Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
89
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 89 KR 46/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 22.12.2011 wird abgewiesen. Die Antragstellerin trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Der Streitwert wird auf 22.733,64 EUR festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 09.01.2012, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.12.2011 gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 14.12.2011 bezüglich einer Beitragsforderung in Höhe von 45.467,28 EUR für den Zeitraum vom 16.07.2007 bis 31.12.2009 begehrt, hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Hierunter fällt das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.12.2011 ist nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfallen, da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.12.2011 die Beitragspflicht und -höhe zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung feststellt und die Antragstellerin zur entsprechenden Nachzahlung verpflichtet.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Das Gericht entscheidet über den Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse am Vollzug eines Bescheides überwiegt. Der Gesetzgeber hat dabei durch den ausdrücklichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingeschätzt als das Privatinteresse an der vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Hat daher ein Widerspruch nicht schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung, soll gemäß § 86a Abs. 3 SGG die Behörde diese bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Maßstäbe gelten in gleicher Weise mit Blick auf die Abwägungsentscheidung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage durch das Gericht nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG – Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 12b).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen nicht. Sie bestehen nur dann, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs nach der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2007 - L 9 B 374/07 KR ER). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da sich die Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen den Beitragsnachforderungsbescheid der Antragsgegnerin derzeit als bestenfalls offen darstellen. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens verbleibt es bei der durch den Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG vorgegebenen Risikoverteilung.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Diese Sachlage ist vorliegend gegeben.
Die Antragsgegnerin hat durch den Beitragsbescheid vom 14.12.2011 eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die bei der Antragstellerin beschäftigten Leiharbeitnehmer in der Krankenversicherung (§ 5 SGB V) der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 HS 1 SGB XI) und in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Absatz 1 Satz 1 SGB III) im Zusammenhang mit der Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personaldienstleistungen (CGZP) festgestellt und für den Zeitraum vom 16.07.2007 bis 31.12.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 45.467,28 EUR nachgefordert. Die Höhe der Forderung ergab sich aufgrund des sogenannten Equal-Pay- Grundsatzes, die Antragsgegnerin legte dabei eine Differenz von 24% zugrunde.
Diese Feststellungen begegnen jedenfalls nach summarischer Betrachtung keinen Einwänden. Die mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, Az.: 1 ABR 19/10) festgestellte Tarifunfähigkeit der CGZP hat zur Folge, dass mit dem in dem Beschluss festgestellten gegenwärtigen Zeitpunkt der zugrunde liegende Tarifvertrag unwirksam war. Dies führt wiederum dazu, dass Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis auf einem mit der CGZP geschlossenen Tarifvertrag begründet wurde, zumindest seit dem Zeitpunkt der Entscheidung des BAG einen höheren Entgeltanspruch aufgrund des Equal-Pay-Grundsatzes nach §§ 9 Nr. 2, 10 Absatz 4 AÜG geltend machen können und entsprechend auch die Sozialversicherungsträger Sozialversicherungsbeiträge nachfordern können. Dies ist insoweit unstreitig.
Streitig und höchstrichterlich bisher nicht geklärt ist die hier entscheidungserhebliche Frage, ob die festgestellte gegenwärtige Tarifunfähigkeit und mithin die Unwirksamkeit der Tarifverträge auch in der Vergangenheit vorlagen mit der Folge, dass die Forderungen, die sich daraus für Arbeitnehmer und Sozialversicherungsträger ergeben würden, auch rückwirkend (d.h. für Zeiträume vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts) geltend gemacht werden können.
Hierfür spricht nach Überzeugung der Kammer vieles. Das BAG hat in dem Beschluss vom 14.12.2010 ausdrücklich festgestellt, dass die CGZP keine tariffähige Spitzenorganisation ist, weil die Mitglieder der CGZP ihre Tariffähigkeit nicht vollständig übertragen haben; zudem geht der Organisationsbereich der CGZP über den ihrer Mitglieder hinaus. Es spricht viel dafür, dass diese Umstände bereits von Beginn der Tätigkeit der CGZP an vorlagen, also auch im Zeitraum vor dem Beschluss vom 14.12.2010. Es ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht geltend gemacht, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse innerhalb der CGZP in der Vergangenheit von den gegenwärtigen unterschieden haben.
Darüber hinaus haben für die Kammer überzeugend das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20.09.2011, Az.: 7 SA 1318/11) und das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 02.11.2011, Az.: 4 Ta 130/11) die Auffassung vertreten, dass nach den Feststellungen des BAG die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auf Satzungsmängeln beruht. Dies hat, so das LArbG Sachsen-Anhalt, zur Folge, dass sämtliche im zeitlichen Geltungsbereich der für unwirksam erachteten Verbandssatzung abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind, mithin auch für einen dem Beschluss des BAG vorangegangenen Zeitraum.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat im übrigen mit Beschluss vom 09.01.2012, Az.: 24 TaBV 1285/11, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die vom BAG aufgestellten Grundsätze festgestellt, dass die CGZP auch am 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2008 (Zeitpunkte von Tarifvertragsabschlüssen mit dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister – AMP) nicht tariffähig war und zu diesen Zeitpunkten keine Tarifverträge abschließen konnte. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.05.2011, Az.: 29 BV 13947/10, wurde insoweit bestätigt.
Folgt man diesen Erwägungen, wären die Verträge der bei der Antragstellerin beschäftigten Leiharbeitnehmer, soweit diese auf dem Tarifvertrag der CGZP beruhen, unwirksam. In der Folge wären dann die Feststellungen der Antragsgegnerin im Nachforderungsbescheid jedenfalls dem Grunde nach zutreffend; aufgrund des Equal-Pay- Grundsatzes bestünde ein Anspruch auf höhere Entgelte, die wiederum der Beitragspflicht unterliegen würden.
Allerdings hat die Antragstellerin zutreffend darauf verwiesen, dass das BAG ausdrücklich (a.a.O., Rn 33) die rechtliche Beurteilung nur für die Gegenwart festgestellt hat. Bezüglich der Beurteilung der Tariffähigkeit für die Vergangenheit ist, wie oben ausgeführt, noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen. Hierzu sind mehrere Verfahren beim BAG anhängig.
Nach dem derzeitigen Sachstand kann daher nicht abschließend beurteilt werden, ob die Tariffähigkeit der CPGZ auch für die Vergangenheit verneint wird und daher die den Beschäftigungsverhältnissen der Arbeitnehmer der Antragstellerin zugrunde liegenden Tarifverträge unwirksam sind. Die Kammer hat allerdings in Anbetracht der Ausführungen des BAG sowie der angestellten Erwägungen diesbezüglich jedenfalls keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide der Antragsgegnerin.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides ergeben sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht daraus, dass mit dem angegriffenen Bescheid Sozialversicherungsbeiträge für einen Zeitraum nachgefordert werden, der bereits Gegenstand einer vorangegangenen Betriebsprüfung war. Dabei kann unentschieden bleiben, ob der in dem Prüfbescheid vom 09.02.2011 aufgenommene Hinweis der Antragsgegnerin auf die mögliche Tarifunfähigkeit der CGZP und auf die versicherungs- und beitragsrechtlichen Konsequenzen den Anforderungen an einen Prüfvorbehalt genügt. Denn es fehlt bereits an einer abschließende Regelung für die in diesem Prüfzeitraum bestehenden Beitragspflichten.
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.2004, Az.: B 12 KR 1/04 R; Urteil vom 22.02.1980, Az.: 12 RK 34/79) hinsichtlich der Rechtsfolgen von Betriebsprüfungen festgestellt, dass sowohl die Arbeitgeber als auch die Beschäftigten aus solchen früheren Betriebsprüfungen grundsätzlich keine weitergehenden Rechte, insbesondere keinen Vertrauensschutz, herleiten können. Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV sind gemeinhin Stichprobenprüfungen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensverordnung). Selbst in kleinen Betrieben sind die Prüfbehörden zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Dies gilt gleichermaßen für die beitragsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelten. Das BSG führt weiterhin aus, dass Betriebsprüfungen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck haben, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Auch den Prüfberichten und Bescheiden kommt keine andere Bedeutung zu. Der Arbeitgeber kann sich daher grundsätzlich nicht darauf berufen, dass der streitgegenständliche Sachverhalt bei der vorherigen Betriebsprüfung nicht beanstandet wurde.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ergeben sich nach Überzeugung der Kammer auch nicht aus allgemeinen Vertrauensschutzerwägungen. Die Antragstellerin macht insoweit geltend, dass sie darauf vertraut habe, dass es sich um einen anwendungsfähigen Tarifvertrag gehandelt habe. Dieser sei ordnungsgemäß als Tarifvertrag im Tarifregister eingetragen gewesen und auch die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg als Erlaubnisbehörde habe bei ihren jährlichen Überprüfungen zur Verlängerung der befristeten Erlaubnis keine Einwände erhoben. Schließlich habe sie im Jahr 2010 eine unbefristete Erlaubnis erhalten.
Wenn diese Einwände auch nicht von der Hand zu weisen sind, können sie doch ernstliche Zweifel nicht begründen. Zwar kann auch im Beitragsrecht der Sozialversicherung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Vertrauensschutz für den Beitragspflichtigen entweder aus einem vorangegangen Verhalten der Verwaltung oder bei Änderung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung entstehen, so dass eine Betragsnachforderung ausgeschlossen sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.1980, Az.: 12 RK 59/79). Da die Beitragspflicht jedoch grundsätzlich nur an objektive Voraussetzungen geknüpft ist und es auf ein Verschulden des Beitragspflichtigen nicht ankommt, sind für den Rückgriff auf § 242 BGB hohe Anforderungen zu stellen und es bedarf weiterer besonderer Umstände, die ein Vertrauen ausnahmsweise begründen können.
Vorliegend spricht aber nach summarischer Prüfung jedenfalls nicht überwiegendes dafür, dass bei der Antragstellerin ein ausnahmsweise schützenswerter Vertrauenstatbestand entstanden ist. Dies gilt insbesondere deshalb, weil schon einige Jahre vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 die Tariffähigkeit der CGZP angezweifelt worden war. Es ist derzeit nicht davon auszugehen, dass ihr dieser Umstand nicht bekannt war. Allerdings bedarf es hierzu im Einzelfall noch weiterer Ermittlungen, was aber im Rahmen des Eilverfahrens vorliegend nicht zu ernsthaften Zweifeln des Gerichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, sondern allenfalls zu offenen Erfolgsaussichten führt.
Da nach alldem insgesamt allenfalls Zweifel, nicht aber erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin bestehen, kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht festgestellt werden.
Der Beitragsanspruch ist auch entstanden. Die Ausführungen der Antragstellerin, dass im Falle einer positiven Entscheidung über nachzuzahlende Arbeitsentgelte diese als Einmalzahlung erfolgen würden, für die ausnahmsweise das Zuflussprinzip gelte, überzeugen nicht. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB IV entstehen ausnahmslos alle Beitragsansprüche, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (Entstehungsprinzip). Auch die Fälligkeitsregelung des § 23 SGB IV spricht für das Entstehungsprinzip. Die genannten Vorschriften zum Entstehen und zur Fälligkeit von Beitragsforderungen lassen keine Unterscheidung danach zu, ob der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt zahlt und ob der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt verlangt hat oder es noch verlangen könnte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2010, Az.: L 9 KR 4/08). Die o.g. Erwägungen zur rückwirkenden Unwirksamkeit der Tarifverträge zugrunde gelegt, sind vorliegend die Forderungen unter Berücksichtigung des Entstehungsprinzips auch in der Vergangenheit entstanden, denn die bei der Antragstellerin beschäftigten Leiharbeitnehmer hätten, da der ihren Beschäftigungsverhältnissen zugrunde liegende Tarifvertrag unwirksam gewesen ist, auch einen höheren Entgeltanspruch gehabt, mit der Folge auch höherer Beitragsleistungen zur Gesamtsozialversicherung.
Insgesamt ist daher in Anbetracht der summarischen Prüfung davon auszugehen, dass die Erfolgsaussichten des Widerspruchs nicht überwiegen.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kommt auch nicht wegen einer mit der Vollziehung verbundenen unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte in Betracht. Eine unbillige Härte ist dann zu bejahen, wenn durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG – Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86a Rn. 27b). Solche Nachteile sind hier nicht ersichtlich. Zwar hat die Antragstellerin vorgetragen, dass die Beitreibung der strittigen Forderung dazu führen würde, dass sie alle Mitarbeiter kündigen und den Geschäftsbetrieb einstellen müsse. Diese Behauptung ist jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Denn die Antragstellerin hat keine nachvollziehbaren Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht, die den Schluss zuließen, dass die Zahlung der geforderten Beiträge zur Existenzgefährdung der Antragstellerin führen könnte. Die vorgelegten Umsatzzahlen lassen nicht erkennen, dass hier eine Rücklagenbildung in den vergangenen Jahren nicht möglich war. Es ist auch angesichts der durchweg positiven Jahresergebnisse nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin nicht kreditfähig wäre. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin mehrfach auf die Möglichkeit der Antragstellerin hingewiesen, nach § 76 SGB IV eine Stundung bzw. Ratenzahlung bei der zuständigen Einzugsstelle zu beantragen, so dass auch dadurch das Eintreten irreparabler Nachteile verhindert werden könnte.
Im Übrigen ist bezüglich einer Abwägung der Interessen auch zu berücksichtigen, dass – da die Kammer keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin hat - das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Beitragszahlung überwiegt, da eine spätere Vollstreckbarkeit der Forderung nicht ohne jeden Zweifel gesichert ist.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Bei der aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 und 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) folgenden Streitwertfestsetzung ist auf die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache Bezug zu nehmen. Dabei war der mit dem Bescheid geforderte Betrag (45.467,28 EUR) zur Grundlage der Wertfestsetzung zu machen. Der Betrag war im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung angemessen auf die Hälfte (22.733,64 EUR) zu reduzieren.
Gründe:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vom 09.01.2012, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.12.2011 gegen den Nachforderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 14.12.2011 bezüglich einer Beitragsforderung in Höhe von 45.467,28 EUR für den Zeitraum vom 16.07.2007 bis 31.12.2009 begehrt, hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Hierunter fällt das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin. Die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.12.2011 ist nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfallen, da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.12.2011 die Beitragspflicht und -höhe zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung feststellt und die Antragstellerin zur entsprechenden Nachzahlung verpflichtet.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Das Gericht entscheidet über den Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse am Vollzug eines Bescheides überwiegt. Der Gesetzgeber hat dabei durch den ausdrücklichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingeschätzt als das Privatinteresse an der vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht. Hat daher ein Widerspruch nicht schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung, soll gemäß § 86a Abs. 3 SGG die Behörde diese bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Maßstäbe gelten in gleicher Weise mit Blick auf die Abwägungsentscheidung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage durch das Gericht nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG – Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86b Rn. 12b).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen nicht. Sie bestehen nur dann, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs nach der im vorliegenden Verfahren allein gebotenen summarischen Prüfung wahrscheinlicher ist als sein Misserfolg (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2007 - L 9 B 374/07 KR ER). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da sich die Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen den Beitragsnachforderungsbescheid der Antragsgegnerin derzeit als bestenfalls offen darstellen. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens verbleibt es bei der durch den Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG vorgegebenen Risikoverteilung.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Diese Sachlage ist vorliegend gegeben.
Die Antragsgegnerin hat durch den Beitragsbescheid vom 14.12.2011 eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die bei der Antragstellerin beschäftigten Leiharbeitnehmer in der Krankenversicherung (§ 5 SGB V) der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 HS 1 SGB XI) und in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Absatz 1 Satz 1 SGB III) im Zusammenhang mit der Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personaldienstleistungen (CGZP) festgestellt und für den Zeitraum vom 16.07.2007 bis 31.12.2009 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 45.467,28 EUR nachgefordert. Die Höhe der Forderung ergab sich aufgrund des sogenannten Equal-Pay- Grundsatzes, die Antragsgegnerin legte dabei eine Differenz von 24% zugrunde.
Diese Feststellungen begegnen jedenfalls nach summarischer Betrachtung keinen Einwänden. Die mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, Az.: 1 ABR 19/10) festgestellte Tarifunfähigkeit der CGZP hat zur Folge, dass mit dem in dem Beschluss festgestellten gegenwärtigen Zeitpunkt der zugrunde liegende Tarifvertrag unwirksam war. Dies führt wiederum dazu, dass Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis auf einem mit der CGZP geschlossenen Tarifvertrag begründet wurde, zumindest seit dem Zeitpunkt der Entscheidung des BAG einen höheren Entgeltanspruch aufgrund des Equal-Pay-Grundsatzes nach §§ 9 Nr. 2, 10 Absatz 4 AÜG geltend machen können und entsprechend auch die Sozialversicherungsträger Sozialversicherungsbeiträge nachfordern können. Dies ist insoweit unstreitig.
Streitig und höchstrichterlich bisher nicht geklärt ist die hier entscheidungserhebliche Frage, ob die festgestellte gegenwärtige Tarifunfähigkeit und mithin die Unwirksamkeit der Tarifverträge auch in der Vergangenheit vorlagen mit der Folge, dass die Forderungen, die sich daraus für Arbeitnehmer und Sozialversicherungsträger ergeben würden, auch rückwirkend (d.h. für Zeiträume vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts) geltend gemacht werden können.
Hierfür spricht nach Überzeugung der Kammer vieles. Das BAG hat in dem Beschluss vom 14.12.2010 ausdrücklich festgestellt, dass die CGZP keine tariffähige Spitzenorganisation ist, weil die Mitglieder der CGZP ihre Tariffähigkeit nicht vollständig übertragen haben; zudem geht der Organisationsbereich der CGZP über den ihrer Mitglieder hinaus. Es spricht viel dafür, dass diese Umstände bereits von Beginn der Tätigkeit der CGZP an vorlagen, also auch im Zeitraum vor dem Beschluss vom 14.12.2010. Es ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht geltend gemacht, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse innerhalb der CGZP in der Vergangenheit von den gegenwärtigen unterschieden haben.
Darüber hinaus haben für die Kammer überzeugend das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20.09.2011, Az.: 7 SA 1318/11) und das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 02.11.2011, Az.: 4 Ta 130/11) die Auffassung vertreten, dass nach den Feststellungen des BAG die fehlende Tariffähigkeit der CGZP auf Satzungsmängeln beruht. Dies hat, so das LArbG Sachsen-Anhalt, zur Folge, dass sämtliche im zeitlichen Geltungsbereich der für unwirksam erachteten Verbandssatzung abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind, mithin auch für einen dem Beschluss des BAG vorangegangenen Zeitraum.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat im übrigen mit Beschluss vom 09.01.2012, Az.: 24 TaBV 1285/11, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die vom BAG aufgestellten Grundsätze festgestellt, dass die CGZP auch am 29.11.2004, 19.06.2006 und 09.07.2008 (Zeitpunkte von Tarifvertragsabschlüssen mit dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister – AMP) nicht tariffähig war und zu diesen Zeitpunkten keine Tarifverträge abschließen konnte. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 30.05.2011, Az.: 29 BV 13947/10, wurde insoweit bestätigt.
Folgt man diesen Erwägungen, wären die Verträge der bei der Antragstellerin beschäftigten Leiharbeitnehmer, soweit diese auf dem Tarifvertrag der CGZP beruhen, unwirksam. In der Folge wären dann die Feststellungen der Antragsgegnerin im Nachforderungsbescheid jedenfalls dem Grunde nach zutreffend; aufgrund des Equal-Pay- Grundsatzes bestünde ein Anspruch auf höhere Entgelte, die wiederum der Beitragspflicht unterliegen würden.
Allerdings hat die Antragstellerin zutreffend darauf verwiesen, dass das BAG ausdrücklich (a.a.O., Rn 33) die rechtliche Beurteilung nur für die Gegenwart festgestellt hat. Bezüglich der Beurteilung der Tariffähigkeit für die Vergangenheit ist, wie oben ausgeführt, noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen. Hierzu sind mehrere Verfahren beim BAG anhängig.
Nach dem derzeitigen Sachstand kann daher nicht abschließend beurteilt werden, ob die Tariffähigkeit der CPGZ auch für die Vergangenheit verneint wird und daher die den Beschäftigungsverhältnissen der Arbeitnehmer der Antragstellerin zugrunde liegenden Tarifverträge unwirksam sind. Die Kammer hat allerdings in Anbetracht der Ausführungen des BAG sowie der angestellten Erwägungen diesbezüglich jedenfalls keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide der Antragsgegnerin.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides ergeben sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht daraus, dass mit dem angegriffenen Bescheid Sozialversicherungsbeiträge für einen Zeitraum nachgefordert werden, der bereits Gegenstand einer vorangegangenen Betriebsprüfung war. Dabei kann unentschieden bleiben, ob der in dem Prüfbescheid vom 09.02.2011 aufgenommene Hinweis der Antragsgegnerin auf die mögliche Tarifunfähigkeit der CGZP und auf die versicherungs- und beitragsrechtlichen Konsequenzen den Anforderungen an einen Prüfvorbehalt genügt. Denn es fehlt bereits an einer abschließende Regelung für die in diesem Prüfzeitraum bestehenden Beitragspflichten.
Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.2004, Az.: B 12 KR 1/04 R; Urteil vom 22.02.1980, Az.: 12 RK 34/79) hinsichtlich der Rechtsfolgen von Betriebsprüfungen festgestellt, dass sowohl die Arbeitgeber als auch die Beschäftigten aus solchen früheren Betriebsprüfungen grundsätzlich keine weitergehenden Rechte, insbesondere keinen Vertrauensschutz, herleiten können. Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV sind gemeinhin Stichprobenprüfungen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 Beitragsverfahrensverordnung). Selbst in kleinen Betrieben sind die Prüfbehörden zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungsrechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet. Dies gilt gleichermaßen für die beitragsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelten. Das BSG führt weiterhin aus, dass Betriebsprüfungen unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck haben, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Auch den Prüfberichten und Bescheiden kommt keine andere Bedeutung zu. Der Arbeitgeber kann sich daher grundsätzlich nicht darauf berufen, dass der streitgegenständliche Sachverhalt bei der vorherigen Betriebsprüfung nicht beanstandet wurde.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ergeben sich nach Überzeugung der Kammer auch nicht aus allgemeinen Vertrauensschutzerwägungen. Die Antragstellerin macht insoweit geltend, dass sie darauf vertraut habe, dass es sich um einen anwendungsfähigen Tarifvertrag gehandelt habe. Dieser sei ordnungsgemäß als Tarifvertrag im Tarifregister eingetragen gewesen und auch die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg als Erlaubnisbehörde habe bei ihren jährlichen Überprüfungen zur Verlängerung der befristeten Erlaubnis keine Einwände erhoben. Schließlich habe sie im Jahr 2010 eine unbefristete Erlaubnis erhalten.
Wenn diese Einwände auch nicht von der Hand zu weisen sind, können sie doch ernstliche Zweifel nicht begründen. Zwar kann auch im Beitragsrecht der Sozialversicherung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ein Vertrauensschutz für den Beitragspflichtigen entweder aus einem vorangegangen Verhalten der Verwaltung oder bei Änderung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung entstehen, so dass eine Betragsnachforderung ausgeschlossen sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.1980, Az.: 12 RK 59/79). Da die Beitragspflicht jedoch grundsätzlich nur an objektive Voraussetzungen geknüpft ist und es auf ein Verschulden des Beitragspflichtigen nicht ankommt, sind für den Rückgriff auf § 242 BGB hohe Anforderungen zu stellen und es bedarf weiterer besonderer Umstände, die ein Vertrauen ausnahmsweise begründen können.
Vorliegend spricht aber nach summarischer Prüfung jedenfalls nicht überwiegendes dafür, dass bei der Antragstellerin ein ausnahmsweise schützenswerter Vertrauenstatbestand entstanden ist. Dies gilt insbesondere deshalb, weil schon einige Jahre vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts am 14.12.2010 die Tariffähigkeit der CGZP angezweifelt worden war. Es ist derzeit nicht davon auszugehen, dass ihr dieser Umstand nicht bekannt war. Allerdings bedarf es hierzu im Einzelfall noch weiterer Ermittlungen, was aber im Rahmen des Eilverfahrens vorliegend nicht zu ernsthaften Zweifeln des Gerichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, sondern allenfalls zu offenen Erfolgsaussichten führt.
Da nach alldem insgesamt allenfalls Zweifel, nicht aber erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Antragsgegnerin bestehen, kann ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht festgestellt werden.
Der Beitragsanspruch ist auch entstanden. Die Ausführungen der Antragstellerin, dass im Falle einer positiven Entscheidung über nachzuzahlende Arbeitsentgelte diese als Einmalzahlung erfolgen würden, für die ausnahmsweise das Zuflussprinzip gelte, überzeugen nicht. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB IV entstehen ausnahmslos alle Beitragsansprüche, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (Entstehungsprinzip). Auch die Fälligkeitsregelung des § 23 SGB IV spricht für das Entstehungsprinzip. Die genannten Vorschriften zum Entstehen und zur Fälligkeit von Beitragsforderungen lassen keine Unterscheidung danach zu, ob der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt zahlt und ob der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt verlangt hat oder es noch verlangen könnte (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.03.2010, Az.: L 9 KR 4/08). Die o.g. Erwägungen zur rückwirkenden Unwirksamkeit der Tarifverträge zugrunde gelegt, sind vorliegend die Forderungen unter Berücksichtigung des Entstehungsprinzips auch in der Vergangenheit entstanden, denn die bei der Antragstellerin beschäftigten Leiharbeitnehmer hätten, da der ihren Beschäftigungsverhältnissen zugrunde liegende Tarifvertrag unwirksam gewesen ist, auch einen höheren Entgeltanspruch gehabt, mit der Folge auch höherer Beitragsleistungen zur Gesamtsozialversicherung.
Insgesamt ist daher in Anbetracht der summarischen Prüfung davon auszugehen, dass die Erfolgsaussichten des Widerspruchs nicht überwiegen.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kommt auch nicht wegen einer mit der Vollziehung verbundenen unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotenen Härte in Betracht. Eine unbillige Härte ist dann zu bejahen, wenn durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Leistung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gut gemacht werden können (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG – Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 86a Rn. 27b). Solche Nachteile sind hier nicht ersichtlich. Zwar hat die Antragstellerin vorgetragen, dass die Beitreibung der strittigen Forderung dazu führen würde, dass sie alle Mitarbeiter kündigen und den Geschäftsbetrieb einstellen müsse. Diese Behauptung ist jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Denn die Antragstellerin hat keine nachvollziehbaren Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht, die den Schluss zuließen, dass die Zahlung der geforderten Beiträge zur Existenzgefährdung der Antragstellerin führen könnte. Die vorgelegten Umsatzzahlen lassen nicht erkennen, dass hier eine Rücklagenbildung in den vergangenen Jahren nicht möglich war. Es ist auch angesichts der durchweg positiven Jahresergebnisse nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin nicht kreditfähig wäre. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin mehrfach auf die Möglichkeit der Antragstellerin hingewiesen, nach § 76 SGB IV eine Stundung bzw. Ratenzahlung bei der zuständigen Einzugsstelle zu beantragen, so dass auch dadurch das Eintreten irreparabler Nachteile verhindert werden könnte.
Im Übrigen ist bezüglich einer Abwägung der Interessen auch zu berücksichtigen, dass – da die Kammer keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin hat - das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Beitragszahlung überwiegt, da eine spätere Vollstreckbarkeit der Forderung nicht ohne jeden Zweifel gesichert ist.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Bei der aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 und 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) folgenden Streitwertfestsetzung ist auf die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache Bezug zu nehmen. Dabei war der mit dem Bescheid geforderte Betrag (45.467,28 EUR) zur Grundlage der Wertfestsetzung zu machen. Der Betrag war im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung angemessen auf die Hälfte (22.733,64 EUR) zu reduzieren.
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