S 8 AS 23/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Bayreuth (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 23/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 96/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
I. Die Beklagte wird in Abänderung des Bescheides vom 04.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2005 sowie der Änderungsbescheide vom 26.07.2005 und 07.09.2005 verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 laufende Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende in Höhe von 450,29 Euro monatlich zu bezahlen.

II. Die Beklagte zahlt an die Klägerin zur Abdeckung des Heizkostenbedarfs des Jahres 2005 761,78 Euro.

III. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten der Klägerin

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Übernahme der im Januar 2005 aufgewendeten Kosten für selbst beschafftes Heizöl in Höhe von 1.188,12 EUR hat und ob bei den Kosten der Unterkunft neben den Schuldzinsen für das selbstbewohnte im Eigentum der Klägerin stehende Haus auch die Tilgungsraten mit berücksichtigt werden müssen.

Die 1962 geborene Klägerin beantragte bei der Beklagten am 27.09.2004 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind die Klägerin sowie ihr leibliches Kind F., geb. 1995. Die Klägerin verfügt über keinerlei Einkommen. Das Kind F. bezog in der Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von 164,00 EUR monatlich sowie Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR monatlich. Mit Bescheid vom 04.11.2004 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 436,26 EUR monatlich. Der hiergegen am 29.11.2004 eingelegte Widerspruch wurde durch nicht begründeten Widerspruchsbescheid vom 31.01.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Mit der hiergegen am 28.02.2005 zum Sozialgericht Bayreuth erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass ihre Kosten für Unterkunft und Heizung wesentlich höher seien als von der Beklagten angesetzt. Sie habe am 03.01.2005 2.500 Liter Heizöl bestellt und hierfür 1.188,42 EUR bezahlt, ohne dass diese Kosten bislang übernommen worden seien. Darüber hinaus würden von ihrem Annuitätendarlehn nur die Schuldzinsen berücksichtigt. Sie sei in ca. 4 Jahren schuldenfrei, der Zinsanteil reduziere sich ständig, wohingegen sich der von ihr zu tragende Tilgungsanteil entsprechend erhöhe. Sie habe derzeit 200,66 EUR plus 50,00 EUR Belastung aus ihrem Hausbesitz. Wie hoch die Zinsbelastung im Einzelnen sei, könne sie nicht angeben. Es erscheine ihr aber ungerechtfertigt, dass der Tilgungsanteil nicht übernommen werde, zumal der zu leistende Zuschuss für eine Mietwohnung wesentlich höher wäre. Aus der Berechnung könne sie nicht ersehen, ob die Kosten für Wasser und Abwasser komplett in die Berechnung eingeflossen seien. Die Aufwendungen für die Gebäudeversicherung Sturm/Wasser und Hagel seien ihres Erachtens ebenfalls nicht berücksichtigt. Sie bitte, die Entscheidung der Beklagten zu überprüfen und wie beantragt zu urteilen.

Die Beklagte korrigierte mit Änderungsbescheid vom 26.07.2005 die Leistungshöhe für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.04.2005 auf 446,51 EUR monatlich, ab dem 01.05. bis 30.06.2005 auf 436,61 EUR. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 07.09.2005 setzte die Beklagte nunmehr die monatlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum 01.01.2005 bis 30.06.2005 auf 446,51 EUR monatlich fest. Im Erörterungstermin vom 06.10.2005 erklärte die Klägerin, dass nunmehr in dem Änderungsbescheid vom 07.09.2005 sowie in einem weiteren Bescheid vom 15.09.2005 die Höhe der zu berücksichtigenden Nebenkosten zutreffend festgesetzt sei. Dieser Punkt der Klage habe sich somit erledigt. Streitig sei aber nach wie vor, ob und in welcher Höhe die Beklagte Aufwendungen für das selbst beschaffte Heizöl zu übernehmen hätte und ob auch die Tilgungsraten für das Hauseigentum als Kosten der Unterkunft mit übernommen werden müssten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 04.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.01.2005 sowie der Änderungsbescheide vom 26.07.2005 und 07.09.2005 zu verurteilen, ihr weitere Aufwendungen für selbst beschafftes Heizöl zu erstatten sowie die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch Berücksichtigung der anteiligen Tilgungsraten zu erhöhen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist darauf, dass im Landkreis W. eine Pauschale für selbst beschafftes Heizmaterial bei einem Haushalt mit bis zu zwei Personen in Höhe von 400,00 EUR festgesetzt sei. Die Heizperiode belaufe sich von Oktober bis zum April des jeweiligen Jahres. Da die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erst ab dem 01.01.2005 gewährt werden könnten, könnten an Heizkosten lediglich 4/7 der festgesetzten Pauschale berücksichtigt werden. Diese habe die Klägerin bereits im Januar 2005 in Höhe von 228,57 EUR erhalten. Höhere Heizkosten könne die Klägerin nicht geltend machen. Tilgungsraten für selbst genutztes Wohneigentum könnten grundsätzlich nicht übernommen werden, da hiermit eine Bildung von Eigentum in Händen des Leistungsempfängers durch die öffentliche Hand erfolge. Dies sei mit dem Zweck der Leistungen nach dem SGB II nicht zu vereinbaren.

Dem Gericht lagen zur Entscheidung die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten vor. Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten, auf die von der Klägerin im Erörterungstermin übergebenen und kopierten Unterlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 06.10.2005 verwiesen. Die Beteiligten erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid.

II.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Die Beklagte war zu verurteilen, die Aufwendungen der Klägerin für das im Januar 2005 selbstbeschaffte Heizöl zu übernehmen, soweit dies nicht bereits auf Grund der geleisteten Zahlung der Beklagten in Höhe von 228,57 EUR abgedeckt wurde. Eine Erhöhung der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes durch Berücksichtigung der Tilgungsraten des Annuitätendarlehns für das im Eigentum der Klägerin stehende selbstgenutzte Haus kommt hingegen zumindest gegenwärtig nicht in Betracht. Insoweit war die Klage abzuweisen.

1. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten gemäß § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (sog. erwerbsfähige Hilfebedürftige). Gemäß § 7 Abs. 2 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Wer im einzelnen zur Bedarfsgemeinschaft zu rechnen ist, regelt § 7 Abs. 3 SGB II. Die Beklagte ist vorliegend zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin anspruchsberechtigt im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II ist und sie zusammen mit ihrem 10-jährigen Sohn F. eine Bedarfsgemeinschaft bildet. Nachdem die Klägerin selbst über keinerlei Einkommen verfügt, liegt auch Bedürftigkeit der Klägerin im Sinne des § 9 SGB II vor.

2. Gemäß §§ 19 ff. SGB II hat die Klägerin somit Anspruch auf Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 20 SGB II einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 SGB II. Daraus ergibt sich ein Regelbedarf der Klägerin in Höhe von 345,00 EUR, ein von der Beklagten zutreffender Weise berücksichtigter Mehrbedarf für Alleinerziehende im Sinne des § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II in Höhe von 41,40 EUR sowie ein Mehrbedarf für aufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II in Höhe von 25,56 EUR. Der Regelbedarf des Sohnes beträgt des weiteren 207,00 EUR monatlich. Diesem Bedarf ist jedoch das Einkommen des Sohnes gegenüberzustellen, und zwar für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von 164,00 EUR an Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sowie in Höhe von 154,00 EUR an Kindergeld, so dass für den Sohn F. kein weiterer Regelbedarf verbleibt und das überschießende Einkommen gemäß § 11 Abs. 1 S. 3 SGB II auf den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft im übrigen anzurechnen ist. Insoweit sind die Festsetzungen der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Dem Bedarf der Bedarfsgemeinschaft sind weiterhin die Kosten für Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 SGB II hinzuzurechnen. Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls den angemessenen Umfang übersteigen, können diese unangemessenen Kosten in der Regel längstens für 6 Monate berücksichtigt werden.

a. Zu den notwendigen Kosten der Unterkunft zählen unstreitig die Kosten für Miete und die Aufwendungen, die im Falle eines Mietverhältnisses vom Vermieter als Nebenkosten auf die Miete umgelegt werden können. Bei – wie hier vorliegend – selbst genutztem Wohneigentum sind darüber hinaus auch solche Aufwendungen als notwendige Ausgaben der Unterkunft einzustufen, die bei der Berechnung von Einkommen aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen wären. Hierzu gehören somit auch Schuldzinsen, Grundsteuer und dauernde Lasten, Steuern auf Grundbesitz , sonstige öffentliche Ausgaben (Versicherungsbeiträge und anderes), Erbbauzinsen sowie Heizkosten wie bei Mietern, der Erhaltungsaufwand und sonstige Aufwendungen zur Bewirtschaftung des Haus- und Grundbesitzes.

b. Aufgrund des von der Beklagten zwischenzeitlich erlassenen Änderungsbescheides vom 07.09.2005 besteht zwischen den Beteiligten nunmehr Einigkeit dahingehend, dass die von der Klägerin aufgewendeten Nebenkosten entsprechend den vorgelegten Nachweisen in Höhe von 65,26 EUR monatlich zutreffend berücksichtigt wurden und sich insoweit die Klage auch erledigt hat. Ab dem 01.07.2005 wurden mit Änderungsbescheid vom 15.09.2005 Nebenkosten in Höhe von 65,35 Euro berücksichtigt.

c. Als zwingend notwendige Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II sind in jedem Falle auch die Aufwendungen der Klägerin für das selbstgenutzte Wohnhaus in Höhe der tatsächlich von ihr aufgewendeten Schuldzinsen zu berücksichtigen. Diese betragen aufgrund der vorgelegten Nachweise ab dem 01.01.2005 84,07 EUR monatlich. Der Klägerin ist einzuräumen, dass aufgrund des für die Finanzierung des Eigenheimes aufgenommenen Annuitätendarlehns und der nur noch geringen Restschuldsumme ihre Aufwendungen für Schuldzinsen und Tilgung insgesamt lediglich so hoch sind, dass sie im Falle eines Mietverhältnisses als angemessene Kosten der Unterkunft von der Beklagten berücksichtigt werden könnten. Gerade die Eigenart des Annuitätendarlehns vermindert entsprechend der Länge der Laufzeit das Verhältnis von Schuldzinsen zu Tilgungsraten deutlich, ohne die direkte Zahlungsbe-lastung für den Kreditnehmer zu verändern, so dass die Klägerin unabhängig vom konkreten Schuldenstand monatlich gleich hohe Belastungen für ihr Wohnhaus aufwenden muss. Aus dem für das Sozialhilferecht zentral geltenden und im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ebenfalls zu berücksichtigenden Bedarfsdeckungsgrundsatz hat das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit in ständiger Rechtsprechung jedoch gefolgert, dass Sozialhilfe grundsätzlich nicht zur Schuldentilgung dienen dürfe, da ansonsten der Steuerzahler über die steuerfinanzierte Sozialhilfeleistung zur Vermögensbildung der Hilfesuchenden beitrage. Dieses Argument allein vermag im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nicht zu überzeugen. Vermögensbildung aus Steuermitteln erfolgt etwa auch durch Berücksichtigung von Mietzinsen und Auszahlung an Vermietern. Demgegenüber stellt Grundvermögen insbesondere unter Berücksichtigung der aktuellen sozialen Entwicklung in Deutschland unter dem Aspekt der Altersvorsorge und -sicherung auch bei vorübergehend Hilfebedürftigen einen wichtigen sozialen Sicherungsfaktor dar, der auch durch die entsprechende Vermögensprivilegierung in § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II besonders geschützt wird (zumindest im Rahmen der Angemessenheit). Der Inhaber dieses Vermögensgegenstandes muss deshalb grundsätzlich über die zu gewährenden Leistungen der Grundsicherung auch in die Lage gesetzt werden, dieses für die Zeit seiner vorübergehenden Hilfebedürftigkeit grundsätzlich zu erhalten. Dabei ist jedoch die Zielsetzung des SGB II als solche zu beachten, wonach durch die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende gerade keine rentengleiche Dauerleistungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes gewährt werden sollen, sondern die Leistungen gerade vorübergehenden Charakter zur Abdeckung eines Bedarfs gewähren, der durch den Ausfall von Arbeitsleistung oder sonstigem Einkommen auf andere Weise nicht zu decken ist. Aufgrund dieses vorübergehenden Charakters der Hilfegewährung nach dem SGB II ergibt sich für die Frage der Übernahme der Wohnkosten somit zunächst, dass grundsätzlich die Schuldzinsen in der tatsächlich gegebenen Höhe zu berücksichtigen sind, soweit diese die Grenze der Angemessenheit nicht überschreiten, da der Leistungsbezieher diese Schuldzinsen in der Regel auch bei einer nur vorübergehenden Bedürftigkeitslage nicht vermeiden und eventuell einen Verlust der Darlehnsfinanzierung und damit des Vermögensgegenstandes als solchen riskieren kann. Eine zwingende Notwendigkeit zur Übernahme von Tilgungsleistungen während einer kurzfristigen vorübergehenden Hilfebedürftigkeit des Arbeitssuchenden ergibt sich demgegenüber nicht, da in dieser Zeit in der Regel eine Aussetzung der Tilgungsleistungen erfolgen kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Hilfebedürftige durch die gewährten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende so schnell wie möglich befähigt werden soll, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften sicherzustellen und andererseits sollen die öffentlichen Haushalte nur mit solchen Kosten der Grundsicherung belastet werden, die unvermeidbar sind. Daraus folgt aber im Umkehrschluss weiterhin, dass es nicht von vorneherein gänzlich ausgeschlossen sein kann, dass in einem besonderen Einzelfall auch Tilgungsleistungen für einen Hauskredit übernommen werden könnten, etwa wenn sich infolge der Verweigerung der Tilgungsraten und damit eventuell einhergehendem Wohnungsverlust die ökonomischen Folgekosten als größer darstellen als der "Nachteil" einer Vermögensbildung beim Hilfebedürftigen (vgl. auch Lang, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rdnr. 27 ff. m. w. N.). Unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit der Kosten wäre in einem solchen Fall aber insbesondere auch zu prüfen, ob der benötigte Effekt der Erhaltung des Wohneigentums nicht durch eine darlehnsweise Übernahme der Tilgungsleistungen ebenso effektiv erreicht werden könnte.

d. Die Klägerin hat sich im Erörterungstermin vom 06.10.2005 auf die Ungerechtigkeit berufen, wenn bei ihr im Verhältnis zu einem Hilfebedürftigen, der zur Miete wohnt, weniger Unterkunftskosten berücksichtigt würden. Einen Anspruch darauf, dass jeweils Mietkosten für eine fiktive Standardwohnung in Ansatz gebracht werden müssten, sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Vielmehr sind die notwendigen Aufwendungen zu berücksichtigen, soweit sie tatsächlich anfallen und soweit diese angemessen sind. Unter Berücksichtigung der obigen Grundsätze sind bei der Klägerin zumindest gegenwärtig lediglich die Schuldzinsen in Höhe von 84,07 EUR als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen, weil gegenwärtig nicht davon auszugehen ist, dass der Erhalt des Eigenheimes durch Nichtübernahme der Tilgungsleistungen ernsthaft bedroht wäre und dem auch nicht durch eine darlehnsweise Übernahme begegnet werden könnte. Hierüber hätte die Beklagte nach einem entsprechenden Antrag der Klägerin zunächst selbst zu entscheiden. Die Klägerin hat bislang eine derartige Notsituation noch nicht vorgetragen, vielmehr ist es ihr trotz mehrjährigem durchgängigem Sozialhilfebezug gelungen, ihre Darlehnsverpflichtungen zu bedienen und damit Eigentum zu schaffen.

4. Zu den von der Beklagten zu berücksichtigen Kosten der Unterkunft sind ferner die Heizkosten zu rechnen, soweit sie angemessen sind.

a. Die Klägerin hat bei der Beklagten am 03.01.2005 einen Antrag auf Übernahme der Kosten für selbstbeschafftes Heizöl gestellt, über den die Beklagte – soweit ersichtlich – nicht durch einen schriftlichen Bescheid entschieden hat. Wie sich aus den im Erörterungstermin vom 06.10.2005 durch die Klägerin übergebenen Unterlagen ergibt, konnte ihr im Januar auf Anfrage hin von der Beklagten nicht mitgeteilt werden, wie dies unter Geltung der neuen Vorschriften des SGB II abgewickelt werden würde; vielmehr wurde sie gebeten, das Öl einzukaufen und die Rechnung dann vorzulegen. Aus einem Zahlungsnachweis der Beklagten ergibt sich, dass diese noch im Januar 2005 einen Betrag in Höhe von 228,57 EUR für "Heizungsbeihilfe Januar – April 2005" an die Klägerin angewiesen hat. Dieser Betrag entspricht 4/7 der von der Beklagten aufgrund der Richtlinien für den Vollzug der §§ 22 und 23 Abs. 3 SGB II der Landkreise W. und T. als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende anzusetzenden Heizungspauschale in Höhe von 400,00 EUR jährlich, bezogen auf eine Heizperiode von 7 Monaten zwischen Oktober und April. Die Klägerin hat jedoch – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig – am 03.01.2005 2.5313,7 Liter Heizöl für einen Preis von 39,70 EUR je 100 Liter zu insgesamt 1.188,42 EUR angeschafft, so dass sich eine Differenz in Höhe von 959,85 EUR ergibt, der als bislang nicht gedeckter Betrag in Streit steht.

b. § 22 Abs. 1 SGB II gebietet grundsätzlich eine Berücksichtigung der tatsächlichen Heizkosten, wie sie sich aus einer Heizkostenabrechnung bzw. hier aus der Ölrechnung des Händlers ergeben. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Kosten nur insoweit zu berücksichtigen sind, als diese tatsächlich auf Heizenergie zur Befeuerung des Wohnraumes entfallen und nicht zur Herstellung von Warmwasser oder Kochenergie, da diese Aufwendungen nach herrschender Meinung bereits mit dem Regelbedarf von 345,00 EUR abgedeckt sein sollen. Zur Erfassung des eigentlichen Heizbedarfs muss deshalb ein Abzug von mindestens 1/6 der Heizkosten vorgenommen werden, was dem Mindestanteil an Warmwasserenergie entspricht (vgl. Lang, a.a.O., § 22 Rdnr. 33 ff.).Von den Aufwendungen der Klägerin für Heizenergie können deshalb nicht die vollen 1.188,42 EUR berücksichtigt werden, sondern nur (./. 198,07 EUR Warmwasseranteil) 990,35 EUR.

c. Der Anspruch der Klägerin auf Übernahme der tatsächlich entstandenen Heizkosten für selbstbeschafftes Heizöl in dieser Höhe wird auch nicht durch die Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs. 1 SGB II berührt:

aa. Ausgehend von den von der Klägerin im Erörterungstermin vom 06.10.2005 vorgelegten Heizölrechnungen der Vorjahre ist davon auszugehen, dass die Klägerin im Durchschnitt mit den getankten 2.500 Litern Heizöl mindestens ihren Jahresbedarf an Heizenergie (incl. Warmwasser) zu decken vermag, sofern keine besonderen weiteren Umstände eintreten. Der Heizölbedarf ohne den Warmwasseranteil, also unter Abzug von 1/6 beläuft sich bei der Klägerin damit auf 2.084 l Heizöl bei 108 qm Wohnfläche.

bb. Unter Anwendung der im Sozialhilferecht üblicherweise verwendeten Formel des Deutschen Vereins 1990 zur Bemessung der einmaligen Leistungen für Heizung, die zumindest noch als brauchbare Grundlage für die Bemessung der einmaligen Leistungen für Heizung angesehen werden können, nämlich stündlicher Wärmebedarf x Jahresvollbenutzungsstunden x beheizbare Wohnfläche geteilt durch unterer Heizwert x Wirkungsgrad der Heizungsanlage ergäbe für die Klägerin bezogen auf einen 2-Personenhaushalt mit einer Haushaltsgröße von max. 60 qm einen unteren Heizölbedarf von mindestens 1.906,28 l pro Jahr (vgl. hierzu Hofmann in: LPK-BSHG, § 21 Rdnr. 37 ff.). Daraus wird ersichtlich, dass das Heizverhalten der Klägerin keinerlei Anhaltspunkte für unangemessen hohe Heizkosten bietet, da sie in der Lage ist, mit einem Bedarf von knapp 2.100 l eine deutlich größere Wohnfläche zu beheizen. Bei einem selbstgenutzten Wohneigentum ist dabei als Angemessenheitsgrenze üblicherweise von einem Wohnraum bis max. 120 qm auszugehen.

cc. Selbst unter Berücksichtigung der Mindestenergiemenge, die nach der Formel des Deutschen Vereins für einen 2-Personen-Haushalt mit 60 qm ermittelt ist, ist davon auszugehen, dass die von der Beklagten festgesetzte Pauschale von 400,00 EUR jährlich pro Heizperiode nicht ausreichend ist, um auch nur andeutungsweise die notwendigen Heizkosten bei selbstbeschafftem Heizöl zu decken. Dies wäre nur möglich, wenn der Literpreis bei 0,20 EUR läge, was gegenwärtig völlig utopisch ist. Ferner ist auch zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten angewendete Pauschale für Heizungskosten bei Zentralheizung deutlich höher angesetzt ist, eine zeitliche Begrenzung auf eine bestimmte Heizperiode gerade nicht erfolgt und für den Fall einer Heizkostennachforderung weitere Einmalbeihilfen gewährt werden müssten. Ein ausreichender sachlich rechtfertigender Grund für eine derart starke Differenzierung zwischen selbstbeschafftem Heizmaterial und zentraler Heizenergie lässt sich hierfür nicht finden. Aufgrund der offensichtlichen Unangemessenheit der festgesetzten Pauschale bei selbst beschafftem Heizöl kann diese vorliegend keine Anwendung finden. Vielmehr ist von den tatsächlichen Kosten der Klägerin (unter Abzug des Warmwasseranteils) auszugehen. Wie oben bereits dargelegt belaufen sich diese Kosten auf 990,35 EUR, von denen die von der Beklagten bereits gewährte Heizungsbeihilfe in Höhe von 228,57 EUR noch in Abzug zu bringen ist. Die Beklagte hat deshalb weitere 761,78 EUR zur Abdeckung der Kosten der Heizung an die Klägerin zu leisten.

d. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Beklagte künftig Heizkosten der Klägerin für selbstbeschafftes Heizöl zwingend durch eine Einmalzahlung im Monat der Kostenentstehung zu übernehmen hat. Ausgehend von der Handhabung im Sozialhilferecht bis 31.12.2004 ergeben sich insoweit keine grundlegenden Bedenken. Hierbei wäre dann zu beachten, dass die Klägerin bei einer einmaligen Heizungskostenbeihilfe natürlich keine laufenden Kosten für Heizenergie für die Folgemonate hätte und aufgrund der erfolgten Bevorratung sich auch die Angemessenheit des Heizmaterialverbrauchs in der Folgebestellung als Prüfungsgesichtspunkt stellen würde. Gerade aber durch die Vorratsbeschaffung bei selbstbeschafftem Brennmaterial ist es durchaus denkbar, dass die Beklagte Kosten zu übernehmen hätte, die über den Zeitraum des Leistungsbezuges hinausgehen (unter Berücksichtigung des vorübergehenden Charakters der Hilfeleistungen nach dem SGB II). Dies könnte sich insbesondere bei wechselnden Erwerbs- und Leistungsbezugsverläufen als problematisch erweisen. Es obliegt jedoch der Beklagten zu prüfen, ob gegebenenfalls eine darlehnsweise Übernahme der Heizkosten im Zeitpunkt der Fälligkeit der Rechnung erfolgt, verbunden mit einer monatlich anteiligen Tilgung je nach der Dauer des Leistungsbezuges des Antragstellers und der Dauer der Bevorratung und ob dies durch eine Erhöhung der Regelleistungen oder außerhalb dieser Leistungen verwaltungstechnisch abgewickelt werden könnte. In dem hier zu entscheidenden Fall kann diese Frage jedoch offen bleiben, weil die Klägerin zwischenzeitlich durchgängig im Leistungsbezug bei der Beklagten gestanden war und in nächster Zukunft bis zum Ende des Jahres mit einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nicht zu rechnen sein dürfte.

5. Zu dem unter 2. ermittelten Regelbedarf der Klägerin von 345,00 EUR, 41,40 EUR an Mehrbedarf für Alleinerziehende, 25,56 EUR Mehrbedarf für aufwändige Ernährung und den Regelbedarf des Sohnes F. in Höhe von 207,00 EUR monatlich sind damit als Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II 84,07 EUR an Schuldzinsen sowie die anfallenden Nebenkosten in Höhe von 65,26 EUR monatlich zu berücksichtigen, die je hälftig auf die Klägerin und ihren Sohn entfallen. Damit ergäbe sich ein laufender monatlicher Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 768,29 EUR, von dem das Einkommen des Sohnes F. in Höhe von 318,00 EUR in Abzug zu bringen ist. Damit ergibt sich ein laufender monatlicher Bedarf in Höhe von 450,29 EUR für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005. Insoweit war der Änderungsbescheid vom 07.09.2005 abzuändern. Die Beklagte wird eine entsprechende Korrektur des weiteren Änderungsbescheides vom 15.09.2005, gegen den die Klägerin vorsorglich Widerspruch eingelegt hatte und der hier nicht streitgegenständlich ist, zu veranlassen haben und der Klägerin den Differenzbetrag zu den bisher bewilligten Leistungen nachzuzahlen haben (für die Zeit vom 01.01.2005 – 30.06.2005 6 x 3,78 EUR = 22,68 EUR). Zur Abdeckung des im Januar 2005 angeschafften Heizöls hat die Beklagte an die Klägerin gemäß den obigen Ausführungen eine einmalige Beihilfe in Höhe von 761,78 EUR zu bezahlen. Im übrigen war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin eine Berücksichtigung der Tilgungsleistungen für das Annuitätendarlehn begehrt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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