S 4 AS 535/5

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Bayreuth (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AS 535/5
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 171/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Urteil I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 7.7.2005 in Fassung der Änderungsbescheide vom 19.8.2005 und 20.9.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2005 in Fassung der Änderungsbescheide vom 18.10.2005, vom 21.11.2005 und vom 13.12.2005 verurteilt, Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich 525,37 Euro zu bewilligen. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Die Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger gegenüber der Beklagten im Zeitraum 1.7.2005 bis 31.12.2005 einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H. der tatsächlichen Aufwendungen von monatlich 543,35 Euro haben.

Am 13.12.2004 beantragten die Kläger bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Aus den in diesem Zusammenhang vorgelegten Unterlagen geht hervor, daß der Kläger und seine Ehefrau in einer seit 1993 bezugsfertigen Wohnung mit 3 Wohnräumen sowie Küche und Bad, insgesamt mit einer Wohnfläche von 82,90 qm leben. Als Gesamtmietkosten fallen monatlich 543,35 Euro an, davon 345,45 Euro für die Grundmiete, 90.- Euro für die Betriebskostenvorauszahlung und 107,90 Euro für die Heizkostenvorauszahlung (inkl. Warmwasser). Vermietet wird die Wohnung durch die W.-S.-Gesellschaft mbH, F ...

Am 10.1.2005 erging ein Bewilligungsbescheid der Beklagten. Den Klägern wurden für den Zeitraum 1.1.2005 bis 30.6.2005 Leistungen i.H.v. monatlich 1.011,98 Euro bewilligt. Laut beigefügtem Berechnungsbogen wurden dabei Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 525,37 Euro zugrundegelegt. Der Bescheid enthielt folgenden Hinweis über Kosten der Unterkunft (KdU): "Die von Ihnen geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung übersteigen den angemessenen Umfang. Bei einem 2-Personen-Haushalt gilt eine Miete (einschl. Nebenkosten) in Höhe von 300,00 EUR/Landkreis F. bzw. 320,00 EUR/Stadt F. zuzüglich 45,00 EUR für Heizung (ohne Warmwasser) als angemessen. Die tatsächlichen Kosten werden längstens bis 30.6.2005 berücksichtigt. Für die Zeit ab 1.7.2005 werden nur noch angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen. Bei Abschluß eines Vertrages für eine neue Unterkunft ist die vorherige Zusicherung zu den Aufwendungen für Miete bei der ARGE Arbeitsagentur F. einzuholen."

Am 2.6.2005 beantragten die Kläger die Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Daraufhin bewilligte die Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 7.7.2005 für den Zeitraum 1.7.2005 bis 31.10.2005 monatliche Leistungen i.H.v. 806,53 Euro, für November 2005 Leistungen i.H.v. 787,86 Euro und für Dezember 2005 i.H.v. 736,53 Euro. Als monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung legte sie hierbei 345.- Euro zugrunde.

Gegen den Bescheid erhoben die Kläger am 26.7.2005 Widerspruch. Sie führten aus, es ginge ihnen um die Mietkosten. Sie bekämen keine billigere Wohnung. Der Mietspiegel läge bei 5,00 - 5,50 Euro/qm, ihre Miete dagegen nur bei 4,20 Euro. Zudem fielen bei einem Wohnungswechsel Umzugskosten sowie Mietkaution an und eventuell Kosten für neue Möbel.

Am 19.8.2005 und 20.9.2005 erließ die Beklagte Änderungsbescheide, da die Kläger zwischenzeitlich Lohnabrechnungen für Juli und August 2005 vorgelegt hatten. Für den Zeitraum 1.8.2005 bis 31.8.2005 wurden nunmehr Leistungen i.H.v. 1.046,23 Euro und für den Zeitraum 1.9.2005 bis 30.9.2005 i.H.v. 903,43 Euro bewilligt. Als monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung legte die Beklagte weiterhin 345.- Euro zugrunde.

Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.10.2005 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Es wurde u.a. ausgeführt, bei der Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunfts- und Heizungskosten werde in der Rechtsprechung allgemein eine Wohnungsgröße von bis zu 60 qm für 2 Personen als angemessen angesehen. Für einen 2-Personen-Haushalt und damit auch für die Bedarfsgemeinschaft der Kläger sei unter Berücksichtigung des Mietzinsniveaus im Landkreis F. somit eine Kaltmiete von bis zu 300.- Euro und Heizungskosten von 45.- Euro als angemessen zu sehen. Das genannte Mietzinsniveau beruhe auf einer Auswertung von Wohnungsmarktanzeigen sowie einer Befragung von Wohnungsgenossenschaften im Jahr 2001. Die allgemeine Verteuerung von Neben- und Heizungskosten seit dem Jahr 2001 sei im Laufe der Jahre berücksichtigt und die Mietobergrenzen seien entsprechend angepaßt worden. Das ermittelte Mietzinsniveau entspräche in etwa auch der Mietobergrenze für den Landkreis F. nach § 8 WoGG. Die Kläger seien auf die Unangemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung im Bescheid vom 10.1.2005 hingewiesen worden. Sie hätten weder ausreichend geltend gemacht noch sei aus dem Sachverhalt ersichtlich, daß ihnen eine Senkung der Unterkunftskosten innerhalb der gesetzlichen Regelfrist von 6 Monaten nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre. Damit eine längere Frist hätte anerkannt werden können, hätte es seitens der Kläger umfangreicher Bemühungen wie z.B. der regelmäßigen Durchsicht von Tageszeitungen nach Wohnungsanzeigen, selbst aufgegebener Annoncen sowie der Registrierung als Wohnungssuchende bei den Wohnungsgenossenschaften bedurft. I.ü. könnten für notwendige Umzugskosten sowie für die bei Anmietung einer neuen Wohnung eventuell anfallende Mietkaution - soweit nicht für die alte Wohnung eine Kaution in entsprechender Höhe hinterlegt worden sei - einmalige Leistungen nach § 22 (3) SGB II gewährt werden.

Am 18.10.2005, 21.11.2005 und 13.12.2005 ergingen weitere Änderungsbescheide der Beklagten, da die Kläger die Verdienstbescheinigungen für September, Oktober, und November 2005 vorlegten. Für den Zeitraum 1.10.2005 bis 31.10.2005 wurden nunmehr Leistungen i.H.v. 903,43 Euro, für den Zeitraum 1.11.2005 bis 30.11.2005 i.H.v. 807,41 Euro und für den Zeitraum 1.12.2005 bis 31.12.2005 i.H.v. 910,78 Euro bewilligt. Als monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung legte die Beklagte wiederum 345.- Euro zugrunde.

Am 15.11.2005 haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben. Zur Begründung tragen sie u.a. vor, die Angemessenheit von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen und nicht, wie es die Beklagte getan habe, schematisch festzulegen. Dabei hätte die Beklagte bei ihrer Entscheidung u.a. das Alter der Kläger berücksichtigen müssen sowie den Umstand, daß bei einem Umzug Folgekosten in einer Höhe entstünden, die ausreichend sei, um die aktuelle Miete der Kläger für geraume Zeit weiterzubezahlen. Zudem seien die von der Beklagten zur Bestimmung des Mietpreisniveaus in E. herangezogenen Daten aus dem Jahr 2001 veraltet und entsprächen nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten auf dem Mietmarkt, auf dem für 60 qm-Wohungen bereits Kaltmieten von 300.- bis 380.- Euro zu zahlen seien. Die Kaltmiete der Kläger i.H.v. ca. 340.- Euro könne deshalb nicht als unangemessen angesehen werden. Außerdem lasse die Beklagte unberücksichtigt, daß sich die Neben- und Heizkostenkosten aufgrund einer außergewöhnlichen Steigerung der Energiekosten gerade seit Beginn des Jahres 2005 stark erhöht hätten. Die Kläger hätten sich auch umfassend darum bemüht, eine angemessene Wohnung am örtlichen Wohnungsmarkt zu finden. Sie hätten dazu regelmäßig entsprechende Wohnungsanzeigen durchgesehen und diese auch der Beklagten zum Nachweis vorgelegt. Sie hätten die Beklagte auch darauf hingewiesen, daß mit einem Wohnungsumzug zahlreiche Folgekosten verbunden seien, die sie nicht tragen könnten. Ihnen sei es daher nicht möglich bzw. zumutbar gewesen, die Unterkunftskosten innerhalb von sechs Monaten zu senken. Die Beklagte habe i.ü. nicht nachgewiesen, daß nach ihrer Ansicht angemessene Wohnungen in ausreichendem Maße auf dem örtlichen Wohnungsmarkt vorhanden seien.

Die Kläger beantragen deshalb sinngemäß,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 7.7.2005 in Fassung der Änderungsbescheide vom 19.8.2005 und 20.9.2005 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13.10.2005 in Fassung der Änderungsbescheide vom 18.10.2005, vom 21.11.2005 und vom 13.12.2005 zu verurteilen, Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 543,35 Euro monatlich den Klägern zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Zusätzlich führt sie aus, es gäbe für die Stadt E. keinen Mietspiegel. Sie sehe keinen Anlaß, die im Jahr 2001 durch das Sozialhilfeamt F. ermittelten "Mietobergrenzen" in Frage zu stellen, da sich das örtliche Mietniveau seitdem stagnierend verhalten habe. Die Kläger seien hinsichtlich eines Wohnungswechsels auch nicht auf den bisherigen Wohnsitz beschränkt. Auch müsse die Beklagte nicht belegen, daß für den Wohnort derzeit angemessene Wohnungen angeboten werden. Vielmehr müßten die Kläger nachweisen, daß ihnen innerhalb der gesetzten Frist ein Wohnungswechsel nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist. Die vorgelegten Zeitungsausschnitte allein belegten dies nicht. Die Beklagte habe entgegen dem Vorbringen der Kläger auch die Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Alter der Kläger, hinreichend gewürdigt, sei aber nicht zu der Auffassung gelangt, daß eine Abweichung vom Regelfall gerechtfertigt sei.

Am 5.4.2006 fand im Verfahren ein Erörterungstermin statt. Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift, der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann gem. § 124 (2) SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.

Gem. § 86 SGG sind die Bescheide vom 19.8.2005 und 20.9.2005 bereits Gegenstand des Vorverfahrens geworden. Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens sind gem. § 96 (1) SGG die Bescheide vom 18.10.2005, vom 21.11.2005 und vom 13.12.2005 geworden, entgegen dem richterlichen Hinweis im Termin vom 5.4.2006 aber nicht der Bescheid vom 27.12.2005. Letzterer betrifft nicht den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.7.2005 bis 31.12.2005. Vielmehr handelt es sich bei dem Bescheid um eine Neubewilligung (Bewilligungszeitraum 1.1. bis 30.6.2006), die eine erneute Antragstellung seitens des Hilfebedürftigen zur Voraussetzung hatte (siehe dazu §§ 37 u. 41 (1) S. 4 SGB II).

I. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Der Kläger zu 1. konnte auch im Namen seiner Ehefrau als weiterem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II einklagen, da nach § 73 (2) S. 2 SGG eine Bevollmächtigung des Klägers zu 1. durch seine Ehefrau unterstellt werden kann.

II. Die Klage ist überwiegend begründet. Die Kläger haben gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 525,37 Euro. Der Anspruch gründet sich auf § 22 (1) S. 1 SGB II.

Gem. § 22 (1) S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

1. Weder die Größe der Wohnung der Kläger noch die Höhe der Miete (Bruttokaltmiete/Quadratmeter) erscheinen unangemessen. Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für ihre Unterkunft i.H.v. monatlich 435,45 Euro sind daher von der Beklagten zu übernehmen, da nicht ersichtlich ist, daß sie unangemessen sind.

a. Unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes war es in der Rechtsprechung allgemein anerkannt, bei der Frage nach der angemessenen Fläche einer Wohnung Rückgriff auf die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften zu § 5 (2) WoBindG (Wohnungsbindungsgesetz) zu nehmen (siehe dazu Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rn. 42). Die dabei entwickelten Grundsätze finden nach Auffassung des Gerichts auch im Rahmen des zum 1.1.2005 in Kraft getretenen § 22 (1) S. 1 SGB II Anwendung (so u.a. auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 11.8.2005 - L 7 AS 164/05 ER; Söhngen in jurisPK-SGB II, § 22 Rn. 21). Zu § 5 WoBindG (in der ab 1.1.2002 gültigen Fassung) in Verbindung mit § 27 (4) S. 1 WoFG (Wohnraumförderungsgesetz) sind im Freistaat Bayern zum 1.1.2005 die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) in Kraft getreten (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 10. Dezember 2004 Nr. IIC4-4702-003/04). Nach Nr. 6.7.1 S. 1 dieser Vorschriften ist für zwei Haushaltsangehörige eine Wohnungsgröße von bis zu 65 qm oder bis zu 3 Wohnräumen angemessen. Dabei muß nur jeweils die Raumzahl oder die Wohnungsgröße eingehalten werden (S. 3). Die von den Klägern bewohnte Wohnfläche liegt zwar mit 82,90 qm über den genannten 65 qm, es wird aber mit 3 Wohnräumen die nach Nr. 6.7.1 S. 1 VVWoBindR angemessene Raumzahl eingehalten. Anhaltspunkte dafür, weshalb zu Ungunsten der Kläger im vorliegenden Fall von der Anzahl von 3 Räumen nach unten abgewichen werden müßte, sieht das Gericht nicht. Die Aufwendungen der Kläger für Unterkunft sind daher nicht schon deswegen unangemessen, weil sie für eine Wohnfläche von 82,90 qm anfallen.

b. Die Kläger zahlen derzeit eine monatliche Bruttokaltmiete i.H.v. 435,45 Euro (Grundmiete i.H.v. 345,45 Euro und Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 90.- Euro), was einer Bruttokaltmiete pro Quadratmeter von 5,25 Euro entspricht. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, daß dies aufgrund des Mietniveaus im Landkreis F. unangemessen ist.

Selbst wenn man davon ausgeht, daß die durch das Landratsamt F. Anfang 2001 erhobenen Daten ursprünglich eine ausreichende Grundlage für die Festsetzung angemessener Mietkosten (für Sozialhilfeempfänger) gebildet haben, so sind sie jedenfalls nach einem Zeitraum von deutlich über 4 Jahren nicht mehr geeignet, im Rahmen des § 22 SGB II einen Richtwert für die Angemessenheit von Unterkunftskosten vorzugeben (zur grundsätzlichen Notwendigkeit von Ermittlungen des Leistungsträgers, die eine Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, (und damit von turnusmäßigen Ermittlungen) siehe Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 13.12.2005 - L 9 AS 48/05 ER). So entsprechen die von der Beklagten "zugelassenen" Höchstbeträge für die Bruttokaltmiete bei einem 2-Personen-Haushalt (300.- Euro im Landkreis F. bzw. 320.- Euro in der Stadt F.) ziemlich exakt den Beträgen, die vom Landratsamt F. im Jahr 2000 - im Rahmen der Sozialhilfe - und wohl auch noch nach der Datenerhebung im Jahr 2001 als angemessen angesehen wurden (siehe dazu das Schreiben des Landratsamts F. vom 21.12.2000 an verschiedene Wohnungsbaugenossenschaften bzw. -gesellschaften: 615.- DM = ca. 314,44 Euro). Tatsächlich weist aber der vom Bayerischen Landesamt für Statistik herausgegebene Verbraucherpreisindex bei der Gesamtwohnungsmiete (= Bruttokaltmiete) vom April 2001 bis Dezember 2005 eine Steigerung von 7,13 % auf. Somit kann das Gericht die Behauptung der Beklagten, die Mietobergrenzen seien dem Anstieg der Nebenkosten angepaßt worden, nicht nachvollziehen. Soweit die Beklagte darauf verweist, daß die festgesetzten Mietobergrenzen in etwa den Beträgen in der Wohngeldtabelle des § 8 WoGG entsprächen, kann dies ebenfalls nicht deren Angemessenheit belegen. Denn die Wohngeldtabelle des § 8 WoGG kann nicht zur Bestimmung der Angemessenheit von Mietaufwendungen herangezogen werden (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. zuletzt Urt. v. 31.8.2004 - 5 C 8/04), nicht einmal als Orientierungshilfe im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 13.12.2005 - L 9 AS 48/05 ER). Gegen eine Heranziehung spricht schon, daß die oben dargelegte, statistisch belegte Steigerung der Bruttokaltmiete in den vergangenen Jahren keinen Eingang in die Wohngeldtabelle gefunden hat.

Legt man allerdings die von der Beklagten selbst im Jahr 2001 als angemessen angesehene Bruttokaltmiete i.H.v. 314,44 Euro zugrunde, so errechnet sich bei einem 2-Personen-Haushalt (60 qm, vgl. das Schreiben des Landratsamts F. vom 21.12.2000 an verschiedene Wohnungsbaugenossenschaften bzw. -gesellschaften) bereits ein angemessener Quadratmeterpreis von 5,24 Euro für das Jahr 2001 und unter Zugrundelegung der oben beschriebenen Preissteigerung im Zeitraum April 2001 bis Dezember 2005 für Ende 2005 (7,13 %) sogar ein angemessener Quadratmeterpreis von 5,61 Euro. Somit kann der Quadratmeterpreis der Kläger i.H.v. 5,25 Euro keinesfalls als unangemessen angesehen werden.

2. Auch die Heizkosten der Kläger sind i.H.v. monatlich 89,92 Euro mangels anderweitiger Anhaltspunkte als angemessen anzusehen.

a. Die von der Beklagten vorgesehenen Höchstbeträge für Heizkosten sind nach Auffassung des Gerichts deutlich von einer realistischen Angemessenheitsgrenze entfernt. So lag die zu Beginn des Jahres festgelegte Heizkostenpauschale für einen 2-Personen-Haushalt bei 45.- Euro und entsprach somit ungefähr der im Jahr 2000 vorgesehenen (siehe dazu das Schreiben des Landratsamts F. vom 21.12.2000 an verschiedene Wohnungsbaugenossenschaften bzw. -gesellschaften: 83.- DM (100.- DM x 5/6) = 42,61 Euro). Die Heizkostenpauschale wurde von der Beklagten, allerdings erst zum 1.11.2005, auf 56.- Euro angehoben. Sie liegt damit 29,5 % über dem Niveau von 2000. Laut Verbraucherpreisindex des Bayerischen Landesamts für Statistik sind die Kosten für Heizöl jedoch vom Jahr 2000 bis 2005 landesweit durchschnittlich um gut 36 % gestiegen (siehe zur Entwicklung des Heizölpreises auch www.tecson.de/pheizoel.htm). Auch diese Preisentwicklung wurde von der Beklagten in ihren (Heizkosten-)Pauschalen bei weitem nicht ausreichend nachvollzogen.

Letztlich kann aber dahingestellt bleiben, ob die von der Beklagten festgelegten Pauschalen die Preisentwicklung im Energiesektor richtig wiederspiegeln. Denn die Höhe der Heizkosten ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig (Alter des Gebäudes, Raumhöhe, Isolierung der Fenster, Wärmedämmung, Lage der Wohnung, Zustand der Heizungsanlage, verwendetes Heizmaterial, Alter bzw. Gesundheitszustand der Betroffenen etc.), so daß die Angemessenheit von Heizungskosten im Einzelfall nur schwer festgestellt (vgl. Wieland in Estelmann, SGB II, § 22 Rn. 43) bzw. widerlegt werden kann. Die Leistungen für Heizung nach § 22 SGB II erscheinen deshalb auch einer Pauschalierung nicht zugänglich (so auch Rothkegel in Gagel, SGB II, § 22 Rn. 36). Läßt sich daher im Einzelfall eine Unangemessenheit der Heizkosten anhand äußerer Umstände (z.B. konkrete Anhaltspunkte für ein unvernünftiges Heizverhalten, unangemessen große Wohnfläche) nicht belegen, so sind die tatsächlichen Heizkosten als angemessen zu sehen und in voller Höhe zu übernehmen (in diesem Sinne auch Wieland a.a.O.; ähnlich auch Söhngen a.a.O. Rn. 26). Im vorliegenden Fall sind Anhaltspunkte dafür, daß die Heizkosten der Kläger von durchschnittlich monatlich 1,08 Euro/qm (ohne Warmwasser) unangemessen sind, nicht erkennbar.

b. Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung von den Heizungskosten eine Pauschale von einem Sechstel für die Warmwasserzubereitung abzuziehen, soweit die Heizungskosten die Kosten der Warmwasserzubereitung mit beinhalten und sich die Höhe der letzteren nicht getrennt ermitteln läßt, da die Kosten für Warmwasser bereits durch die Regelleistung mit abgedeckt sind (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urt. v. 16.02.2006 - L 11 AS 68/05; teilweise wird in der Literatur auch ein 20-prozentiger Abschlag befürwortet, vgl. Rothkegel a.a.O. Rn. 35 m.w.N.). Somit sind bei den Klägern als tatsächliche Aufwendungen für Heizung monatlich 89,92 Euro zu berücksichtigen.

3. Da die Kläger die Heizkostenvorauszahlung i.H.v. monatlich 107,90 Euro vollständig eingefordert haben, ist die Klage i.H. der Kosten für die Warmwasseraufbereitung (monatlich 17,98 Euro, für den eingeklagten Zeitraum insg. 107,88 Euro; siehe dazu 2.b.) abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Klage in nur sehr geringem Umfang (107,88 Euro (6 x 17,98 Euro) von 1.119,10 Euro (6 x 198,35 Euro)) ohne Erfolg geblieben ist.
Rechtskraft
Aus
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