S 19 AL 278/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Cottbus (BRB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 19 AL 278/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. III. Der Streitwert wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins.

Der zuvor arbeitslose Arbeitnehmer F H, geb. 1986, erhielt am 27.02.2009 einen für die Zeit bis zum 26.05.2009 gültigen Vermittlungsgutschein über 2.000,00 Euro ausgehändigt. Am 07.04.2009 schlossen der Arbeitnehmer und der Kläger einen Vertrag über private Arbeitsver-mittlung. Unter dem 07.04.2009 erstellte die Beklagte bezogen auf den Arbeitnehmer ein Ver-mittlungsangebot für die Firma G G P, C, dessen Schicksal im weiteren zwischen den Beteilig-ten im Streit steht. Am 27.04.2009 wurde der Arbeitnehmer bei der Firma G aufgrund Arbeits-vertrags vom 24.04.2009 auf Dauer bzw. unbefristet als Elektriker eingestellt.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers bei der Firma G sei als Vermittlungserfolg ihr zuzurechnen, wie ihr dies der Arbeitnehmer anlässlich seiner Abmeldung in Arbeit am 28.04.2009 mitgeteilt habe und wie ihr dies ferner die Firma G im Rahmen eines Außendienstkontakts am 28.04.2009 gleichfalls bestätigt habe.

Der Kläger ist dagegen der Auffassung, das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsver-hältnis des Arbeitnehmers bei der Firma G sei zustande gekommen, weil seine Mitarbeiter einen Vorstellungsgesprächstermin vereinbart hätten bzw. weil er am 07.04.2009 per Telefax der Firma G ein Bewerbungsprofil den Arbeitnehmer betreffend übermittelt habe, im Ergebnis dessen der Arbeitsvertrag am 24.04.2009 geschlossen worden sei.

Seinen Antrag vom 12.06.2009 auf Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins zunächst i.H.v. 1.000,00 Euro anlässlich der Vermittlung des Arbeitnehmers in ein sozialversicherungspflich-tiges Beschäftigungsverhältnis bei der Firma G ab 27.4.2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.07.2009 ab und wies den dagegen am 08.07.2009 eingelegten Widerspruch mit Wider-spruchsbescheid vom 29.10.2009 als unbegründet zurück.

Mit seiner am 27.11.2009 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 01.07.2009 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 29.10.2009 zu verurteilen, ihm anlässlich der Vermittlung des Arbeitnehmers F H in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Firma G ab 27.04.2009 eine Vermittlungsvergütung i.H.v. zunächst 1.000,00 Euro zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid.

Zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat das Sozialgericht Cottbus zusätzlich insbesondere beigezogen eine schriftliche Stellungnahme der Firma G vom 14.06.2011 sowie das von dem Kläger der Firma G übermittelte Bewerbungsprofil über den Arbeitnehmer; der Beklagten am 07.04.2009 erstellte Vermittlungsvorschlag war nicht mehr verfügbar. Außerdem hat das Sozi-algericht Cottbus im Termin zur mündlichen Verhandlung den Arbeitnehmer als Zeugen über die Umstände der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses ab 27.04.2009 einvernommen. Für den Inhalt der Zeugeneinvernehmung wird auf Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und dem Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Eine Beiladung des Arbeitnehmers konnte unterbleiben. Nach der Rechtsprechung des Bun-dessozialgerichts (06.05.2006, B 7a AL 56/05 R, zustimmend etwa Peters-Lange, in: Gagel § 421g SGB III Randnummer 20f.) sowie ferner des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (22.02.2006, L 28 AL 166/03) hat der Vermittler einen eigenen öffentlich-rechtlichen gesetzli-chen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten. Dem ist im Hinblick auf die Bedürfnisse der Praxis trotz fortbestehender erheblicher gesetzessystematischer Bedenken (dazu Sozialgericht Cottbus, 08.02.2005, S 19 AL 531/04) zu folgen. Daraus ergibt sich konsequenter Weise aber zugleich, dass hinsichtlich des Arbeitnehmers ein Fall der notwendigen Beiladung gemäß § 75 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2, 1. oder 2. Alternative SGG nicht vorliegt (Sozialgericht Cottbus, 20.01.2010, S 19 AS 294/08; BSG 23.02.2011 B 11 AL 11/10 R). Von einer einfachen Beila-dung des Arbeitnehmers gemäß § 75 Absatz 1 Satz 1 SGG hat das Sozialgericht Cottbus im Rahmen der ihm obliegenden Ermessensentscheidungen unter Abwägung der jeweiligen Inte-ressen abgesehen.

II. Die Klage ist zulässig, nicht jedoch begründet. Der Bescheid vom 01.07.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 erweist sich als rechtmäßig ohne den Kläger in seinen Rechten zu verletzen, da ihm anlässlich einer Vermittlung des Arbeitnehmers F H, geb. 1986, in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Firma G mit Wir-kung ab 27.04.2009 eine Vermittlungsvergütung i.H.v. zunächst 1.000,00 Euro nicht zusteht.

Nach § 421g Absatz 1 Satz 4 SGB III muss das Beschäftigungsverhältnis durch Vermittlung seitens des Vermittlers zustande gekommen sein. Es gilt ein privatrechtliches Verständnis; so hat auch das Bundessozialgericht entschieden, bei dem zwischen Arbeitsuchendem und pri-vatem Vermittler geschlossenen Vertrag handele es sich um einen durch öffentlich-rechtliche Normen modifizierten Maklervertrag im Sinne des § 652 BGB (Urteil vom 06.05.2006, a. a. O.). Dafür wiederum ist erforderlich ein bewusstes und zweckgerichtetes Einwirken auf den Willensentschluss des Dritten, sei es auch nur durch die Förderung seiner Bereitschaft zum Vertragsschluss (Fährenbach, in: Krütting/Wegen/Weinreich, § 652 BGB Randnummer 30 und Winkler, in: Gagel § 421g SGB III Randnummer 17; im Unterschied zum bloßen Nachweis-makler). Insofern erfordert der öffentlich rechtliche gesetzliche Zahlungsanspruch nach § 421g Abs.1 S. 4 SGB III eine über eine bloß kausale zum Erfolg des Abschlusses des Arbeitsvertrags mit dem Arbeitnehmer führende Setzung einer Bedingung hinausgehende spezifische Aktivität des Klägers in Form der Setzung einer wesentlichen Bedingung dafür.

Diesbezüglich folgt die Kammer im Rahmen der von ihr vorgenommenen freien Beweiswürdi-gung den ursprünglichen Angaben des Arbeitnehmers bei der Abmeldung in Arbeit gegenüber der Beklagten am 28.04.2009 sowie der Firma G gegenüber der Beklagten im Rahmen des Au-ßendienstkontaktes gleichfalls am 28.04.2009. Eine bewusste und zweckgerichtete Einwirkung auf den Willensentschluss der Firma G zur Einstellung des Arbeitnehmers ab 27.4.2009 maß-geblich gerade durch den hiesigen Kläger kann damit nicht angenommen werden.

Die Angaben des im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 05.10.2011 als Zeugen einvernommenen Arbeitnehmers geben einen Anlass zu einer abwei-chenden Beurteilung nicht. Die Kammer erachtet seine Angaben zwar für glaubhaft. Indes schließen sie die Richtigkeit weder der Auffassung der Beklagten noch der des Klägers zwin-gend aus, lassen vielmehr durchaus Raum für eine sowohl letztlich auf Eigeninitiative des Zeu-gen bzw. Aktivität der Beklagten als auch auf – dem Zeugen ggf. unbekannt – Vereinbarung eines Vorstellungsgesprächstermins durch Mitarbeiter des Klägers bzw. Übermittlung eines Bewerbungsprofils den Zeugen betreffend durch den Kläger per Telefax am 7.4.2009 zurück-gehende Einstellung des Zeugen bei der Firma G ab 27.4.2009. Für eine Bestätigung oder auch nur – was für den letztlich dem Kläger obliegenden Nachweis mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit dergestalt im Sinne eines Vollbeweises, als dass vernünftige Zweifel schwiegen, mitnichten genügte – eine Nahelegung, dass die Einstellung des Zeugen bei der Firma G ab 27.4.2009 maßgeblich auf eine Vermittlung gerade des Klägers im Sinne des § 421g Abs.1 S.4 SGB III beruhen würde, sind die Angaben des Zeugen nicht geeignet bzw. hinreichend.

Die zeitlich später erfolgenden Angaben der Firma G in deren schriftlicher Stellungnahme vom 14.6.2011 sind ebenfalls ungeeignet, vernünftige Zweifel zu zerstreuen, sind sie letztlich doch pauschal gebliebenen und ist es der Firma G insbesondere nicht gelungen zu erklären, ge-schweige denn hinreichend, weshalb sie wesentlich zeitnäher zur Einstellung des Zeugen im Rahmen eines Außendienstkontaktes am 28.4.2009 eine Vermittlung durch die Beklagte bestä-tigte und weshalb dies nunmehr nicht mehr der Richtigkeit entsprechen sollte.

Die Kammer ist im übrigen der Auffassung, dass eine Vereinbarung eines Vorstellungsge-sprächstermins durch Mitarbeiter des Klägers bzw. eine Übermittlung eines Bewerbungsprofils den Zeugen betreffend durch den Kläger per Telefax nicht die Anforderungen des § 421g Abs.1 S. 4 SGB III an eine über eine bloß kausale zum Erfolg des Abschlusses des Arbeitsver-trags mit dem Arbeitnehmer führende Setzung einer Bedingung hinausgehende spezifische Aktivität des Klägers in Form der Setzung einer wesentlichen Bedingung dafür erfüllen wür-den.

Ergänzend nimmt die Kammer gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die zutreffenden Ausfüh-rungen der Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid, die sie sich zu eigen macht.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 161 Abs. 2 VwGO.

IV. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a SGG i.V.m. § 13, 25 GKG nach der Be-deutung der Streitsache für den Kläger in Höhe der von der Beklagten ihm vorenthaltenden Vermittlungsvergütung.
Rechtskraft
Aus
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