Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
112
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 112 KR 1030/16
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Klagebefugnis der Deutschen Rentenversicherung Bund als
sog. Claeringstelle bei Klagen gegen einen Statusbescheid der
Einzugsstelle.
2. Die zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit eines Einzugs-
stellenbescheides kann sich auch aus der Verletzung der
Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X ergeben.
sog. Claeringstelle bei Klagen gegen einen Statusbescheid der
Einzugsstelle.
2. Die zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit eines Einzugs-
stellenbescheides kann sich auch aus der Verletzung der
Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X ergeben.
Der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2015 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst tragen.
Tatbestand:
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, durch den die beklagte Krankenkasse festgestellt hat, dass zwischen den Beigeladenen zu 1) und 2) ab 1. März 2016 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis besteht.
Der Beigeladene zu 2) ist als Einzelunternehmer Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebes in F. Sein 1974 geborener Sohn, der Beigeladene zu 1), erlernte den Beruf des Elektroinstallateurs und ist seit vielen Jahren im väterlichen Betrieb tätig.
Anfang November 2015 beauftragte der Beigeladene zu 1) den Rechtsanwalt F., die Voraussetzungen einer Befreiung von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu prüfen. Auf den weiteren Inhalt der "Auftragsvereinbarung" und auf die gleichzeitig der a. Aktiengesellschaft (AG) erteilte Vollmacht vom 2. November 2015 wird verwiesen. Noch am gleichen Tag kündigte der Beigeladene zu 1) seine Mitgliedschaft bei der AOK Baden-Württemberg, die die Kündigung unter dem 13. November 2015 zum 31. Januar 2016 bestätigte. Wiederum am gleichen Tag (13. November 2015) erklärte der Beigeladene zu 1) gegenüber der Beklagten seinen Wunsch, ihr Mitglied zu werden. Die Beklagte bestätigte die Versicherung zum 1. Februar 2016 (Schreiben vom 11. Dezember 2015). Bereits Anfang Dezember 2015 hatte die a. AG mit der Bitte um Statusprüfung Unterlagen an die Beklagte übersandt, u. a. einen auf den 1. März 2016 datierten, nicht unterschriebenen Arbeitsvertrag. Hierauf stellte die Beklagte mit an die Beigeladenen zu 1) und 2) gerichteten Bescheiden vom 15. Dezember 2015 fest, dass ab 1. März 2016 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit für das Einzelunternehmen des Beigeladenen zu 2) bestehe. Der Beigeladene zu 1) sei deshalb ab diesem Zeitpunkt in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Auf die Begründung des Bescheides wird verwiesen. Der Klägerin erlangte hiervon erst am 11. Mai 2016 im Rahmen einer Sonderprüfung in den Räumen der Beklagten Kenntnis.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 15. Dezember 2015. Sie macht geltend, die Beklagte sei für die getroffene Feststellung nicht zuständig gewesen. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Der Beigeladene zu 1) sei im Betrieb des Vaters abhängig beschäftigt. Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 wird verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bereits die Klagebefugnis der Klägerin sei zweifelhaft. Im Übrigen sei die angegriffene Feststellung von ihr als zuständige Einzugsstelle zu Recht verfügt worden, da die für eine Versicherungsfreiheit sprechenden Umstände überwögen. Ergänzend wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14. Dezember 2016 Bezug genommen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Mit Beschluss vom 17. August 2016 hat das Gericht den Beteiligten zur Beendigung des Verfahrens einen Vergleich vorgeschlagen. Trotz gerichtlicher Aufforderung haben sich weder die Beklagte noch die Beigeladenen zu 1), 2) und 4) zu dem Vergleichsvorschlag geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte mündlich verhandeln und entscheiden, obwohl für die Beklagte und für die Beigeladenen im Termin niemand erschienen ist. Die Beteiligten sind in den jeweiligen Ladungen bzw. Terminmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Die Beklagte hat überdies auf eine Teilnahme am Termin zur mündlichen Verhandlung verzichtet und sich ausdrücklich mit einer Entscheidung nach einseitiger mündlicher Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Regelung 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist, nachdem die Klägerin am 11. Mai 2016 von der Existenz und dem Inhalt des angegriffenen Verwaltungsaktes Kenntnis erlangt hatte, innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erhoben worden. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG). Die Klägerin ist zur Anfechtung des Bescheides gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 SGG befugt. Sie ist durch die von der Beklagten als Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen, dass Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, beschwert. Die Klägerin strebt die Beseitigung einer ihre (ausschließliche) sachliche Zuständigkeit negierenden und damit in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme an. § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) räumt der Klägerin ein subjektives öffentliches Recht zur Durchsetzung ihrer Zuständigkeit und der Durchführung eines eigenen Statusverfahrens ein. Dies folgt aus der Zielrichtung und dem Schutzzweck der Verfahrensvorschrift. Bei Vorliegen eines prekären Sachverhaltes im Sinne der genannten Norm sollte den Einzugsstellen die Zuständigkeit entzogen und auf die Klägerin als zentrale Stelle übertragen werden, die den Status mit Bindungswirkung auch für das Leistungsrecht der Bundesagentur für Arbeit (BA) klärt (vgl. § 336 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – SGB III). Überdies wollte der Gesetzgeber mit der Überantwortung der Zuständigkeit gleichsam präventiv Probleme lösen, die in einer von ihm angenommenen gewissen Befangenheit der Einzugsstelle zu suchen sein dürften (Seewald, in: KassKomm, Stand September 2016, SGB IV § 7a, Rn. 3a) und damit dem Gedanken der Richtigkeitsgewähr durch Verfahren Rechnung tragen.
Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig.
Gegenstand des Klageverfahrens ist die durch (einheitlichen) Verwaltungsakt getroffene Feststellung der Beklagten, dass ab 1. März 2016 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit für das Einzelunternehmen des Beigeladenen zu 2) (mehr) besteht. Unerheblich ist insoweit der Umstand, dass diese Feststellung in zwei gleichlautenden "Bescheiden" gegenüber den Beigeladenen zu 1) und 2) manifestiert wurde. Die (gerichtliche) Kassation schafft den Verwaltungsakt insgesamt "aus der Welt".
Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist schon deswegen rechtswidrig, weil es an der sachlichen Zuständigkeit der Beklagten für seinen Erlass fehlt. Sie ist zwar nach Maßgabe des § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV als Einzugsstelle (u. a.) befugt, über die Versicherungspflicht zu entscheiden. Diese Zuständigkeit ist jedoch in den Fällen einer obligatorischen Statusfeststellung gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV (hier anwendbar in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2933]) zu Gunsten einer ausschließlichen Zuständigkeit der Klägerin gesperrt. Nach dieser Vorschrift hat die Einzugsstelle einen Antrag auf Statusprüfung zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers ergibt, dass der Beschäftigte Abkömmling des Arbeitgebers ist. Das von der Norm vorausgesetzte Verwandtschaftsverhältnis ist zwischen den Beigeladenen zu 1) und 2) unzweifelhaft gegeben. Auch der tatbestandsmäßig geforderte Zusammenhang mit der Meldung des Arbeitgebers gemäß § 28a SGB IV ist erfüllt. Vorliegend bestand für den Arbeitgeber eine Meldepflicht wegen Wechsels der Einzugsstelle (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB IV). In § 28a Abs. 3 SGB IV ist geregelt, welche Angaben die Meldungen für den Beschäftigten inhaltlich enthalten müssen. Nach dem Wortlaut des § 28a Abs. 3 Satz 1 SGB IV ("insbesondere") ist die Aufzählung der Meldeinhalte nicht abschließend. § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d SGB IV schreibt bei der Anmeldung zusätzlich die Angabe vor, ob zum Arbeitgeber eine Beziehung unter anderem als Abkömmling besteht. Das Gericht ist mit der Klägerin der Auffassung, dass es sich bei der nach einem Kassenwechsel notwendigen Meldung gegenüber der neuen Einzugsstelle um eine Anmeldung im vorgenannten Sinne handelt. Die daraus folgende Pflicht, bei der Klägerin einen Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu stellen, bestand für die Beklagte unbeschadet des Umstandes, dass sich die Eigenschaft als Abkömmling hier bereits aus dem zuvor eingereichten Feststellungsbogen ergeben hatte. Grundsätzlich gilt, dass der Meldetatbestand die Pflicht zur Einleitung einer obligatorischen Statusfeststellung unabhängig davon auslöst, ob die Einzugsstelle bereits aus anderen Quellen über die Beziehung des Beschäftigten zum Arbeitgeber informiert war. Die Antragspflicht ist auch nicht durch das noch vor der Anmeldung abgeschlossene Einzugsstellenverfahren entfallen. Dies muss jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden gelten, in denen es in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Kassenwechsel durchgeführt worden ist und zudem offensichtlich ein Tatbestand des § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d SGB IV gegeben war. Das folgt aus dem Zweck des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Bei den von dieser Vorschrift tatbestandsmäßig erfassten Rechtsverhältnissen stellt sich regelmäßig die Abgrenzungsfrage zur Mitunternehmerschaft. Dem damit verbundenen Bedürfnis nach Rechtssicherheit hat der Gesetzgeber durch eine obligatorische zentrale Zuständigkeit Rechnung getragen. In diesen Fällen kommt zudem der durch § 336 SGB III bewirkten leistungsrechtlichen Bindung der BA besondere Bedeutung zu. Dies darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass sich die neue Krankenkasse der absehbaren Antragspflicht durch ein noch vor Beginn der Mitgliedschaft des Beschäftigten abgeschlossenes Einzugsstellenverfahren entzieht. Das Einzugsstellenverfahren ist unter diesen Umständen vielmehr schon im Vorfeld des Meldetatbestandes gesperrt. Führt die Krankenkasse das Verfahren dennoch durch, dürfte dies als Verfahrensmissbrauch zu werten sein, weswegen sie sich nicht auf eine fehlende Pflicht zur Antragstellung berufen kann. Ergänzend macht sich das Gericht nach eigener Prüfung die Ausführungen der Klägerin in deren Schriftsatz vom 24. Juni 2016, Seite 1 und 2, zu Eigen und verweist darauf. Der Annahme einer Sperrwirkung steht das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. September 2011 – B 12 KR 15/10 R – juris, nicht entgegen. Nach der für jene Entscheidung maßgeblichen Rechtslage waren die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht erfüllt, weil – anders als nach dem aktuell geltenden Recht – für Kinder des Arbeitgebers keine Verpflichtung zur Meldung gemäß § 28a SGB IV bestand.
Die Rechtswidrigkeit des streitbefangenen Verwaltungsaktes folgt überdies daraus, dass die Beklagte ihre Amtsermittlungspflichten nach § 20 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) verletzt hat. Nach dieser Vorschrift ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen (Satz 1). Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden (Satz 2). Der Untersuchungsgrundsatz beruht darauf, dass das öffentliche Interesse an der Feststellung des wahren Sachverhalts Vorrang vor dem Privatinteresse der Beteiligten hat (von Wulffen, in: von Wulffen u. a., SGB X, § 20, Rn. 3). Speziell für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit stellt das BSG in ständiger Rechtsprechung (stellvertretend: Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – SozR 4-2400 § 7 Nr. 25) spezifische Anforderungen an das Prüfverfahren, und zwar gleichermaßen für Verwaltung und Gerichte. Es fordert insbesondere, dass (auch) die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen ist, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Den sich hieraus ergebenden (allgemeinen und spezifischen) Anforderungen an den Umfang und die Intensität der Ermittlungen hat die Beklagte in keiner Weise genügt. Ihre "Ermittlungen" haben sich darauf beschränkt, Unterlagen von der a. AG entgegenzunehmen. Das reicht zur Feststellung des wahren Sachverhalts schon deswegen nicht aus, weil der Beigeladene zu 2) erklärtermaßen eine Befreiung des Beigeladenen zu 1) von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung anstrebte und zu diesem Zweck einen Rechtsanwalt beauftragt hatte, dessen Vergütung von der a. AG übernommen wurde. Bei einer solchen (privaten) Interessenlage spricht erfahrungsgemäß von vornherein eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Feststellungsbogen und den beigefügten Anlagen mindestens teilweise ergebnisgeleitete Angaben gemacht worden sind. Hinzu kommt, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) zuvor jahrelang von einem Beschäftigungsverhältnis ausgegangen sind und dieses auch so "gelebt" haben. In derartigen Fällen verlangt es der Untersuchungsgrundsatz, dass die (privaten) Angaben besonders kritisch und gründlich unter Nutzung der durch § 21 SGB X zur Verfügung gestellten Beweismittel überprüft werden. Das ist vorliegend nicht ansatzweise geschehen. Es deutet im Gegenteil manches darauf hin, dass bewusst von einer streng an der Feststellung des wahren Sachverhalts orientierten Prüfung abgesehen worden ist. Hierfür sprechen der unmittelbare zeitliche Zusammenhang von Kassenwechsel und Einzugsstellenverfahren, der allenfalls rudimentäre Umfang der Ermittlungen und die besondere Eilfertigkeit bei der Entscheidung der Einzugsstelle, die augenfällig darin zum Ausdruck kommt, dass der Feststellungsbescheid schon mehrere Wochen vor Beginn der Mitgliedschaft des Beigeladenen zu 1) durch die Beklagte erlassen worden ist. Der Eindruck einer bloßen Prüfungsfassade wird verstärkt durch die gerichtsbekannte Vielzahl von Parallelverfahren, in denen die Beklagte nach gleichem Muster entschieden hat. Eine bewusst unkritische Prüfung zeigt sich wohl auch in der schematischen Übernahme der Angaben in den Feststellungsbögen nebst Anlage durch die Beklagte. Sowohl diese Angaben als auch deren Wiedergabe im Bescheid erfolgen zudem in den einzelnen Verfahren nahezu textgleich, wie der erkennenden Kammer aus einem am gleichen Tag entschiedenen Parallelverfahren bekannt ist.
Die unvollständige Sachverhaltsaufklärung der Beklagten hat die (gerichtliche) Aufhebung der angegriffenen Entscheidung zur Folge (vgl. Luthe, in: jurisPK, § 20 SGB X, Rn. 43). § 42 SGB X steht der Aufhebung nicht entgegen. Die grundsätzlich bestehende Pflicht des Gerichts, den Sachverhalt selbst aufzuklären, scheidet in Fällen der vorliegenden Art aus, weil damit in die vorrangige sachliche Zuständigkeit der Klägerin eingegriffen würde.
Die Kassation des angegriffenen Bescheides ist nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen aus-geschlossen. § 45 Abs. 2 SGB X gilt nicht. Denn die Klägerin hat in zulässiger Weise als Dritte im Sinne von § 49 SGB X (vgl. BSG, Urteil 1. Juli 1999 – B 12 KR 2/99 R = BSGE 84, 136, 145) einen die Beigeladenen begünstigenden Verwaltungsakt angefochten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Tatbestand:
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, durch den die beklagte Krankenkasse festgestellt hat, dass zwischen den Beigeladenen zu 1) und 2) ab 1. März 2016 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis besteht.
Der Beigeladene zu 2) ist als Einzelunternehmer Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebes in F. Sein 1974 geborener Sohn, der Beigeladene zu 1), erlernte den Beruf des Elektroinstallateurs und ist seit vielen Jahren im väterlichen Betrieb tätig.
Anfang November 2015 beauftragte der Beigeladene zu 1) den Rechtsanwalt F., die Voraussetzungen einer Befreiung von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu prüfen. Auf den weiteren Inhalt der "Auftragsvereinbarung" und auf die gleichzeitig der a. Aktiengesellschaft (AG) erteilte Vollmacht vom 2. November 2015 wird verwiesen. Noch am gleichen Tag kündigte der Beigeladene zu 1) seine Mitgliedschaft bei der AOK Baden-Württemberg, die die Kündigung unter dem 13. November 2015 zum 31. Januar 2016 bestätigte. Wiederum am gleichen Tag (13. November 2015) erklärte der Beigeladene zu 1) gegenüber der Beklagten seinen Wunsch, ihr Mitglied zu werden. Die Beklagte bestätigte die Versicherung zum 1. Februar 2016 (Schreiben vom 11. Dezember 2015). Bereits Anfang Dezember 2015 hatte die a. AG mit der Bitte um Statusprüfung Unterlagen an die Beklagte übersandt, u. a. einen auf den 1. März 2016 datierten, nicht unterschriebenen Arbeitsvertrag. Hierauf stellte die Beklagte mit an die Beigeladenen zu 1) und 2) gerichteten Bescheiden vom 15. Dezember 2015 fest, dass ab 1. März 2016 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit für das Einzelunternehmen des Beigeladenen zu 2) bestehe. Der Beigeladene zu 1) sei deshalb ab diesem Zeitpunkt in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Auf die Begründung des Bescheides wird verwiesen. Der Klägerin erlangte hiervon erst am 11. Mai 2016 im Rahmen einer Sonderprüfung in den Räumen der Beklagten Kenntnis.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 15. Dezember 2015. Sie macht geltend, die Beklagte sei für die getroffene Feststellung nicht zuständig gewesen. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Der Beigeladene zu 1) sei im Betrieb des Vaters abhängig beschäftigt. Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 24. Juni 2016 wird verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bereits die Klagebefugnis der Klägerin sei zweifelhaft. Im Übrigen sei die angegriffene Feststellung von ihr als zuständige Einzugsstelle zu Recht verfügt worden, da die für eine Versicherungsfreiheit sprechenden Umstände überwögen. Ergänzend wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14. Dezember 2016 Bezug genommen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Mit Beschluss vom 17. August 2016 hat das Gericht den Beteiligten zur Beendigung des Verfahrens einen Vergleich vorgeschlagen. Trotz gerichtlicher Aufforderung haben sich weder die Beklagte noch die Beigeladenen zu 1), 2) und 4) zu dem Vergleichsvorschlag geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens und zur Ergänzung des Sachverhalts wird schließlich Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte mündlich verhandeln und entscheiden, obwohl für die Beklagte und für die Beigeladenen im Termin niemand erschienen ist. Die Beteiligten sind in den jeweiligen Ladungen bzw. Terminmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Die Beklagte hat überdies auf eine Teilnahme am Termin zur mündlichen Verhandlung verzichtet und sich ausdrücklich mit einer Entscheidung nach einseitiger mündlicher Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Regelung 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist, nachdem die Klägerin am 11. Mai 2016 von der Existenz und dem Inhalt des angegriffenen Verwaltungsaktes Kenntnis erlangt hatte, innerhalb der Monatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG erhoben worden. Der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG). Die Klägerin ist zur Anfechtung des Bescheides gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 SGG befugt. Sie ist durch die von der Beklagten als Einzugsstelle getroffenen Entscheidungen, dass Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, beschwert. Die Klägerin strebt die Beseitigung einer ihre (ausschließliche) sachliche Zuständigkeit negierenden und damit in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme an. § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) räumt der Klägerin ein subjektives öffentliches Recht zur Durchsetzung ihrer Zuständigkeit und der Durchführung eines eigenen Statusverfahrens ein. Dies folgt aus der Zielrichtung und dem Schutzzweck der Verfahrensvorschrift. Bei Vorliegen eines prekären Sachverhaltes im Sinne der genannten Norm sollte den Einzugsstellen die Zuständigkeit entzogen und auf die Klägerin als zentrale Stelle übertragen werden, die den Status mit Bindungswirkung auch für das Leistungsrecht der Bundesagentur für Arbeit (BA) klärt (vgl. § 336 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – SGB III). Überdies wollte der Gesetzgeber mit der Überantwortung der Zuständigkeit gleichsam präventiv Probleme lösen, die in einer von ihm angenommenen gewissen Befangenheit der Einzugsstelle zu suchen sein dürften (Seewald, in: KassKomm, Stand September 2016, SGB IV § 7a, Rn. 3a) und damit dem Gedanken der Richtigkeitsgewähr durch Verfahren Rechnung tragen.
Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig.
Gegenstand des Klageverfahrens ist die durch (einheitlichen) Verwaltungsakt getroffene Feststellung der Beklagten, dass ab 1. März 2016 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit für das Einzelunternehmen des Beigeladenen zu 2) (mehr) besteht. Unerheblich ist insoweit der Umstand, dass diese Feststellung in zwei gleichlautenden "Bescheiden" gegenüber den Beigeladenen zu 1) und 2) manifestiert wurde. Die (gerichtliche) Kassation schafft den Verwaltungsakt insgesamt "aus der Welt".
Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist schon deswegen rechtswidrig, weil es an der sachlichen Zuständigkeit der Beklagten für seinen Erlass fehlt. Sie ist zwar nach Maßgabe des § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV als Einzugsstelle (u. a.) befugt, über die Versicherungspflicht zu entscheiden. Diese Zuständigkeit ist jedoch in den Fällen einer obligatorischen Statusfeststellung gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV (hier anwendbar in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2933]) zu Gunsten einer ausschließlichen Zuständigkeit der Klägerin gesperrt. Nach dieser Vorschrift hat die Einzugsstelle einen Antrag auf Statusprüfung zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers ergibt, dass der Beschäftigte Abkömmling des Arbeitgebers ist. Das von der Norm vorausgesetzte Verwandtschaftsverhältnis ist zwischen den Beigeladenen zu 1) und 2) unzweifelhaft gegeben. Auch der tatbestandsmäßig geforderte Zusammenhang mit der Meldung des Arbeitgebers gemäß § 28a SGB IV ist erfüllt. Vorliegend bestand für den Arbeitgeber eine Meldepflicht wegen Wechsels der Einzugsstelle (§ 28a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB IV). In § 28a Abs. 3 SGB IV ist geregelt, welche Angaben die Meldungen für den Beschäftigten inhaltlich enthalten müssen. Nach dem Wortlaut des § 28a Abs. 3 Satz 1 SGB IV ("insbesondere") ist die Aufzählung der Meldeinhalte nicht abschließend. § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d SGB IV schreibt bei der Anmeldung zusätzlich die Angabe vor, ob zum Arbeitgeber eine Beziehung unter anderem als Abkömmling besteht. Das Gericht ist mit der Klägerin der Auffassung, dass es sich bei der nach einem Kassenwechsel notwendigen Meldung gegenüber der neuen Einzugsstelle um eine Anmeldung im vorgenannten Sinne handelt. Die daraus folgende Pflicht, bei der Klägerin einen Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu stellen, bestand für die Beklagte unbeschadet des Umstandes, dass sich die Eigenschaft als Abkömmling hier bereits aus dem zuvor eingereichten Feststellungsbogen ergeben hatte. Grundsätzlich gilt, dass der Meldetatbestand die Pflicht zur Einleitung einer obligatorischen Statusfeststellung unabhängig davon auslöst, ob die Einzugsstelle bereits aus anderen Quellen über die Beziehung des Beschäftigten zum Arbeitgeber informiert war. Die Antragspflicht ist auch nicht durch das noch vor der Anmeldung abgeschlossene Einzugsstellenverfahren entfallen. Dies muss jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden gelten, in denen es in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Kassenwechsel durchgeführt worden ist und zudem offensichtlich ein Tatbestand des § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. d SGB IV gegeben war. Das folgt aus dem Zweck des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Bei den von dieser Vorschrift tatbestandsmäßig erfassten Rechtsverhältnissen stellt sich regelmäßig die Abgrenzungsfrage zur Mitunternehmerschaft. Dem damit verbundenen Bedürfnis nach Rechtssicherheit hat der Gesetzgeber durch eine obligatorische zentrale Zuständigkeit Rechnung getragen. In diesen Fällen kommt zudem der durch § 336 SGB III bewirkten leistungsrechtlichen Bindung der BA besondere Bedeutung zu. Dies darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass sich die neue Krankenkasse der absehbaren Antragspflicht durch ein noch vor Beginn der Mitgliedschaft des Beschäftigten abgeschlossenes Einzugsstellenverfahren entzieht. Das Einzugsstellenverfahren ist unter diesen Umständen vielmehr schon im Vorfeld des Meldetatbestandes gesperrt. Führt die Krankenkasse das Verfahren dennoch durch, dürfte dies als Verfahrensmissbrauch zu werten sein, weswegen sie sich nicht auf eine fehlende Pflicht zur Antragstellung berufen kann. Ergänzend macht sich das Gericht nach eigener Prüfung die Ausführungen der Klägerin in deren Schriftsatz vom 24. Juni 2016, Seite 1 und 2, zu Eigen und verweist darauf. Der Annahme einer Sperrwirkung steht das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. September 2011 – B 12 KR 15/10 R – juris, nicht entgegen. Nach der für jene Entscheidung maßgeblichen Rechtslage waren die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht erfüllt, weil – anders als nach dem aktuell geltenden Recht – für Kinder des Arbeitgebers keine Verpflichtung zur Meldung gemäß § 28a SGB IV bestand.
Die Rechtswidrigkeit des streitbefangenen Verwaltungsaktes folgt überdies daraus, dass die Beklagte ihre Amtsermittlungspflichten nach § 20 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) verletzt hat. Nach dieser Vorschrift ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen (Satz 1). Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden (Satz 2). Der Untersuchungsgrundsatz beruht darauf, dass das öffentliche Interesse an der Feststellung des wahren Sachverhalts Vorrang vor dem Privatinteresse der Beteiligten hat (von Wulffen, in: von Wulffen u. a., SGB X, § 20, Rn. 3). Speziell für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit stellt das BSG in ständiger Rechtsprechung (stellvertretend: Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – SozR 4-2400 § 7 Nr. 25) spezifische Anforderungen an das Prüfverfahren, und zwar gleichermaßen für Verwaltung und Gerichte. Es fordert insbesondere, dass (auch) die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen ist, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, gegebenenfalls den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Den sich hieraus ergebenden (allgemeinen und spezifischen) Anforderungen an den Umfang und die Intensität der Ermittlungen hat die Beklagte in keiner Weise genügt. Ihre "Ermittlungen" haben sich darauf beschränkt, Unterlagen von der a. AG entgegenzunehmen. Das reicht zur Feststellung des wahren Sachverhalts schon deswegen nicht aus, weil der Beigeladene zu 2) erklärtermaßen eine Befreiung des Beigeladenen zu 1) von der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung anstrebte und zu diesem Zweck einen Rechtsanwalt beauftragt hatte, dessen Vergütung von der a. AG übernommen wurde. Bei einer solchen (privaten) Interessenlage spricht erfahrungsgemäß von vornherein eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Feststellungsbogen und den beigefügten Anlagen mindestens teilweise ergebnisgeleitete Angaben gemacht worden sind. Hinzu kommt, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) zuvor jahrelang von einem Beschäftigungsverhältnis ausgegangen sind und dieses auch so "gelebt" haben. In derartigen Fällen verlangt es der Untersuchungsgrundsatz, dass die (privaten) Angaben besonders kritisch und gründlich unter Nutzung der durch § 21 SGB X zur Verfügung gestellten Beweismittel überprüft werden. Das ist vorliegend nicht ansatzweise geschehen. Es deutet im Gegenteil manches darauf hin, dass bewusst von einer streng an der Feststellung des wahren Sachverhalts orientierten Prüfung abgesehen worden ist. Hierfür sprechen der unmittelbare zeitliche Zusammenhang von Kassenwechsel und Einzugsstellenverfahren, der allenfalls rudimentäre Umfang der Ermittlungen und die besondere Eilfertigkeit bei der Entscheidung der Einzugsstelle, die augenfällig darin zum Ausdruck kommt, dass der Feststellungsbescheid schon mehrere Wochen vor Beginn der Mitgliedschaft des Beigeladenen zu 1) durch die Beklagte erlassen worden ist. Der Eindruck einer bloßen Prüfungsfassade wird verstärkt durch die gerichtsbekannte Vielzahl von Parallelverfahren, in denen die Beklagte nach gleichem Muster entschieden hat. Eine bewusst unkritische Prüfung zeigt sich wohl auch in der schematischen Übernahme der Angaben in den Feststellungsbögen nebst Anlage durch die Beklagte. Sowohl diese Angaben als auch deren Wiedergabe im Bescheid erfolgen zudem in den einzelnen Verfahren nahezu textgleich, wie der erkennenden Kammer aus einem am gleichen Tag entschiedenen Parallelverfahren bekannt ist.
Die unvollständige Sachverhaltsaufklärung der Beklagten hat die (gerichtliche) Aufhebung der angegriffenen Entscheidung zur Folge (vgl. Luthe, in: jurisPK, § 20 SGB X, Rn. 43). § 42 SGB X steht der Aufhebung nicht entgegen. Die grundsätzlich bestehende Pflicht des Gerichts, den Sachverhalt selbst aufzuklären, scheidet in Fällen der vorliegenden Art aus, weil damit in die vorrangige sachliche Zuständigkeit der Klägerin eingegriffen würde.
Die Kassation des angegriffenen Bescheides ist nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen aus-geschlossen. § 45 Abs. 2 SGB X gilt nicht. Denn die Klägerin hat in zulässiger Weise als Dritte im Sinne von § 49 SGB X (vgl. BSG, Urteil 1. Juli 1999 – B 12 KR 2/99 R = BSGE 84, 136, 145) einen die Beigeladenen begünstigenden Verwaltungsakt angefochten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Rechtskraft
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