGB V entsprechende Regelung, wonach medizinische Vorsorgemaßnahmen für Mütter und Väter nach § 24 SGB V stationär erbracht werden, auch ohne dass ambulante Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind, bzw. hinsichtlich medizinischer Rehabilitation für Mütter und Väter entsprechend § 41 Abs. 1 Satz 4 Hs. 1 i. V. m. § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V, besteht im Hinblick auf Reha-Maßnahmen für Lebendorganspender nicht. Für die vorliegend von der Klägerin konkret erbrachte stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation bestand kein Bedarf im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB V, vielmehr lag der Fall so, dass mit der Maßnahme die dort genannten Ziele (Abwendung, Beseitigung, Minderung, Ausgleich, Verhinderung einer Verschlimmerung oder Beseitigung der Folgen einer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit) nicht oder nicht primär erreicht werden sollten. Von Patienten- wie von ärztlicher Seite wurden als Therapieziele allein die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und die Linderung noch vorhandener Residualbeschwerden angegeben. Auch im Antrag auf Kostenübernahme des Universitätsklinikums H war nur ausgeführt worden, aus medizinischen und psychologischen Gründen sei eine gemeinsame Rehabilitation von Organspender und –empfänger besonders wichtig. Dies mag auch unstreitig der Fall sein, insbesondere, damit Organempfänger und Organspender nach erfolgtem Eingriff in der auch emotionalen Verarbeitung nicht auf sich selbst gestellt bleiben. Jedoch führt dies de lege lata nicht dazu, dass jedem Organspender, jedenfalls bei komplikationslosem Verlauf der Organentnahme, eine AHB unabhängig davon zusteht, ob die persönlichen, vom Gesetz für die Bewilligung einer Reha-Maßnahme aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Etwas anderes kann rechts- bzw. gesundheitspolitisch für wünschenswert gehalten werden, bedarf aber einer Entscheidung, zu der ausschließlich der Gesetzgeber berufen ist. Geregelt ist bislang in § 8 Abs. 3 Satz 1 Transplantationsgesetz (TPG), dass die Entnahme von Organen erst durchgeführt werden darf, nachdem sich der Spender und der Empfänger zur Teilnahme an einer ärztlich empfohlenen Nachbetreuung bereit erklärt hat. Dadurch soll eine "optimale" ärztliche und psychische Betreuung der Betroffenen geschaffen werden, um den Erfolg der Transplantation auf Dauer zu sichern (BT-Drs. 13/4355, S. 21). Ein Wertungswiderspruch kann darin gesehen werden, dass ein Rechtsanspruch auf die ärztlich empfohlene Nachbetreuung wie im vorliegenden Fall nicht voraussetzungslos besteht. Nach § 10 Abs. 2 Nr. 5 TPG sind zudem die Transplantationszentren dazu verpflichtet, vor und nach einer Organübertragung Maßnahmen für eine erforderliche psychische Betreuung der Patienten im Krankenhaus sicherzustellen. Soweit bereits wie hier drei Tage nach dem Eingriff die Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgt, ist fraglich, ob und inwieweit das Erreichen des Zwecks dieser Bestimmung ohne anschließende stationäre Maßnahme sichergestellt ist. Soweit die Beklagte zu bedenken gibt, weder Beklagte noch Klägerin könnten Kostenträger für eine solche Reha-Maßnahme sein, wenn man die Erfüllung persönlicher oder versicherungsrechtlicher Voraussetzungen beim Lebendorganspender zwingend verlange, so erweist sich dies nach geltendem Recht in der Tat als durchgreifend. Damit ist der Beklagten auch darin recht zu geben, dass aus der Nichtzuständigkeit der Klägerin für die Reha-Maßnahme nicht automatisch die Zuständigkeit der Beklagten folgt. Ebenso wenig konnte eine stationäre Vorsorgekur nach § 23 SGB V beansprucht werden. Nach Abs. 1 der Bestimmung haben Versicherte Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind, 1. eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen, 2. einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken, 3. Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder 4. Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Reichen bei Versicherten die Leistungen nach Absatz 1 nicht aus, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten erbringen (Abs. 2 Satz 1 der Bestimmung). Nach Abs. 4 Satz 1 der Bestimmung kann die Krankenkasse Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Vorsorgeeinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht, wenn bei Versicherten die Leistungen nach Absatz 1 und 2 nicht ausreichen. Jedenfalls die zuletzt genannte Tatbestandsvoraussetzung war im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX besteht mithin nicht. Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus der zwischen BfA und Krankenkassen geschlossenen "Vereinbarung über ein gemeinsames AHB-Verfahren", in Kraft getreten am 01. April 1998. Nach § 6 der AHB-Vereinbarung rechnet die BfA die Kosten der Durchführung einer AHB, die in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkasse fällt, zunächst mit der Rehabilitationseinrichtung ab; die Krankenkasse erstattet der BfA alle im Zusammenhang mit der Durchführung der Rehabilitationsleistung entstehenden Kosten. Die Beteiligten haben im Verfahren nichts dazu vorgebracht, ob diese Vereinbarung noch angewendet wird. Jedenfalls aber erweist sich die Bewilligungsentscheidung der Klägerin unter Berücksichtigung der verfügbaren Entscheidungsgrundlagen im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung als offensichtlich fehlerhaft, sodass von ihr keine Bindungswirkung für die Beklagte ausgehen kann. Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zulassungsbedürftige – der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt hier unter 10.000,- EUR – Berufung hat die Kammer wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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