S 26 AL 233/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AL 233/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Berufung der Bundesagentur für Arbeit auf die Einrede der Verjährung gegen einen Beitragserstattungsanspruch steht der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB nicht entgegen, wenn kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Bundesagentur oder der Beitragseinzugsstelle der Krankenkasse festgestellt werden kann oder ein fehlerhaftes Verhalten zwar vorliegt, dieses aber von geringem Gewicht ist.

2. Das routinemäßige Anmelden ohne jedes förmliche Prüfungsverfahren eines noch zu DDR-Zeiten angestellten schwerbehinderten Arbeitnehmers zur Beitrags-Einzugsstelle der gesetzlichen Krankenkasse mit der Folge, dass jedenfalls seit dem 1.1.1992 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden, obwohl 2012 festgestellt wurde, dass Versicherungspflicht nicht bestand, stellt kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln im oben genannten Sinne dar.

3. Selbst wenn der Einzugsstelle ein Schreiben der Krankenkasse zu einer wegen Invalidität reduzierten Beitragspflicht des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung oder ein Bescheid über die Umwandlung einer Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Berufsunfähigkeitsrente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze vorlag, lag eine Prüfung einer etwaigen Versicherungsfreiheit des Arbeitnehmers zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht ohne weiteres nahe. Darin ist allenfalls ein leicht fehlerhaftes Verhalten zu sehen, das die Berufung der Bundesagentur für Arbeit auf die Einrede der Verjährung gegenüber einem Beitragserstattungsanspruch nicht ausschließt.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Verjährung eines Beitragserstattungsanspruchs.

Der Kläger begehrt noch die Erstattung von zwischen dem 1.1.1992 und dem 31.12.2006 abgeführten Beiträgen zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung. Die zwischen dem 1.1.2007 und dem 31.5.2010 in Höhe von 901,45 EUR abgeführten Beiträge wurden ihm erstattet. Für die zwischen dem 1.1.1992 und dem 31.12.2006 abgeführten Beiträge beruft sich die Beklagte auf Verjährung.

Dem am xx.xx.1969 geborenen schwerbehinderten Kläger wurde noch zu DDR-Zeiten, ab dem 1.9.1987, eine Invalidenrente gewährt. Diese wurde nach dem Beitritt der DDR mit Bescheiden vom 18.11.1991 und 3.12.1991 in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewertet.

Der Kläger nahm am 1.9.1990 beim Arbeitsamt X. eine Beschäftigung auf. Nach dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz setzte der Kläger das Arbeitsverhältnis mit der Bundesanstalt für Arbeit, jetzt Bundesagentur für Arbeit, fort und ist nach wie vor dort, derzeit im Umfang von 28 Wochenstunden, beschäftigt.

Mit Bescheid vom 14.12.1994 wertete die LVA Sachsen die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze rückwirkend zum 1.1.1992 in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit um.

Aufgrund eines Hinweises der gesetzlichen Rentenversicherung beantragte der Kläger am 9.10.2011 bei der Barmer GEK Krankenkasse als zuständiger Einzugsstelle für die Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung die Überprüfung der Beitragsabführung zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung. Zugleich bat er um Erstattung zu viel gezahlter Beiträge.

In einem Schreiben an die Beklagte kam die Barmer GEK zu dem Ergebnis, dass der Kläger am 1.1.1992 nicht beitragspflichtig zur Arbeitslosenversicherung gewesen sei. Der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente schließe eine Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung grundsätzlich aus. Beim Kläger liege jedoch die Besonderheit vor, dass er durchgehend seit dem 1.9.1987 erwerbsunfähig sei und die Erwerbsunfähigkeitsrente ab 1.1.1992 nur deshalb nicht weiter erhalten habe, weil die Hinzuverdienstgrenze überschritten worden sei. Beim Kläger sei durch den Rentenversicherungsträger seit 1987 durchgehend eine Erwerbsminderung festgestellt. Er habe daher keine Möglichkeit, im Fall der Arbeitslosigkeit Leistungen nach dem SGB III zu beziehen. Vielmehr stehe ihm in diesem Falle sofort wieder die Erwerbsminderungsrente zu.

Mit Schreiben vom 9.10.2012 bat die Barmer GEK die Beklagte über die Erstattung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in eigener Zuständigkeit zu entscheiden.

Mit Bescheid vom 30.11.2012 stellte die Beklagte fest, dass Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in der Zeit vom 1.1.1992 bis zum 31.5.2010 in Höhe von 6.180,21 EUR zu Unrecht entrichtet worden seien. Die für die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.2006 gezahlten Beiträge seien zwischenzeitlich nach § 27 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV – verjährt. Besondere Gründe, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben, lägen nicht vor. Es könnten daher Beiträge in Höhe von 5.278,76 EUR nicht erstattet werden. Es verbleibe bei einem Erstattungsbetrag in Höhe von 901,45 EUR.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 17.12.2012 Widerspruch ein. Er führte im Wesentlichen aus: Bereits 1991/1992 hätten der Arbeitgeber sowie die Krankenkasse erkennen können, dass er nicht beitragspflichtig gewesen sei. Mit Schreiben vom 19.11.1991 habe ihm die Krankenkasse bescheinigt, dass er wegen der Erwerbsunfähigkeitsrente nur den geminderten Krankenkassenbeitrag abführen müsse. Spätestens aufgrund des Umwertungsbescheides des Rententrägers vom 14.12.1994 hätte eine Prüfung erfolgen müssen. Es liege daher fehlerhaftes Verwaltungshandeln vor, woraus die Unzulässigkeit der Berufung auf die Einrede der Verjährung folge.

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens äußerte die Einzugsstelle, dass ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln des Arbeitgebers nicht vorgelegen habe, wenn dieser die allgemein gültigen gesetzlichen Bestimmungen berücksichtige. Mangels noch vorliegender Unterlagen aus der Zeit Anfang der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts könne nicht ausgeschlossen werden, dass seitens der Krankenkasse unzutreffende Auskünfte gegenüber dem Arbeitgeber erteilt worden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1.3.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln liege nicht vor. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Mit der am 2.4.2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf seine schriftliche Klagebegründung Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.3.2013 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger auch die für den Zeitraum vom 1.1.1992 bis 31.12.2006 gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Auf die schriftliche Klageerwiderung wird Bezug genommen.

Am 26.2.2015 hat die mündliche Verhandlung vor der 26. Kammer des Sozialgerichts Chemnitz stattgefunden. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer vorgeschlagen, einen Vergleich zu schließen, wonach die Beklagte dem Kläger zur Abgeltung der streitgegenständlichen Forderung abschließend einen Betrag von 500,00 EUR zahlt und der Rechtsstreit damit erledigt ist. Diesem Vorschlag wäre der Kläger beigetreten, die Beklagte lehnte eine Zahlung aus grundsätzlichen Erwägungen ab.

Im Übrigen wird wegen der näheren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der sich daran anschließenden Kammerberatung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten die Erstattung der von seinem Arbeitgeber für den Kläger als dessen Arbeitnehmeranteil in der Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.2006 abgeführten Beiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht verlangen. Unabhängig davon, ob die Beklagte zu Recht mit dem Bescheid vom 30.11.2012 das Bestehen eines Erstattungsanspruchs nach § 26 Abs. 2 und 3 SGB IV angenommen hat, ist es nicht zu beanstanden, dass sie sich hinsichtlich des genannten Zeitraums auf die Einrede der Verjährung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV beruft. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV verjährt der Anspruch auf Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Die Verjährung betrifft daher vorliegend die Zeiträume vor dem 1.1.2007.

Die Verjährungsvorschriften bedürfen für den besonderen Zusammenhang des Beitragsrechts im SGB III und SGB IV keiner Modifikation. Ihr Zweck ist es im Allgemeinen, dem Schuldner die Abwehr unbegründeter Ansprüche zu erleichtern, zumal die Aufklärung der tatsächlichen Umstände im Laufe der Zeit erfahrungsgemäß immer schwieriger wird. Die Verjährung konkretisiert Maximen von Treu und Glauben in Gestalt der allgemeinen Rücksichtnahmepflichten und erspart zugleich Beweiserhebungen. Darüber hinaus dient sie der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden: Der Rechtsverkehr benötigt klare Verhältnisse und soll deshalb vor einer Verdunklung der Rechtslage bewahrt bleiben, wie sie bei späterer Geltendmachung von Rechtsansprüchen auf Grund längst vergangener Tatsachen zu befürchten wäre. Diese Erwägungen treffen auch auf die Beitragserstattungsansprüche Beschäftigter zu. Diese setzen voraus, dass die tatsächlichen Umstände einer Beschäftigung gegen Entgelt für den gesamten Erstattungszeitraum ermittelt werden. Derartige Umstände lassen sich für die Vergangenheit jedoch erfahrungsgemäß nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten nachweisen. Aber auch dort, wo wie vorliegend über die tatsächlichen Verhältnisse keine Zweifel bestehen und die Verjährung (offensichtlich) begründete Ansprüche betrifft, ist das Rechtsinstitut der Verjährung durch die Gedanken des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens, hier der Freiheit der Versichertengemeinschaft von unvorhergesehenen Belastungen, gerechtfertigt. Tatsächliche Umstände, die – hier immerhin über nahezu 20 Jahre – lange Zeit unangefochten bestanden haben, sollen im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit als bestehend anerkannt werden. Die Unkenntnis des Berechtigten von seinem Anspruch und damit die Möglichkeit, diesen (rechtzeitig) geltend zu machen, ist auch im Bereich der Beitragserstattung ohne Bedeutung (vgl. BSG, Urt. v. 29.7.2003 – B 12 AL 1/02 R).

Der Verjährungseinrede steht hier nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (venire contra factum proprium) als Unterfall des auch im öffentlichen Recht maßgebenden – und von Amts wegen zu beachtenden – § 242 BGB entgegen. Im Rahmen ihrer Ermessensprüfung über ein Absehen von der Geltendmachung der Einrede der Verjährung hielt sich die Beklagte an ihre Verwaltungsanweisungen. Diese sehen vor, in Fällen einer besonderen Härte von der Verjährung abzusehen, die vorliege, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt ist, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesagentur für Arbeit, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung (letzterer als Prüfinstitution) beruhe; d.h. die fehlerhafte Beitragszahlung muss von einer dieser Stellen nachweislich verursacht worden sein (vgl. BSG, Urt. v. 30.10.2013 – B 12 AL 2/11 R).

Ausgehend hiervon hat die Beklagte das Vorliegen einer besonderen Härte zu Recht verneint. Dies hat bereits die Beklagte in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid zutreffend dargestellt, so dass die Kammer auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug nehmen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen kann (vgl. § 136 Abs. 3 SGG).

Zur Ergänzung und Klarstellung sei ausgeführt, dass auch die Kammer keinen Verstoß der Beklagten gegen früheres eigenes bzw. ihr zuzurechnendes Fremdverhalten erkennen kann, welches ihr ein Berufen auf die Verjährungseinrede nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehren könnte. Insbesondere ist nichts erkennbar, wonach der jahrelangen Abführung der Versicherungsbeiträge jemals eine förmliche positive Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht durch eine der oben genannten Stellen zugrunde lag. Die Krankenversicherung will zwar laut ihrem Schreiben vom 5.2.2013 an die Beklagte nicht ausschließen, dass die Versicherungspflicht des Klägers zur Sprache kam. Gleichzeitig hat sie aber mitgeteilt, dass ihr keinerlei Unterlagen zu diesem Vorgang vorliegen, aus denen sich ein Fehlverhalten der Einzugsstelle erkennen ließe. Insofern fehlt es an einem geeigneten Nachweis, dass die Einzugsstelle oder die Beklagte überhaupt jemals eine Prüfung der Versicherungspflicht des noch zu DDR-Zeiten eingestellten Klägers zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung vornahm. Dies geht zu Lasten des Klägers.

Ein fehlerhaftes Verhalten kann auch nicht in einem Unterlassen einer der genannten Stellen festgestellt werden. Hier sind weder Umstände dargetan noch sonst erkennbar, die Anlass gegeben hätten, die Beitragsabführung des Klägers einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Aber selbst wenn man letzteren Fall anhand der vom Kläger angeführten Erwägungen und vorgelegten Unterlagen annähme, würde hieraus kein Verstoß gegen Treu und Glauben folgen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann die Beklagte einem Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge die Einrede der Verjährung sogar in Fällen entgegen halten, wenn zuvor durchgeführte Arbeitgeberprüfungen eines Kleinbetriebes ohne Beanstandungen blieben (vgl. BSG, Urt. vom 30.10.2013 a.a.O.). Ein in diesem Zusammenhang etwa anzunehmendes Fehlverhalten hätte vorliegend schon nicht das Gewicht eines Fehlers bei einer Betriebsprüfung. Es kann daher umso weniger geeignet sein, einen Verstoß gegen Treu und Glauben zu begründen.

Der Kläger kann sich dabei insbesondere nicht auf die Bestätigung der Y Geschäftsstelle BARMER Ersatzkasse vom 19.11.1991 über die Inanspruchnahme eines wegen seiner Invalidität ermäßigten Beitragssatzes von 12,2 % zur Krankenversicherung berufen. Diese Bescheinigung richtete sich in erster Linie an den Arbeitgeber, der bei der Lohnabrechnung nun einen geringeren Beitrag zur Krankenversicherung zu berücksichtigen und abzuführen hatte. Dementsprechend wurde der Kläger in diesem Schreiben aufgefordert, seinen Arbeitgeber über den ermäßigten Beitragssatz zu informieren, damit dieser entsprechend weniger Beiträge abführt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Bestätigungsschreiben zugleich an die Beitrags-Einzugsstelle der Krankenkasse oder der Beklagten als Beitragsempfänger weitergeleitet worden wäre. Aber selbst wenn dieses Schreiben zur Beitragseinzugsstelle gelangte, betraf es gerade nicht den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung, der nach eigenen Kriterien festgesetzt wird. Ein Bezug zur Arbeitslosenversicherung war dem Schreiben weder formal noch inhaltlich zu entnehmen. Ebenso wenig war in diesem Schreiben von einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsversicherung die Rede. Auch dem Sachbearbeiter in der Einzugsstelle musste sich daher nicht aufdrängen, dass sich aus diesem Schreiben zugleich Auswirkungen auf eine eventuelle Beitragszahlung des Klägers zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung ergeben könnten und er dementsprechend hier etwas zu veranlassen hätte.

Ähnliches gilt für den Bescheid vom 14.12.1994 der Landesversicherungsanstalt Sachsen als gesetzlicher Rententräger, auf den sich der Kläger des Weiteren beruft. Der Bescheid über die Umwandlung der Erwerbsunfähigkeitsrente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen in eine Berufsunfähigkeitsrente erging im Verhältnis des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung. Ebenso wenig wie in Bezug die Bescheide aus dem Jahre 1991 über die Umwandlung der Invalidenrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente lässt sich zu diesem Bescheid feststellen, dass er überhaupt in den Machtbereich der genannten Stellen gelangt wäre.

Hinzu kommt, dass aus diesem Bescheid nicht ohne weiteres auf eine Beitragsfreiheit zur Arbeitslosenversicherung des Klägers zu schlussfolgern gewesen wäre. Denn bestand nach Überleitung der DDR-Invalidenrente zunächst kein Zweifel, dass der Kläger als Erwerbsunfähiger bzw. voll Erwerbsgeminderter in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei ist (vgl. aktuell § 28 Abs. 2 SGB III), lagen die Dinge mit der Bewilligung einer Berufsunfähigkeitsrente bzw. der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mit Rückwirkung zum 1.1.1992 nicht mehr so einfach. Denn wird eine solche Rente geleistet, ist anders als bei der EU-Rente bzw. der Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht automatisch davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger auch nicht mehr für die Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, zumal wenn wie hier tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nachgegangen wurde und derzeit auch weiter – im Umfang von 28 Stunden – nachgegangen wird. Hier bedarf es für die Versicherungsfreiheit an sich einer gesonderten Feststellung der Agentur für Arbeit sowie des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, dass der Empfänger wegen der bei ihm vorliegenden Minderung seiner Leistungsfähigkeit voll erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist (vgl. aktuell § 28 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Insofern konnte man auf Grundlage dieses Bescheides an der Versicherungsfreiheit des Klägers zumindest zweifeln. Wenn somit mit der Vorlage des Bescheides nicht zugleich ein Prüfungs- noch ein Beratungsbegehren des Klägers verbunden war, dürfte auch diesbezüglich schwerlich eine Verpflichtung des den Bescheid entgegen nehmenden Sachbearbeiters anzunehmen sein, von Amts wegen eine Überprüfung der Versicherungspflicht des Klägers einzuleiten.

Aber selbst wenn man bei dieser Sachlage insgesamt ein fehlerhaftes Unterlassen der zuständigen Stellen konstruieren wollte, wäre dieses von derart geringem Gewicht, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nicht berührt ist, wenn die Beklagte die Einrede der Verjährung erhebt.

Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass Arbeitgeber des Klägers und die Beklagte personenidentisch sind. Die Beklagte tritt dem Kläger als Arbeitgeber und damit in einer völlig anderen Funktion auf der Ebene des Zivilrechts gegenüber. Arbeitgeberversäumnisse im Zusammenhang mit einer fehlerhaften Beitragsabführung lösen ggf. arbeitsrechtliche Ansprüche aus. Fragen öffentlich-rechtlicher Beitragserstattungsansprüche sind davon zu trennen und allein nach den dafür einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu beantworten. Insofern ist die Beklagte als Arbeitgeber nicht anders als jeder andere private oder öffentliche Arbeitgeber zu behandeln.

Der Kläger trägt als im Rechtsstreit unterlegene Streitpartei seine außergerichtlichen Kosten selbst (§ 193 SGG).
Rechtskraft
Aus
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