S 2 KA 142/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 142/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 (Dt. Ärztebl. 2000, A-556 ff.) ist zwar in seinen einzelnen Schritten in vielerlei Hinsicht angreifbar, erreicht jedoch im Ergebnis das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel einer angemessenen vertragspsychotherapeutischen Vergütung je Zeiteinheit (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V).
2. Eine angemessene Vergütung in diesem Sinne ist dann anzunehmen, wenn die Einnahmen-Überschüsse (Brutto-Honorare abzüglich Praxiskosten in Höhe von 66.000,- DM) voll ausgelasteter vertragspsychotherapeutischer Praxen um nicht mehr als 15 % geringer sind als diejenigen vergleichbarer Arztgruppen.
3. Ein Mindestpunktwert von 7,6672 Pf. für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschnitt G IV EBM erfüllt im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein die Voraussetzungen für eine angemessene Vergütung im Jahre 2000.
4. Der weitere Beschluss des Bewertungsausschusses zur Änderung des EBM vom 16.02.2000 (Dt. Ärztebl. 2000, A-560), der mit Wirkung ab 01.04.2000 den Kreis der psychotherapeutischen Leistungserbringer auf solche erweitert hat, die mehr als 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus den Leistungen der Abschnitte G IV, G V und den Leistungen nach Nrn. 855 bis 858 des Abschnitts G III EBM erzielen, ist nicht zu beanstanden, da er die entsprechende Definition der "ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte" in den Bedarfsplanungsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen übernimmt.
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das dem Kläger in den Quartalen 1/00 und 3/00 zu gewährende Honorar.

Der Kläger ist als Psychologischer Psychotherapeut in Düsseldorf niedergelassen und nimmt an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung teil. In den Quartalen 1/00 bis 4/00 vergütete die Beklagte ihm ein Honorar aus vertragspsychotherapeutischer Tätigkeit im Bereich der Primär- und Ersatzkassen (ohne Bundeswehr) in Höhe von 202.102,33 DM.

Grundlage der Honorarberechnung war der Beschluss des Bewertungsausschusses "gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten gemäß § 85 Abs. 4a SGB V (GKV-GR 2000) mit Wirkung zum 1. Januar 2000" vom 16.02.2000 (Dt. Ärztebl. 2000, A-556 ff.) sowie § 6 Abs. 4 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM). Diese Bestimmung hatte in ihrer zum 01.01.2000 in Kraft getretenen Fassung vom 19.05.2000 (Rhein. Ärztebl. 6/2000, 75 ff.) zunächst vorgesehen, dass von dem nach Abzug bestimmter Vorwegzahlungen für Primär- bzw. Ersatzkassen verbleibenden Gesamtvergütungsbetrag nach der Richtlinie des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 entsprechend § 85 Abs. 4a SGB V vorweg abgezogen werden ... (lit. d) Psychotherapie-Honorarvolumen %ual auf Basis der Quartale 1-4/99 getrennt nach haus- und fachärztlichem Anteil. Anteilig hinzugefügt wird das aus dem Honorartopf der Nervenärzte vergütete Volumen für psychotherapeutische Leistungen auf dem Stand der zuletzt durchgeführten Arztzahldynamisierung. Gemäß § 6 Abs. 5a verteilt sich das nach Abzug der weiteren Vorwegzahlungen gemäß Abs. 4 verbleibende trennungsrelevante Honorarvolumen entsprechend der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses zur Festlegung von Kriterien zur Teilung der Gesamtvergütungen gemäß § 85 Abs. 4b SGB V (GKV-GR 2000) in einen haus- bzw. fachärztlichen Versorgungsbereich. Innerhalb des hausärztlichen bzw. fachärztlichen Bereiches werden vorab vergütet ... psychotherapeutische Leistungen bei einem Anteil 90 % mit einem Mindestpunktwert. Der festgelegte Mindestpunktwert gilt nur für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnittes G IV EBM bis zu einer Höhe von insgesamt 561.150 Punkten je Quartal und Arzt für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte und -therapeuten. Sinkt der sich rechnerisch ergebende Restpunktwert Psychotherapie um mehr als 15 % unter den Mindestpunktwert, so ist der Mindestpunktwert so abzusenken, dass die Differenz um nicht mehr als 15 % überschritten wird.

Diese Honorarverteilungsregelungen wurden von der Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 22.08.2000 beanstandet. Zum einen sei die Stellungnahme des Beratenden Fachausschusses gemäß § 79 b Sätze 5 - 7 SGB V zur Änderung des HVM nicht an die Vertreterversammlung der Beklagten und an den HVM-Ausschuss weitergeleitet worden, damit sie in die Entscheidung habe einbezogen werden können. Der Beschluss der Vertreterversammlung zur Änderung des HVM sei damit nichtig. Zum anderen stelle die Honorarverteilungsregelung nicht sicher, dass der gemäß Beschluss des Bewertungsausschusses vorgegebene Mindestpunktwert nicht unterschritten werde. Sollte der floatende Punktwert für die "übrige" Psychotherapie 15 % oder mehr unter den festen Punktwert für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen fallen, führe dies zu einer Absenkung des festen Punktwertes in dem Umfange, wie die Punktwertdifferenz um mehr als 15 % überschritten werde.

Mit Fassung vom 29.11.2000 (Rhein. Ärztebl. 1/2001, 116 ff.) änderte daraufhin die Beklagte ihren HVM zu § 6 Abs. 5 a dahin, dass innerhalb des hausärztlichen bzw. fachärztlichen Bereiches vorab vergütet werden ... psychotherapeutische Leistungen bei einem Anteil 90 % (Basis: Vorquartal) mit einem Mindestpunktwert. Der festgelegte Mindestpunktwert von 7,6672 Pf. gilt nur für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschnittes G IV EBM bis zu einer Höhe von insgesamt 561.150 Punkten je Quartal und Arzt für ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte und -therapeuten.

Den Quartalsabrechnungsbescheiden 1/00 und 3/00 widersprach der Kläger jeweils insoweit, als er die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen für nicht ausreichend erachtete. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2002 wies der Vorstand der Beklagten die Widersprüche unter Hinweis auf den Beschluss des Bewertungsausschusses und die Regelungen ihres HVM zurück.

Hiergegen richtet sich die am 27.09.2002 erhobene Klage.

Der Kläger hält die angefochtenen Honorarbescheide für rechtswidrig.

Gegen den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 bestünden drei maßgebliche Einwendungen: Der Beschluss knüpfe statt an den fiktiven Umsatz einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis an den durchschnittlichen Umsatz des Jahres 1998 an, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aufgrund der unzulänglichen Punktwerte als nicht honorarverteilungsgerecht zu bewerten gewesen sei. Überdies habe sich die Zahl der Psychologischen Psychotherapeuten in der vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Verhältnis von 1998 zu 2000 nachhaltig so entwickelt, dass zwischenzeitlich mehr Leistungserbringer vertragspsychotherapeutisch tätig gewesen seien.

An der Rechtswidrigkeit ändere nichts, dass nur Daten aus dem Jahr 1998 zur Verfügung gestanden hätten. Denn es gehe in der Rechtsprechung des BSG gerade um einen fiktiven Sollumsatz bei Vollauslastung und nicht um den realen Umsatz 1998; der fiktive Sollumsatz 1998 sei aus der Rechtsprechung des BSG bei Beschlussfassung des Bewertungsausschusses am 16.02.2000 bereits bekannt gewesen.

Der Beschluss des Bewertungsausschusses zu einem Korrekturfaktor von 1,47 beruhe auf der Methode der empirischen Standardabweichung. Verglichen werde also eine 1998 durchschnittlich (und nach heutigen Maßstäben unterdurchschnittlich) ausgelastete psychotherapeutische Praxis mit einer hausärztlichen Praxis, deren Auslastung im Durchschnitt der überdurchschnittlich ausgelasteten Praxen liege. Dies sei zu Recht auch vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) in seinen Urteilen vom 09.04.2003 - L 11 KA 133/02 und 134/02 - beanstandet worden.

Schließlich habe der damalige Beschluss des Bewertungsausschusses, der zwischenzeitlich hinsichtlich dieses Bestandteils zu Gunsten eines festen Kostensatzes geändert worden sei, zu einer Absenkung der anerkannten und hoheitlich geregelten Kostenquote von 40,2 % auf unter 30 % geführt, wie auch die Beklagte einräume.

Soweit im Übrigen das LSG NRW davon ausgehe, dass die weiteren - also nicht genehmigungspflichtigen und/oder zeitgebundenen - Leistungen durchschnittlich 15 % der insgesamt abgerechneten Punktzahlvolumina und damit des Sollumsatzes ausmachten, sei dem nicht zu folgen, denn die weiteren Leistungen würden gerade nicht mit demselben Mindestpunktwert wie zeitgebundene und genehmigungspflichtige G IV-Leistungen vergütet, sondern schwankten. So habe der Restpunktwert für die sonstigen Leistungen im Quartal 1/00 für den fachärztlichen Versorgungsbereich 6,2856 Pf. bei den Ersatzkassen bzw. 5,8309 Pf. bei den Primärkassen betragen, im Quartal 2/00 kassenartübergeifend 6,5171 Pf. Im Quartal 3/00 habe er für den hausärztlichen Versorgungsbereich zwar dem Mindestpunktwert entsprochen, aber im fachärztlichen Versorgungsbereich für die Primärkassen nur noch 4,2372 Pf. und dort im Quartal 4/00 4,1418 Pf. betragen.

Zudem weiche die Prämisse des LSG NRW, Umsätze aus anderen als zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen vertragspsychotherapeutischen Leistungen überhaupt auf den zur Erzielung eines honorarverteilungsgerechten Ergebnisses erforderlichen Sollumsatz anzurechnen, von der bisherigen Rechtsprechung des BSG ab, denn das BSG habe nur anhand der 35 oder 36 wöchentlichen Sitzungen von mindestens 50-minütiger Dauer den Sollumsatz der voll ausgelasteten Praxis errechnet. Über diesen Umsatz hinaus fielen im absoluten Regelfall auch keine nennenswerten Umsätze aus anderen vertragspsychotherapeutischen und abrechnungsfähigen Leistungen an. Rechtswidrig sei schließlich auch der HVM der Beklagten. Insoweit macht sich der Kläger im Wesentlichen die Beanstandungen der Aufsichtsbehörde zu Eigen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung der Abrechnungsbescheide für die Quartale 1/2000 und 3/2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2001 über sein Honorar unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden und die Sprungrevision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und die Sprungrevision zuzulassen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. In Ausfüllung des gesetzlichen Auftrages seien vom Bewertungsausschuss durch Beschluss vom 16.02.2003 die Berechnungsgrundlagen vorgegeben worden, nach denen für jede Kassenärztliche Vereinigung mit Wirkung ab 01.01.2000 ein regionaler Mindestpunktwert zur Gewährleistung einer angemessenen Vergütung für die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen des Kapitels G IV EBM zu ermitteln sei. Zur dieser Festlegung sei eine Datenlage heranzuziehen gewesen, die einen zeitnahen Ansatz ermögliche. Da bundesweit relevante Daten aus dem Jahre 1999 nicht zur Verfügung gestanden hätten, sei nur ein Rückgriff auf die Daten des Jahres 1998 möglich gewesen. Dies sei sowohl hinsichtlich des Umsatzes der psychotherapeutischen Leistungserbringer als auch hinsichtlich des Vergleichseinkommens einer durchschnittlichen Allgemeinarztpraxis vorgenommen worden.

Zu der vom Bewertungsausschuss lediglich zu treffenden Festsetzung der Betriebsausgaben sei der Ist-Umsatz der psychotherapeutischen Leistungserbringer aus 1998 mit dem bundeseinheitlichen Faktor 1,47 multipliziert worden. Mit diesem Faktor seien in sachgerechter Weise sowohl der sog. Vollauslastungshypothese Rechnung getragen als auch eine Erhöhung des Ist-Umsatzes aus 1998 erreicht worden.

Selbst bei gedanklicher Anwendung eines Punktwertes von 10 Pf. zur Bestimmung des Ist-Umsatzes - so die Auffassung des SG Dortmund (in seinem Urteil vom 23.07.2002 - S 26 KA 274/00 - = MedR 2003, 56 ff.) - ergäbe sich lediglich ein Umsatz, der weiterhin den Durchschnitt abbilde, mithin nicht dem Umstand Rechnung trage, dass ein Teil dieser Leistungserbringer eben nicht vollzeitig vertragsärztlich tätig sei. Zudem sei die gedankliche Anhebung der Honorierung psychotherapeutischer Leistungen auf 10 Pf. keine sich aus der Rechtsprechung des BSG ergebende Notwendigkeit. Nach dem Willen des Gesetzgebers habe vom Bewertungsausschuss zur Festsetzung der Betriebsausgaben eine reale Bezugsgröße im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des BSG gefunden werden müssen.

Bei Anwendung der durch den Bewertungsausschuss vorgegebenen Berechnungsgrundlagen ermittele sich der Mindestpunktwert für die zeitgebundenen und genehmigungspflichtigen Leistungen des Kapitels G IV EBM im Bereich der Beklagten wie folgt: 1. Der durchschnittliche Umsatz der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte bzw. -therapeuten im Jahr 1998 habe 85.675,88 DM betragen. 2. Im Sinne der sog. Vollauslastungshypothese sei dieser Umsatz mit dem bundeseinheitlichen Faktor 1,47 multipliziert worden. Hieraus habe sich ein fiktiver Umsatz für die psychotherapeutischen Leistungserbringer in Höhe von 125.943,54 DM ergeben. 3. Auf diesen Betrag in Höhe von 125.943,54 DM sei der auch ansonsten im EBM verwandte lineare Kostensatz in Höhe von (hier) 40,2 % angewandt worden und habe einen Betrag für Kosten in Höhe von 50.629,30 DM ergeben. 4. Der Umsatz einer durchschnittlichen Allgemeinarztpraxis im Jahre 1998 habe 297.695,89 DM betragen. Sofern man hiervon den linearen Kostensatz für Allgemeinmediziner in Höhe von 59,3 % subtrahiere, ergebe sich ein Einkommen einer durchschnittlichen Allgemeinarztpraxis in 1998 in Höhe von 121.162,23 DM. 5. Zu diesem unter Punkt 4. ermittelten - ausdrücklich vom LSG NRW als zulässig erkannten - Vergleichseinkommen sei der unter Punkt 3. ermittelte Kostensatz addiert worden. Mithin habe sich ein Sollumsatz für die psychotherapeutischen Leistungserbringer in Höhe von 171.791,53 DM ergeben. 6. Es habe sich mithin in den streitbefangenen Quartalen ein Mindestpunktwert in Höhe von 7,6672 Pf. für die in Rede stehenden Leistungen ergeben.

Sofern das LSG NRW in seinen Entscheidungen vom 09.04.2003 ausführe, dieser Berechnungsweg stelle sich als sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung durch Abweichen von dem ansonsten im EBM verwandten linearen Kostensatz dar, treffe dies bei folgender Betrachtung nicht zu:

Der Durchschnitt Allgemeinmediziner in 1998 von 297.695.89 DM abzüglich linearem Kostensatz für Allgemeinmediziner in Höhe von 59,3 % = 176.533,66 DM ergebe ein Vergleichseinkommen von 121.162,23 DM.

Bei rechnerisch zulässiger Betrachtung nach Auffassung der Gerichte bedeute dies im Umkehrschluss, dass die Berechnung eines Sollumsatzes mindestens dazu führen müsse, dass von einem Vergleichseinkommen von 121.162,23 DM ausgehend zuzüglich linearem Kostensatz von 40,2 % = 81.450,19 DM sich ein Sollumsatz in Höhe von 202.612,42 DM ergeben müsste.

Jetzt möge man der Auffassung des SG Dortmund und des LSG NRW auf den ersten Blick Folge leisten wollen, da zurück gerechnet auf den Sollumsatz von 171.791,53 DM der Kostensatz in Höhe von 50.629,30 DM lediglich einem prozentualen Anteil von 29,47 % entspreche.

Doch sei zu berücksichtigen, dass der sich in der tatsächlichen Berechnung ergebende Sollumsatz als Umsatz aus zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten nach Kapitel G IV EBM festgesetzt worden sei. Eine Konsolidierung der Einkommenssituation der psychotherapeutischen Leistungserbringer trete dadurch ein, dass diese zwischen 15 % und 20 % ihres Umsatzes aus nicht genehmigungspflichtigen Leistungen erwirtschafteten. Von dem Sollumsatz in Höhe von 171.791,53 DM ausgehend ergebe dies einen weiteren Umsatz aus nicht genehmigungspflichtigen Leistungen in Höhe von etwa 30.063,51 DM (= durchschnittlich 17,5 %), mithin einen Gesamtumsatz in Höhe von ca. 201.855,04 DM. Subtrahiere man von diesem Gesamtumsatz den linearen Kostensatz in Höhe von 40,2 %, ergebe sich ein Einkommen für die psychotherapeutischen Leistungserbringer von 120.709,32 DM. Dieses Einkommen weiche lediglich um 452,91 DM von dem zulässigerweise als Vergleichseinkommen herangezogen Einkommen der Allgemeinmediziner ab und sei im Sinne einer typisierenden Betrachtung als Verwerfung hinzunehmen. Der obere Grenzbetrag der Betriebsausgaben von 66.000,- DM sei im Übrigen in einer Höhe eingeführt worden, die die Berechnungen des regionalen Mindestpunktwertes unter Anwendung des linearen Kostensatzes von 40,2 % für den Bereich der Beklagten (und aller übrigen Kassenärztlichen Vereinigungen) nicht tangierten.

Die Beigeladene zu 9) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer - umfangreich begründeten - Auffassung gewährleistet der Beschluss des Bewertungsausschusses eine angemessene Vergütung je Zeiteinheit und benachteiligt die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer nicht.

Die Beigeladenen zu 1) und 8) schließen sich der Stellungnahme der Beigeladenen zu 9) an.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Hinsichtlich des Quartals 1/00 stützt sich der angefochtene Honorarbescheid auf den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 sowie die Bestimmung des § 6 Abs. 4 HVM der Beklagten. Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung ist zunächst die gesetzliche Grundlage des Beschlusses des Bewertungsausschusses in § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V i.d.F. des Art. 1 Nr. 36 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-RefG 2000) vom 22.12.1999 (BGBl. I 2626). Danach bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 28.02.2000 den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V zu treffenden Regelungen. Nach der letztgenannten Vorschrift, die ebenfalls durch das GKV-RefG 2000 eingeführt worden ist, haben die einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen in ihrem HVM Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten. Mit diesen ab 01.01.2000 geltenden Vorschriften des § 85 Abs. 4, Abs. 4a SGB V hat der Gesetzgeber insbesondere auf die Urteile des BSG vom 25.08.1999 reagiert (so BSG, Urteil vom 12.09.2001 - B 6 KA 58/00 R -) und für die Zeit ab dem 01.01.2000 Vorgaben für die Honorierung der zeitabhängigen Leistungen der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte gemacht; zu dieser Arztgruppe rechnen nach § 101 Abs. 4 Satz 1 SGB V auch die Psychotherapeuten.

Der Kläger unterfällt dem Anwendungsbereich des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000. Er ist ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragspsychotherapeut im Sinne der Ziffer 2.2 des Beschlusses, weil er mehr als 90 % seines Gesamtleistungsbedarfs aus den Leistungen des Abschnitts G IV EBM-Ä erzielte. Im Quartal 1/00 rechnete er insgesamt 780.410 Punkte ab, von denen 736.500 auf die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen nach den Nrn. 860, 870, 871, 872, 877, 881 und 882 EBM-Ä entfielen.

Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 ist der gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Er ist - ebenso wie die Bestimmungen des EBM-Ä einschließlich der bundesdurchschnittlichen Kostensätze - ein Akt der Normsetzung durch Vertrag. Wie jedem anderen Normsetzer steht dabei auch dem Bewertungsausschuss bei der ihm überantworteten Rechtsetzung Gestaltungsfreiheit zu (vgl. z.B. BVerfGE 97, 271, 290 f. 90, 22, 26 m.w.N.; 69, 150, 159 f. m.w.N.; vgl. auch BSGE 88, 126, 133 f.), die grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren ist und von dieser nur in Ausnahmefällen korrigiert werden darf. Die Gerichte sind grundsätzlich nicht befugt zu überprüfen, ob der Normgeber jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BSG, Urteil vom 29.01.1997 - 6 RKa 3/96 -). Der Gestaltungsspielraum des Normgebers ist umso mehr zu beachten, wenn - sei es auch nur mittelbar - Regelungen über die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme im Streit sind (vgl. z.B. BVerfGE 81, 156, 205 f.; 77, 84 106 f. m.w.N.; 75, 108, 157 ff.; BSGE 62, 136, 140 m.w.N.) oder wenn es um die Bewältigung komplexer Sachverhalte geht, wie sie vielfach im Krankenversicherungs- und Vertragsarztrecht anzutreffen sind (vgl. BVerfGE 33, 171, 189; BSGE 73, 131, 139; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 8). Dabei darf nicht übersehen werden, dass gerade im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und dem dort der Leistungserbringung dienenden Vertragsarztrecht die Verfolgung der Aufgabe, die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit dieses Sozialleistungssystems zu erhalten, ein sensibles, weil hochrangig einzustufendes Gemeinschaftsgut darstellt (vgl. BVerfGE 68, 193, 218; 70, 1, 29, 30; 82, 209, 230; 103, 172, 184; vgl. auch BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 16 m.w.N).

Dies bedeutet indes nicht, dass der Normgeber auf Grund des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums völlig frei wäre. Er darf seine Regelungskompetenz nicht "missbräuchlich", d.h. nicht durch sachgerechte Erwägungen gedeckt, sondern von sachfremden Erwägungen getragen, ausüben (BSGE 83, 205, 208; 84, 235, 237; 79, 239, 245 f.; Urteil vom 16.05.2001 - B 6 KA 47/00 R -). Seine Grenzen ergeben sich vorrangig aus den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage, die sich durch Auslegung ermitteln lassen und deren Einhaltung die Gerichte in vollem Umfang überprüfen können (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 34).

Den gesetzlichen Auftrag hält der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 ein. Zu bestimmen war der Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V im HVM zu treffenden Regelungen mit dem Ziel, eine angemessene Höhe der Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte je Zeiteinheit zu gewährleisten. Dieses Ziel ist vorliegend erreicht worden.

Der Gesetzgeber hat darauf verzichtet, ein eigenständiges gesetzliches Modell zur Gewährleistung einer angemessenen Vergütung zeitabhängiger und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen zu entwickeln, sondern hat den Bewertungsausschuss beauftragt, entsprechende Regelungen zu schaffen. Inhaltliche Vorgaben, aufgrund welcher Berechnungsweise der Bewertungsausschuss das Ergebnis einer angemessenen Vergütung je Zeiteinheit zu erreichen hat, fehlen im Gesetz. Sie lassen sich auch den Gesetzgebungsmaterialien (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu Art. 1 Nr. 45 - § 87a SGB V-E - in BT-Drucks. 14/1977, S. 165) nicht entnehmen.

Allerdings hat der Bewertungsausschuss ein in sich schlüssiges Rechenmodell in Gestalt einer mit Urteil des BSG vom 20.01.1999 - B 6 KA 46/97 R - begründeten und mit Entscheidungen vom 25.08.1999 - B 6 KA 46/98 R u.a. - verfestigten Rechtsprechung vorgefunden. Für die Zeit bis 1998 hat das BSG eine Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Stützung des Punktwertes für die zeitabhängigen und genehmigungsbedürftigen Leistungen der sog. großen Psychotherapie auf grundsätzlich 10 Pf. in erster Linie deshalb angenommen, weil ansonsten ein mit vollem persönlichen Einsatz an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender, ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Arzt keine Möglichkeit hat, aus dieser Tätigkeit Einnahmen in einer Größenordnung zu erzielen, wie sie für die anderen Arztgruppen kennzeichnend ist. Dies hat das BSG am Beispiel der Ärzte für Allgemeinmedizin und der Nervenärzte rechnerisch verdeutlicht (Urteile vom 25.08.1999 - a.a.O. -), ohne dass daraus abzuleiten wäre, dass die Gewinnerzielungschancen der Psychotherapeuten stets an genau diesen Arztgruppen orientiert sein müssten (BSG, Urteil vom 26.01.2000 - B 6 KA 4/99 R -). Zudem lässt sich aus der Rechtsprechung des BSG kein Garantiepunktwert von 10 Pf. ableiten. Bleiben die Umsätze einzelner Arztgruppen aus vertragsärztlicher Tätigkeit in einem KV-Bezirk signifikant hinter den zugrunde gelegten bundesweiten Durchschnittswerten zurück, kann möglicherweise auch ein geringerer Punktwert für die zeitabhängigen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen ausreichen, um eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Psychotherapeuten bei der Honorarverteilung auszuschließen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 41).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des BSG ist der Beschluss des Bewertungsausschusses nicht zu beanstanden. Er weicht zwar in einem wesentlichen Punkt von dem Rechenmodell des BSG ab, indem er einen oberen Grenzbetrag der Betriebsausgaben der Psychotherapeuten von 66.000,- DM vorsieht, während das BSG von einem linearen Kostensatz von 40,2 % des Umsatzes ohne starre Obergrenze ausgegangen ist (dazu näher BSG, Urteil vom 12.09.2001 - B 6 KA 58/00 R -). Da der Gesetzgeber dem Bewertungsausschuss jedoch nicht aufgegeben hatte, das Berechnungsmodell des BSG 1:1 zu übertragen, ist der von ihm vorgegebene Rechenweg solange hinzunehmen, wie ein sachgerechtes Ergebnis, nämlich eine angemessene Vergütung der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte je Zeiteinheit, erreicht wird.

Wie der vorliegende Fall belegt, ist dies der Fall.

Das gilt bereits dann, wenn man als Vergleichsmaßstab die Fachgruppe der Ärzte für Allgemeinmedizin bzw. praktischen Ärzte heranzieht. Hierbei ist auf die Abrechnungswerte dieser Fachgruppe im Bereich der Beklagten und nicht auf die bundesdurchschnittlichen Werte abzustellen, da die Aufgabe des Bewertungsausschusses in der Schaffung von Vorgaben an die einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen mit Hilfe eines regionalen Mindestpunktwertes bestand. Die Ärzte für Allgemeinmedizin erzielten nach den statistischen Angaben der Beklagten im Jahre 1998 ein durchschnittliches Einkommen von 121.162,23 DM (Brutto-Umsatz 297.695,89 DM abzüglich eines linearen Kostensatzes von 59,3 %). Aufgrund der Regelungen über die Individualbudgetierung in § 7 HVM der Beklagten, die an die Bemessungsquartale 3/97 bis 2/98 anknüpfen (vgl. zur Rechtmäßigkeit dieser Regelung die Urteile des LSG NRW vom 20.11.2002 - L 11 KA 58/01 u.a. -), ist davon auszugehen, dass ein Umsatz in dieser Größenordnung auch im Jahre 2000 erzielt wurde. Demgegenüber vergütete die Beklagte dem Kläger ausweislich der Abrechnungsbescheide 1/00 bis 4/00 ein vertragspsychotherapeutisches Honorar aus der Behandlung von Versicherten der Primär- und Ersatzkassen (ohne Bundeswehr) in Höhe von 202.102,33 DM. Bei Abzug eines Praxiskostenanteils von 66.000,- DM verbleibt somit ein Überschuss von 140.102,33 DM, der denjenigen der Allgemeinmediziner noch überschreitet.

Dabei zeigt allerdings eine nähere Analyse der Frequenztabellen, dass die Abrechnungsergebnisse des Klägers diejenigen einer im Sinne der Berechnung des BSG voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis signifikant übersteigen. Das BSG hat aus einer wöchentlichen Belastung von 36 Stunden über 43 Wochen bei einem Punktwert von 1.450 Punkten für die zeitgebundenen antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen ein Honorarvolumen von 2.244.600 Punkten pro Jahr entsprechend 561.150 Punkten pro Quartal ermittelt. Demgegenüber rechnete der Kläger im Quartal 1/00 Leistungen des Kapitels G IV EBM (Ziffern 860, 870, 871, 872, 877, 881 und 882 EBM-Ä) in einem Umfang von 736.500 Punkten ab. Vergleichbare Abrechnungsergebnisse liegen auch in den Quartalen 2/00 bis 4/00 vor. Eine korrekte Abrechnungsweise des Klägers unterstellt, lässt dies den Schluss zu, dass voll ausgelastete psychotherapeutische Praxen möglicherweise doch höhere Punktzahlvolumina pro Jahr abzurechnen imstande sind mit der Folge, dass zur Herstellung vergleichbarer Verhältnisse mit anderen Arztgruppen ein geringerer Punktwert ausreichend sein könnte.

Aber auch unabhängig von den individuellen Abrechnungsergebnissen des Klägers zeigt eine abstrakte Berechnung, dass die vertragspsychotherapeutischen Einkünfte im Bereich der Beklagten nicht so deutlich hinter denjenigen der Ärzte für Allgemeinmedizin bzw. praktischen Ärzte zurückbleiben, dass deshalb eine nicht mehr angemessene Vergütung angenommen werden müsste. Bei einem Honorarvolumen von 2.244.660 Punkten für eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis nach der Berechnung des BSG multipliziert mit dem festgesetzten Punktwert von 7,6672 Pf. ergibt sich ein Umsatz von 172.097,97 DM. Nach Abzug eines Praxiskostenanteils von 66.000,- DM resultieren hieraus Einnahmen von 106.097,97 DM. Diese liegen um 12,43 % unter den Einkünften der Allgemeinmediziner von 121.162,23 DM.

Insofern entfaltet nach Ansicht der Kammer die Rechtsprechung des BSG Bedeutung, nach welcher bei einer erheblichen Punktwertdifferenz zwischen verschiedenen Honorartöpfen Anlass zur Korrektur der Honorarverteilung besteht. Werden Honorartöpfe für Leistungen gebildet, bei denen Ärzten eine Mitverantwortung für eine Mengenausweitung und damit ein Punktwertabfall nicht zugerechnet werden kann, sieht das BSG im Regelfall Anlass zur Korrektur, wenn der Punktwert der aus dem Honorartopf vergüteten Leistungen über eine gewisse Dauer (mindestens zwei Quartale) um 15 % oder mehr niedriger ist als der Punktwert für den größten Teil der sonstigen Leistungen (Urteil vom 09.09.1998 - B 6 KA 55/97 R -; SozR 3-2500 § 85 Nr. 26 zu überweisungsgebundenen Leistungen von Radiologen; vgl. auch BSG, Urteil vom 03.03.1999 - B 6 KA 56/97 R - zu Abweichungen im Punktwert einer ganzen Fachgruppe). Strukturell ähnlich liegen die tatsächlichen Verhältnisse hier, denn die Kombination von Zeitgebundenheit und Genehmigungsbedürftigkeit von Leistungen der sog. großen Psychotherapie nach Abschnitt G IV EBM-Ä führt dazu, dass Vertragspsychotherapeuten insoweit weder den Leistungsumfang noch die in einem bestimmten Zeitraum maximal abrechenbaren Punkte nachhaltig beeinflussen können (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 35 m.w.N.). Dies rechtfertigt es nach Ansicht der Kammer, in einem erweiterten Sinne die Differenzmarge von 15 % auch bei der Betrachtung der Einkommenschancen von Psychotherapeuten gegenüber Ärzten für Allgemeinmedizin bzw. praktischen Ärzten heranzuziehen. Da die Differenz mit 12,43 % vorliegend geringer ausfällt, kann eine unangemessen niedrige Vergütung der Psychotherapeuten noch nicht angenommen werden.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der im Bewertungsausschuss herbeizuführende Ausgleich zwischen Ärzten, Psychotherapeuten und Krankenkassen die Berücksichtigung zahlreicher, nicht nur betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte erfordert (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 07.02.1996 - 6 RKa 6/95 -) und der Bewertungsausschuss auch eine Steuerung des Leistungsverhaltens bewirken darf (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 20.03.1996 - 6 RKa 51/95 -). Entscheidend ist, dass der Vertragsarzt bzw. Vertragspsychotherapeut insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung hat, der in aller Regel dazu führt, dass das aus der vertragsärztlichen bzw. -psychotherapeutischen Tätigkeit erzielbare Einkommen Ärzten bzw. Psychotherapeuten hinreichenden Anlass zur Mitwirkung an der vertragsärztlichen bzw. -therapeutischen Versorgung bietet (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2001 - B 6 KA 20/00 R - m.w.N.). Bereits die starke Zunahme der vertragspsychotherapeutischen Zulassungen im Bereich der Beklagten in den letzten Jahren belegt mit hinreichender Deutlichkeit, dass offensichtlich genügende Leistungsanreize für eine Teilnahme an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung im System vorhanden sind.

Schließlich kommt hinzu, dass dem Normgeber bei der Neuregelung komplexer Materien auch unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelungen ein Gestaltungsspielraum zusteht, weil sich häufig bei Erlass der maßgeblichen Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen und deshalb auch gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen zunächst hingenommen werden müssen (vgl. BVerfGE 33, 171, 189; E 70, 1, 34; BSG SozR 2200 § 368f Nr. 14; BSGE 73, 131, 140; SozR 3-2200 § 368f Nr. 3; SozR 3-2200 § 368g Nr. 7; Urteil vom 29.01.1997 - 6 RKa 18/96 -). Dieser relativ weiten Gestaltungsfreiheit bei Anfangs- und Erprobungsregelungen korrespondiert allerdings eine Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht des Normgebers, wenn sich im Vollzug von ursprünglich gerechtfertigten Regelungen herausstellt, dass die die Norm legitimierenden Gründe weggefallen oder die Auswirkungen für einzelne betroffene Normadressaten unzumutbar geworden sind (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 12 m.w.N.).

Bei Anwendung dieser Prüfungsmaßstäbe ist zu berücksichtigen, dass der Bewertungsausschuss hier eine ihm erstmals übertragene Aufgabe zu erfüllen hatte. Er hatte gemäß § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V erstmalig bis zum 28.02.2000 den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V zu treffenden Regelungen zu bestimmen. Dabei konnte er sich zwar auf eine gefestigte Rechtsprechung des BSG aus der Zeit bis 1998 zur angemessenen Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen stützen, die er ausweislich der Vorbemerkung seines Beschlusses vom 16.02.2000 auch berücksichtigt hat. Nach Auffassung der Kammer war es ihm hierbei aber nicht verwehrt, für die Zukunft als sinnvoll erachtete Anpassungen und Weiterentwicklungen vorzunehmen, denn sein Beschluss hatte die Zeit ab dem Jahre 2000 zu erfassen. Zumindest nicht als missbräuchlich oder willkürlich zu bewerten sind hierbei die abweichenden normativen Festlegungen der Praxiskosten (zum Normcharakter der Praxiskostensätze s. BSG, Urteil vom 15.05.2002 - B 6 KA 33/01 R -), denn es ist zu berücksichtigen, dass der lineare Praxiskostensatz von 40,2 % den Stand von 1994 abbildete, der nach sechs Jahren durchaus nicht mehr zeitgemäß sein musste. Ebenfalls nicht missbräuchlich oder willkürlich erscheint auch der Rückgriff auf die als jüngste vorliegende Datenlage des Jahres 1998, der einen zeitnahen Ansatz ermöglichte und die eingetretenen Veränderungen in der Gruppe der Leistungserbringer schon in gewissem Umfang widerspiegelte. Jedenfalls war dem Bewertungsausschuss selbst bewusst, dass er die Auswirkungen seines Beschlusses alsbald zu überprüfen und ggf. inhaltliche Nachbesserungen vorzunehmen hatte. So führt Ziffer 3.1 des Beschlusses vom 16.02.2000 abschließend aus, dass die Vertragspartner im Bewertungsausschuss die Auswirkungen dieses Beschlusses sorgfältig analysieren und auf der Basis dieses Beschlusses für den Zeitraum ab 01.01.2001 ggf. Korrekturen vornehmen werden. Dies ist bereits für die Zeit ab 01.04.2000 durch den weiteren Beschluss des Bewertungsausschusses zur Änderung des EBM-Ä vom 16.02.2000 (Dt. Ärztebl. 2000, A-560) geschehen, der den Kreis der begünstigten Leistungserbringer erweitert (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 12.09.2001 - B 6 KA 58/00 R -) und setzt sich mit Beschluss vom 01.12.2000 (Dt. Ärztebl. 2000, A-3291 f.) fort, in dem ein unterer Grenzbetrag der Praxiskosten von 32.000,- DM eingeführt wurde. Vorläufiger Abschluss ist insofern der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 01.07.2002 (Dt. Ärztebl. 2002, A-877 f.), der unter Aufhebung der Beschlüsse vom 16.02.2000 und 01.12.2000 für die Zeit ab 01.07.2002 die Vorgaben zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten auf eine völlig neue Berechnungsgrundlage stützt, in der u.a. die Betriebsausgaben einheitlich auf 28.100,- EUR festgesetzt werden. Diese Reaktionen des Bewertungsausschusses belegen, dass er seiner Beobachtungspflicht verantwortungsbewusst nachgekommen ist und von ihm für erforderlich gehaltene Korrekturen auch vorgenommen hat.

Zusammenfassend mögen die Berechnungsvorgaben des Bewertungsausschusses in seinem Beschluss vom 16.02.2000 zwar in den einzelnen Schritten in vielerlei Hinsicht angreifbar sein, was zwischen den Beteiligten insofern auch streitig diskutiert und auch in der Literatur problematisiert worden ist (vgl. z.B. Rath, MedR 2001, 60 ff.; Kleine-Cosack, Psychotherapie und Recht (PuR) 2001, 105 ff.). Das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel einer angemessenen vertragspsychotherapeutischen Vergütung je Zeiteinheit erreicht der Beschluss in Verbindung mit dem HVM der Beklagten im Ergebnis jedoch durchaus. Damit sieht die Kammer insgesamt keine Veranlassung, ihn nicht als rechtmäßige normative Grundlage für die hier streitige Honorarverteilung zu bewerten.

Nichts Anderes gilt auch für das Quartal 3/00. Insofern ist der Honorarverteilung der weitere Beschluss des Bewertungsausschusses zur Änderung des EBM-Ä vom 16.02.2000 zugrunde gelegt worden, der für die Zeit ab dem 01.04.2000 der Kreis der psychotherapeutischen Leistungserbringer erweitert hat. Dieser Beschluss bestimmt, dass zu den ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten diejenigen zählen, die mehr als 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus den Leistungen der Abschnitte G IV, G V und den Leistungen nach den Nrn. 855 bis 858 des Abschnittes G III EBM-Ä erzielen. Damit ist über die Erweiterung der bei der 90 %-Grenze zu berücksichtigenden Leistungen der Kreis der begünstigten Leistungserbringer weiter als nach der Rechtsprechung des BSG gefasst worden (vgl. Kleine-Cosack, PuR 2001, 108), denn das BSG hat die Stützungsverpflichtung nur gegenüber Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten angenommen, die mindestens 90 % ihres Leistungsbedarfs aus Abschnitt G IV EBM-Ä erbringen. Bei den Leistungen, die von der Erweiterung der bei der 90 %-Grenze zu berücksichtigenden Leistungen betroffen sind, handelt es sich insbesondere um Testverfahren nach Abschnitt G V EBM-Ä sowie die ohne patientenbezogene Genehmigung der Krankenkassen zu erbringenden Leistungen nach Nr. 855 EBM-Ä (autogenes Training) und Nr. 858 EBM-Ä (Hypnose). Diese Leistungen weisen zwar Berührungspunkte zu denen der sog. großen Psychotherapie auf, unterscheiden sich hinsichtlich der Modalitäten der Leistungserbringung aber in vieler Hinsicht von ihnen, so dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12.09.2001 - B 6 KA 58/00 R -) im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG ihre Einbeziehung bei der Ermittlung des Kreises der begünstigten Leistungserbringer zwar möglicherweise sachgerecht, aber nicht zwingend vorgegeben ist.

Nach Ansicht der Kammer ist der rechtliche Ansatz des Bewertungsausschusses insofern nicht zu beanstanden. Nach den Gesetzgebungsmaterialien (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu Art. 1 Nr. 45 - § 87a SGB V-E - in BT-Drucks. 14/1977, S. 165), die den Willen des Gesetzgebers erkennen lassen, soll die Abgrenzung der Gruppe der "ausschließlich" psychotherapeutisch tätigen Ärzte entsprechend der in den Bedarfsplanungsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen getroffenen Definition erfolgen. Ziffer 8 lit. c) der maßgeblichen Bedarfsplanungsrichtlinien vom 09.03.1993, zuletzt geändert am 07. und 21.09.1999, definiert im Zusammenhang mit der Ermittlung der Gruppe der Psychotherapeuten - zu denen gemäß Ziffer 7 der Richtlinien auch die Psychologischen Psychotherapeuten gehören - als ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte u.a. solche, deren psychotherapeutische Leistungen an ihren Gesamtleistungen den Anteil von 90 v.H. überschreiten. Als psychotherapeutische Leistungen in diesem Sinne zählen die Leistungen der Kapitel G IV und V des EBM-Ä sowie die Leistungsnummern 855 bis 858 in Kapitel G III des EBM-Ä mit Stand vom 12.04.1999. An diese Vorgaben des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hat sich der Bewertungsausschuss gehalten (vgl. zum Ineinandergreifen von Entscheidungen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen und des Bewertungsausschusses z.B. BSG, Urteil vom 13.11.1996 - 6 RKa 31/95 -). Dies bietet die Gewähr für ein sachgerechtes, in sich stimmiges System der vertragspsychotherapeutischen Versorgung.

Soweit der Kläger Einwendungen gegen die Bestimmungen des HVM in der Fassung vom 19.05.2000 erhoben hat, greifen diese zwar durch. Sie sind jedoch nicht entscheidungserheblich, nachdem die Beklagte auf das Monitum der Aufsichtsbehörde die entsprechenden Regelungen des § 6 Abs. 5 a HVM durch die Neufassung vom 29.11.2000 mit Wirkung ab 01.01.2000 geändert hat. Rechtliche Bedenken gegen diese Neufassung sieht die Kammer nicht; sie sind auch nicht vorgetragen worden.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG n.F. i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - insbesondere im Hinblick auf die von den Entscheidungen des LSG NRW vom 09.04.2003 - L 11 KA 133/02 und 134/02 - (nunmehr B 6 KA 52/03 R und B 6 KA 53/03 R) abweichende rechtliche Bewertung des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 - hat die Kammer die Sprungrevision zugelassen (§ 161 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved