Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 1331/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig bis zum 31. Dezember 2011, längstens jedoch bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, eine locoregionale Tiefenhyperthermie zu gewähren. Die Verpflichtung der Antragsgegnerin wird davon abhängig gemacht, dass die Antragsstellerin zuvor eine Sicherheitsleistung in Höhe von 7.250,- EUR EUR erbringt. Die Sicherheitsleistung kann durch Übergabe einer selbstschuldnerischen, schriftlichen, unwiderruflichen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung von Geld erbracht werden. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten einer lokalen Tiefenhyperthermie. Bei ihr wurde im November 2010 ein lokal fortgeschrittenes inoperables Pankreaskarzinom festgestellt. Seit dem 2. Dezember 2011 wurde eine Monochemotherapie mit Gemzitabinen durchgeführt. Den Antrag auf Übernahme der Kosten einer lokalen Tiefenhyperthermie lehnte die Antragsgegnerin nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) mit Bescheid vom 11. April 2011 ab, da dies eine neue Behandlungsmethode sei, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen und die deshalb vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nicht empfohlen worden sei. Als vertragliche Behandlungsmethode stehe die Chemotherapie zur Verfügung. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Antragsgegnerin am 19. Juli 2011 als unbegründet zurück. Die vertragliche Therapieoption werde derzeit im Sinne einer systemischen palliativen Behandlung durchgeführt, das Ergebnis sei noch offen. Im Falle einer Progression des Tumorleidens stehe ein weiterer standardmäßiger Therapieansatz zur Verfügung. Hiergegen ist Klage erhoben worden. Zwischenzeitlich hat die Antragstellerin am 22. Februar 2011 mit der Behandlung begonnen; sie legt zwei Rechnungen vom 22. März 2011 und 7. Juni 2011 vor. Mit dem bereits am 20. Juni 2011 bei Gericht eingegangenen Antrag, die Antragsgegnerin "im Eilverfahren zu verurteilen", die Kosten für eine Hyperthermiebehandlung zu übernehmen, hat die Antragstellerin zunächst die alleinige Übernahme der Kosten für 30 Behandlungen á 145,15 EUR begehrt. Sie hat dann ihren Antrag erweitert und begehrt nunmehr auch die Übernahme der Kosten für zukünftige Behandlungen.
II.
Den Antrag hat das Gericht in der Weise ausgelegt, dass die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die bereits entstandenen Kosten der Hyperthermiebehandlung zu erstatten und zukünftig die Behandlung als Sachleistung zu gewähren. Der so verstandene Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§86b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2,294 Zivilprozessordnung - ZPO -). In Bezug auf eine zukünftige Sachleistungsgewährung sind beide Voraussetzungen gegeben: Der Anordnungsanspruch liegt vor, da die Antragstellerin nach summarischer Prüfung einen Anspruch auf Gewährung der lokalen Tiefenhyperthermie hat. Nach § 27 Abs. 1 S. 1 des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die ärztliche Behandlung (§§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 28 Abs. 1 SGB V), wobei unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs. 1 SGB V grundsätzlich nur solche Behandlungsmethoden angewendet werden dürfen, die anerkannt sind. Für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bestimmt § 135 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, dass sie nur dann erbracht werden dürfen, wenn der GBA auf Antrag eines dort näher genannten Antragsberechtigten eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. Die Tiefenhyperthermie ist eine neue Methode, da sie keine nach dem EBM-Ä abrechnungsfähige ärztliche Leistung ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sich bereits mit der Hyperthermiebehandlung auseinandergesetzt und sie in seinen Beschlüssen vom 21.09.2004 und 18.01.2005 in die Anlage B "Nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aufgenommen. Denn für diese Behandlungsmethoden, die in sehr unterschiedlichen Bereichen und Varianten zur Anwendung kommen, lägen noch nicht genügend aussagekräftige Nachweise vor, um Wirksamkeit und Nebenwirkungen der Behandlungsmethode abschließend beurteilen zu können. Demnach kann die begehrte Behandlung nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Indes ergibt sich der geltend gemachte Anspruch aus den Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (Az.: 1 BvR 347/98) aufgestellt hat. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, eine gesetzlich Krankenversicherte, für deren lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihr gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Bei der Antragstellerin liegt eine lebensbedrohliche Erkrankung vor; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch unstreitig sein, denn insoweit hat auch der MDK in seiner Stellungnahme dargelegt, dass die mediane Überlebenszeit bei allen Tumorstadien unter 12 Monaten liege und bei dem hier vorliegenden inoperablen weit fortgeschrittenen Tumorstadium noch kürzere Zeiträume genannt werden. Ferner steht auch eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung, um die Erkrankung der Antragstellerin zu heilen. Nach der Stellungnahme des MDK ist davon auszugehen, dass aussichtsreiche vertragliche tumorspezifische Behandlungsoptionen nicht mehr zur Verfügung stehen, sondern nach den allgemein anerkannten Regeln lediglich eine palliative Chemotherapie möglich ist. Diese wird von der Klägerin durchgeführt; die begehrte Hyperthermie soll diese ergänzen. Soweit der MDK in seinen Stellungnahmen darauf hinweist, dass der Erfolg der alleinigen Chemotherapie erst noch abgewartet werden müsse, so ist dem entgegenzuhalten, dass bei einer rein palliativ durchgeführten Therapie der Erfolg ja gerade nicht in der Heilung, sondern allein in der Reduzierung der Krankheitsfolgen oder der Lebensverlängerung bestehen kann. Unter besonderer Berücksichtigung der sehr kurzen medianen Überlebenszeit bei einem Pankreaskarzinom – der MDK geht in seiner Stellungnahme auch von einer kurzfristig infausten Prognose aus- und des Fehlens einer kurativen Therapie ist es Versicherten nicht zumutbar, zunächst einen "Erfolg" der – nicht kurativ durchgeführten – Behandlung abzuwarten. Nach den Stellungnahmen der behandelnden Ärztin besteht jedoch die auf Indizien gestützte Möglichkeit der Lebensverlängerung durch die kombinierte Anwendung der lokalen Tiefenhyperthermie gegenüber einer Monochemotherapie mit Gemzitabinen, so dass bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung davon ausgegangen werden kann, dass eine Behandlungsalternative im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht besteht. Es besteht auch eine auf Indizien gestützte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Im Falle einer Verbesserung der Lebensqualität und erst recht bei einer Verlängerung des Lebens dürfte dies zweifellos der Fall sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.02.2007, L 5 B 8/07 KR ER, bei juris Rdnr. 26; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.03.2007, L 16 B 10/07 KR ER; Bayerisches LSG, Urteil vom 13.06.2006, L 5 KR 222/05). Sowohl die behandelnde Ärztin als auch der MDK selbst bejahen die Möglichkeit einer spürbar positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Die behandelnde Ärztin hat mitgeteilt, dass die zusätzliche Hyperthermie den Verlauf stabilisiert habe und eine Verlängerung der Lebenserwartung möglich und in der Literatur beschrieben sei. Demnach liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch aus verfassungsrechtlichen Gewährleistungen vor. Soweit nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.11.2006 (Az. B 1 KR 24/06 R), eine Anwendung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dann ausscheiden soll, wenn die betreffende Behandlungsmethode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bzw. den Gemeinsamen Bundesausschuss bereits negativ bewertet worden ist, kann dem -jedenfalls für den hier vorliegenden Fall- nicht gefolgt werden (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.02.2007, L 5 B 8/07 KR ER). Maßstab der Prüfung des Gemeinsamen Bundesausschusses ist die Frage, ob die fragliche Behandlungsmethode wirksam ist. Dies bedeutet, dass der volle wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit der betreffenden Methode geführt sein muss. Dementsprechend hat der Gemeinsame Bundesausschuss in seinem zusammenfassenden Bericht zur Bewertung der Hyperthermie auch ausgeführt, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde und noch kein medizinisch-wissenschaftlicher Konsens hinsichtlich der Bewertung der Therapieergebnisse und der notwendigen Standardisierung erreicht werden konnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reicht es aber aus, dass die fragliche Behandlungsmethode die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf vermuten lässt. Die Ansetzung eines anderen Maßstabes für den Fall, dass der GBA sich bereits mit einer Methode auseinandergesetzt hat, erscheint weder gerechtfertigt noch lässt sich solches der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 entnehmen (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entscheidung des GBA wie hier darauf beruht, dass noch unklar ist, welchen Stellenwert die Therapie im Vergleich zu Standardtherapien hat. Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Angesichts der nur kurzen medianen Überlebenszeit ist ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar. Die Eilbedürftigkeit entfällt auch nicht deshalb, weil die Antragstellerin und ihr Ehemann wenigstens zum Teil die Behandlung vorfinanzieren könnten. Sie sind Eigentümer eines selbstgenutzten Einfamilienhauses und verfügen über Barmittel in Höhe von ca. 25.000,- EUR. Jedoch wäre im Falle der Vorfinanzierung der Behandlung die Antragstellerin auf eine Kostenerstattung angewiesen. Verfahrensgegenständlich ist jedoch, jedenfalls soweit es um zukünftige Behandlungen geht, ein Sachleistungsanspruch. Die Durchsetzung eines Sachleistungsanspruch im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens kann nicht allein mit dem Verweis auf einen möglichen Erstattungsanspruch verweigert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats vom 29. November 2007, 1 BvR 2496/07), da ein solcher den Sachleistungsanspruch nicht ersetzen kann. Angesichts der finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsgegnerin hat das Gericht jedoch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die zugesprochene Leistung nur gegen Sicherheit zu gewähren. Denn gemäß § 86b Abs. 2 SGG, 945 ZPO ist die Antragstellerin bei Unterliegen im Hauptsacheverfahren verschuldensunabhängig zur Schadensersatzleistung verpflichtet. Das Gericht kann die einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG, 921 S. 2 ZPO von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Es hat die Höhe der Sicherheitsleistung an den voraussichtlichen Kosten bis Ende des Kalenderjahres 2011 bemessen (ca. 20 Wochen mit 2 bis 3 Behandlungen pro Woche zu einem Preis von je 145, 14 EUR) Der Beschluss war dem Wesen der vorläufigen Regelung entsprechend zeitlich zu befristen. Der Antrag war dagegen abzulehnen, soweit eine Kosterstattung für bereits durchgeführte Behandlungen begehrt wird. Denn insoweit besteht keine Eilbedürftigkeit mehr, da die Behandlung tatsächlich durchgeführt wurde und daher schwere und unzumutbare Nachteile durch ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht entstehen. Denn hier geht es in jedem Fall um einen Kostenerstattungsanspruch. Die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme der Kosten einer lokalen Tiefenhyperthermie. Bei ihr wurde im November 2010 ein lokal fortgeschrittenes inoperables Pankreaskarzinom festgestellt. Seit dem 2. Dezember 2011 wurde eine Monochemotherapie mit Gemzitabinen durchgeführt. Den Antrag auf Übernahme der Kosten einer lokalen Tiefenhyperthermie lehnte die Antragsgegnerin nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) mit Bescheid vom 11. April 2011 ab, da dies eine neue Behandlungsmethode sei, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen und die deshalb vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nicht empfohlen worden sei. Als vertragliche Behandlungsmethode stehe die Chemotherapie zur Verfügung. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Antragsgegnerin am 19. Juli 2011 als unbegründet zurück. Die vertragliche Therapieoption werde derzeit im Sinne einer systemischen palliativen Behandlung durchgeführt, das Ergebnis sei noch offen. Im Falle einer Progression des Tumorleidens stehe ein weiterer standardmäßiger Therapieansatz zur Verfügung. Hiergegen ist Klage erhoben worden. Zwischenzeitlich hat die Antragstellerin am 22. Februar 2011 mit der Behandlung begonnen; sie legt zwei Rechnungen vom 22. März 2011 und 7. Juni 2011 vor. Mit dem bereits am 20. Juni 2011 bei Gericht eingegangenen Antrag, die Antragsgegnerin "im Eilverfahren zu verurteilen", die Kosten für eine Hyperthermiebehandlung zu übernehmen, hat die Antragstellerin zunächst die alleinige Übernahme der Kosten für 30 Behandlungen á 145,15 EUR begehrt. Sie hat dann ihren Antrag erweitert und begehrt nunmehr auch die Übernahme der Kosten für zukünftige Behandlungen.
II.
Den Antrag hat das Gericht in der Weise ausgelegt, dass die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die bereits entstandenen Kosten der Hyperthermiebehandlung zu erstatten und zukünftig die Behandlung als Sachleistung zu gewähren. Der so verstandene Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§86b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2,294 Zivilprozessordnung - ZPO -). In Bezug auf eine zukünftige Sachleistungsgewährung sind beide Voraussetzungen gegeben: Der Anordnungsanspruch liegt vor, da die Antragstellerin nach summarischer Prüfung einen Anspruch auf Gewährung der lokalen Tiefenhyperthermie hat. Nach § 27 Abs. 1 S. 1 des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die ärztliche Behandlung (§§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 28 Abs. 1 SGB V), wobei unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs. 1 SGB V grundsätzlich nur solche Behandlungsmethoden angewendet werden dürfen, die anerkannt sind. Für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bestimmt § 135 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, dass sie nur dann erbracht werden dürfen, wenn der GBA auf Antrag eines dort näher genannten Antragsberechtigten eine Empfehlung über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. Die Tiefenhyperthermie ist eine neue Methode, da sie keine nach dem EBM-Ä abrechnungsfähige ärztliche Leistung ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sich bereits mit der Hyperthermiebehandlung auseinandergesetzt und sie in seinen Beschlüssen vom 21.09.2004 und 18.01.2005 in die Anlage B "Nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aufgenommen. Denn für diese Behandlungsmethoden, die in sehr unterschiedlichen Bereichen und Varianten zur Anwendung kommen, lägen noch nicht genügend aussagekräftige Nachweise vor, um Wirksamkeit und Nebenwirkungen der Behandlungsmethode abschließend beurteilen zu können. Demnach kann die begehrte Behandlung nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Indes ergibt sich der geltend gemachte Anspruch aus den Grundsätzen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (Az.: 1 BvR 347/98) aufgestellt hat. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, eine gesetzlich Krankenversicherte, für deren lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihr gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Bei der Antragstellerin liegt eine lebensbedrohliche Erkrankung vor; dies dürfte zwischen den Beteiligten auch unstreitig sein, denn insoweit hat auch der MDK in seiner Stellungnahme dargelegt, dass die mediane Überlebenszeit bei allen Tumorstadien unter 12 Monaten liege und bei dem hier vorliegenden inoperablen weit fortgeschrittenen Tumorstadium noch kürzere Zeiträume genannt werden. Ferner steht auch eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung, um die Erkrankung der Antragstellerin zu heilen. Nach der Stellungnahme des MDK ist davon auszugehen, dass aussichtsreiche vertragliche tumorspezifische Behandlungsoptionen nicht mehr zur Verfügung stehen, sondern nach den allgemein anerkannten Regeln lediglich eine palliative Chemotherapie möglich ist. Diese wird von der Klägerin durchgeführt; die begehrte Hyperthermie soll diese ergänzen. Soweit der MDK in seinen Stellungnahmen darauf hinweist, dass der Erfolg der alleinigen Chemotherapie erst noch abgewartet werden müsse, so ist dem entgegenzuhalten, dass bei einer rein palliativ durchgeführten Therapie der Erfolg ja gerade nicht in der Heilung, sondern allein in der Reduzierung der Krankheitsfolgen oder der Lebensverlängerung bestehen kann. Unter besonderer Berücksichtigung der sehr kurzen medianen Überlebenszeit bei einem Pankreaskarzinom – der MDK geht in seiner Stellungnahme auch von einer kurzfristig infausten Prognose aus- und des Fehlens einer kurativen Therapie ist es Versicherten nicht zumutbar, zunächst einen "Erfolg" der – nicht kurativ durchgeführten – Behandlung abzuwarten. Nach den Stellungnahmen der behandelnden Ärztin besteht jedoch die auf Indizien gestützte Möglichkeit der Lebensverlängerung durch die kombinierte Anwendung der lokalen Tiefenhyperthermie gegenüber einer Monochemotherapie mit Gemzitabinen, so dass bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung davon ausgegangen werden kann, dass eine Behandlungsalternative im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht besteht. Es besteht auch eine auf Indizien gestützte, nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Im Falle einer Verbesserung der Lebensqualität und erst recht bei einer Verlängerung des Lebens dürfte dies zweifellos der Fall sein (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.02.2007, L 5 B 8/07 KR ER, bei juris Rdnr. 26; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.03.2007, L 16 B 10/07 KR ER; Bayerisches LSG, Urteil vom 13.06.2006, L 5 KR 222/05). Sowohl die behandelnde Ärztin als auch der MDK selbst bejahen die Möglichkeit einer spürbar positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Die behandelnde Ärztin hat mitgeteilt, dass die zusätzliche Hyperthermie den Verlauf stabilisiert habe und eine Verlängerung der Lebenserwartung möglich und in der Literatur beschrieben sei. Demnach liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch aus verfassungsrechtlichen Gewährleistungen vor. Soweit nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 07.11.2006 (Az. B 1 KR 24/06 R), eine Anwendung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dann ausscheiden soll, wenn die betreffende Behandlungsmethode durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bzw. den Gemeinsamen Bundesausschuss bereits negativ bewertet worden ist, kann dem -jedenfalls für den hier vorliegenden Fall- nicht gefolgt werden (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.02.2007, L 5 B 8/07 KR ER). Maßstab der Prüfung des Gemeinsamen Bundesausschusses ist die Frage, ob die fragliche Behandlungsmethode wirksam ist. Dies bedeutet, dass der volle wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit der betreffenden Methode geführt sein muss. Dementsprechend hat der Gemeinsame Bundesausschuss in seinem zusammenfassenden Bericht zur Bewertung der Hyperthermie auch ausgeführt, dass sich die Technologie noch im Stadium der Forschung und Entwicklung befinde und noch kein medizinisch-wissenschaftlicher Konsens hinsichtlich der Bewertung der Therapieergebnisse und der notwendigen Standardisierung erreicht werden konnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts reicht es aber aus, dass die fragliche Behandlungsmethode die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf vermuten lässt. Die Ansetzung eines anderen Maßstabes für den Fall, dass der GBA sich bereits mit einer Methode auseinandergesetzt hat, erscheint weder gerechtfertigt noch lässt sich solches der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 entnehmen (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entscheidung des GBA wie hier darauf beruht, dass noch unklar ist, welchen Stellenwert die Therapie im Vergleich zu Standardtherapien hat. Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Angesichts der nur kurzen medianen Überlebenszeit ist ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar. Die Eilbedürftigkeit entfällt auch nicht deshalb, weil die Antragstellerin und ihr Ehemann wenigstens zum Teil die Behandlung vorfinanzieren könnten. Sie sind Eigentümer eines selbstgenutzten Einfamilienhauses und verfügen über Barmittel in Höhe von ca. 25.000,- EUR. Jedoch wäre im Falle der Vorfinanzierung der Behandlung die Antragstellerin auf eine Kostenerstattung angewiesen. Verfahrensgegenständlich ist jedoch, jedenfalls soweit es um zukünftige Behandlungen geht, ein Sachleistungsanspruch. Die Durchsetzung eines Sachleistungsanspruch im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens kann nicht allein mit dem Verweis auf einen möglichen Erstattungsanspruch verweigert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des 1. Senats vom 29. November 2007, 1 BvR 2496/07), da ein solcher den Sachleistungsanspruch nicht ersetzen kann. Angesichts der finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin und unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsgegnerin hat das Gericht jedoch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die zugesprochene Leistung nur gegen Sicherheit zu gewähren. Denn gemäß § 86b Abs. 2 SGG, 945 ZPO ist die Antragstellerin bei Unterliegen im Hauptsacheverfahren verschuldensunabhängig zur Schadensersatzleistung verpflichtet. Das Gericht kann die einstweilige Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG, 921 S. 2 ZPO von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Es hat die Höhe der Sicherheitsleistung an den voraussichtlichen Kosten bis Ende des Kalenderjahres 2011 bemessen (ca. 20 Wochen mit 2 bis 3 Behandlungen pro Woche zu einem Preis von je 145, 14 EUR) Der Beschluss war dem Wesen der vorläufigen Regelung entsprechend zeitlich zu befristen. Der Antrag war dagegen abzulehnen, soweit eine Kosterstattung für bereits durchgeführte Behandlungen begehrt wird. Denn insoweit besteht keine Eilbedürftigkeit mehr, da die Behandlung tatsächlich durchgeführt wurde und daher schwere und unzumutbare Nachteile durch ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache nicht entstehen. Denn hier geht es in jedem Fall um einen Kostenerstattungsanspruch. Die Kostenerstattung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.
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