S 10 AS 1892/18 ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 10 AS 1892/18 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Schon aus der Systematik der Vorschriften in § 7 SGB II ergibt sich, daß § 7 Abs. 2 SGB II einen eigenständigen Leistungsanspruch enthält.
2. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist daher Ausnahmevorschrift lediglich zu § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II, nicht jedoch zu § 7 Abs. 2 SGB II.
3. Es kann daher dahinstehen, ob einer von zwei nicht verheirateten rumänischen Staatsbürgern, die mit gemeinsamen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben, mangels Ehe dem Leistungsausschluß des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterfällt.
4. Der Leistungsanspruch folgt jedenfalls aus § 7 Abs. 2, Abs.3 Nr. 3b) und c), Abs. 3a Nr. 2 SGB II. Das Vorliegen einer Ehe ist hier nicht erforderlich.
I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, vorläufig ab Zugang der vorliegenden Entscheidung Leistungen nach dem SGB II an die Antragsteller zu zahlen.

II. Der Antragsgegner trägt die notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe:

I.

Die Antragsteller beantragten am 01.06.2018 über ihren Prozessbevollmächtigten, den Antragsgegner über den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 95,73 EUR monatlich (bzw. 269,73 EUR) ab Antragstellung zu gewähren sowie für die Antragstellerin zu 2. Krankenversicherungsbeiträge zu entrichten.

Die Antragsteller zu 1. und 2. seien nicht verheiratet und rumänische Staatsbürger, sie bildeten zusammen mit ihren gemeinsamen Kindern, den Antragstellern zu 3. und 4., eine Bedarfsgemeinschaft.

Mit Schreiben vom 04.07.2018 übersandte der Antragsgegner den Ablehnungsbescheid vom 03.07.2018. Danach wird die Zahlung von Leistungen nach dem SGB II mit der Begründung abgelehnt, der Bedarf der Antragsteller sei durch anzurechnendes Einkommen vollständig gedeckt. Bei dieser Berechnung geht der Antragsgegner davon aus, dass die Antragstellerin zu 2. nicht leistungsberechtigt sei, da für sie der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gelte. Dementsprechend hat der Antragsgegner einen Bedarf für die Antragstellerin zu 2. nicht eingerechnet.

Demgegenüber geht der Bevollmächtigte der Antragsteller davon aus, dass die Antragstellerin zu 2. nicht einem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II unterfalle.

II.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes zum Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Eine Eilbedürftigkeit ist bei einem Streit um Leistungen nach dem SGB II regelmäßig anzunehmen.

Ob die Antragstellerin zu 2. einem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II unterliegt, kann dahinstehen.

Unstreitig bilden die vier Antragsteller eine Bedarfsgemeinschaft, so dass die Leistungsberechtigung der Antragstellerin zu 2. aus § 7 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3 b und c SGB II folgt.

Schon aus der Systematik der Vorschriften in § 7 SGB II ergibt sich, dass § 7 Abs. 2 SGB II einen eigenständigen Leistungsanspruch enthält. Die Ausnahmevorschriften des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II beziehen sich lediglich auf § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. auch Korte/Thie im Komm. von Münder zum SGB II, 6. Auflage 2017, Rdnr. 23 zu § 7 SGB II).

Nach Ansicht des Gerichts beziehen sich lediglich die Versagungsvorschriften des § 7 Abs. 4 – Abs. 6 SGB II auf alle vorstehenden Absätze des § 7 SGB II.

Dass die Antragsteller zu 1. – 4. eine Bedarfsgemeinschaft bilden, ist nach Aktenlage nicht streitig. Die Antragsteller leben gemäß § 7 Abs. 3 a Nr. 2 SGB II mit gemeinsamen Kindern zusammen.

Der Antragsgegner war daher wie tenoriert zu verpflichten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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