S 165 SF 10110/11 E

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
165
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 165 SF 10110/11 E
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Sozialgerichts vom 30. Juni 2011 werden die zu erstattenden Kosten auf 35,70 EUR festgesetzt. Der Ausspruch über die Verzinsung gilt entsprechend. Die weitergehende Erinnerung wird zurückgewiesen. Von den notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Erinnerungsführerin ein Zehntel zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Erinnerungsgegnerin erhob am 18. Juni 2010 zum Ursprungsaktenzeichen – S 60 AL /10 - Klage bei dem Sozialgericht Berlin mit dem Antrag, die Beklagte (= die Erinnerungsführerin) zu verurteilen, den Widerspruch der Klägerin (= die Erinnerungsgegnerin) vom 15. März 2010 gegen den Mahngebührenbescheid vom 7. März 2010 zu bescheiden. Die dortige Mahngebührenforderung betrug 0,77 EUR. Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2010 erklärte die Erinnerungsgegnerin die Untätigkeitsklage für erledigt, nachdem die Erinnerungsführerin am 1. Juli 2010 einen Widerspruchsbescheid erlassen hatte. Mit Beschluss vom 10. Februar 2011 wurde der Erinnerungsführerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits auferlegt, da die Frage der Verwaltungsaktqualität der angesetzten Mahngebühr noch nicht höchstrichterlich geklärt war und die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache sowohl in die eine als auch in die andere Richtung hätte gehen können, nachdem die Erinnerungsführerin im Schriftsatz vom 20. Juli 2010 die Kostenübernahme abgelehnt hatte, da eine Mahnung keinen Verwaltungsakt im Sinne der § 31 SGB X darstelle, ein der Untätigkeitsklage vorausgehender Widerspruch sich aber gegen einen solchen richten müsse (was auch schon in der Klageerwiderung geltend gemacht wurde); dass durch das JobCenter zwischenzeitlich die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Rückforderung hergestellt wurde, könne ebenfalls nicht zur Kostentragung der Beklagten führen. Mit Schriftsatz vom 20. August 2010 hatte die Erinnerungsführerin einen Kontoauszug übersandt, aus welchem die Stornierung der Mahngebühren ersichtlich sei. Die Erinnerungsgegnerin hatte zu diesem Schriftsatz der Erinnerungsführerin mit Schriftsatz vom 2. September 2010 mitgeteilt, dass von hier aus nicht ersichtlich sei, wozu dieser Vortrag dienen solle. Es gehe ausschließlich noch um die Frage der Kostenentscheidung. Der Umstand, dass die Mahngebühren im Softwaresystem der Beklagten auf "Null" gestellt wurden, sei dafür unerheblich.

Mit Antrag vom 1. März 2011 beantragte die Erinnerungsgegnerin die Kostenfestsetzung entsprechend folgender Kostenrechnung:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV 100,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV 80,00 EUR Post- und Telekomentgelt gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR zzgl. 19 % MwSt 38,00 EUR Gesamtbetrag: 238,00 EUR hiervon ½ 119,00 EUR

Mit Schriftsatz vom 15. März 2011 erklärte die Erinnerungsführerin dazu, sie sei nicht bereit, die Kosten in der geltend gemachten Höhe anzuerkennen. Die beantragte Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG sei nicht entstanden. Bei einer Untätigkeitsklage handele es sich um eine Bescheidungsklage, bei der keine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei. Auch habe die Erinnerungsführerin kein Anerkenntnis abgegeben. Insoweit werde auch u. a. auf die Entscheidungen des Sozialgerichts Berlin vom 3. Januar 2011 zum Aktenzeichen - S 180 SF 808/10 E - und des Landessozialgerichts Nordrheinwestfalen vom 5. Mai 2008 zum Aktenzeichen - L 19 B 24/08 AS - verwiesen. Die Erinnerungsführerin sei daher bereit, Kosten wie folgt zu erstatten:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 100,00 EUR Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 120,00 EUR MwSt 19 % 22,80 EUR Gesamtbetrag: 142,70 EUR hiervon ½ 71,40 EUR

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Juni 2011 setzte die Urkundsbeamtin des Sozialgerichts einen Betrag von 78,84 EUR zuzüglich ab 1. März 2011 zu leistende Zinsen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 62,50 EUR Terminsgebühr Nr. 3103 VV RVG 50,00 EUR Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 25,17 EUR Summe: 157,68 EUR hiervon ½ 78,84 EUR

Zur Begründung der von ihr in Höhe von 25 % der Mittelgebühren als billig angesehenen Gebühren bezog sie sich auf den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. September 2010 - S 165 SF 791/09 E -, es sei nicht um den Erlass eines Verwaltungsaktes zur Erlangung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegangen, sondern um die Bescheidung eines Widerspruches im Kostenerstattungsverfahren nach § 63 SGB X.

Mit der dagegen am 8. August 2011 eingelegten Erinnerung trägt die Erinnerungsführerin vor, sie vertrete die Auffassung, dass sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG richtige, weil die Prozessbevollmächtigten bereits für das Widerspruchsverfahren (hier entspreche dies dem Verwaltungsverfahren nach Nr. 3103 VV-RVG) tätig gewesen seien und mithin bereits mit den Sachverhalt vertraut gewesen seien. Ferner sei als Gebühr für das hiesige Verfahren der Untätigkeitsklage - begehrt worden sei eine Entscheidung über den Widerspruch gegen die Mahnung und der Festsetzung von Mahngebühren in Höhe von 0,77 EUR - nur die Mindestgebühr von 20,00 EUR (Nr. 3103 VV-RVG) angemessen. Verwiesen werde diesbezüglich auf den Beschluss des Thüringerischen Landessozialgerichts vom 25. Oktober 2010 - L 6 SF 652/10 B -. Für die Erinnerungsführerin sei nicht erkennbar, welche - wenn nicht Fälle wie der vorliegende - die unterste Gebühr des Gebührenrahmens rechtfertigen sollten, weshalb sie diese für angemessen halte. Darüber hinaus werde auf den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Juni 2007 - L 18 B 732/07 AS - sowie den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrheinwestfalen vom 5. Mai 2008 - L 19 B 24/08 AS - verwiesen, wonach bei Untätigkeitsklagen allenfalls eine Verfahrensgebühr in Höhe des doppelten der Mindestgebühr - und damit von 40,00 EUR in Betracht käme. Eine (fiktive) Terminsgebühr sei in hiesigen Verfahren nicht gerechtfertigt. Diesbezüglich werde auf folgende Beschlüsse verwiesen: Landessozialgericht Nordrheinwestfalen vom 5. Mai 2008 - L 19 B 24/08 AS -. Hessisches Landessozialgericht vom 12. Mai 2010 - L 2 SF 342/09 E -, Thüringisches Landessozialgericht vom 25. Oktober 2010 - L 6 SF 652/10 B. Kosten seien danach in folgender Höhe - zuzüglich Zinsen - festzusetzen:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 20,00 EUR Kommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG 4,00 EUR Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 4,56 EUR Gesamt: 28,56 EUR

Die Erinnerungsgegnerin trägt vor, die Berücksichtigung eines Vorverfahrens sei hier abwegig, da es sich um eine Untätigkeitsklage handelte. Bei einer Untätigkeitsklage gebe es kein Vorverfahren. Der Verweis auf den Beschluss des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg - L 18 B 732/07 AS - bleibe rätselhaft, da dieser Beschluss sich mit der Frage der Höhe von Gebühren nicht auseinandersetze. Nach ständiger Rechtsprechung des Sozialgericht Berlin seien für eine Untätigkeitsklage eine Verfahrensgebühr von 100,00 EUR und eine Terminsgebühr in Höhe von 80,00 EUR festzusetzen. Im vorliegenden Fall sei die Festsetzung hinter den üblichen Sätzen zurückgeblieben. Insofern sei nicht ersichtlich, warum die Gegenseite noch weitere Kürzungen geltend machen wolle. Aus hiesiger Sicht seien die ursprünglich beantragten Gebühren gerechtfertigt gewesen, sodass die festgesetzten Gebühren erstrecht gerechtfertigt seien. Im vorliegenden Falle habe das Bundessozialgericht die Frage klären müssen, ob es sich bei einem Mahngebührenbescheid um einen Verwaltungsakt handele und ob die Gegenseite überhaupt berechtigt sei, einen solchen Verwaltungsakt zu erlassen. Insofern sei die Schwierigkeit der Rechtslage im vorliegenden Fall weit überdurchschnittlich hoch, da üblicherweise bei einer Untätigkeitsklage keine wesentlichen Rechtsfragen zu klären seien. Bereits deshalb seien hier die beantragten Gebühren gerechtfertigt gewesen. Insbesondere die Gegenseite habe immer wieder darauf hingewiesen, wie schwierig die Rechtslage sei und dass ohne eine Klärung durch das Bundessozialgericht keine Entscheidung möglich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Ursprungsakte zum Aktenzeichen – S 60 AL./10 - verwiesen, die bei der Entscheidung vorlagen.

II.

Auf die zulässige Erinnerung waren die zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 35,70 EUR lt. nachstehender Berechnung festzusetzen:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 50,00 EUR

Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG 10,00 EUR

Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG (19 %) 11,40 EUR

Summe 71,40 EUR.

davon 1/2 35,70 EUR.

Zur der hier streitigen Frage des anzuwendenden Gebührenrahmens für die Verfahrensgebühr, des Ansatzes einer (fiktiven) Terminsgebühr, sowie deren Höhe bei Untätigkeitsklagen setzen die seit Januar beim Sozialgericht Berlin eingerichteten Kostenkammern grundsätzlich (seit den Musterbeschlüssen – S 164 SF 12/09 E - vom 21. Januar 2009 und - S 165 SF 11/09 E - vom 2. Februar 2009, in juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de sowie http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/page/sammlung.psml/bs/10) den Gebührenrahmen der Nr. 3102 VV RVG an und vertreten die gefestigte Auffassung, dass eine (verminderte) Gebühr nach Nr. 3103 VV RVG im Verfahren der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG auch dann nicht anfallen kann, wenn eine Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Verwaltungsverfahren oder im weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren (Vorverfahren) vorausgegangen ist. Aus den weiteren Gründen der genannten Entscheidungen vertreten die Kammern die ständige und einhellige Auffassung, dass bei Untätigkeitsklagen eine Gebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Gestalt der "fiktiven" Terminsgebühr anfällt. Ferner halten die Kammern zur Frage der Höhe in der Regel 40% der Mittelgebühren für angemessen bzw. 25% der Mittelgebühr aufgrund der noch geringeren Bedeutung der Angelegenheit bei Untätigkeitsklagen, in denen "nur" auf Erlass eines Kosten(erstattungs)bescheides nach § 63 SGB X geklagt wird (vgl. SG Berlin vom 23. September 2009 - S 165 SF 791/09 E -; in juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Entgegen der Gründe im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss war Gegenstand der hiesigen Untätigkeitsklage zwar nicht der Erlass eines Kostenbescheides nach § 63 SGB X, sondern eines Widerspruchsbescheides auf den Widerspruch gegen einen Mahngebührenbescheid. Die im Beschluss vom 23. September 2009 - S 165 SF 791/09 E -, a.a.O., aufgestellten Grundsätze, insbesondere hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit sind zur Überzeugung der Kammer aber auf Fälle wie den vorliegenden grundsätzlich übertragbar, und zwar mit der weiteren Maßgabe, dass hier in der Regel nur Gebühren in Höhe von 20% der Mittelgebühr als billig erscheinen. Denn während die geltend gemachte Kosten des Widerspruchsverfahrens jedenfalls bei anwaltlich vertretenen Klägern in der Regel im dreistelligen Euro-Bereich liegen (können), bewegen sich die Mahngebühren regelmäßig maximal im zweistelligen Euro-Bereich, oftmals - wie vorliegend - sogar im Cent-Bereich, was einer - auch für Grundleistungsempfänger nach dem SGB II - denkbar geringst möglichen Bedeutung der Angelegenheit entspricht.

Soweit die Erinnerungsgegnerin die im Hintergrund stehende Rechtsfrage (Qualifikation des Mahngebührenbescheides als Verwaltungsakt) als für eine Untätigkeitsklage atypisch schwierig kennzeichnet, beschränkte sich eine solche Schwierigkeit (falls man diese überhaupt annimmt, da bereits vor der diesbezüglichen Entscheidung des BSG vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 54/10 R - ausweislich der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2010 - L 22 LW 2/10 B ER –, also vor Erhebung der hiesigen Klage jedenfalls für den Gerichtsbezirk Berlin-Brandenburg erkennbar von deren Zulässigkeit ausgegangen werden konnte) vorliegend allenfalls auf die Prüfung, ob die Untätigkeitsklage insoweit zulässig war, ohne dass hierzu aber schriftliche anwaltliche Ausführungen erforderlich wurden – weder in der Klageschrift, welche sich in der - knappen - Darstellung des – einfachen - (Untätigkeits)Sachverhaltes erschöpfte noch in einer – hier nicht erfolgten - Replik zur Klageerwiderung noch inhaltlich in einer Erwiderung zum Kostenvortrag der Erinnerungsführerin in deren Schriftsatz vom 20. Juli 2010. Auch wurde die Rechtsfrage angesichts des innerhalb von zwei Wochen nach Klageerhebung erlassenen Widerspruchsbescheides ansonsten nicht weiter relevant.

Alleine die Mindestgebühr, wie von der Erinnerungsgegnerin geltend gemacht, kommt aber auch nicht bei Untätigkeitsklagen wie der vorliegenden in Betracht. Denn es sind Fälle anwaltlicher Tätigkeit im Klageverfahren mit noch weniger Aufwand denkbar, etwa solche einer nur Frist wahrenden Klageerhebung, der ein sofortiges Anerkenntnis folgt.

Eine (fiktive) Terminsgebühr nach Anmerkung 3. zu Nr. 3106 VV RVG ist vorliegend allerdings nicht angefallen, und zwar aus den Gründen des Beschlusses des SG Berlin vom 3. Januar 2011 - S 180 SF 808/10 E -, welche angesichts der hiesigen Einlassungen der Erinnerungsführerin in der Klageerwiderung und im Schriftsatz vom 20. Juli 2010 auch auf den vorliegenden Fall Anwendung finden:

"Die beantragte (fiktive) Terminsgebühr in Höhe von 80,00 EUR ist nicht entstanden. Insbesondere liegt kein Fall der fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 S. 2 Nr. 3 VV RVG vor. Danach entsteht die Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll sich die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG bestimmen (Bundestagsdrucksache 15/1971). Hintergrund dieser Regelung ist, dass die Neuregelungen im RVG für den Bereich des Sozialrechts eine drastische Gebührenreduzierung nach sich ziehen und zudem viele Verfahren ihren Abschluss ohne Anberaumung eines Termins finden. Daher hat der Gesetzgeber für bestimmte Fälle den Anfall der Terminsgebühr angeordnet, ohne dass ein Termin überhaupt stattfindet. Diese sog. fiktive Terminsgebühr ist in Nr. 3106 VV RVG geregelt (vgl. Guhl, NZS 2005, 193, 194). Danach entsteht die Terminsgebühr auch, wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Diese Voraussetzungen liegen bei Untätigkeitsklage im Falle des Erlasses des begehrten Bescheides in der Regel vor. Allerdings handelt es sich im Rahmen einer Untätigkeitsklage nicht stets um ein Anerkenntnis im Sinne von § 101 Abs. 2 SGG und 3106 Satz 2 Nr. 3 VV RVG, wenn die Beklagte den Antrag bzw. den Widerspruch des Klägers durch Erlass eines - wie auch immer gearteten - Bescheides bzw. Widerspruchsbescheides bescheidet, auch wenn die Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG auf bloße Bescheidung gerichtet ist. Da eine Untätigkeitsklage nur dann begründet ist, wenn die Beklagte ohne zureichenden Grund über den Antrag bzw. den Widerspruch nicht innerhalb einer Frist von 6 bzw. 3 Monaten entschieden hat, und auch nur dann eine Verurteilung des Beklagten zu der beantragten Bescheidung erfolgen kann (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 88 Rn. 9), liegt ein Anerkenntnis im Rechtssinne vielmehr nur vor, wenn die Frist des § 88 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGG abgelaufen ist und der Beklagte zusätzlich zum Erlass des Bescheids bzw. des Widerspruchsbescheids uneingeschränkt zugesteht, dass er keinen zureichenden Grund für die verspätete Entscheidung hatte. Dies kann sich nicht nur aufgrund einer ausdrücklichen Erklärung des Beklagten, sondern auch aus den gesamten Umständen der Bescheiderteilung ergeben. So liegt es nahe, dass der Beklagte eingesteht, dass er ohne zureichenden Grund binnen angemessener Frist nicht entschieden hat, wenn er nichts zum Vorliegen eines zureichenden Grundes vorträgt, da er grundsätzlich zureichende Gründe darzulegen hat (vgl. Leitherer, a.a.O., Rn. 7a). Gleiches gilt, wenn der Beklagte ohne Einschränkungen oder Erläuterungen ein Kostenanerkenntnis dem Grunde nach abgibt, da er damit eingesteht, dass die Untätigkeitsklage begründet war und er Anlass zur Klage gegeben hat. Ansonsten müsste er nämlich die außergerichtlichen Kosten des Klägers nicht übernehmen (vgl. SG Köln, Beschluss vom 02.11.2007, Az.: S 6 AS 231/06).

Nach diesen Grundsätzen hat die Erinnerungsführerin durch Erlass des Widerspruchsbescheides vom 23.06.2008 kein Anerkenntnis abgegeben. Sie hat in dem Schriftsatz vom 25.06.2008 ausdrücklich klar gestellt, dass die Klage aus ihrer Sicht mangels einer Untätigkeit ohne zureichenden Grund nicht begründet ist. Sie hat ausführlich dargelegt, weshalb sie nicht von einer grundlosen Untätigkeit ausging. Dementsprechend hat sie auch die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsgegners abgelehnt. Damit hat die Beklagte nicht zugestanden, ohne zureichenden Grund untätig geblieben zu sein, sondern hat dies aus den dort genannten Gründen bestritten. Ein Anerkenntnis ist bezüglich des Klageantrags somit nicht abgegeben worden. Folglich war die beantragte (fiktive) Terminsgebühr nicht festzusetzen."

Die Kostenentscheidung für das Erinnerungsverfahren beruht auf § 193 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Erinnerung mit einer Quote von ca. 14% der Differenz (50,28 EUR) zwischen dem Erinnerungsziel (28,56 EUR) und der angegriffenen Kostenfestsetzung (78,84 EUR) zurückgewiesen wurde, nämlich in Höhe der Differenz von 7,14 EUR zwischen dem jetzt festgesetztem (35,70 EUR) und dem geltend gemachtem Betrag (28,56 EUR).

Dieser Beschluss ist, auch hinsichtlich der Kostengrundentscheidung, unanfechtbar (§ 197 Abs. 2, § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved